Benutzer
Benutzername: 
dorli
Wohnort: 
Berlin
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 893 Bewertungen
Bewertung vom 08.07.2014
Holland Moritz, Patricia

Zweisiedler


ausgezeichnet

Edna lebt außerhalb eines kleinen Dorfes im Süden von Paris. Einziger Nachbar ist der kauzige Mitsiebziger Thierry. Beide genießen das beschauliche Leben in der Einöde, bis sie eines Tages erfahren, dass ihre Häuser einem gewinnbringenden Freizeitpark weichen sollen. Damit nicht genug, auch das plötzliche Auftauchen des 12-jährigen Pauls, der behauptet, dass Edna seine Mutter sei, macht der jungen Frau arg zu schaffen…

Patricia Holland Moritz erzählt sehr gefühlvoll aus Ednas Leben. Die Geschichte fließt zunächst langsam dahin, bekommt aber durch die unerwarteten Ereignisse, mit denen Edna konfrontiert wird, immer mehr Tempo.

Die Schauplätze werden wunderbar detailliert beschrieben. Edna lebt sehr idyllisch in ihrem uralten Landhaus und ich kann gut verstehen, dass sie diesen Platz für sich bewahren möchte. Doch es ist nicht nur der beschauliche Ort selbst, der Edna hier festhält, das zurückgezogene Leben in dieser Abgeschiedenheit scheint sie glücklich zu machen. Gegen diese vorgebliche Zufriedenheit spricht allerdings ihr unverhältnismäßig großer Rotweinkonsum und man bekommt schnell den Eindruck, dass es Edna an einer Aufgabe fehlt, dass sie etwas braucht, das ihrem Leben einen Sinn gibt. Ich hatte das Gefühl, jemand müsste sie einmal kräftig anstupsen, damit sie aufwacht. Genau dies geschieht dann auch, plötzlich wird Edna von immer neuen Ereignissen schier überrumpelt und versucht, sich mit den Veränderungen zu arrangieren.

Edna wirkt auf den ersten Blick naiv und weltfremd, doch durch den drohenden Verlust ihres Hauses, Pauls plötzlichem Erscheinen und weiteren einschneidenden Erlebnissen wird sie zum Handeln gezwungen und der Leser erlebt eine ganz andere Edna, die zwar ihr ruhiges Wesen behält, aber intelligent und scharfsinnig versucht, ihre Probleme zu lösen.

Unterstützung erhofft Edna sich vor allem von ihrem Nachbarn Thierry, ein verschrobener Eigenbrödler, der mir auf Anhieb sympathisch war. Auch Thierrys Haus soll abgerissen werden, doch der alte Mann bleibt gelassen und löst die Angelegenheit auf seine ganz eigne Art.
Mit dem Lüften eines alten Geheimnisses setzt Thierry den sowieso schon auf Edna einprasselnden Neuerungen noch eins drauf, so dass sich das Karussell der Veränderungen und Erschütterungen für Edna noch ein bisschen schneller dreht.

Atemberaubende Höchstspannung findet man in diesem Buch nicht, dennoch hat mich die Handlung durchweg gefesselt, weil ich stets neugierig war, wie Edna mit einer neuen Anforderung umgeht und ich sehr gespannt darauf war, wo Edna wohl am Ende der Geschichte stehen wird.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.06.2014
Krauleidis, Raymund

Achtung, Globetrottel!


ausgezeichnet

Mit reichlich Witz und Ironie präsentiert Raymund Krauleidis in „Achtung, Globetrottel!“ zahlreiche Macken, Eigenarten und Marotten von Urlaubern und Reisenden.
Der Autor schildert dabei nicht nur den Verlauf der Globetrotteleien, sondern beschreibt auch die Symptome, nennt Erscheinungsformen, Ursachen, Verbreitung und Behandlungsmöglichkeiten. Außerdem widmet Krauleidis sich dem Thema Vorsorge und gibt Prophylaxemaßnahmen für einige der Krankheiten an.
Schnelles Nachschlagen einzelner Urlaubsleiden wird durch ein vorangestelltes Inhaltsverzeichnis ermöglicht. Übersichtlich aufgeteilt auf sieben Bereiche werden hier alle von Krauleidis beschriebenen Krankheiten genannt. So sind die gewünschten Informationen für Buffetismus, Liegenkrampf, Strandpanade, Vögelgrippe und viele andere Unpässlichkeiten immer schnell zu finden.
Abgerundet wird dieser Ratgeber durch einige schwarzweiß Fotos, die die ein oder andere Erläuterung der Krankheiten veranschaulichen bzw. ergänzen.
Mir hat das Lesen dieses Nachschlagewerks großen Spaß gemacht. Mehrfach musste ich lachend mit dem Kopf schütteln, weil ich mich und meine Angewohnheiten (Lesewut, Wäschekoller u.a.) wiedergefunden habe.

Pointiert und witzig - ein Buch, das nicht nur in der Urlaubszeit kurzweilige Unterhaltung bietet.

Bewertung vom 24.06.2014
Qunaj, Sabrina

Die Tochter des letzten Königs / Geraldines-Roman Bd.1


ausgezeichnet

Wales 1093. Nach einem brutalen Überfall auf die Burg ihrer Eltern gerät die 8-jährige Nesta in die Fänge der grausamen Familie de Montgomery und wird auf deren Burg Shrewsbury Castle mehrere Jahre gefangen gehalten - bis Henry de Normandie, der Bruder des Königs, sie an den Hof nach London holt. Als Henry nach William Rufus Tod zum König gekrönt wird, verheiratet er Nesta gegen ihren Willen mit Gerald de Windsor, einem der Männer, der an dem damaligen furchtbaren Angriff beteiligt war…

In ihrem historischen Roman „Die Tochter des letzten Königs“ entführt Sabrina Qunaj den Leser in das 11. Jahrhundert nach Wales und England und erzählt die Geschichte der Waliserin Nesta ferch Rhys.

Die Autorin hat die historischen Ereignisse zwischen Ostern 1093 und dem Jahr 1116 mit einer spannenden Geschichte verknüpft und ein umfassendes, vielschichtiges und vor allen Dingen sehr glaubwürdiges Bild der damaligen Zeit gezeichnet. Die ausführlichen Beschreibungen der Schauplätze und die detaillierten Schilderungen von Nestas Erlebnissen haben mich ausnahmslos begeistert. Man ist ruckzuck mittendrin in einer Welt aus Lug und Trug, Machtgier, Intrigen und Verrat, aber auch aus Liebe und Leidenschaft.

Sabrina Qunaj hat einen angenehm flott zu lesenden Schreibstil. Schon auf den ersten Seiten zeigt sich, wie hervorragend die Autorin in der Lage ist, dem Leser die jeweilig vorherrschende Stimmung zu vermitteln. So ist zum Beispiel das Grauen während des Überfalls auf Nestas elterliche Burg fast greifbar. Die beeindruckende Fähigkeit der Autorin, Situationen und Emotionen zu beschreiben, erlebt man auch im weiteren Verlauf der Handlung. Besonders bemerkendwert ist hier Nestas innere Zerrissenheit, nachdem sie das Leben am Königshof kennengelernt hat. Als walisische Prinzessin lebt sie bei den eigentlich feindlichen Normannen – es geht ihr gut, sie fühlt sich wohl, weiß aber nicht, wie sie diese Empfindung mit der Verpflichtung ihrer Heimat gegenüber vereinbaren soll. Eine Zwickmühle, die Sabrina Qunaj hervorragend schildert und die ich sehr gut nachvollziehen konnte.

Zahlreiche historische und fiktive Figuren werden geschickt miteinander kombiniert, das Zusammenspiel aller ist ausgeklügelt und funktioniert bestens.
Im Mittelpunkt steht natürlich Nesta. Sie ist aufbrausend, ungestüm, verfügt über eine Menge Temperament. Sie wird entführt, lebt lange in Gefangenschaft, ist für einige Zeit eine Mätresse des Königs, wird zwangsverheiratet. Ein Spielball der Mächtigen. Dennoch oder vielleicht auch gerade deswegen, macht Nesta eine tolle Entwicklung durch und wird zu einer selbstbewussten Frau, die für ihre Überzeugung lebt und steinige Wege geht. Ihr großes Ziel ist Frieden in ihrer Heimat Wales, ihr sehnlichster Wunsch ein ruhiges Familienleben.
Auch alle anderen Akteure werden von Sabrina Qunaj lebendig und bildhaft dargestellt. Jeder Einzelne spielt die ihm zugedachte Rolle ausgezeichnet und auch die vielen Nebenfiguren wirken überzeugend und bereichern die Handlung außerordentlich.

Mir hat das Lesen dieses historischen Romans mit den nicht immer leicht zu durchschauenden politischen Machtspielen großen Spaß gemacht. Es war sehr interessant, Nesta ferch Rhys kennenzulernen, sie auf ihrem Weg durch diese fesselnde, mitreißende Geschichte zu begleiten und Kummer und Furcht, aber auch Glück und Freude mit ihr zu teilen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.06.2014
Detering, Monika; Radke, Horst-Dieter

Endstation Heißen


sehr gut

Mülheim 1953. Kaum ist Alfred Poggel vom Urlaub am Lago Maggiore mit Zimmerwirtin Anna Puff zurück, holt ihn der Alltag schon wieder ein. Im Stadtteil Heißen wurden zwei junge Frauen ermordet. Schnell ist ein Verdächtiger festgenommen – doch ist Werner Hasenfuß wirklich der Mörder?

In diesem historischen Krimi sind Monika Detering und Horst-Dieter Radke die Beschreibungen von Ort und Zeit ausgezeichnet gelungen - ruckzuck war ich nicht nur mittendrin im Geschehen, sondern wurde auch direkt ins Mülheim der 1950er Jahre katapultiert. Die Stadt wird von den Autoren prima in Szene gesetzt und besonders Anna Puffs Dialekt unterstreicht den Schauplatz Ruhrgebiet.

Ganz hervorragend dargestellt und absolut der Zeit entsprechend: Alfred Poggels Frauenbild. Das bekommt besonders seine Kollegin Rosemarie Stankowski deutlich zu spüren. Man kann sich ganz herrlich über Alfreds aus heutiger Sicht rückständige Einstellung aufregen, doch in der Nachkriegszeit war das eben eine fast allgemeingültige Meinung: Frauen haben im Beruf nichts zu suchen, sondern gehören an den Herd, oder sollten sich „im Beruf mit angemessenen Frauentätigkeiten begnügen“. Aber Alfred wird im Verlauf der Handlung kräftig angestupst und dazu genötigt, über seine Ansichten nachzudenken.

Die Ermittlungen in den Mordfällen gestalten sich als schwierig. Die Spurensicherung war damals noch nicht so ausgereift wie heutzutage, man musste sich auf Verhöre und das Fragenstellen konzentrieren, Augen und Ohren offenhalten, clever kombinieren und manchmal eben auch den Täter mit einer nicht ganz ungefährlichen Aktion herausfordern.

Anna muss nicht nur bei der Aufklärung der Morde behilflich sein und für die Polizei „spinksen gehen“, sie bekommt es mit einem Angriff auf ihr Portemonnaie zu tun: Sie wird erpresst! Der Schreck ist groß und die ansonsten so toughe Anna wirkt in dieser Situation verständlicherweise etwas hilflos, doch mit Alfreds Hilfe findet sich auch hier eine Lösung. Diese kleine Nebenhandlung fügt sich prima in das Gesamtgeschehen ein und rundet den Krimi sehr gut ab.

„Endstation Heißen“ hat mir ein paar spannende Lesestunden beschert – ein unterhaltsamer Ausflug in das Jahr 1953.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.06.2014
Nommensen, Thomas

Ein dunkler Sommer / Kommissar Arne Larsen Bd.1


ausgezeichnet

Nordermühlen. Jens Brückner wird nach 10-jähriger Haft entlassen und steht vor dem Nichts. Er sucht Oskar Sartorius auf, will den Mann, der ihn damals als Zeuge schwer belastet hat, zur Rede stellen. Sartorius redet sich raus und ist kurz darauf tot. Dann erhält der damalige Ermittler Gregor Harms anonyme Briefe – und Brückner ist plötzlich nicht auffindbar…

Thomas Nommensen hat mir mit „Ein dunkler Sommer“ alles geboten, was zu einem fesselnden Krimi dazugehört. Eine hervorragend erzählte Geschichte, die mich gleich mit der ersten Seiten in das Geschehen katapultiert, deren Spannungskurve durchgehend auf einem hohen Niveau bleibt, die schlüssig aufgebaut ist und die mir durch zahlreiche Fragen und unerwartete Wendungen viel Raum zum Miträtseln und Mitgrübeln gibt.

Thomas Nommensen erzählt sehr lebendig von den Begebenheiten in und um Nordermühlen, einer fiktiven Kleinstadt, die er in Schleswig-Holstein angesiedelt hat.
Bereits der Prolog hat es in sich: Ein Mädchen, gefangen gehalten in der Kanalisation. Ein schweres Unwetter zieht auf, das Mädchen ertrinkt.
Dann ein Zeitsprung, 10 Jahre nach dem schrecklichen Unglück und die Ereignisse scheinen sich zu wiederholen.

Der Krimi wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, so dass man als Leser immer direkt am Ort des Geschehens ist. Sogar dem Mörder begegnet man ab und an und begleitet ihn bei seinen Vorhaben.
Die Akteure werden allesamt hervorragend charakterisiert, so dass ich durchweg das Gefühl hatte, jeden gut kennengelernt zu haben. Familiäre Probleme einzelner Personen und auch private Angelegenheiten der Ermittler fügen sich gut in die Krimihandlung ein.

Bei den Ermittlungen fallen nach und nach einige Puzzleteilchen an ihren Platz, doch ein klares Bild will sich für Hauptkommissar Arne Larsen und seinen Kollege Frank Kuhlmann einfach nicht ergeben. Dann plötzlich die Wende und der Mörder von Sartorius ist identifiziert – nur die Rätsel rund um den ganzen Fall sind damit noch lange nicht gelöst. Im Gegenteil, ab hier zieht die Spannung noch einmal kräftig an. Am Ende der Geschichte werden sämtliche Fragen geklärt und alle Hintergründe aufgedeckt.

„Ein dunkler Sommer“ ist ein mitreißender Krimi, der mir ein paar sehr spannende Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 19.06.2014
Fust, Rita Maria

Der Kaufmann von Lippstadt


sehr gut

Lippstadt 1764. Kaufmann Ferdinand Overkamp ist eine angesehene Persönlichkeit in der Stadt. Als er von der Schwangerschaft seiner unverheirateten Tochter Elisabeth erfährt, will er den Namen des Vaters wissen, um eine Hochzeit zu arrangieren. Doch Elisabeth schweigt. Overkamp sieht seinen guten Ruf in Gefahr und will seine Tochter nach Lübeck zu Verwandten schicken. Als er den jungen Hirten Johann vor seinem Haus sieht, zieht er falsche Schlüsse und trifft er eine folgenschwere Entscheidung…

Lübeck, 2010. Oliver Thielsen erbt von seiner Großmutter einen alten Sekretär samt Inhalt. Beim Durchsehen der Sachen fällt Oliver ein alter Brief aus dem Jahr 1764 in die Hände. Er vermutet ein Geheimnis hinter den Zeilen des Schriftstückes und macht sich auf nach Lippstadt, um auf Spurensuche zu gehen…

„Der Kaufmann von Lippstadt“ ist anders aufgebaut, als ich es von historischen Romanen kenne. Rita Maria Fust arbeitet sehr viel mit Originalzitaten, zahlreiche Auszüge aus historischen Dokumenten durchziehen den Roman, stets mit Quellenangaben als Fußnote auf der entsprechenden Seite – ungewöhnlich und anfangs etwas verwirrend für mich, aber man gewöhnt sich recht schnell an die vielen Hinweise.

Die Autorin präsentiert Lippstadt mit allem, was es zu bieten hat. Das Gestern und das Heute. Eine geballte Ladung Stadtgeschichte – sehr informativ und interessant. Wie viel intensive Recherchearbeit in diesem Buch steckt, spürt man auf jeder Seite, die große Begeisterung der Autorin für Lippstadt wird immer wieder deutlich. Leider gerät das Buch durch die zahlreichen Informationen etwas zu sachlich, die eigentliche Handlung des Romans geht ab und an ein wenig unter.

Grundlage für den Roman ist eine große Explosion in Lippstadt im Jahr 1764, deren Ursache nie endgültig geklärt werden konnte.
Rita Maria Fust schiebt dem Kaufmann Ferdinand Overkamp die Schuld dafür in die Schuhe. Overkamp möchte den Tod Johanns vertuschen. Doch der Kaufmann wird beobachtet und plötzlich gerät alles außer Kontrolle. Alles, was Overkamp sich aufgebaut hatte, rauscht den Bach runter. Eine nicht zu stoppende Talfahrt, in der er eine verhängnisvolle Entscheidung nach der anderen trifft. Overkamp wird dabei Täter und Opfer zugleich. Er mordet eiskalt und nur auf sein Wohl bedacht – und trotzdem ist er in dieser Geschichte nicht der Oberbösewicht, denn es gibt noch miesere Zeitgenossen, die aus Overkamps Situation Kapital schlagen wollen.

Sehr geschickt verknüpft die Autorin die Vergangenheit mit der Gegenwart. Es hat mir sehr gut gefallen, dass über den alten Brief eine Verbindung über die Jahrhunderte geschaffen wurde.

Oliver beginnt nach seinem Fund in seiner Familiengeschichte und in der Geschichte Lippstadts zu graben. Die Neugierde, die der Brief in ihm auslöst und die Faszination, die mit jeden weiteren Hinweis auf „seinen Overkamp“ größer wird, konnte ich sehr gut nachvollziehen. Ganz anders dagegen Olivers Liebe zu Annika, die für mich bis zum Ende des Buches nicht greifbar war.

Die fiktiven und historischen Figuren werden durchdacht miteinander kombiniert, das Zusammenspiel aller klappt ausgezeichnet. Es hätte mir gut gefallen, wenn das private Umfeld der Hauptpersonen sowohl im Jahr 1764 wie auch in 2010 eine etwas größere Rolle gespielt hätte. Außerdem hätten lebhaftere Dialoge mehr Schwung in die Geschichte gebracht. Die Figuren wirkten auf mich manchmal sehr gehemmt und viel zu kontrolliert. Nur einer nicht: Stadt-Syndicus Clüsener! Er tobt und wirbelt haareraufend durch das Geschehen – ich habe mich über jeden seiner Auftritte köstlich amüsiert.

Mir hat „Der Kaufmann von Lippstadt“ sehr gut gefallen. Besonders der Blick auf das alte Lippstadt war ausführlich und interessant.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.06.2014
Pellissier, Marie

Die tödliche Tugend der Madame Blandel


sehr gut

Paris. Lucie Ferreira ist Gardienne des Hauses Nr. 3 am Place des Vosges – und sie nimmt diesen Hausmeisterposten ausgesprochen ernst. Leider schießt sie mit ihrer Fürsorge für die Bewohner ein wenig über das Ziel hinaus, als sie unbefugt die Wohnung der Familie Blandel betritt und deren Schlafzimmer aufräumt – sie wollte doch nur, dass Monsieur Blandel nichts vom Seitensprung seiner Frau bemerkt. Doch jetzt ist Vanessa Blandel tot – ermordet! Lucie bekommt es mit der Angst zu tun, hat sie möglicherweise wichtige Spuren verwischt? Um nicht selbst als Täter ins Visier der Polizei zu geraten, begibt sie sich auf Mördersuche…

„Die tödliche Tugend der Madame Blandel“ von Marie Pellissier lässt sich zügig lesen. Ich war schnell mittendrin im Geschehen und habe mich am Place des Vosges sofort wohlgefühlt. Der Krimi hat eine Menge Pariser Flair und französische Lebensart im Gepäck.

Lucie ist eine sehr herzliche, liebenswerte ältere Dame, die möchte, dass alles in „ihrem Haus“ seine Ordnung hat. Daher rückt sie gern die Dinge gerade, die ihrer Meinung nach in Schieflage geraten sind. Doch durch ihre Ordnungsliebe katapultiert sie sich selbst in eine prekäre Lage, versucht zu retten, was zu retten ist und stolpert dadurch von einem Schlamassel in den nächsten. Alles gerät durcheinander, ihre eigentlichen Aufgaben bleiben auf der Stecke, sie vergisst sogar ihren Hochzeitstag. Es ist einfach herrlich zu beobachten, wie sie als ganz und gar unerfahrene Ermittlerin versucht, im Rahmen ihrer Möglichkeiten an die nötigen Informationen zu kommen, um den Mörder dingfest zu machen.

Marie Pellissier schickt in diesem Krimi nicht nur eine toughe Ermittlerin ins Rennen, sondern auch einen sehr raffinierten Mörder, der ausgeklügelt und durchdacht handelt – es geht hier weder brutal noch blutig zu.

Schwierigkeiten hatte ich mit der Figur des Kommissars Legrand. Bis zum Ende des Krimis hatte ich kein klares Bild von ihm vor Augen. Ist er der miesepetrige Kollege? Ein überheblicher Besserwisser? Oder einfach nur der Trottel in dieser Geschichte? Er hat so viele unterschiedliche Eigenschaften, dass ich ihn einfach nicht einordnen konnte und das Gefühl hatte, ihn nicht wirklich kennengelernt zu haben.

„Die tödliche Tugend der Madame Blandel“ ist ein Krimi, der nicht mit atemberaubender Spannung, sondern mit charmantem Witz daherkommt. Das Lesen hat Spaß gemacht, ich habe mich durchweg gut unterhalten gefühlt.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.06.2014
Simon, Lars

Elchscheiße / Torsten, Rainer & Co. Bd.1


ausgezeichnet

Das Leben des 35-jährigen Torsten Brettschneider ändert sich schlagartig, als er einen Bauernhof in Schweden erbt. Ruckzuck kündigt er seinen Job - schließlich wollte er schon immer ein Buch schreiben, da ist die Gelegenheit günstig. Freundin Tanja findet die Idee weniger gut und macht sich mit Torstens Therapeuten auf und davon. Torsten sieht die Situation als Chance, kauft VW-Bus „Lasse“ und düst in gespannter Vorfreude gen Gödseltorp…

„Elchscheiße“ ist ein sehr humorvoller, turbulenter Roman, mit viel Pep und Schwung erzählt Lars Simon von Torstens abenteuerlichen Erlebnissen. Den Leser erwartet eine durchweg spaßige Reise, vollgepackt mit witzigen Dialogen und reichlich Situationskomik.

Ganz so idyllisch und friedlich, wie sich das schwedische Gödseltorp aus der Ferne präsentiert hat, wird es für Torsten nicht, hält doch der Autor für seinen Protagonisten ein paar ganz besondere Überraschungen bereit. Ein mit Obszönitäten verunstalteter Bus und löcherige, mit Elchscheiße gefüllte Gummistiefel sind dabei noch die geringsten Probleme.

Der Clou in diesem Buch sind ganz eindeutig die herrlichen und zum Teil recht skurrilen Figuren. Da ist zum Beispiel Besserwisser-Vater Gerd, der nicht nur in den allermeisten Fällen Recht behält, sondern seinem Sohn dringend von einer Reise in das „Drecksnest“ abrät. Und Rainer, Sozialpädagogikstudent im 10. Semester, Anhalter, stets oberstkrass gut drauf. Oder der 89-jährige Bjørn Hakansen, Norweger und militanter Hausverwalter mit lebenslangem Wohnrecht auf Torstens Bauernhof.
Auch all die anderen Figuren beleben mit ihren Eigenarten die Szenerie und tragen kräftig zur Unterhaltung bei. Besonders die Dorfbewohner sind mit allen Wassern (es regnet viel in Gödseltorp :-)) gewaschen, haben es faustdick hinter den Ohren und beweisen viel Phantasie bei dem Vorhaben, Torsten den Bauernhof abzuluchsen.

„Elchscheiße“ bietet von der ersten bis zur letzten Seite kurzweilige Unterhaltung. Das Lesen hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht – ein Buch, das mich fröhlich und gut gelaunt zurücklässt.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.06.2014
Wilken, Constanze

Der Duft der Wildrose


ausgezeichnet

Snowdonia. Die Innenarchitektin Caitlin Turner besucht ihre Tante Birdie in Minffordd. Birdie muss sich dringend einer Operation unterziehen und Caitlin hat sich bereit erklärt, während dieser Zeit Birdies Haus und ihren Porzellanladen zu hüten.
Dass mit dieser Zusage ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt wird, ahnt Cait zu diesem Zeitpunkt noch nicht…

Constanze Wilken wartet in „Der Duft der Wildrose“ mit tollen Landschaftsbeschreibungen auf, es gelingt ihr hervorragend, die Magie der rauen Natur des Snowdonia Nationalpark zu vermitteln. Schon nach wenigen Seiten konnte ich mir ein sehr gutes Bild von der Umgebung machen, ich habe die Berge, Seen und Täler, die knorrigen Eichen und auch die malerische, exotische Ortschaft Portmeirion vor mir gesehen.

Die Autorin eröffnet diesen Roman mit einem Rückblick in das Jahr 1970 und man lernt einige Figuren kennen, die sowohl damals wie auch heute eine wichtige Rolle in dieser Geschichte spielen. Allen voran ist da die bodenständige, patente Charlotte „Birdie“ Bennett, die schon in jungen Jahren genau wusste, was sie aus ihrem Leben machen wollte und diese Ziele auch umgesetzt hat. Nur die große Liebe, die blieb ihr versagt.
Nach einem Zeitsprung ins Heute begegnet man Caitlin, die ihre eigenwillige, leider mittlerweile herzkranke Tante Birdie besucht.
Ganz geschickt katapultiert die Autorin an dieser Stelle die Spannung in die Höhe, in dem sie Birdie ein Familiengeheimnis offenbaren lassen will, dass Cait nach den ersten Worten abblockt, weil sie die alten Geschichten angeblich nicht hören will. Doch Birdies Andeutungen haben gereicht, um nicht nur Caits, sondern auch meine Spekulationen über die Ereignisse in den 1970er Jahren in die Höhe zu treiben. Die Neugierde wächst, doch Birdie, mittlerweile operiert, muss sich von den Strapazen der OP erholen und kann nur nach und nach von den damaligen Geschehnissen erzählen.

Nicht nur die Vergangenheit hält Cait und damit auch den Leser in Atem, auch die aktuelle Handlung hat es in sich. Cait lernt den Ranger Jake Parry kennen.
Jake ist ein Idealist. Er hat einen ganz eigenen Standpunkt zu Vogelschutz und landwirtschaftlicher Nutzung im Snowdonia Nationalpark und kämpft leidenschaftlich und kompromisslos für seine Überzeugung. Alles was er macht, erlebt der Leser sehr intensiv mit – man kann seine Trauer über den Tod seines Freundes Rob genauso spüren, wie seine Wut über die Eierdiebe, die ihrer sonderbaren Sammelleidenschaft frönen und die Nester seltener, vom Aussterben bedrohter Raubvögel ausräubern. Und auch sein Ärger über die schäbigen Machenschaften der reichen Familie Craddock wird schnell deutlich. Er scheut sich nie, Emotionen zu zeigen und auch seine Gefühle für Cait versteckt er nicht.
Jake vermutet, dass Rob keinem Unfall zum Opfer gefallen ist, sondern geht von Mord aus. Leider fehlen ihm die Beweise. Jake macht sich, wie nicht anders von ihm zu erwarten, auf Spurensuche, und mit jedem Schritt, den er der Wahrheit und damit auch dem Täter näher kommt, wird die Handlung dramatischer.

Constanze Wilken erzählt die Geschichte sehr schwungvoll, die Charaktere werden allesamt bunt und detailliert beschrieben und bekommen schnell ein Gesicht, selbst kleine Nebenfiguren wirken überzeugend, beleben das Geschehen und bereichern somit die ganze Geschichte.

Während die Auflösung des Familiengeheimnisses am Ende keine große Überraschung für mich war, konnte ich bei den aktuellen Ereignissen bis zum Schluss mit den Akteuren mitfiebern und über Täter und Motive miträtseln.

„Der Duft der Wildrose“ ist eine Familiengeschichte, so wie ich sie mag – liebenswerte Menschen, streitbare Charaktere und ein altes Geheimnis eingebettet in eine spannende, mitreißende Handlung.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.