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Insgesamt 1666 Bewertungen
Bewertung vom 15.05.2021
Dignös, Eva;Schnitzler, Katja

Das Faultier bewegt sich wie Opa


sehr gut

Nicht überdosiert lesen!

Kindermund tut Wahrheit kund – und manchmal treffen die Kids mit ihren schrägen Sprüchen besser ins Schwarze, als die korrekten Sätze es könnten! Die beiden Autorinnen (oder besser – Sammlerinnen?) Eva Dignös und Katja Schnitzler haben aus den Sprüchen, die Eltern eingereicht haben, ein entzückendes Buch gemacht. Immer mal wieder tauchen Interviews auf, die das Verhalten von Kindern erklären – und ich muss sagen, da sind wirklich interessante Ansätze dabei! Der Hauptteil besteht aber eben aus den Kindersprüchen, die gekonnt sortiert und in Kapitel eingeteilt wurden, nicht ohne ebenso witzige verknüpfende „Erklärungen“.

Wie bei allen Büchern dieser Art kenne ich ein paar der Sprüche schon und habe deshalb den Eindruck, die Eltern wollten einfach nur „dabei“ sein und haben diese Sprüche entweder quasi erfunden oder eben … nennen wir es „entliehen“. Da sich das mengenmäßig in Grenzen hält, geht es noch. Das Buch liest sich jedenfalls witzig weg, auch wenn ich es anstrengend finden würde, es am Stück zu lesen. So häppchenweise macht es meiner Meinung nach am meisten Spaß und nutzt sich nicht so heftig ab.

Die Einteilung nach Themen bringt etwas Struktur ins Buch und ist ein Gewinn. Mir gefällt es, die Gedankengänge von Kindern so vor Augen geführt zu bekommen. Die Sprüche sind humorvoll, aber nicht witzig im üblichen Sinne, denn die Kinder wollen uns damit ja nicht zum Lachen bringen – sie sehen die Welt einfach nur mit anderen Augen. Da könnte sich manch Erwachsener eine Scheibe von abschneiden! Ich bin mir sicher, es gäbe weniger böses Blut!

An manchen Stellen fehlte den beiden Damen eindeutig ein Aufhänger. Da liest es sich dann ein bisschen holprig und in gewissem Maße gezwungen. Das ist schade – doch so ganz perfekt ist das Buch insgesamt für mich sowieso nicht. Ich kann aber aus ganzem Herzen vier Sterne geben und jedem raten, immer nur ein paar wenige Seiten zu lesen – dann macht das Buch Spaß!

Bewertung vom 09.05.2021
Skördeman, Gustaf

Geiger / Geiger-Reihe Bd.1


weniger gut

Nichts ist so, wie es scheint

Gerade, als die Kinder und Enkel von den Bormans das Haus verlassen, klingelt das Telefon. Agneta nimmt ab und als am anderen Ende jemand „Geiger“ sagt, legt sie auf, holt eine Waffe aus ihrem Versteck und erschießt ihren nichtsahnenden Mann. Zufällig kommt eine der Töchter zurück und findet ihren erschossenen Vater, aber nicht ihre Mutter. Sie wendet sich an ihre Kindheitsfreundin Sara Nowak, die jetzt Kommissarin ist. Und diese stößt auf unfassbare Geheimnisse …

Der Anfang ist echt genial und lässt auf tolle Lesestunden hoffen, doch leider wurde für meinen ganz persönlichen Geschmack die Story sehr schnell zu einem extrem komplizierten und verwirrenden Politthriller. Das hätte ich definitiv gern vorher gewusst! Die Themen (DDR, Sowjetunion/Russland, Stasi, kalter Krieg) sind so gar nicht meins, auch wenn ich ein Kind der 80er bin.

Die vielen Personen/Figuren sind ein bisschen anstrengend für mich. Vielleicht auch, weil so viele Perspektivwechsel sind. Kaum hab ich mich in eine Figur hineinversetzt, ist die nächste "tonangebend". Es gibt viele Geheimnisse - irgendwie hat jeder eins. Und es gibt viele Lücken - dieses Stilmittel mag ich so gar nicht. Da wird einiges angedeutet, dann wieder abgelenkt. Ich weiß gern, woran ich genau bin. Ach ja - und die Ortswechsel sind auch heftig. Als Krönung ist eine deutsche Ermittlerin mit verstrickt.

Auch die vielen widersprüchlichen Dinge machen mir zu schaffen. Da wurde so lang voraus geplant und dann so viel falsch gemacht, vergessen, übersehen, unbeachtet gelassen, das passt für mich einfach nicht zusammen.

Die Personen/Figuren sind alle recht anstrengend. Kaum jemand im Buch hat keine Probleme, dafür hat so ziemlich jeder Geheimnisse. Voran kommt niemand so wirklich und auf einmal schießt die Geschichte auf die Zielgerade, mit jeder Menge Überraschungen und gewendeten Wendungen und neuen Verbindungen – und macht mich damit noch unleidlicher, als ich bis dahin ohnehin schon war. Die Grundidee ist vielleicht gar nicht so übel, aber die Ausführung geht ganz weit an meinem Geschmack vorbei.

Alles in allem kann ich leider nur zwei Sterne geben.

Bewertung vom 04.05.2021
High, Kate

Die Katze und die Leiche in der Scheune / Clarice Beech Bd.1


gut

Nicht allzu starker Auftakt einer neuen Cozy-Crime-Serie

Clarice Beech und ihr Mann Rick leben getrennt. Bei ihrer Suche nach dem dreibeinigen Kater Walter stürzt Clarice von einem Balken in der Scheune – und landet auf der verwesenden Leiche von Rose Miller. Zusammen mit Rick will Clarice den Fall lösen. Dabei stößt sie auf ein altes Geheimnis und bringt sich selbst in größte Gefahr …

Gleich vorweg – das Buch ist locker geschrieben, dennoch sind viele Dialoge und Szenen ein wenig so, als hätte sich Kate High verlaufen. Sie haben so wenig mit der Story zu tun und interessieren mich persönlich nicht. Klar, ein Drumrum gibt es immer, muss es ja, aber hier ist mir das zu viel. So verhält es sich auch mit den Personen. Hier hat es eine Unmenge Figuren und immer wieder hatte ich die Verbindung, die sie untereinander haben, verloren. Deshalb habe ich mich streckenweise wirklich durch das Buch kämpfen müssen.

Am meisten gefielen mir die kleinen Szenen mit den Tieren. Die waren entzückend und witzig – hier hätten mir mehr davon sehr gefallen, zumal der Titel an die Reihe von Lilian Jackson Braun erinnert und da die Katze doch eine weit größere Rolle hat. Die meisten Figuren blieben blass und farblos, andere waren dafür extrem überzeichnet und klischeehaft. Mir ist immer wieder aufgefallen, dass ich mich fragte, wie alt die einzelnen handelnden Personen denn nun sind. Ihr Verhalten ist so gut wie nie „alterstypisch“, finde ich. Auch das hat meinen Lesefluss beeinflusst.

Meist kommen die Erkenntnisse der Ermittlungen bei Gesprächen über andere. Clarice spricht also mit A und erfährt viel von B – aber wenn sie mit B spricht, bekommt sie nicht weitere Informationen von oder über B, sondern von, zu und über D. Für mich ab und an gut, aber als Dauerstilmittel einfach zu anstrengend.

Die hauptsächliche Ermittlungsarbeit geht von Clarice aus und so ist sie auch diejenige, die irgendwann in Gefahr gerät, als sie zu nah an die Lösung kommt. Der Weg, bis bei ihr der Groschen fällt, ist streckenweise ein bisschen lang und zäh. Auch stören mich ein paar Kleinigkeiten in der Logik bzw. halte ich manche Szenen für nicht ganz in sich stimmig.

Dennoch ist das Buch nett zu lesen und recht gemütlich. Es gibt Tote, aber es gibt kein großes Blutvergießen. Das Ende ist kein Cliffhanger, lässt aber eine gute Möglichkeit, mit dem nächsten Band „anzudocken“. Das ist gemütlich und somit cosy. Doch für mehr als drei Sterne reicht es bei mir leider nicht. Vielleicht bin ich einfach zu sehr verwöhnt von anderen Katzen-Cosy-Crime-Stories. Aber mit Glück wird der nächste Band mehr nach meinem Geschmack und nur der Auftakt ist schwach. Lassen wir uns überraschen!

Bewertung vom 24.04.2021
Sanne, Manuela

Für die Katz / Rosa Fink Bd.1


ausgezeichnet

Glöckchen

Die beiden Hobbydetektive Rosa Fink und ihr Noch-Ex-Mann Sebi sind gerade im Urlaub, als die Nachricht eintrifft, dass nach dem Farbanschlag auf der Katzenausstellung auch noch der Zuchtkater Maurice verschwunden ist. Die beiden brechen den Urlaub zum Leidwesen der neugierigen Wirtin ab und fahren zurück nach Wuppertal. Sebi ist nur halb begeistert, denn für Rosa geht es um viel, nämlich um den Nachwuchs, den der Kater mit La Belle zeugen soll und der dann bei ihr einziehen wird, denn Sebis erfundene Allergie ist aufgeflogen. Außerdem wollte er Rosa doch am Wattenmeer einen erneuten Heiratsantrag machen …

Die Figuren der Story sind kunterbunt und ein bisschen überzogen, aber gerade das macht sie alle sehr sympathisch, sogar den heruntergekommenen Thilo. Unsere beiden Privatermittler Rosa und Sebi muss man aber einfach lieben. Allein schon, wie sie miteinander umgehen, die Story um ihre Beziehung und das Scheitern der Ehe – so witzig und liebevoll geschildert, dass einem das Herz aufgeht! Und ja, das passt auch zu einem schönen Krimi, zumal es ein echter und wunderbarer Cosy Crime ist.

Hier wird nicht ausgebufft knallhart ermittelt, Sebi als Ex-Polizist und Rosa als Buchhändlerin haben ihren ganz eigenen Stil und entlocken dem einen oder anderen Verdächtigen gerade deshalb mehr Informationen, als es Uniformierte könnten. Mit mehr Glück als Verstand arbeiten sie sich an die Lösung heran und finden dabei auch einen Weg, die Spielchen untereinander in andere Bahnen zu lenken und die Zukunft neu anzusteuern.

Wer auf Leichen und viel vergossenes Blut steht, wird hier nicht glücklich. Die Spannung kommt ihr nicht von der Brutalität, sondern aufgrund der Drohbriefe und der Entführung. Wer aber humorvolle Spannung mit guten Wendungen und witzigen Ideen liebt, der legt das Buch nicht mehr aus der Hand. Es ist in sich abgeschlossen, lässt aber ein kleines Fädchen für die Verbindung zum nächsten Buch flattern. Kein Cliffhanger, aber eine gute offene Tür.

Die Handlungsweisen der Figuren sind trotz allem lebensnah und nachvollziehbar, wenn auch teils arg überzogen dargestellt. Doch genau das macht den Charme des Buches aus. Ich hatte sehr viel Freude am Schreibstil, an den Figuren und des Anteils der Katzen (so als Katzenbuchsammler ist man da anfällig …!). Die Entwicklung der Figuren ist in sich stimmig und macht die Story schön rund. Ein klein wenig Sozialkritik steckt ebenso im Buch, wie der Schmunzelblick auf die eine oder andere Charaktereigenschaft. Ja, ich freu mich auf den nächsten Fall von Rosa und Sebi Fink! Fünf Sterne!

Bewertung vom 19.04.2021
Tasty

Tasty Pride - Das Original


ausgezeichnet

Alle Beteiligten sind gleich zu Anfang aufgelistet, zudem gibt es eine kleine Beschreibung der Mitwirkenden am Ende des Buches. Mir hätte es sehr gefallen, wenn es auch zu jedem Namen ein Foto geben würde. Das hätte noch mehr zum Ausdruck bringen können, dass sie alle stolz auf sich sein können – und mir und sicher allen anderen Kochbegeisterten auch das Gefühl gegeben, herzlich willkommen zu sein. Nach der Auflistung der Küchenutensilien, die beim Kochen der Gerichte hilfreich sind, starten die Kapitel

Dips, Fingerfood & Snacks
Rind, Lamm & Schwein
Geflügel
Fisch & Meeresfrüchte
(Überwiegend) Vegetarisch
Beilagen
Süßes

Am Schluss findet sich noch ein Register – das ist mir immer sehr wichtig, da ich so schneller an das Gesuchte komme. Alle Rezepte sind wie gewohnt übersichtlich gestaltet, mit einer Zutatenliste, den Arbeitsschritten und mit wenigen Ausnahmen mit einem tollen Bild vom Gericht, was mir persönlich einfach wichtig ist, auch wenn Foodstylisten gern mal nachhelfen. Ich lasse mich einfach gern von den Fotos ebenso inspirieren, wie vom Titel und den Zutaten. Diese sind hier übrigens zum Teil etwas ausgefallener, sodass man besser vor dem Start darauf achtet, ob man alles hat bzw. ein Spezialitätenladen (z.B. Asia-Food-Handel) in der Nähe ist. Vorsicht bei „Süßes“: hier nimmt man schon allein davon zu, die Bilder zu betrachten!

Die Zusammenstellung der Rezepte ist sehr gelungen. Es gibt einfache Ideen, aber auch ausgefeilte, raffinierte (und nicht ganz so einfache) Gerichte. Diese Abwechslung mag ich sehr – und die vielen neuen Lieblingsrezepte machen es nicht gerade einfach, die guten alten Klassiker auf den Tisch zu bringen! Jepp, ich bin begeistert von den Rezepten und sobald die Pandemie uns wieder aus ihren Klauen lässt, werde ich genau aus diesem Buch für liebe Freunde kochen! Fünf Sterne!

Bewertung vom 13.04.2021
Engwert, Carolin

Indoor-Ernte


ausgezeichnet

Gelungene Zusammenstellung

In Städten hat man oft nicht die Möglichkeit, einen kleinen Garten anzulegen. Aber auch auf dem Land wohnt nicht jeder in einem Haus mit Gartenanteil. Wir haben das Glück, einen kleinen eigenen Garten zu haben, aber mit diesem Buch gelingt es zusätzlich, im Haus und auch im Winter einiges zu ernten. Das finde ich spannend und großartig.

Carolin Engwert geht auf alles ein, was man vor dem Start wissen und beachten muss. Das startet bei der richtigen und guten Ausstattung, geht über die Substrate und die Beleuchtung bis zu Temperatur und Luftfeuchtigkeit, wobei sie auch auf die Probleme durch Schädlinge und Schimmel eingeht.

Die Pflanzen sind unterteilt in die Kapitel:
Keimsprossen &Microgreens
Salate & Gemüse
Speisepilze
Kräuter
Essbare Zimmerpflanzen

Bei allen gibt es informative Pflanzensteckbriefe, bei den meisten noch DIY-Vorschläge und Indoor-Specials. Die kleinen Checklisten sind sehr hilfreich. Alles ist aussagekräftig beschrieben und bebildert. Aber auch, was nicht möglich ist, wird erwähnt und erklärt. Die Tipps und Tricks sind teils alt – aber dadurch nicht schlecht! Man vergisst ja gern mal was und hier wird man wieder daran erinnert. Für Neueinsteiger ist das Buch genial, für alle, die sich schon länger mit dem Thema befassen, kann es aber auch mit neuen Ideen und Anregungen aufwarten.

Je nach Geschick und Ausdauer klappen die Vorschläge mehr oder weniger gut. Aber das ist ja im Leben immer und überall so und manchmal klappt eben erst der fünfte, sechste, siebte Versuch. Da so viele Ideen zusammengestellt wurden, findet man genug, das wirklich einfach klappt, und kann sich dazu eins der etwas schwierigeren Projekte heraussuchen.

Nicht nur mit Kindern, auch für sich selbst ist diese Beschäftigung bereichernd und inspirierend. Schon allein ein ewig nachwachsender Salat ist doch ein kleines Wunder, oder?

Mir gefällt dieses Buch richtig gut und ich probiere mich gerade nach und nach durch alle Vorschläge durch. Das macht riesig Spaß! Ich gebe fünf Sterne!

Bewertung vom 12.04.2021
Helfer, Monika

Vati


gut

Erinnerungen

Monika Helfer erzählt hier aus ihrer Kindheit, ihrer Vergangenheit. Dreh- und Angelpunkt ist dabei ihr Vater, den sie Vati nennen soll (nicht mag?) und Mutti, wobei hier sowohl die (verstorbene) leibliche, als auch die Stiefmutter gemeint ist.

Ich empfand den Stil etwas ausholend und langatmig. Dadurch fiel es mir auch sehr schwer, der eigentlichen Geschichte auf den Grund zu kommen und interessiert dranzubleiben. Zu viel hat Monika Helfer drumrum erzählt und zu groß waren die Sprünge, sowohl zwischen den Personen, als auch den Zeiten. Das hat mich sehr angestrengt und eigentlich ist das genau das Gegenteil von dem, was ich von einer Geschichte erwarte. Die Autorin ist mir auch selbst zu distanziert gewesen. So wurde ich nicht in das Geschehen hineingezogen.

Der Vater ist Leiter eines Kriegserholungsheims und liebt Bücher. Von ihm erfährt man erstaunlicherweise trotz des Titels im Grunde nicht mehr, als von den anderen Familienmitgliedern. Dass viele männliche Mitglieder der Familie Josef hießen, wurde mir beispielsweise einfach zu langatmig erzählt.

Es fällt mir immer schwer, ein Buch gut zu finden, bei dem mir nicht eine einzige Person/Figur ans Herz wächst oder auch nur halbwegs sympathisch ist. Genau dieses Problem habe ich hier. Ich nehme am Schicksal aller nur ganz distanziert teil, fast fühle ich mich belästigt, fast möchte ich fragen: Warum erzählst Du mir das alles?

An die Stimme der Autorin musste ich mich leider erst gewöhnen. Für mich klingt sie nicht so wirklich angenehm, auch wenn das nicht sehr nett klingt.

Am Ende bleibe ich zurück und weiß nicht, was genau ich jetzt erfahren habe. Einzelne Szenen waren schön, interessant, bewegend – aber das Gesamtbild kann ich einfach nicht erkennen. So empfinde ich die Erinnerungen der Autorin – einzeln aufblitzende Szenen, für sie selbst wichtig, für Außenstehende nicht ganz so sehr, eine Erinnerung führt zur nächsten, die nicht unbedingt chronologisch dazugehört. Was erinnert sie richtig, wo trügt die Erinnerung? Nach so vielen Jahren ist das nicht so einfach zu beurteilen. Fakt ist, dass Monika Helfer es eben so und nicht anders erinnert. Wäre sie meine Mutter, wäre mir die Geschichte sicher näher, weil mir die Personen dann wenigstens geläufig gewesen wären. So aber ist es für mich unangenehm, ich fühle mich wie ein Beobachter, der nicht da sein sollte. Bleiben also drei Sterne.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.04.2021
Barns, Anne

Bernsteinsommer


ausgezeichnet

Was ein Gemälde so alles in Bewegung setzen kann!

Christinas Mann Arne hat ihr eröffnet, dass er sie nicht mehr liebt. Das trifft sie weniger hart, als sie gedacht hätte. Doch dass ihr Vater sich durch seine Alzheimererkrankung immer mehr verändert und sie ihn dadurch immer mehr verliert, schmerzt sie sehr. Früher war er Kriminalbeamter und malte in seiner Freizeit. Inzwischen lebt er im Heim und muss immer mal wieder eingesammelt werden, weil er sich auf Spaziergänge macht. Als sie durch Zufall auf ein Gemälde stößt, das unmöglich von ihrem Vater sein kann, beschließt sie, der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei erfährt sie viel über ihre Vorfahren und lernt das Leben positiv zu sehen, egal, was da kommt …

In Anne Barns neuem Buch geht es um Gefühle. Ja, klar, mag man jetzt denken. Aber es geht eben nicht ausschließlich um Verliebtsein, Liebe, Beziehungen, sondern viel größere Gefühle, nämlich der Liebe zu einem Menschen, den man gerade an seine Krankheit verliert. Für die Angehörigen sind Alzheimer und Demenz eine schwere Belastungsprobe, aber wie es den Betroffenen selbst geht, weiß niemand so genau. Sie leben in einer anderen, für uns nicht erreichbaren Welt. Sind wir nicht verpflichtet, sie darin so glücklich wie möglich sein zu lassen, ganz gleich, was es uns selbst kostet? Auch wenn es scheinbar nur am Rande behandelt wird, durchzieht dieses Thema das ganze Buch. Es gefällt mir sehr, was das in mir bewirkt hat! Ich finde, das ist schon eine Kunst, ein „Randthema“ so geschickt dann doch zum Hauptthema zu machen.

Die Geschichte rund um Christinas Gefühlsleben ist in sich stimmig und sehr amüsant zu verfolgen. Ich muss sagen, ich hätte an Christinas Stelle dem Charme des jungen Kollegen des Vaters nicht widerstehen können. Die erneute Begegnung nach einigen Jahren und dem Scheitern der Ehe ist tatsächlich „ein Wink des Schicksals“, finde ich. Ein weiterer Strang ist die Geschichte rund um Christinas Arbeit, in der sie nicht nur aufgeht, sondern die ihr auch noch hilft, mit den Tiefschlägen des Lebens klarzukommen. Dass auch hier ein Umbruch stattfindet, bringt noch mehr „Leben“ in die Story.

Ganz ohne moralisch erhobenen Zeigefinger gibt Anne Barns dem Leser doch genug Denk-Stoff auf den Weg. Ihre Figuren schaffen es, die eigene Einstellung beim Lesen zu so einigen Dingen noch mal zu überdenken und mit anderen Augen zu betrachten. Das bereichert meiner Meinung nach enorm und deshalb kann auch „leichte Literatur“ viel bewegen und verändern.

Besonders schön finde ich, dass es kleine Berührungspunkte zu anderen Büchern der Autorin gibt. Wer ihre Bücher kennt, trifft – zumindest kurz und am Rande – auf „alte Bekannte“. Ich mag’s! Aber die Krönung für mich ist auch diesmal wieder die kleine Rezeptsammlung am Ende des Buches. Die Autorin kann nämlich nicht nur super schreiben, sondern mindestens ebenso gut backen! Wunderbar, dass sie ihre Rezepte mit den Lesern teilt.

Alle Fäden passen sehr schön zueinander und ergänzen sich gegenseitig. Man zweifelt nicht daran, dass alles genau so hätte passieren können. Gerade die beiden Szenen 1917 und 1942 sorgen dafür, dass der Kreis sich schließt und alles erklärt wird. Zwar war das Buch mal wieder viel zu schnell zu Ende, dennoch lässt es mich glücklich und bereichert zurück. Da fällt das Warten auf das nächst Buch der Autorin sehr schwer! Ich wurde bestens unterhalten und gebe glücklich fünf Sterne!

Bewertung vom 31.03.2021
Bittl, Monika

Man sollte öfter mal ausmisten


gut

Midlife-Crisis einer zweifachen Mutter

Franziska stellt fest, dass sie und ihr Mann Bastian sich längst auseinandergelebt haben. Jetzt, da die Kinder ausgezogen sind, ist für sie der Zeitpunkt gekommen, dass sie sich endgültig trennen. Getrennte Schlafzimmer haben sie ja schon länger und Bastians Idee, eins der Kinderzimmer für ein gemeinsames Schlafzimmer zu nutzen ist ja eh nur so eine Masche, um die Kinder komplett rauszudrängen! Sie ist sich sicher, Bastian hat weder Gefühle noch Interesse. Also steht ihr Plan fest. Die Trennung ist unabdingbar! Aber sie hat nicht mit ihren Kindern und ihrer Mutter gerechnet …

So sehr mir „Man muss auch mal loslassen können“ gefallen hat, hier wurde ich mit keiner Figur wirklich warm. Alle sind total klischeehaft gezeichnet, jeder ist in seiner eigenen Welt eingeschlossen und gefangen, keiner denkt auch mal an andere. Und das nicht nur bei Franziska und Bastian, sogar bei ihren Kindern und auch Freunden und Nachbarn und anderen mehr oder weniger Beteiligten. Das sollte wohl Grundlage für die eine oder andere lustige Szene sein, hat aber zumindest bei mir kein bisschen funktioniert. Mich haben diese Egotrips einfach nur genervt und geärgert und wütend gemacht. So viel geballte Eigenliebe und so viele Klischees auf einem Haufen – unrealistischer geht es nicht und lustig ist das auch nicht. Einzig Gottlieb und Mathilde haben ein wenig Sympathie wecken können.

Vincent und Emma, die Kinder von Franziska und Bastian, wollen die Scheidung verhindern und schalten die Oma Mathilde, Franziskas Mutter, ein, die ihnen helfen soll. Klingt prima, nur sind deren Beweggründe meiner Meinung nach weniger selbstlos, als man denken könnte.

Natürlich haben Autoren immer eine künstlerische Freiheit, aber wie hier die Pandemie benutzt wird, finde ich etwas seltsam. Die Toten von Bergamo waren im Buch vor dem Lockdown in Deutschland, überhaupt wird hier getan, als sei die Pandemie überall gewesen und in Deutschland erst am Ende angekommen. Hm. Für mich zu viel künstlerische Freiheit. Ebenso bei der Behauptung, dass Franziska am ersten Tag, an dem sie die Pille abgesetzt hatte, schwanger geworden war – wohlgemerkt mitten in der Packung. Mich ärgern solche Fehler sehr!

Die Story wird im Grunde von allen Figuren erzählt. So wechselt immer mal wieder der Blickwinkel. Dass der verstorbene Opa Gottlieb auch zu Wort kommt, finde ich süß. Insgesamt betont es dennoch extrem den Egoismus der Figuren, auch dauert es dadurch länger, bis die Story wirklich in Fahrt kommt. Franziska ist in meinen Augen einfach nur nervig, zimtzickig und unausstehlich. Wirft Bastian alles Mögliche vor, sieht ihre eigenen Fehler aber nicht. Und all das umhüllt von der Corona-Pandemie. Ein bisschen viel gewollt, aber leider nicht so recht gelungen.

Wer erwartet, dass das Thema „Ausmisten“ ein bisschen tiefer behandelt wird, liegt falsch. Oma mistet Lebensmittel aus und bei Umzügen wird ebenfalls das eine oder andere weggeworfen und natürlich ist es eine Anspielung auf Franziskas Vorhaben, die Ehe zu beenden. Aber ein wenig hätte ich es schon erwartet, dass mehr darauf eingegangen wird, zumal „Ausmisten“ auch ein aktuelles Thema ist. So ein paar eingestreute Tipps und Tricks einer „guten Hausfrau“, eines Fachmenschen für „clean living“ wäre schon passend und naheliegend gewesen.

Sandra Voss macht einen wirklich guten Job und liest das Buch mit angenehmer Stimme und perfekter Betonung ein. Das ändert leider nichts daran, dass die Idee gut, die Umsetzung aber nur ausreichend gelungen ist. So ist es ein netter Familienroman für nebenher, der aber nicht wirklich lange hängenbleibt und auch nicht sehr tief geht. Einzig die Gewissheit, dass mein Mann und ich niemals so leichtfertig mit den Gefühlen des anderen und unserer Ehe umgehen würden, obwohl wir ebenfalls getrennte Schlafzimmer haben (die sind keineswegs „Liebeskiller“!), bleibt wie festgebrannt in meinem Kopf. Für mich ist das (Hör-)Buch gerade noch drei Sterne wert.