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angeliques.leseecke
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Nübbel

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Insgesamt 763 Bewertungen
Bewertung vom 05.05.2015
Montejano, Katja

Zerrspiegel


sehr gut

Innerhalb weniger Minuten ändert sich das Leben der neunzehnjährigen Jazz Sanders. Sie ist kein "Normalo", wie sie selbst über sich sagt, sie leidet an einer leichten Form des Asperger-Syndroms, braucht Strukturen und Regelmäßigkeit. Mit Gestik und Mimik kann Jazz nichts anfangen, auch redet sie nie um den "heißen Brei", sondern sagt das, was sie denkt. Damit kann man aber keine Freunde finden. Jazz lebt sehr zurückgezogen bei ihrer Mutter Verena und hat aber dank Georg, dem Lebensgefährten ihrer Mutter einen Arbeitsplatz. Ihre Zwillingsschwester Danika ist das komplette Gegenteil, sie sprüht vor Leben und will Sängerin werden.
An diesem gewissen Abend tritt Danika bei einer Casting-Show auf und Verena ist auf den Weg dorthin, als Jazz zu hause von einem maskierten Unbekannten brutal überfallen wird. Dank ihrer Ausbildung im Kampfsport gelingt es ihr zu fliehen…
Dann verschwinden Verena und Danika, hängen die beiden Ereignisse zusammen?
Wer steckt hinter diesen ganzen Grausamkeiten?

Mit "Zerrspiegel" hat die Autorin Katja Montejano einen spannenden aber auch brutalen Thriller geschrieben, der einen nicht mehr loslässt. Die Warnung der Autorin: "Dies ist nichts für schwache Nerven!" muss man ernst nehmen, es stimmt absolut.
Der Schreibstil ist rasant und flüssig, die Beschreibungen einzelner Szenen sind sehr authentisch und realistisch. Der Leser ist sofort in der Geschichte.
Die Spannung ist die ganze Zeit auf einem hohen Level und meine Nerven waren wie Drahtseile gespannt. Dazu beigetragen hat der ständige Perspektivwechsel und die kurzen Kapitel. Auf der einen Seite erleben wir die Ängste und Nöte von Jazz und dann tauchen wir Leser in die grausame Gedankenwelt des kranken aber intelligenten Psychopaten ein.

Die Charaktere sind gut gewählt und fügen sich in die Story ein. Jazz habe ich sofort ins Herz geschlossen, sie ist trotz ihrer Ängste eine starke Frau. Die Autorin hat mir das Krankheitsbild des Asperger-Syndroms näher gebracht, so dass ich mir vorstellen konnte, was in Jazz vor sich geht.
Der Kommissar Joshua Manser ist sehr sensibel, er entwickelt ein besonderes Verhältnis zu Jazz und geht auch auf ihre Krankheit ein. Das gefällt mir besonders gut. Jazz fasst so nach und nach Vertrauen zu ihm.
Der Mörder ist grausam und skrupellos, es spornt ihn regelrecht an, dass sich Jazz so wehrt.

Das Ende mit der Beseitigung aller Unklarheiten hat die Autorin gut und spannend umgesetzt, dem Leser wird ein grausames Geheimnis offenbart.

Fazit: Ein spannender und fesselnder Thriller, aber nichts für schwache Nerven.

Bewertung vom 03.05.2015
Bakir Brader, Jacqueline

Die Mutmacherin


sehr gut

Zitat Seite 20:
"Das, was wir sind und sein wollen, obliegt uns selbst. Denn unser Leben ist, was wir draus machen."

In "Die Mutmacherin" erzählt die Autorin Jacqueline Bakir Brader ihre Lebensgeschichte.
Als kleines Mädchen ist sie mit ihrer Familie aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Sie berichtet von den Schwierigkeiten zwischen den beiden unterschiedlichen Kulturen, der türkischen und der deutschen. Zu hause darf kein Wort Deutsch gesprochen werden und ein Mädchen wird auf das Leben einer Frau und Mutter vorbereitet, während die Jungs herumtoben dürfen.
Nach einem großen Streit mit ihrem Vater und der Angst, in die Türkei verheiratet zu werden, läuft die Autorin von zu hause weg. Was sie dann erlebt und ob sie sich wieder mit ihrer Familie aussöhnt, kann man im Buch nachlesen…

Mit wunderbar einfühlsamen Worten beschreibt Jacqueline Bakir Brader ihr Leben, mit all den Höhen und Tiefen. Durch ihre Geschichte will sie den Lesern nahe bringen, dass es sich lohnt, nicht aufzugeben, auch wenn Rückschläge kommen. Mut zu haben, sein Schicksal nicht einfach akzeptieren, sondern es selbst in die Hand zu nehmen. Sie ist eine sehr starke Frau, die sich nicht unterkriegen lässt.
Was mir auch sehr gut gefallen hat, sind die Sprüchen zwischendurch, sie regen zum Nachdenken an und machen dem Leser Mut.
Auch die wunderschönen Fotos laden zum Verweilen und Nachdenken ein.

Fazit: Ein rundum gelungenes Buch, das einen zum Nachdenken anregt und Mut machen will.

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Bewertung vom 03.05.2015
Conrat, Arantxa

10 Gebote in Pink (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die chaotische Werbefrau Joséphine Müllerheinrich genannt Josi möchte ihrem Leben etwas mehr Struktur und Ordnung geben. Anlass für diese Eingebung ist ein Bericht über Papst Franziskus im Fernsehen. Sie nimmt sich die 10 Gebote vor, entwickelt daraus ihre neuzeitliche Version und will sich 6 Monate daran halten. Da sie eigentlich nichts mit der Kirche und dem Glauben am Hut hat, bekommt sie Online-Unterstützung von Bruder Peterle, einem guten Bekannten ihrer Freundin Olivia, einer Theologin. Was Josi nicht weiß, dass hinter ihrem neuen Seelsorger Peter Lennert steckt, einem charismatischen und gutaussehenden Theologen, dem sie sogar das Gebot Nr.9 gewidmet hat.
Hier ist Lachen vorprogrammiert.

Mit "10 Gebote in Pink" hat die Autorin Arantxa Conrat einen wunderbaren und witzigen aber auch einen nachdenklichen Roman geschrieben.
Die Idee, die 10 Gebote ins heute zu übertragen, finde ich echt gelungen und hat auch mich dazu bewegt, über mein Leben nachzudenken.
Der lockere und witzige Schreibstil lassen einen nur durch das Buch fliegen. Immer wieder tauchen urkomische Szenen auf, die einen laut lachen lassen.
Der E-Mail-Austausch ist zeitgemäß und sehr lustig, er hat mir echt gut gefallen. Endlich spricht Josie Dinge an, über die sie mit noch niemand gesprochen hat und sie bekommt von Bruder Peterle tiefsinnige Antworten. Dies ist eine gute Idee, um die geheimen Gedanken der Protagonisten zu zeigen.

Josie ist eine kleine Chaotin mit dem Herz am rechten Fleck, die muss man einfach gern haben. Manchmal konnte ich ihre Unsicherheit nicht nachvollziehen, in ihrem Job ist sie gut und hässlich ist sie auch nicht. Und dann ist da noch der gut aussehende und charismatische Peter, in ihn habe ich mich gleich verliebt. Er ist zwar von Frauen umschwärmt, erkennt aber, dass er nur die eine will.

Wer eine leichte Lektüre mit Romantik und etwas zum Nachdenken sucht, ist hier genau richtig.

Bewertung vom 03.05.2015
Stanzl, Werner

Hinrichtung


gut

So etwas haben Commissario Bruno Vossi und sein Team auch noch nicht gesehen. Sie werden früh morgens zu einem Tatort in Cormons gerufen, ein Mann ist festgebunden am Laternenpfahl mit Steinen überhäuft worden. Der Plan ist gut durchdacht, denn es gab absolut keine Zeugen.
Als kurz danach ein weiterer Priester durch einen gut durchdachten Plan stirbt, werden Stimmen laut, dass dahinter islamistische Dschihadisten stecken. Doch Vossi und sein Team glauben nicht so wirklich dran und ermitteln auch in andere Richtungen.
Die Ermittlungsarbeiten werden durch die Vorbereitungen des Papstbesuches und des Ferragostos erschwert.
Kann Vossi den Mörder vorher noch dingfest machen?

Mit "Hinrichtung" hat der Autor Werner Stanzl einen Krimi geschrieben, indem es um Fanatismus und deren Auswirkungen geht. Dies ist ein sehr aktuelles Thema und ich war sehr neugierig auf dieses Buch.

Gleich zu Anfang wird mit der Steinigung und der Entführung eine gute Spannung aufgebaut. Die Inszenierung der Steinigung ist gut gelungen und hat einen eiskalten Schauer über meinen Rücken laufen lassen. Und auch die Entführung ist gut ausgeklügelt worden, hier wird die Neugierde geweckt, wer dahinter steckt.

Dann aber wurde mein Lesefluss immer wieder durch die vielen verschiedenen italienischen Worte und auch den anderen Fremdworten behindert und ich kam immer wieder raus.
Zum Schluss hatte ich auch noch Schwierigkeiten die verschiedenen Kirchenmänner auseinander zu halten.

Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr bildhaft und schön, ich bekam richtig Lust auf Urlaub.
Auch die Protagonisten gefallen mir sehr gut. Bruno Vossi ist mir sehr sympathisch, er ist ruhig und besonnen, ein Genießer und sehr geschichtsinteressiert. Er kommt authentisch rüber und ich höre seinem "Unterricht" gerne zu. Und endlich mal ein Kommissar, der eine liebevolle und sympathische Frau hat und ein normales Leben führt.
Roberto finde ich cool, seine 180°-Wende mit dem Auto ist echt genial. Was ihn mir auch sehr sympathisch macht, ist das er Bruno bei seinen Geschichte nicht unterbricht, obwohl er sie schon gefühlte tausendmal gehört hat. Die beiden ergänzen sich, glaube ich, ganz gut.

Durch aktuelle politische Themen, geschichtliche Aspekte und Religionskonflikte wird der Krimi interessant, leider leidet die Spannung etwas, deshalb bekommt er nur 3 Sterne von mir.

Bewertung vom 02.05.2015
Dickens, Charles;Hauptmann, Tatjana

Weihnachtslied


ausgezeichnet

Wer kennt ihn nicht, den geizigen, verbitterten und einsamen Ebenezer Scrooge, sogar an Weihnachten kennt er keine Gnade und lässt seinen Angestellten arbeiten.
Dann erhält er Besuch von den drei Geistern der Weihnacht, der vergangenen, der gegenwärtigen und der zukünftigen. Auf der Reise mit den dreien erkennt Ebenezer, dass er sich ändern muss und dass es dafür noch nicht zu spät ist.
Ich liebe die Geschichte um Ebenezer Scrooge und schaue mir zu Weihnachten alle möglichen Filme dazu an, aber gelesen habe ich diese Geschichte jetzt das erste Mal und ich bin nicht enttäuscht worden.
Der Schreibstil von Charles Dickens ist einfach wundervoll, auch wenn es sprachlich etwas veraltet ist, kann er die Dinge und Geschehnissen anschaulich und authentisch darstellen. Seine Liebe zum Detail erleichtert mir das Eintauchen in seine Welt sehr.
Zitat Seite 12: "Die Kälte seines Inneren hatte seine alten Züge vereist, seine spitze Nase gezwickt, seine Wangen zerknittert, seinen Gang versteift, hatte seine Augen gerötet und seine dünnen Lippen blau gefärbt und gellte bissig in seiner schrillen Stimme."
Beim Lesen wurde mir auf einmal kalt.
Charles Dickens' Worte haben mich tief berührt und auch wenn ich die Geschichte schon kenne, habe ich jedes Wort in mich aufgesogen.
Die Entwicklung, die Ebenezer Scrooge durchmacht ist zwar relativ schnell, aber gefühlvoll und sehr emotional. Hier wird aufgezeigt, dass es nie zu spät ist, sich und sein Verhalten zu ändern.

Fazit:
Diesen Klassiker der Weltliteratur werde ich bestimmt nun zu jedem Weihnachtsfest lesen, denn er ist die perfekte Einstimmung zur Adventszeit.

Bewertung vom 19.03.2015
Muliar, Markus

Damit wir uns verstehen! Mein Großvater und ich


ausgezeichnet

Diese Biografie handelt von der Sprachlosigkeit und Distanz eines Enkels zu seinem Großvater.
Markus Muliar ist Kaffeehausbesitzer in Wien und der Enkelsohn des österreichischen Volksschauspieler Fritz Muliar und arbeitet mit dem Buch " Damit wir uns verstehen. Mein Großvater und ich" seinen Werdegang auf.
Durch verschiedene Erzählungen bekommt der Leser Einblicke in die einzelnen Lebensabschnitte von Markus, z.B. der Kindheit im "open house", wo er unter Erwachsenen groß geworden ist, den Vater früh verloren, der übermächtige Großvater immer präsent. In der Jobfindungsphase meint Markus der Name Muliar öffnet ihm alle Türen, muss dann aber einsehen, dass auch Fleiß und Arbeit nötig sind. Als er dann schlussendlich nach verschiedenen Jobs zu einem Kaffeehausbesitzer wird, ist er endlich angekommen und fühlt sich in seinem Leben wohl. Sein Kaffeehaus befindet sich in der Nähe der Wohnung, in der er aufgewachsen ist. Der Kreis hat sich geschlossen.
Nachdem Markus die Tagebücher seines Großvaters gefunden und gelesen hat, kann er viele Handlungen verstehen und auch nachvollziehen, warum Fritz Muliar das Alleinsein gehasst hat.

Diese Biografie ist einfühlsam und sehr emotionsvoll, sie zeigt auf, wie schwierig es ist, sein Gegenüber zu verstehen, wenn man nicht redet.
Der lebendige und anschauliche Schreibstil beschert mir schöne Lesestunden und ich konnte mir die Begebenheiten gut vorstellen. In einigen Dingen habe ich mich wiedergefunden, was mich zum Nachdenken anregt. Die wunderschönen Beschreibungen der Schauplätze in Wien machen Lust, diese Stadt einmal zu besuchen und zu einem Kaffee bei Markus einzukehren.
Die Tagebücher sind auf einem anderen Papier gedruckt, so kann man deutlich erkennen, dies stammt aus der Feder von Fritz Muliar zur Zeit des 2.Weltkrieges. Das ist eine gute Idee.

Der Epilog macht deutlich, wie wichtig das Miteinander Reden ist. Wenn die ältere Generation mehr über ihr Erlebtes reden würde, könnten sie vielleicht auch ihr Trauma etwas lindern. Ich finde, Reden befreit.

Der letzte Satz des Buches "Damit wir uns verstehen, müssen wir miteinander reden" gilt nicht nur für die Kriegsgeneration, auch in unserem heutigem Leben erfahre ich immer wieder, wie wichtig miteinander reden ist.

Diese Biografie kann ich nur jedem empfehlen, der gerne solche liest und auch jenen, die die Sprachlosigkeit der Kriegsgeneration nicht verstehen.