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Fredhel
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Deutschland

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Insgesamt 1315 Bewertungen
Bewertung vom 22.08.2022
Dröscher, Daniela

Lügen über meine Mutter


ausgezeichnet

Daniela Dröscher hat einen ganzen Roman über ihre Mutter verfasst. Diese Frau hätte ich gerne kennengelernt, denn allem Anschein nach war sie eine liebenswerte und gütige Person. Dröschers Vater hat mit ihr eine lebenslustige, wunderschöne Frau geheiratet, mit der er unbeschwerte erste Ehejahre verbracht hat. Mit der Entscheidung, in sein Elternhaus zu seinen Eltern zurückzuziehen, ändert sich alles.
Mutter kommt aus wohlhabendem Verhältnissen, ist trotz Kind berufstätig, eine gute Hausfrau und vor allem eine ausgezeichnete Köchin. Jetzt muss sie sich mit einer bösartigen Schwiegermutter und einem mit Minderwertigkeitskomplexen behafteten Ehemann arrangieren. Ihre Verzweiflung tötet sie mit tausenden Kalorien. Auf ihren immer üppiger werdenden Körper reagiert der Vater zunehmend gehässig.
Der Roman ist schwer auszuhalten. Natürlich hat man auch Mitleid mit der Autorin, deren Kindheit dermaßen von Streitigkeiten vergiftet war, aber in erster Linie leidet man mit der Mutter, die wie in einer Falle sitzt, aus der ihr auch die eigenen Eltern nicht heraushelfen.
Ich will das Ende nicht vorwegnehmen, aber die Geschichte ist von Anfang an bewegend, erst recht, weil sie eine wahre Geschichte ist.
Keine leichte Lektüre, aber eine lesenswerte.

Bewertung vom 21.08.2022
Penner, Sarah

Die versteckte Apotheke


sehr gut

Drei Erzählerinnen in zwei Zeitebenen führen durch diesen Roman.
Die im Verborgenen wirkende Giftmischerin Nella und ihre junge Bewunderin Eliza agieren im London des 18. Jahrhunderts. Nella hilft Frauen, die durch Männer in Not geraten sind, auf unbürokratische Weise. Kein Mann überlebt! Aber bei einer Aktion läuft alles aus dem Ruder und den beiden Frauen droht der Galgen.
Caroline aus den USA kommt in das London der Gegenwart. Sie muss den Seitensprung ihres Ehemanns verkraften und ihr Leben, das sie immer nach den Wünschen anderer ausgerichtet hat, neu sortieren. Ein Fläschchen aus der Giftapotheke fällt ihr in die Hände. Sie begibt sich auf Spurensuche, die ihr auch hilft, ihre wahren Ziele zu erkennen.
Mir haben beide Erzählstränge gut gefallen. Mit Nella und Eliza erlebt der Leser einen spannenden historischen Kriminalfall, und Caroline ist ein gutes Beispiel, dass man seine Ziele nie aus den Augen verlieren sollte und man alles schaffen kann, wenn man nur will.
Die Geschichten werden gut und spannend erzählt. Vor allem der gewiefte Ehemann James bringt Pep in den Handlungsstrang der Gegenwart. Doch mir fehlt es in beiden Handlungsebenen noch etwas an Pep, deswegen gibt es (nur) gute 4 Lesesterne.

Bewertung vom 21.08.2022
Schumacher, Claudia

Liebe ist gewaltig


sehr gut

Die Sprecherin der Hörbuchversion gelingt ein Kunststück: Sie schafft es, den Hörer mit der Lebensgeschichte einer zutiefst unsympathischen Frau zu faszinieren. Ihre Stimme gibt sowohl das Aufsässige, das Pampige, wie auch die Verletzlichkeit der Protagonistin Juli so authentisch wider, als würde sie sich persönlich an den Hörer wenden.
Juli wächst in gut situierten Verhältnissen auf. Doch die bürgerliche Fassade der Bilderbuchfamilie ist trügerisch. Hinter verschlossenen Türen spielen sich Szenen einer toxischen Ehe ab, bei der die vier Kinder nützliche Statisten sind und ihren Teil an der Gewalttätigkeit des Vaters abbekommen. Die Mutter ist nur bedingt eine seelische Stütze für die Kinder, von denen sich jedes anders entwickelt. Die beiden Älteren entziehen sich frühestmöglich dem elterlichen Einfluss, der sich dann umso stärker auf die beiden Jüngsten, Juli und Bruno, fokussiert, was sie umso stärker zusammen schweißt.
In allem müssen sie die Besten sein und werden dennoch trotz Spitzenleistungen gedemütigt und geschlagen. 
Juli wählt den Weg der Selbstverletzung in der Jugend, als Studentin ist sie eine hoch dotierte Gamerin und als junge Frau wird sie bürgerlich und verlobt sich mit einem erfolgreichen Manager. Doch egal, welche Rolle sie lebt, der Selbsthass begleitet sie. 
Bei allem Verständnis für die Narben der schrecklichen Kindheit, so bleibt sie dennoch ein gewalttätiger, unbeherrschter Mensch, auf den man sich nicht verlassen kann. Nur Bruno ist die verlässliche Konstante in ihrem Leben, ihn muss sie regelmäßig retten, vor allem aus finanziellen Notlagen.
Juli ist eine Frau, die man sich im normalen Leben am besten vom Leibe hält. Doch hier, verkörpert durch die Stimme von Inka Löwendorf, verfolgt man drei Jahrzehnte lang ihren Werdegang mit grosser Spannung.
"Liebe ist gewaltig" ist nicht für jeden Leser geeignet. Man sollte sich auf jeden Fall erst einmal mit der Lese- bzw. der Hörprobe mit dem Stil der Autorin vertraut machen. Mich hat das Buch sehr berührt und ich kann es weiterempfehlen.

Bewertung vom 20.08.2022
Blum, Charlotte

Die Nachricht des Mörders / Fräulein vom Amt Bd.1


sehr gut

1922 wurden Telefongespräche noch von Hand vermittelt. Alma Täuber ist so ein Fräulein vom Amt. Sie hört in ihrer Dienstzeit unfreiwillig ein Gespräch mit und kombiniert, dass es sich bei einer kürzlich gefundenen Frauenleiche um einen Mordfall handeln muss. Als sie mit ihrem Wissen bei der Polizei aufkreuzt, nimmt sie nur der attraktive Kommissaranwärter Ludwig Schiller ernst. Sein Vorgesetzter dagegen will sich auf keine Ermittlung einlassen.
Also stürzt sich die naive Alma ins Nachtleben, um auf eigene Faust Ergebnisse zu erzielen. Stück für Stück setzt sie ein unglaubliches Mosaik an Indizien zusammen, dass ständig eine neue Beweislage zeigt, bis zu guter letzt der wahre Mörder dingfest gemacht werden kann.
Die spießige Stimmung in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg ist wunderbar eingefangen worden:
Eine Vermieterin, die ihre Nase überall hineinsteckt und sich als Anstandswauwau betätigt, fehlt ebenso wenig wie die starre Hierarchie im Polizeiapparat.
Der Mordfall selbst ist schillernd, weil erst nach und nach herauskommt, wie komplex die Lage wirklich ist.
Vielleicht hätte es etwas weniger Liebesgeplänkel auch getan, aber insgesamt ist das Buch eine nette, unterhaltsame Lektüre, der im Januar eine Fortsetzung folgen soll.
Das Hörbuch wird von Dagmar Bittner gut vorgetragen.

Bewertung vom 16.08.2022
Kurkow, Andrej

Samson und Nadjeschda


ausgezeichnet

Ein Kriminalroman? Nein, eher ein Schelmenroman mit Samson in der Rolle des naiven Schelmes. 
Man schreibt das Jahr 1919 in einem Kiew, in dem es drunter und drüber geht. Es herrscht Korruption und fast schon etwas wie Anarchie, weil verschiedenste Gruppierungen um die Vorherrschaft kämpfen. Bei einem Überfall verliert Samson erst seinen Vater, dann sein Ohr, das im Lauf der Geschichte ein interessantes Eigenleben entwickelt. 
Per Zufall landet Samson bei der Polizei, wo er für Ordnung sorgen soll. Ein merkwürdiger Knochenfund, ein Oberschenkelknochen aus purem Silber, fasziniert ihn, und er widmet der Angelegenheit besondere Aufmerksamkeit. Wirklich eine verzwickte Geschichte, doch die Auflösung ist weit von einem Kriminalfall entfernt.
Wie gesagt, eher ein Schelmenstück.
Die Sprache ist umständlich, langatmig und sehr auf winzige Details fokussiert. Man muss es mögen, ansonsten fängt man am besten gar nicht erst mit dem Lesen an. Ich denke, ein besonderes Augenmerk richtet der Autor auch auf die sehr spezielle Situation, die damals in Kiew herrschte. Die Leute waren arm. Es gab noch eine (wechselnde?) Obrigkeit, die unkontrolliert Macht ausüben konnte. Bezahlt wurde in Gutscheinen, die man vielleicht einlösen konnte, vielleicht auch nicht. Kurz eine Situation, die man sich heute nicht mehr vorstellen kann.
Mir hat das Buch sehr gefallen, deswegen 5 Lesesterne, aber es ist auch sehr, sehr speziell.

Bewertung vom 15.08.2022
Robrahn, Mikkel

Die Suche nach Tzunath / Signs of Magic Bd.2


ausgezeichnet

Der erste Band von "Signs of Magic" hat mir schon sehr gut gefallen. Doch ich habe ungeduldig auf die Fortsetzung gewartet, denn ich wollte unbedingt wissen, was sich unter Matildas Schloss an Geheimnissen verbirgt.
Jetzt bin ich schlauer, nachdem die raffgierige Bankerin Mrs. Lynbrook den schusseligen Albert Tabbs und Matilda in Begleitung der Inkassoeintreiberin Cynthia in die Marschlande geschickt hat. Ein sehr gefährlicher Ausflug, bei dem sie Geld von Lynbrooks Ex-Mann eintreiben müssen. Doch zuvor gilt es, das gefürchtete Tzunath-Monster zu töten.
Wieder ein herrlich witziger, spannender Fantasy-Roman mit vielen Ideen und viel Spannung. Mein persönlicher Star ist natürlich der niedliche Hamster Butterscotch.
Man muss nicht unbedingt "Die Jagd auf den Jadefuchs" gelesen haben. Man kommt auch so gut in die Geschichte rein und hat seinen Spass.
Von mir gibt es 5 Lesesterne ohne Wenn und Aber.

Bewertung vom 14.08.2022
Moeller, Cathrin

Todesglut - Ein Rügen-Krimi (MP3-Download)


ausgezeichnet

Ex-Kommissar Zornik tritt nach langem Auslandsaufenthalt eine Stelle als Dozent einer privaten Polizeiakademie an. Um seinen Unterricht interessanter zu gestalten, setzt er seine Schüler auf einen alten Fall an. Beim Brand der Stadtbibliothek kam eine bislang nicht identifizierte Frau ums Leben.
Zornik ist ein Getriebener. Er fühlt sich immer noch schuldig am Tod einer geliebten Kollegin. Nun will er ihren verwaisten Sohn adoptieren. Dafür braucht er neben einem sicheren Einkommen auch eine anständige Wohnung, was auf Rügen nicht so einfach ist.
Man erfährt viel Privates über den Ermittler, aber erlebt auch einen Mann, der seine Schüler zu Höchstleistungen anspornt. Erst in höchster Lebensgefahr erkennt er seinen falschen Ehrgeiz. Auf jeden Fall ist er die interessanteste Persönlichkeit in der Handlung. 
Der Plot startet spannend und bleibt durchweg auf hohem Niveau. Neben den vielen psychologischen Komponenten kommt auch viel, fast schon zu viel Action hinzu. Manchmal fühlt man sich in ein Skript für "Alarm für Cobra 11" versetzt. Wirklichkeitsnähe geht anders.
Egal. Cathrin Moeller hat hier ein Krimi-Debüt hingelegt, das sich sehen lassen kann. Selten habe ich so einen rasanten deutschen Krimi gelesen/ gehört und muss dafür einfach alle Lesesterne vergeben.
Stefan Kaminsky ist als Sprecher der Hörbuchversion eine gute Wahl.

Bewertung vom 12.08.2022
Alsterdal, Tove

Sturmrot / Eira Sjödin Bd.1 (MP3-Download)


sehr gut

Nach langen Jahren stattet Olof Hagström seinem Elternhaus einen zufälligen Besuch ab. Dort findet er seinen Vater ermordet vor. Es geht ganz schnell, dass sich die öffentliche Meinung auf Olof als Täter einschießt. Er entgeht nur knapp einem Brandanschlag. 
Die Polizistin Eira Sjödin, selbst in diesem Ort aufgewachsen, soll die Taten aufklären. Doch da gibt es noch Zusammenhänge zu einem zwanzig Jahre zurückliegenden Mordfall. Bei Durchsicht der alten Protokolle wird Eira klar, dass auch ihre eigene Familie involviert ist.
Es ist bemerkenswert, wie klar hier die einzelnen Charaktere gezeichnet werden. Auch Randfiguren wie zum Beispiel Eiras demente Mutter stehen dem Leser klar vor Augen und man kann nachvollziehen, wie sie vor zwanzig Jahren als Mutter war. Es gibt ein vielschichtiges Geflecht von Beziehungen und Schuldzuweisungen, das stellenweise zu Beklemmungen beim Lesenden führt. Ganz besonders schwer sind die Vorverurteilungen zu ertragen, die verheerende Auswirkungen haben.
Hier liegt auch der Schwerpunkt des Krimis, hieraus entsteht die eigentliche Spannung, denn man kann relativ schnell in groben Zügen erraten, was in der Vergangenheit geschehen ist. 
Insgesamt kann ich "Sturmrot" gerne weiterempfehlen.
Auch die Sprecherin der Hörbuchversion macht einen sehr guten Job.

Bewertung vom 10.08.2022
Menger, Ivar Leon

Als das Böse kam


sehr gut

In meinen Augen handelt es sich bei diesem Buch um einen Jugendroman und weniger um einen Thriller für Erwachsene.
In sehr kindlicher Sprache erzählt die sechzehnjährige Juno von ihrem isolierten Leben auf einer abgeschiedenen Insel mit ihrem jüngeren Bruder und ihren Eltern. Es scheint, als wären alle in einem Zeugenschutzprogramm und sie müssten sich vor Gefahren jenseits des Wassers schützen. Es gibt Schießübungen für die Kinder, Alarmsimulationen und einen versteckten Schutzraum.
Juno ist in der Pubertät. Sie stellt ihre Abgeschiedenheit samt ihres eintönigen Lebens in Frage. Sie will einfach nur weg.
Doch die kleine Familie wird entdeckt. Von da an wird alles auf den Kopf gestellt. Alles, was Juno zu wissen glaubte, scheint nicht wahr zu sein.
Ab diesem Zeitpunkt nimmt auch das Erzähltempo zu und der Leser erlebt eine sehr actionreiche Handlung.
Auch wenn ich den Roman sehr spannend finde, ist vieles einfach nur unglaubwürdig. Zudem ist Juno für mich keine Sympathieträgerin, sondern mir kommt sie einfach nur dumm und aufsässig vor. 
Wenn man aber davon ausgeht, dass das Ziellesepublikum auch so in diesem Alter ist, dann sind diese Schwächen hinnehmbar. 
Für Jugendliche wird "Als das Böse kam" ein sehr spannender Abenteuerroman sein.
Deswegen kann ich immer noch 4 wirklich gut gemeinte Lesesterne vergeben.

Bewertung vom 10.08.2022
Whitaker, Chris

Was auf das Ende folgt


sehr gut

Jerry ist Polizist in der kalifornischen Kleinstadt Tall Oaks. Die letzten Wochen und Monate beschäftigt er sich fast ausschließlich mit dem Fall des entführten kleinen Harry. Auch Harrys Mutter hört nicht auf mit der Suche, hängt unermüdlich Plakate auf, klopft an jede Tür.
Man kann dieses Buch dennoch nicht in das Genre Krimi einordnen, denn die Entführung ist mehr wie ein roter Faden, der den Leser mit den äußerst individuellen Einwohnern dieses Städtchens bekannt macht.
Besonders gut hat mir hier der riesige, etwas zurückgebliebene Jerry Lee gefallen. Zeitlebens ist er von Kindern gemobbt worden. Glücklich ist er nur in seinem Job im Fotoladen und wenn er mit seinem Fotoapparat Bilder schießen kann.
Aber auch die anderen Menschen, die man kennenlernt, haben alle etwas Besonderes an sich: Jared, der Autoverkäufer mit seinem Geheimnis oder der Teenager Manny, der gern den großen Mafioso spielt, um nur ein paar zu nennen.
Nach und nach lernt man diesen Kleinstadtmikrokosmos kennen und ist so gut gerüstet für das fulminante Ende, das alle Fragen nach Harry beantwortet.
Trotz der Krimi-Elemente handelt es sich hier um einen beschaulichen Roman, der von Menschen erzählt, was sie antreibt, was sie quält und was sie sich erträumen. Man kann erleben, wie sie sich weiterentwickeln. Von jedem einzelnen Protagonisten, egal wie wichtig er für die Handlung ist, geht eine Spannung aus. Deswegen gibt es von mir 4 Lesesterne und ich empfehle die Geschichten aus Tall Oaks gerne weiter.