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Azyria Sun

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Insgesamt 686 Bewertungen
Bewertung vom 15.12.2020
Gebert, Anke

Wo du nicht bist


ausgezeichnet

Die schönsten und auch schlimmsten Geschichten schreibt immer noch das Leben selbst!


Worum geht’s?
Als Martha ungewollt schwanger wird, bringt ihre Schwester Irma sie zu Dr. Erich Bragenheim, in den sie sich auf den ersten Blick verliebt. Doch Erich ist Jude und die Gesetze des zweiten Weltkriegs erlauben ihre Liebe nicht. Dennoch treffen die beiden sich heimlich weiter, bis Erich deportiert wird und Irma ihn aus den Augen verliert. Wird es ihr dennoch möglich sein, ihren Erich zu heiraten?

Meine Meinung:
Das Buch „Wo du nicht bist“ von Anke Gebert erzählt die wahre Geschichte der Liebe zwischen Erich und Irma in den Wirren des 2. Weltkriegs. Die Autorin hat von den Eheleuten Schimmel, deren Tante Irma war, die Geschichte erzählt bekommen und von diesen Einsicht in die ganzen noch vorhandenen Unterlagen erhalten, auf Basis derer dann das Buch entstand.

Auf absolut beeindruckende Weise schildert Anke Gebert die Liebe zwischen Erich und Irma vom Ende der 20er Jahre bis zu Irmas Suche nach Erich nach dem Krieg und ihrem Kampf darum, ihn heiraten zu dürfen bis in die 1950er Jahre hinein. Dabei bringt sie dem Leser das Schicksal, das jüdische Mitbürger zu tragen hatten, überaus bildhaft Nahe. Das Leid der Menschen, wie sich der Hass gegen bestimmte Gruppen entwickelt hat. Wie die Menschen teilweise füreinander eingestanden sind oder auf der anderen Seite, wie angeblich gute Freunde einen haben fallen lassen. Besonders erschreckend war für mich auch, dass sich die Frau von Martin – Erichs Bruder – von diesem hat scheiden lassen nur, weil er ein Jude war.

Auch die Suche nach Erich am Anfang, der Kampf, mit dem richtigen Anwalt die Hochzeit durchzubekommen. Das Buch hat mich beim Lesen sofort gefangengenommen und in ein anderes Zeitalter versetzt. Irma war mir besonders sympathisch. Eine junge, starke Frau, die absolut beeindruckend ist und immer zu ihrer großen Liebe gehalten hat – sogar über den Tod hinaus und gegen den Willen ihrer Schwester Martha, die mir eher unsympathisch war.

Sehr schön auch die Schilderung, wie sich Erich und Irma nahegekommen sind, wie sich die Liebe zwischen den beiden entwickelt hat – eine Liebe, wie sie sich jedes wünscht. Stark und einmalig. Eine Liebe sogar über den Tod hinaus!

Fazit:
Das Buch „Wo du nicht bist“ von Anke Gebert hat mich nachhaltig beeindruckt. Die lebendige Darstellung der wahren Geschichte von Erich und Irma, die mit den Schwierigkeiten des Dritten Reichs zu kämpfen hatten. Die Liebe der beiden, die allem getrotzt hat und weiterhin stark blieb – sogar über den Tod hinaus. Und auch die Darstellung der Entwicklungen anhand von persönlichen Schicksalen und Personen. Ich habe selten ein so ergreifendes, tiefgründiges Buch gelesen, wie dieses.

Von mir eine absolute Leseempfehlung und ich hoffe, noch mehr solche zu Herzen gehenden Geschichten nach wahren Begebenheiten lesen zu dürfen!

Bewertung vom 14.12.2020
Rehn, Heidi

Das doppelte Gesicht / Ein Fall für Emil Graf Bd.1


ausgezeichnet

Ermittlungen im Nachkriegsdeutschland – eine perfekte Mischung aus Spannung und Geschichte

Worum geht’s?
München zur Stunde 0. Der Krieg ist vorbei, die Besatzer sind noch in der Stadt und alles versinkt im Chaos. Und mitten in diesem Chaos treibt ein Mörder sein Unwesen. Die Reporterin Billa und der Kommisaranwärter Emil ermitteln. Können sie trotz den Wirren im wiederauflebenden München den Fall lösen?

Meine Meinung:
„Das doppelte Gesicht“ von Heidi Rehn ist ein Kriminalroman und der erste Teil einer Serie um den Ermittler Emil Graf. Die Autorin beschreibt bildhaft und sehr gut recherchiert die Situation in München im Jahr 1945. Die Menschen, die versuchen zum „normalen“ Leben zurückzukehren, die amerikanischen Besatzer, die noch dort sind. Die Stadt selbst, die Trümmer, die Stimmung in der Zeit. Die „Displaced People“ – von denen ich zuvor noch nichts gehört hatte. Heide Rehn verknüpft damit perfekt wahre historische Hintergründe mit den spannenden Ermittlungen und hält den Leser bis zum Ende gefesselt.

Auch die Ermittlungsmethoden damals – ganz anders als heute. Noch mit Fingerabdruckpulver. Berichte auf Schreibmaschine. Wenn man Glück hatte, gab es ein funktionierendes Telefon. Probleme, die man so heute gar nicht mehr kennt! Und im Showdown am Ende, wenn die Spannungskurve nochmal richtig ansteigt, kommt es zu einem Täter, den ich so nicht erwartet hätte. Und es bleibt bei mir zudem noch die Frage: Gibt es nur ein doppeltes Gesicht?

Auch die Protagonisten gefallen mir sehr gut. Emil, der etwas schusselige Ermittler, der von dem GI Joe – der ihn fast als eine Art Sohn adoptiert hat – gefördert wird und von dem er das Ermitteln lernt. Billa, die Reporterin, die in München aufgewachsen ist und als Jüdin nach ihrer Flucht nach Amerika nun ins Nachkriegsdeutschland zurückkehrt. Sie hat mir besonders gut gefallen und auch, wie ihre Gedanken und Gefühle dargestellt wurden. Dann Sam, ihr Chauffeur, der gleichzeitig wie ein Schutzengel über Billa wacht. Alles sehr sympathische Figuren, die einem von Anfang an ans Herz wachsen.

Die Annäherung von Emil und Billa, die immer wieder von Missverständnissen zwischen den beiden gestört wird, finde ich auch gut dargestellt. Und besonders schön, als die beiden am Ende im Haus der Kunst gemeinsam Tanzen.

Das Ende ist verspricht dann mittels eines Cliffhangers mehr. Und man will auch mehr lesen. Mehr Hintergründe aus der Zeit, aber ebenso mehr spannende Fälle mit Emil und hoffentlich Billa!


Fazit:
„Das doppelte Gesicht“ von Heidi Rehn ist nicht nur ein Kriminalroman, sondern auch ein perfekt recherchierter Einblick in das München im Jahr 1945. Er vereint Geschichte mit Spannung und die bildhafte Darstellung der Orte, Situationen, Menschen und Emotionen hält einen bis zum unerwarteten Ende in seinem Bann! Die Protagonisten sind einem sofort sympathisch und der Cliffhanger am Ende lässt einen schon Teil 2 entgegenfiebern – hoffentlich wieder mit dem Ermittlerteam Emil und Billa!

Wer historische Romane liebt und gerne bei Krimis miträt, für den ist dieses Buch einfach perfekt! Ein sehr gelungener Einstieg in eine Krimiserie, bei der ich auf jeden Fall den nächsten Teil lesen werde der – wie die Autorin verrät – bereits fertig ist und den 2. von insgesamt geplanten 5 Teilen sein wird. Ich freue mich schon darauf!!!

Bewertung vom 12.12.2020
Maher, Kerri

Grace. Das Mädchen mit den weißen Handschuhen


sehr gut

Das Leben einer starken Frau, bei dem nicht alles Gold ist, was glänzt

Nicht jedes Märchen hat ein Happy End

Worum geht’s?
Bereits als Jugendliche muss sich Grace Kelly gegen ihre Eltern behaupten und auch in ihrem Leben als Filmstar, mit dem sie so viele Menschen bezaubert hat, muss sie immer wieder gegen die Zwänge der Filmindustrie ankämpfen. Dabei ist alles was sie will, glücklich sein. Als sie nach vielen fehlgeschlagenen Beziehungen den Fürsten Rainier von Monaco heiratet, schein ein Märchen wahr zu werden.

Meine Meinung:
In ihrem Roman „Grace – das Mädchen mit den weißen Handschuhen“ schreibt Kerri Maher über das Leben von Grace Kelly, angefangen vom Auszug aus ihrem Elternhaus, über ihren Werdegang als Filmstar bis hin zu ihrer Hochzeit, ihrem Leben mit dem Fürsten Rainier und ihrem Tod 1982. Wobei die Autorin klar betont, dass es sich nicht um eine Biografie handelt und dementsprechend auch einige Teile des Buches was Zeit und Begebenheiten betrifft, deutlich angepasst bzw. geändert wurden.

Ich muss zugeben, das erste Drittel des Buches hat sich etwas hingezogen, da hier viele Zeitsprünge waren, die es mir schwer gemacht haben, mich in das Buch und in Grace, die Hauptprotagonistin, hineinzuversetzen. Ab dem zweiten Drittel jedoch hat mich der Roman dann gepackt. Die Autorin hat emotional und schillernd über das Leben von Grace als Filmsternchen geschrieben. Über ihre Beziehungen, die Wichtigkeit ihrer Freundschaften und die Bindung zu ihrer Familie. Ich war absolut drin in der Geschichte und habe mir Grace mitgefiebert, ob sie diese Filmrolle bekommt, sich gegen ihre Eltern behaupten kann oder erkennt, dass dieser oder jener Mann nicht gut für sie ist.

Dann die Erzählung über ihr Leben als Fürstin, die Einschränkungen, die sie hatte und die Entbehrungen, die sie auf sich nehmen musste. Dennoch war und blieb sie trotz allem immer eine starke Frau, die für alle nur das Beste wollte und sich am Ende des Buches als Mensch selbst gefunden hatte. Schade, dass es zu Ende war, bevor sie ihr Leben wieder so richtig beginnen konnte. Am Ende war ich von dem Buch so gepackt, dass ich mir nicht mehr gewünscht hätte, als noch ein paar Jahre mehr, in denen Grace endlich wieder sie selbst hätte sein können, ohne die Zwänge. Und sich noch einmal selbst vor der Kamera hätte verwirklichen können um noch ein paar schöne Jahre gehabt zu haben.

Besonders gut hat mir der Briefwechsel gefallen, den sie mit Rainier geführt hat. Und die Stelle, als er an ihrem 25. Hochzeitstag die Rede mit dem Gedicht gehalten hat. Obwohl er unnahbar und teilweise gefühllos dargestellt wurde, gab es doch auch immer wieder Stellen, an denen seine Menschlichkeit und Liebe hervorkamen und ich bin mir sicher, dass im wahren Leben Rainier und Grace trotz allem eine schöne Ehe mit vielen Gefühlen hatten.

Fazit:
„Grace – Das Mädchen mit den weißen Handschuhen“ von Kerri Maher ist keine Biografie über das Leben von Grace Kelly, dessen muss man sich beim Lesen bewusst sein. Aber ein Roman über ihr Leben, das perfekt wahre Begebenheiten mit fiktiven Erzählungen mischt und emotionale, schillernde, freudige und zu Herzen gehende Momente schafft. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, auch wenn es am Anfang durch die schnellen Zeitsprünge einige Längen hatte, bis ich in der Geschichte drin war. Aber dann konnte ich es nicht mehr aus der Hand legen und das emotionale Ende von Grace war sehr berührend.

Ich habe das Buch mit einem lachenden und einem weinenden Auge gelesen und alle, die historische Bücher und Bücher über die Ikonen unserer Zeit mögen, sind hier bestens aufgehoben!

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Bewertung vom 30.11.2020
Popp, Susanne

Madame Clicquot und das Glück der Champagne


ausgezeichnet

Die unglaubliche, spannende und berührende Geschichte einer fast vergessenen Ikone

Worum geht’s?
Nach dem Tod ihres Mannes übernimmt Barbe Clicquot gegen den Widerstand ihrer Familie den Weinhandel. Sie experimentiert mit verschiedenen Herstellungsformen, bis ihr der perfekte Champagner gelingt - doch bevor sie damit auf den Markt kann, fällt Reims in die Hände von Belagerern. Und als wäre das noch nicht genug, ist sie hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch nach Selbstständigkeit und der Liebe zu gleich zwei Männern.

Meine Meinung:
„Madame Clicquot“ von Susanne Popp ist eine perfekte Mischung aus Fiktion und Realität. In ihrem Buch erzählt uns die Autorin aus dem Leben von Barbe, der Veuve Clicquot. Dabei schafft sie es meisterhaft, die geschichtlichen Begebenheiten in ihre Erzählung mit einfließen zu lassen, ohne dass es auch nur eine Sekunde trocken oder langweilig ist. Im Gegenteil: Susanne Popp bringt ihre LeserInnen direkt in das Frankreich zu Beginn der 1800er Jahre. Dabei beschreibt sie nicht nur das Leben von Barbe, sondern lässt auch gezielt kleine Details in die Beschreibung von Landschaft, Häuser und Menschen einfließen, dass man das Land vor sich sieht, den Geruch fast wahrnimmt, das Interieur in den Häusern bildhaft vor sich hat und den Champagner fast schon auf der Zunge prickeln spürt!

Man begleitet Barbe auf Ihrer Lebensreise. Und ich muss sagen: Ich kannte zwar Veuve Clicquot, aber über die Geschichte dahinter habe ich nichts gewusst. Barbe ist eine so starke Frau, absolut bewundernswert, wie sie sich auch gegen die Zwänge, denen Frauen in diesem Jahrhundert unterlagen, behaupten konnte und das Unternehmen zu dem gemacht hat, was es heute noch ist: Einem der bekanntesten und berühmtesten Champagner-Produzenten überhaupt!

Für mich zählt sie zu einen der großen Ikonen der Zeit! Neben z.B. Coco Chanel und Audrey Hepburn ist Barbe Clicquot eine weitere starke Frau, die trotz schwerer Zeiten und schwerer Schicksalsschläge das Leben stolz und aufrecht gemeistert hat.

Auch ihre Entscheidung für das Unternehmen und für ihre Freiheit hat sie letztendlich zu der starken Frau gemacht, die sie ist. Hätte sie sich den gesellschaftlichen Zwängen und ihren Gefühlen ergeben, wer weiß, was aus dem Unternehmen geworden wäre.

Diese Geschichte gemischt mit den historischen Begebenheiten um Napoleon Bonaparte haben das Buch zu einem einzigartigen historischen Roman gemacht, der mich von Anfang bis zum Ende gefesselt hat! Die Ausführungen zu dem Herstellungsverfahren von Champagner und die Entwicklungen hierzu waren absolut beeindruckend! Auch die Geschichte von Barbe hat mich mehr als begeistert und ich kann nicht verstehen, dass ich zuvor noch nie von Ihrem Leben gehört habe – ohne dieses Buch hätte ich wirklich eine außergewöhnliche Frau „verpasst“.

Fazit:
„Madame Clicquot“ von Susanne Popp ist ein historischer Roman, der gekonnt die bekannten historischen Fakten aus der Zeit Bonapartes und aus dem Leben von Barbe Clicquot in eine Geschichte einbinden, die einem zu Herzen geht. Eine Geschichte über eine bemerkenswerte Frau, meisterhaft erzählt in einem Sprachstil, der den Leser nicht nur Leser sein lässt, sondern ihn mitnimmt auf die Reise ins Leben dieser außergewöhnlich mutigen Frau, die hinter der Champagnermarke Veuve Clicquot steht.

Für mich ist Barbe definitiv eine Ikone (nicht nur) der damaligen Zeit und ich freue mich, als Leserin dieses Buches an ihrem Leben ein Stückweit habe teilnehmen dürfen. Ein wirklich großartiges Buch, das mich von Anfang bis Ende gefesselt hat und eine definitive Leseempfehlung von mir!

Bewertung vom 30.11.2020
Kepler, Lars

Der Spiegelmann / Kommissar Linna Bd.8


ausgezeichnet

Der wohl grausamste Kepler, der bislang erschien!

Worum geht’s?
Mehrere Mädchen verschwinden und werden – teils Jahre später – ermordet und zerstückelt aufgefunden. Ein anderes Mädchen wird an einem Klettergerüst erhängt gefunden. Ist es eine Hinrichtung? Eine Machtdemonstration? Wer steckt dahinter? Wie viele Mädchen wurden insgesamt verschleppt und wie viele sind noch am Leben? Ein neuer Fall für Joona Linna, der gemeinsam mit Erik Maria Bark den Wettlauf mit der Zeit aufnimmt.

Meine Meinung:
„Der Spiegelmann“ des Autorenduos Lars Kepler ist der neueste Thriller aus der Reihe um Joona Linna. Wir haben lange warten müssen, bis nach dem offenen Ende aus „Hasenjagd“ die Fortsetzung kam – und leider bekamen wir nicht auf alle Fragen eine Antwort. Dennoch hat sich das Autorenduo auch diesmal wieder selbst übertroffen. Das neue Buch ist bildhafter, grausamer, detailreicher und rasanter, als alle Teile davor! Man wird von der ersten bis zur letzten Seite von dem Tempo der Geschichte mitgerissen – und das Ende: Das hätte ich nicht erwartet! Dennoch ist dieser Kepler auch anders als die Teile davor. Es wird viel aus der Sicht der Opfer bzw. ihrer Angehörigen erzählt, was sonst eher weniger der Fall war, mir aber sehr gut gefallen hat.

Auch die Geschichte selbst hat mich direkt in ihren Bann gezogen. Joona Linn war wieder einmal der perfekte Ermittler und Retter am Ende, wie wir das von ihm gewohnt sind. Und auch Erik Maria Bark und die Auszüge, in welchen er Martin in Hypnose versetzt, haben mir wieder sehr gut gefallen. Man spürt beim Lesen die Ruhe, die sich von Erik auf den Hypnotisierten überträgt.

Die anderen Protagonisten haben mir ebenfalls gut gefallen. Der psychisch kranke Martin und die Art, wie er denkt und agiert – einfach perfekt beschrieben! Und auch die Beschreibung der Orte, das „Vogelhaus“ von Ulrike, die Szenen im „Adlernest“, die Ereignisse auf der Nerzfarm – selten wurde etwas so bildhaft und grauenhaft beschrieben, wie in diesem Buch. Da haben die Autoren sich selbst nochmal übertroffen – mir hat das ganz gut gefallen, aber die detaillierten Darstellungen und Beschreibungen sind auf keinen Fall etwas für schwache Nerven. Selbst hartgesottene Thrillerleser erleben hier nochmal ein ganz anderes Level des Grauens!

Das Ende war wie gesagt überraschend – ich hätte das so nie erwartet!!! Und beim Showdown ging es auch nochmal richtig heiß her und man hat mitgefiebert und mitgezittert. Für mich ein mehr als gelungenes Ende! Und im Epilog kündigt sich anhand eines Anagramms schon der nächste Teil an…

Fazit:
„Der Spiegelmann“ ist der neue Teil der Reihe um Joona Linna aus der Feder des Autorenduos hinter Lars Kepler. Und dieser Teil setzt die Messlatte im Vergleich zu den bislang erschienenen Büchern aus dieser Reihe nochmal ein ganzes Stück höher, was Grausamkeit, Details, bildhafte Darstellungen, rasantes Tempo und Spannung bis zum Ende angeht! Ungewohnt aber sehr gelungen ist die Darstellung oftmals aus der Sicht der Opfer/Bekannten der Opfer, die einen großen Teil einnimmt und mir sehr gut gefallen hat.

Ich wurde von Anfang an mitgerissen bis hin zum absolut überraschenden Ende mit einem nochmals fulminanten Showdown! Das Buch ist wirklich Spannung pur, aber Achtung: Nichts für schwache Nerven! Die bildhafte Beschreibung der Grausamkeiten und der Schauplätze haben es ganz schön in sich und sind härter als alles, was man bislang von den Autoren gewohnt ist.

Für mich ein absolut gelungenes Buch mit einem Epilog, der mich schon dem nächsten Teil aus der Reihe entgegenfiebern lässt. Von mir eine definitive Leseempfehlung nicht nur für Fans von Joona Linna sondern für alle, die Psychothriller lieben!

Bewertung vom 28.11.2020
Reschke, Stephan

Wachzustand


sehr gut

Ein rasanter Thriller in dem nichts ist, wie es scheint!

„Sich fragen, ob die Welt wirklich ist, heißt selber nicht verstehen, was man sagt“ (Merleau-Ponty, S. 112)

Worum geht’s?
Felix wacht in einem Wald auf und kann sich nicht mehr an sein Leben erinnern. Der Zufall führt ihn nach Hamburg, wo er bei der Psychologin Katharina Hilfe sucht. Was hat seine Vergangenheit mit einem neuartigen Hypnoseverfahren zu tun? Und wie hängt der Mord an mehreren Wirtschaftspsychologinnen damit zusammen? Wird das Ergebnis seiner Suche in einem Alptraum enden?

Meine Meinung:
„Wachzustand“ ist das Debut von Stephan Reschke. Das Buch ist nicht nur ein Thriller, sondern gleichzeitig ein Krimi und Gesellschaftsroman, der nicht nur mir unvorhersehbarer Spannung aufwartet, sondern auch noch interessante Ausflüge in die Psychiatrie des Ist und des Seins und gesellschaftskritische Diskussionen zum Thema Hypnose und Wirtschaftscoaching mit sich bringt. Diese Abschnitte sind nicht immer leicht zu lesen, sondern haben durchaus einen intellektuell hohen Anspruch an die LeserInnen, sind aber sehr interessant und bringen dadurch den Verlauf der Geschichte in eine ganz andere Richtung, als man das von „üblichen“ Thrillern gewohnt ist. Der Spannungsbogen im Erzählverlauf hat immer neue, immer höhere Peaks.

Stephan Reschke schafft es gekonnt, seine LeserInnen immer wieder auf falsche Fährten zu führen. Bis zum Ende ist man sich nicht sicher: Was ist Wahrheit? Was nicht? Ist alles nur eine Scheinwelt? Wie viele Realitäten kann es geben? Manchmal mutet das Ganze fast ein bisschen surreal an, wird aber durch medizinische und psychologische Erklärungen immer wieder real und dadurch umso erschreckender! Und selbst am Ende ist man sich nicht sicher: Ist das jetzt die Realität?

Der Protagonist Felix, einer der Hauptprotagonisten, gefällt mir hierbei sehr gut. Das Erleben aus seiner Sicht ist ein ganz neuer Ansatz, der dazu führt, die LeserInnen immer wieder an sich selbst zweifeln zu lassen, ob es denn alles so ist, wie es scheint. Und selbst ganz am Ende kann man die Wahrheit noch nicht so recht glauben. Über ihn hätte ich mir am Ende gerne noch mehr Informationen gewünscht, das kam mir fast ein bisschen zu kurz. Hier sind für mich noch so viele Fragen offen, deren Beantwortung mich doch sehr interessiert hätte!

Auch das Ermittlerteam, allen voran Popescu, ist sympathisch. Popescu, die etwas andere Hauptkommissarin in Latzhose und Strickjacke, die trotz traumatischer Erlebnisse in der Vergangenheit ihr Leben souverän meistert und für die am Ende die Kollegen nicht nur Freunde sondern fast Familie werden. Ich hoffe, wir werden von ihr noch mehr lesen dürfen!

Nur der Monolog am Ende von Markwort empfand ich ein bisschen langatmig – wobei das vielleicht auch Absicht ist, da selbst Popescu das so empfindet. Ansonsten hat mich das Buch mehr als gut unterhalten und bis zum Ende habe ich verzweifelt versucht herauszufinden, welche Erlebnisse real sind und welche nicht.

Fazit:
Das Thriller-Debut „Wachzustand“ von Stephan Reschke ist ein rasanter Thriller, der mich bis zum Ende gefesselt und an der eigenen Wahrnehmung zweifeln lassen hat! Eine perfekte Mischung aus Spannung und Literatur. Besonders gut hat mir die Einbringung der psychiatrischen Aspekte, der Hypnose und bestimmter Krankheitsbilder (ich will nicht spoilern…) gefallen, mit denen Reschke einen fulminanten Thriller geschaffen hat, wie ich ihn zuvor noch nicht gelesen habe. Bis auf kleine Längen war der Spannungsbogen hoch und ich war als Leser immer am Rätseln und immer wieder auf einer falschen Fährte. Und selbst auf der letzten Seite, wenn man die Lösung kennt, drängt sich einem noch die Frage auf: Ist das wirklich die Lösung oder ist die Realität eine ganz andere und nicht das Sein, das sie zu sein scheint?

Ich hoffe sehr, künftig mehr von dem Autor lesen zu dürfen. Daher von mir eine ganz klare Leseempfehlung für alle Thriller-Fans, denen es auch gerne mal etwas „literarischer“ s

Bewertung vom 23.11.2020
Monti, Olivia

Sterbewohl (eBook, ePUB)


sehr gut

Ein grauenvolles Zukunftsszenario mit einer Scheindemokratie und Sterbeseminaren

Worum geht’s?
Deutschland ist nur noch eine Scheindemokratie, die Kassen sind leer und so wird versucht, den Menschen, die im Rentenalter sind, das Sterben schmackhaft zu machen. Auch Nadja und ihre Freunde sollen an einem sogenannten „Sterbeseminar“ teilnehmen, obwohl sie noch lange nicht mit dem Leben abgeschlossen haben. Ob sie aus dem Seminarhotel zurückkehren werden?

Meine Meinung:
„Sterbewohl“ von Olivia Monti ist ein Kriminalroman, der ein heikles Thema verarbeitet. Deutschland als Scheindemokratie, Menschen, die für die Gesellschaft nichts mehr wert sind, weil sie ihr kein Geld mehr einbringen, und deshalb „entsorgt“ werden müssen, um die Allgemeinheit zu entlasten. Menschen, die daher dazu angeregt werden, etwas für die Gesellschaft zu tun und freiwillige aus dem Leben zu scheiden. Ein sehr schwieriges Thema, das von der Autorin aber perfekt umgesetzt wurde.

Anfangs war ich irritiert von dem Schreibstil und der Erzählung aus der Ich-Form. Aber dann hat mir diese Sicht sehr gut gefallen. Als würde man im Tagebuch von Nadja, der Hauptprotagonistin, lesen. Man hat sich der Gruppe von Nadja, Anna, Max, Fred und Marwa zugehörig gefühlt, nicht nur wie ein außenstehender Leser. Und auch wenn das Buch aus der Sicht der Senioren erzählt wird, die alle mindestens ein viertel Jahrhundert älter sind als ich, war es einfach perfekt! Ich konnte mich in die einzelnen Protagonisten hineinversetzen, habe ihre Gedanken und Beweggründe verstanden. Wünscht sich nicht jeder vom Alter letztendlich dasselbe? Noch ein paar Jahre mit der Familie zu verbringen, vielleicht ein paar Reisen zu unternehmen und einfach nochmal richtig aufzuleben?

Obwohl der Schreibstil leicht zu lesen war, stieg dann auf den letzten Seiten im Showdown die Spannungskurve nochmal so richtig an und ich habe bis zum Ende mit den Protagonisten mitgefiebert. Lediglich am Ende der Teil mir Mortop war für mich nicht ganz passend, für die Geschichte jedoch notwendig. Das ist aber der einzige – klitzekleine – Kritikpunkt, den ich habe.

Und auch jetzt noch hält mich das Thema des Buches fest. Bzw. die Themen. Schwierige Themen, die hier wirklich gut umgesetzt und dargestellt sind. Und die mich sicher noch eine Weile am Denken halten werden!

Fazit:
„Sterbewohl“ von Olivia Monti ist ein Kriminalroman, der es schafft, schwierige politische und sozialkritische Themen in eine leichte Form zu bringen. Die Autorin fesselt einen mit einer Schreibweise an das Buch, bei der man sich nicht nur als Leser fühlt sondern direkt in die Gruppe um Nadja & Co. hineinversetzt. Das Buch hat mich nicht nur von Anfang bis Ende sehr gut unterhalten, sondern auch noch darüber hinaus zum Nachdenken angeregt. Zum Nachdenken, wie schnell aus Fiktion Realität werden kann, wenn wir nicht alle ein bisschen vorsichtig sind.

Für mich ein sehr gutes und unterhaltsames Buch, das ich allen empfehle, die gerne über den Tellerrand hinausschauen und vor schwierigeren Themenbereichen nicht zurückschrecken.

Bewertung vom 21.11.2020
Tremain, Rose

Die innersten Geheimnisse der Welt


sehr gut

Ein wundervoll bildhafter Roman über die Wege des Lebens

Worum geht’s?
Die Krankenschwester Jane verlobt sich mit Valentine, einem Arzt aus Bath. Doch eigentlich liebt sie die schöne Julietta. Um ihr nahe zu sein, führen sie ihre Wege nach London, wo sie vor einer schwierigen Entscheidung steht. Wird sie ihr eigenes Schicksal den richtigen Weg führen?

Meine Meinung:
„Die innersten Geheimnisse der Welt“ von Rose Tremain ist ein Roman, der im 19. Jahrhundert in Bath, London und auf Borneo spielt. Vom Schreibstil her und der blumigen Wortwahl der Autorin fühlt man sich direkt in dieses Jahrhundert hineinversetzt. Man erwartet immer, dass gleich Mr. Darsey aus einem der Romane von Jane Austen um die Ecke kommt. Die Autorin schafft es gekonnt, immer wieder Spannung aufzubauen, aber auch, die LeserInnen mit den Beschreibungen der Landschaften und der Natur in eine fast meditative Entspannung zu versetzen, die einem beim Lesen eine absolute Ruhe bringt.

Die Geschichte selbst besteht aus drei Teilen. Zum einen begleitet man Jane auf ihrem Weg nach London zu ihrer Tante, wo sie Julietta kennen und lieben lernt. Jane, die Krankenschwester aus Bath, die von allen der „Engel der Bäder“ genannt wird. Die am Anfang fast ein bisschen hochnäsig und überheblich wirkt, die dann aber in London zu sich selbst, zur Liebe und zum Leben findet und am Ende ein neues Kapitel in ihrem Leben beginnt, das zu ihr passt und sie erfüllt.

Dann die Geschichte von Clorinda, die die Hungersnot von Irland miterlebt hat und dann – gezwungen vom Schicksal – ihre Rubinkette, das Erbstück der Familie verkauft, um in Bath einen Teesalon zu eröffnen, der den Menschen im Ort Treffpunkt und Ruhestätte zugleich ist. Und wo sie den Vater von Jane, Sir William, kennenlernt, der ihr Leben nochmals komplett ändert.

Die dritte Geschichte spielt in Borneo und erzählt das Leben von Sir Ralph, der dort über ein kleines Reich herrscht und versucht, alle seine „Untertanen“ zu glücklicheren Menschen mit einem besseren Leben zu machen. Er lebt dort mit seinem Geliebten Leon, dem er hörig ist und der ihn total in seiner Macht hat. Und das auch versucht, zu seinen Gunsten auszunutzen.

Das Lesen selbst hat mir, nachdem ich in die etwas ungewöhnliche Sprachart hineingefunden habe, unheimlich Spaß gemacht. Die bildhaften Beschreibungen der Autorin waren einmalig. Z.B. die Beschreibung, wie die Ameisen durch den Jungle laufen. Man liest, sieht es vor sich und bekommt eine innere Ruhe. Dann wieder die hektischeren Erlebnisse in London, bei denen man am Mitfiebern war. Diese Mischung aus Ruhe und Spannung finde ich sehr gekonnt.

Lediglich der Zusammenhang der 3 Erzählstränge hat mir etwas gefehlt, hier hatte ich immer darauf gewartet, dass sich am Ende eine Verbindung der Personen ergeben wird, was dann aber leider nicht der Fall war. Hier hätte man m.E. noch viele weitere spannende Abenteuer einbringen können. Dennoch habe ich das lesen des Buches sehr genossen!

Fazit:
„Die innersten Geheimnisse der Welt“ von Rose Tremain ist ein Roman, der einem beim Lesen eine innere Ruhe durch die unglaublichen Beschreibungen der Natur nahebringt und auf der anderen Seite aber auch immer wieder Spannung aufbaut, wenn er einen ins turbulente Leben von London und Paris entführt. Der Sprachstil hat mich direkt ins England des 19. Jahrhunderts versetzt und ich habe mit den Protagonisten mitgefühlt und mitgefiebert. Einziger Kritikpunkt für mich ist, dass es eigentlich 3 Romane sind. 3 Erzählstränge, bei denen ich erwartet hätte, dass sie im Laufe des Buches zusammenführen, die aber m.E. bis zum Ende nichts oder nicht viel miteinander zu tun haben.

Dennoch ein Buch, das ich nur weiterempfehlen kann. Für alle, die Jane Austen und ihre Romane mögen, ist das Buch von Rose Tremain ein absolutes Lese-Muss!

Bewertung vom 10.11.2020
Maurer, Martin

Die Krieger / Nick Marzek ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Packend, faszinierend und mit ganz eigenem Humor – Ermittlungen in den 1980er Jahren

Worum geht’s?
Auf eine Diskothek in München wird ein Brandanschlag verübt. Die Ermittlungen führen den Nick Marzek von der Mordkommission 3 und die Putzfrau Graziella nach Italien. Dort finden sie heraus, dass hinter dem Brandanschlag noch viel mehr steckt, als zunächst vermutet. Der Fall hat politische Dimensionen mit Verbindungen hinein bis in die 1920er Jahre.

Meine Meinung:
„Die Krieger“ von Martin Maurer ist ein Kriminalroman, der auf der wahren Geschichte der Gruppe LUDWIG bzw. von Wolfgang Abel und Marco Furlan beruht. Auch die verübten Anschläge in München und in Italien entsprechen wahren Begebenheiten. Der Autor schafft es hierbei meisterhaft, Wahrheit und Fiktion zu verbinden und den Leser mit auf eine Reise durch München und Norditalien zu nehmen. Die Spannungskurve steigt stetig, der Autor hat aber auch einen ganz eigenen Humor, Dinge zu erzählen bzw. Protagonisten agieren zu lassen und Situationen darzustellen, die einen immer wieder schmunzeln lässt und die Spannung immer mal wieder ein bisschen auflockert - bis es am Ende dann zu einem richtig spannenden Showdown kommt.

Martin Maurer zieht den Leser in die Ermittlungen mit hinein und zeigt gleichzeitig das Leben Anfang der 1980er Jahre auf. Er beschreibt München, Verona, etc. so bildhaft, dass man meint, man steht dort. Nick, der etwas wortkarge Ermittler, ist einem gleich sympathisch. Pragmatisch, direkt aber dennoch auch bedacht und empathisch. Sein Kollege und Freund Aki hat ihn vor einigen Jahren aus einer schwierigen Situation in seinem Leben herausgeholt und von Berlin nach München gebracht. Und auch im Laufe der Ermittlungen setzt er sich immer wieder für Nick ein, steht hinter ihm und hält ihm den Rücken frei – ein Freund, auf den Verlass ist. Auch die Mordkommission 3 scheint ein lustiger Haufen zu sein. Mit einem Loch im Boden zu der darunterliegenden Dönerbude führt und aufgrund dessen es im Buch immer wieder zu lustigen Situationen kommt.

Besonders gut gefallen hat mir die Putzfrau Gabriella, die als Übersetzerin mit Nick gemeinsam nach Italien geht. Sie ist ein ganz eigener Charakter. Quirlig, lebensfroh und mit einer manchmal etwas eigenen Sicht auf die Dinge – ein herzlicher und emotionaler, manchmal etwas bunter Mensch, den man einfach ins Herz schließen muss! Ohne sie würde der Geschichte ein wichtiger Teil fehlen.

Fazit:
„Die Krieger“ von Martin Maurer basiert auf der wahren Geschichte von Wolfgang Abel und Marco Furlan, die für eine Mordserie bin in die 1980er hinein verantwortlich waren. Der Autor setzt diese wahren Begebenheiten perfekt mit fiktiven Personen und Situationen in Verbindung und schafft dadurch einen Kriminalroman, der einen packt und in das München und Italien der 1980er Jahre mit hineinzieht. Man begleitet den Ermittler Nick und die Putzfrau Gabriella bei ihren Nachforschungen, rätselt und bangt mit ihnen mit und ist von Anfang bis Ende gefesselt!

Ein „altes“ Thema, das aber derzeit wieder hochaktuell ist und welches von Marin Maurer perfekt umgesetzt wurde. Plus: Das Ende lässt darauf hoffen, dass es mindestens einen Fortsetzungsroman geben wird – mich würde das sehr freuen, denn ich möchte unbedingt mehr von Nick, Gabriella und der Mordkommission 3 lesen!!! Für alle, die Spannung suchen, Politthriller und Kriminalromane mögen ist dies das perfekte Buch! Eine ganz klare Leseempfehlung von mir.

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