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Xirxe
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Hannover
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Insgesamt 876 Bewertungen
Bewertung vom 18.04.2012
Weiler, Jan

Liebe Sabine, Audio-CD


ausgezeichnet

Nach acht Jahren gemeinsamer Beziehung verlässt Sabine Uwe - was irgendwie vorherzusehen war. Er: Senior Vice President (oder so was ähnliches :-)) mit einem geschätzten Jahreseinkommen von 200.000 €, leicht zwanghaft veranlagt, der sich ein Leben ohne Struktur und Pläne nicht vorstellen kann. Sie: ehemalige Französischstudentin, Hang zum alternativen Lebensstil, linksorientiert, Neigung zum Chaos. Klar, wem da die Sympathien der Hörenden gelten ;-) Doch als Uwe in einem 'Abschiedsdiktat' noch einmal ein Resümee zieht der vergangen Jahre, stellt sich vieles plötzlich ganz anders da. Und wie so häufig bewahrheitet sich auch hier der uralte Spruch: Es gehören immer zwei dazu.
Jan Weiler als Uwe und Annette Frier als Sabine sind wirklich eine Idealbesetzung für dieses Paar. Seine Darstellung als in mitmenschlichen Angelegenheiten leicht verklemmter Rationalist ist derart überzeugend, dass man ihn förmlich vor sich sieht. Und auch Annette Frier verkörpert die desorganisierte, aber von sich und ihren Ansichten Selbstüberzeugte so glaubwürdig, dass man die gemeinsamen Auftritte des Paares deutlich vor Augen hat. HÖREN!
PS: Das 'EasterEgg' ist ein wunderbares Tüpfelchen auf dem i ;-)

3 von 6 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.04.2012
Gmeyner, Anna

Manja


ausgezeichnet

Ich muss gestehen, ich hatte leichte Zweifel als ich mit diesem umfangreichen Hörbuch begann. 873 Minuten - und das zu einem solch ernsten Thema. Ist das auszuhalten? Nein, zumindest nicht immer. Doch dies hängt nicht mit der Länge der Lesung oder des Inhalts an sich zusammen, sondern mit der unbeschreiblich eindringlichen Sprache Anna Gmeyners, die kongenial von Iris Berben umgesetzt wurde. Immer wieder musste ich innehalten, um das Gehörte erst einmal zu verdauen.
Fünf Kinderschicksale in der Zeit von 1920 bis 1934 werden geschildert, jedes so individuell wie Menschen nun mal sind. Manja, das 'Ergebnis' einer spontanen Liebesnacht, voller Lebendigkeit und Liebe dem Leben gegenüber, lebt in einer verarmten jüdischen Einwandererfamilie. Und dann die vier Jungen, deren Familien einen Querschnitt durch die gesamte Gesellschaft bilden: die politisch engagierte Arbeiterschaft, das großbürgerliche, reiche Judentum, die liberalen konfessionslosen Intellektuellen und die faschistischen Kleinbürger. Gemein ist ihnen, dass sie Manja lieben, egal wer aus welcher Familie kommt. Es ist eine schöne, wenn auch von Geldsorgen geprägte Kindheit die da erzählt wird. Doch das Unheil des III. Reiches rückt näher und macht auch vor der Freundschaft dieser Fünf nicht halt. Denn Manja und Harry, einer der vier Jungs, sind nicht rasserein...
Gmeyners Sprache ist voller Poesie und doch so genau, dass man das Schrecken und Grauen dieser Zeit förmlich mit den Händen greifen kann. Iris Berben setzt dies in einer fantastischen Art und Weise um. Rauh und hart klingt ihre Stimme, wenn der faschistische Familienvater seinen Sohn zusammenbrüllt, weich und sanft wenn Manja sich um ihre schwache Mutter kümmert. Einfach brilliant!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.03.2012
Kaminer, Wladimir

Meine russischen Nachbarn


gut

Irgendwie hatte ich mir mehr versprochen von dieser Russen-WG, von der Kaminer berichten wollte. Doch praktisch handelt nicht einmal die Hälfte der 34 recht kurzen Geschichten von seinen beiden russischen Hausmitbewohnern.
Stattdessen beschäftigt sich ein Großteil mit Besonderheiten aus Russland (warum es in Russland Eisfisch gibt; wie im Osten 'Das Kapital' genutzt wurde';...), die sich aber durchaus amüsant lesen. Dafür sind jedoch gerade die Geschichten über seine Nachbarn häufig von Belanglosigkeiten geprägt (Pilze sammeln in Potsdam; Dichtung...), so dass man sich nach dem Lesen fragt: 'Und was war nun der Sinn?' Weder informativ noch besonders witzig - man hätte sie auch einfach weglassen können, was aber das eh schon recht dünne Büchlein, das auch noch ziemlich großzügig gesetzt ist, noch dünner hätte werden lassen. So muten einige der Stories eher als Füllmaterial an, die man auch ohne Verlust überblättern kann. Schade, Kaminer kann es doch besser.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.03.2012
Hillenbrand, Tom

Teufelsfrucht / Xavier Kieffer Bd.1


sehr gut

Regionalkrimis aus allen Ecken Deutschlands schießen ja wie Pilze aus dem Boden: Bayern, Eifel, Ostfriesland... Doch nun wird dieses Genre noch um eine Spielart erweitert. Angesiedelt in Luxemburg, spielt sich die Handlung von 'Teufelsfrucht' überwiegend im 'Haut-Cuisine-Milieu' ab.Die Krimihandlung ist solide Hausmannskost: Eine Frucht mit unglaublichen Fähigkeiten wird entdeckt, für die sich auch bald die Industrie interessiert. Doch die Öffentlichkeit soll davon nichts erfahren. Die Hauptfigur Xavier Kieffer, ein Koch aus Luxemburg mit Vorliebe für bodenständiges, regionales Essen, wird wider Willen in diese Angelegenheit mit hineingezogen, als in seinem Restaurant ein Gastrokritiker tot umfällt. Er beginnt zu recherchieren und stellt fest, dass sein ehemaliger Lehrmeister Boudiers mit in diese Sache verwickelt ist. Ein Besuch bei ihm bleibt leider ohne Erfolg, da er verschwunden und sein Sterne-Restaurant abgebrannt ist - Brandstiftung? Xavier ermittelt weiter und begibt sich in Lebensgefahr...Was das Buch über die Durchschnittsware heraushebt, sind die überaus gelungenen Beschreibungen Luxemburgs (muss ich wirklich mal hinfahren ;-)) und die sehr anschaulichen Schilderungen von Trinken, Essen und dessen Zubereitung. Da läuft einem nicht nur einmal das Wasser im Munde zusammen und man möchte sich am liebsten gleich selbst an den Herd stellen (Vorschlag: Vielleicht ein kleiner Rezepteanhang in einem der nächsten Bücher?). Daneben wird auch ausführlich das 'Treiben' der Lebensmittelindustrie dargestellt, ohne allerdings zu vergessen darauf hinzuweisen, dass bestimmte Produkte bei der großen Zahl an Konsumenten nicht anders zur Verfügung gestellt werden können.Schöner Krimi mit viel Lokalkolorit und jeder Menge Informatives zum Thema Essen und Trinken. Macht Appetit auf mehr!

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.03.2012
Ruiz Zafón, Carlos

Marina


gut

Dass 'Marina' nach Zafóns eigener Aussage sein persönlichster Roman und eines seiner Lieblingsbücher ist, sagt noch nichts über dessen Qualität aus. Und so manche, die bereits einen oder auch beide der Bestseller 'Der Schatten des Windes' bzw. 'Das Spiel des Engels' gelesen haben, mögen sich von diesem Buch somit wesentlich mehr versprechen. Denn dies hier ist sein erstes Werk als 'Erwachsenenschriftsteller', und man spürt es die ganze Zeit hindurch.
Wie in seinen beiden anderen Romanen ist der Protagonist auf der Suche: Oscar, ein Internatszögling, lernt während einer seiner zahlreichen Spaziergänge durch das alte Barcelona eine junge Frau, Marina, kennen. Sie stoßen auf die Spur einer geheimnisvollen Dame in Schwarz und geraten in eine Geschichte, deren Anfang bereits viele Jahrzehnte zurückliegt, doch noch immer nicht beendet ist. Ein tragisches Liebespaar, der Zusammenbruch eines Wirtschaftsimperiums, mysteriöse Todesfälle, furchterregende Nachtgestalten - Zutaten die auch in Zafóns anderen Büchern nicht fehlen. Doch hier sind die Sätze häufig deutlich kürzer: Subjekt, Verb, Objekt - und der nächste Satz. Es fehlen die mäandernden Satzgebilde, die versuchen das Unbeschreibliche in Worte zu fassen. Die Ansätze sind bereits zu spüren, ebenso die bildhaften Beschreibungen und Vergleiche, die Zafóns andere Publikumserfolge auszeichnen. Auch die Geschichte selbst ist noch nicht so verschachtelt, wie man es gewöhnt ist, driftet dafür aber zusehends ins Horrormäßige statt Übernatürliche ab. Vermutlich nicht so ganz das, was sich erwachsene Lesende von Zafón versprechen.
Dennoch: Es ist spannend, gut geschrieben und sicherlich deutlich besser als vieles, was man als Unterhaltungsliteratur angeboten bekommt. Aber: Nicht zuviel erwarten!

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.03.2012
Marklund, Liza

Weißer Tod / Annika Bengtzon Bd.9


sehr gut

Annika Bengtzon, Journalistin einer großen Boulevardzeitung in Stockholm, kommt als Erste an den Fundort einer jungen toten schönen Frau. Während sie sich bereits mit Recherchen beschäftigt, ob weitere Morde an anderen Frauen eventuell damit in Zusammenhang stehen, erhält sie die Information, dass ihr Exmann Thomas, mit dem sie wieder zusammenlebt, in Kenia bei einer Dienstreise gemeinsam mit einer Delegation entführt wurde. Halenius, der Vorgesetzte Thomas', steht ihr zur Seite und übernimmt die Verhandlungen mit den Geiselnehmern, die ein utopisches Lösegeld fordern.
Suggerieren sowohl der Titel wie auch der Klappentext, dass es sich bei 'Weisser Tod' in erster Linie um den Mord an einer jungen schönen Frau handelt bzw. Annikas Aufenthalt in Afrika zur Rettung ihres Exmannes, steht stattdessen Annikas Erleben des Entführungsfalles im Mittelpunkt. Ihre Bemühungen, das Lösegeld zusammen zu bekommen; ihre Ängste, wie es ohne ihren Exmann weitergehen soll; ihre Versuche, trotz des Chaos' ihren Kindern ein verlässliches Heim zu bieten. Daneben wird in kurzen Abschnitten aus Thomas' Sicht geschildert, was er durchlebt.
Auch wenn sich dies bei weitem nicht so spektakulär anhören mag wie Titel und Klappentext weismachen wollen, ist die Lektüre durchweg spannend. Man fiebert mit Annika, wenn ein neues Video auftaucht oder eine tote Geisel gefunden wird: Wird Thomas überleben? Aber spannend ist es nicht zuletzt auch, weil Marklund sehr nah an der Realität schreibt und viele gesellschaftliche Missstände mit in ihr Buch hineinbringt. Der Kampf der Presse um Schlagzeilen, der oft genug auf Kosten der Wahrheit oder zumindest der Wahrhaftigkeit geht; die Hintergründe, weshalb es immer wieder zu Entführungen kommt in Somalia und Umgebung; welche Leiden die Menschen dort zu durchleben hatten und noch immer haben; wie die westlichen Staaten sich auf Kosten der Ärmsten verbarrikadieren, um ja nichts abgeben zu müssen; das unaufrichtige Verhalten der Politik, wenn es um Gewalt gegen Frauen geht. Fast ein bisschen zu viel...
Gesellschaftskritisch, spannend, gut geschrieben - eine empfehlenswerte Lektüre.

0 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.03.2012
Moeyaert, Bart

Brüder


sehr gut

Bart Moeyaert, der jüngste von 7 Brüdern, erzählt kurze Geschichten aus seiner Kindheit. Es sind Berichte aus dem Alltag einer Großfamilie, der für die Kinder jedoch voller Abenteuer und Aufregungen steckt. Ein ausserordentlich starkes Unwetter verwandelt sich in einen Kampf ums Überleben; ein unerlaubter Besuch in einem Privatswimmingpool endet in einer Verfolgungsjagd, in der einer der Brüder sich beinahe als Märtyrer opfert; der Kauf eines Bootes weckt 'Großfischjägerphantasien'.
Auffallend ist, dass Namen vermieden werden und die Personen stattdessen mit ihren Eigenschaften bezeichnet werden (der Älteste, der Stillste, der Echteste...). Auch die Erlebnisse selbst handeln mehr von Empfindungen und Gefühlen als von handfesten Beschreibungen, so dass man sich selbst bereits nach kurzem wieder in die Kindheit zurückversetzt fühlt.
Wunderbare Geschichten zum Lachen und ein bisschen Fürchten, zum Schmunzeln und etwas gruseln, die von Peter Sikorski in passender Art und Weise vorgetragen werden.
Doch einen Wermutstropfen gibt es: Lediglich 10 (oder waren es sogar nur 9?) kurze Stücke enthält die CD, gerade mal 51 Minuten - da hätte der Verlag von den rund 40 aus dem Buch ruhig ein paar mehr drauf packen können.

Bewertung vom 10.03.2012
Ebert, Vince

Denken Sie selbst! Sonst tun es andere für Sie


sehr gut

Leider ist der Titel etwas misslungen, da sich nur ca. ein Drittel tatsächlich mit 'Denken' beschäftigt. Die Anregungen zum Betätigen des eigenen Gehirns reichen u.a. vom skeptischen Betrachten von Statistiken ('Nahezu 100% aller Deutschen sind weiblich und kriminell. Das zeigt eine repräsentative Untersuchung in einem Wuppertaler Frauengefängnis.'), dem Hinterfragen von Aussagen beispielsweise aus der esoterischen Ecke ('Wenn Sie das nächste Mal zu einem Wahrsager gehen, und der fragt Sie: "Was führt Sie zu mir?", dann sagen Sie einfach: "Also, wenn Sie das nicht wissen..."') und dem misstrauischen Beäugen scheinbar anspruchsvoller Behauptungen ('Bei der letzten Bundestagswahl haben viele Spitzenpolitiker von einem "Quantensprung in der Arbeitsmarktpolitik" gesprochen... Physikalisch gesehen ist ein Quantensprung allerdings definiert als die "kleinstmögliche Zustandsänderung, meist von einem hohen auf ein niedriges Niveau."').
Daneben bricht Ebert eine Lanze für die Naturwissenschaften, die nach seiner Meinung (wohl nicht ganz zu unrecht) ein Schattendasein in unserer Gesellschaft fristen. Den größten Teil des Buches nehmen jedoch seine Ausführungen über neuropsychologische Erkenntnisse in Anspruch: Sie reichen von der Hirnentwicklung von Kindern und Jugendlichen über die Aussage 'Weshalb Fernsehen tatsächlich dumm bzw. dement macht' und machen auch vor den neuesten Einsichten in das Verhältnis der Geschlechter nicht halt ('Nüchtern betrachtet ist die romantische Verliebtheit nämlich nichts anderes als eine chemisch induzierte Form von Geisteskrankheit.').
Geschrieben ist es in einem recht witzigem, leicht flapsigem Ton, wobei manche der Gags schon einen ziemlichen Bart haben ('"Press any key", dabei gibt es überhaupt keine Taste auf der "any" steht') bzw. irgendwann platt wirken, wenn beispielsweise zum 5. Mal über Lehrer hergezogen wird.
Alles in allem jedoch ist es eine amüsante Lektüre - und auch wenn man anschließend nicht VIEL mehr denkt: Aber man ist doch um einiges Wissen reicher.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.02.2012
Nesser, Hakan

In Liebe, Agnes


ausgezeichnet

Kein Blut, keine Toten, überwiegend Briefe - und das sollen die Zutaten für einen fesselnden Krimi sein? Ja, das sind sie!
Obwohl so gut wie alles, was einen guten Krimi ausmacht, fehlt, steigt die Spannung spürbar von Seite zu Seite an. Man vermutet, dass mehr hinter dem Ganzen steckt und als man es glaubt zu wissen, wird man wieder eines Besseren belehrt.
An der Beerdigung von Agnes' Ehemann nimmt auch Henny teil, ihre frühere beste Freundin, die sie vor 19 Jahren das letzte Mal sah. Kurz darauf beginnt zwischen den beiden Frauen ein reger Briefwechsel, in dem Henny Agnes bittet, ihren Mann für sie umzubringen. Agnes willigt ein...
Während in den ausgetauschten Briefen langsam der Mordplan Gestalt annimmt, lässt Agnes die Lesenden an ihren Erinnerungen an die gemeinsame Jugend teilhaben. Und nach und nach beginnt man zu ahnen, dass doch nicht alles so eindeutig ist wie es scheint. Oder vielleicht ist es auch ganz ganz anders.
Toll gemacht, nur leider hat man es viel zu schnell gelesen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.