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Lisega

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Insgesamt 1386 Bewertungen
Bewertung vom 10.06.2013

Lars und die Frauen


ausgezeichnet

Ein kleines Kaff im Mittleren Westen der USA: Der Mittzwanziger Lars ist ein frommer Einzelgänger, der keine Berührungen erträgt, nicht mal seine Familie an sich ran lässt und zurückgezogen in einer Garage wohnt. Doch alle mögen ihn. Das zeigt sich, als Lars überglücklich endlich eine Freundin vorstellt: Eine Gummipuppe, die er in einem Sexshop im Internet bestellt hat, die für ihn aber eine querschnittsgelähmte ehemalige Missionarin namens Bianca ist und ganz züchtig bei Bruder und Schwägerin wohnen soll. „Was würde Jesus tun?“ fragt der Pfarrer. Die Gemeinde kommt wohl zu dem Schluss, dass Jesus eine Gummipuppe akzeptieren würde, denn sie spielen auf Anraten der Ärztin das Spiel mit und behandeln Bianca wie einen Menschen aus Fleisch und Blut. Bald „arbeitet“ sie im Krankenhaus, findet Freundinnen und geht alleine aus – und Lars wird mit ganz normalen Beziehungsproblemen konfrontiert …
Eine kluge, wunderbar berührende Tragikomödie. Laut lachen muss man hier nicht, es ist ein leiser Film, der zeigt, wie manche Menschen in ihrer Einsamkeit gefangen sind. Lars wählt einen ungewöhnlichen Ausbruch aus seiner Isolation, aber dank der Liebe seiner Familie und Freunde und der Toleranz der ganzen Dorfgemeinschaft schafft er es, über den "Umweg" Bianca aus seinem Kokon zu schlüpfen.

Bewertung vom 10.06.2013

Thank You For Smoking


ausgezeichnet

"Wenn du richtig argumentierst, hast du immer Recht." Getreu diesem Motto gelingt es dem gerissenen Tabak-Lobbyisten Nick Naylor in dieser bitterbösen Gesellschaftssatire tatsächlich, die Meinung stets zu seinen Gunsten zu verdrehen. Zum Beispiel in einer Talkrunde mit einem krebskranken Jungen, in der er glaubwürdig versichert, dass die militanten Anti-Raucher vom "Märtyrer-Tod" des Teenagers weit mehr profitieren als die Tabakindustrie, die ja einen Kunden verlieren würde ("Wir wollen, dass er weiterlebt und weiterraucht."). Oder im Schlagabtausch mit dem Senator Finistirre, dem er vorwirft, dass durch den berühmten Käse aus dem Heimatstaat des Senators ebenfalls die Gesundheit gefährdet wird (erhöhter Cholesterinspiegel!). Der geborene Schwätzer Naylor ist ein As in seinem PR-Job, und der Zuschauer wird durch die rhetorischen Scharmützel in dieser rabenschwarze Satire bestens unterhalten. Ein Highlight des Films: Naylors Stammtisch mit den Lobbyisten für Waffen und Alkohol, den er kurz TAG nennt (= tödlich aber gut). Eine abgefahrene Story, tolle Schauspieler - klasse Film!

Bewertung vom 04.06.2013

Im Schatten der Eule


ausgezeichnet

Ganz dunkel konnte ich mich noch an eine TV-Serie aus meiner Kindheit erinnern: drei Jungs, die in einem hohlen Baum im Wald leben und im Titel irgendwas mit Eule. Als ich jetzt zufällig über die DVD „Im Schatten der Eule“ gestolpert bin, habe ich sie sofort gekauft, und die Abenteuer der Hensman-Brüder haben mich gleich wieder in ihren Bann gezogen. Die 13 ca. halbstündigen Folgen beschreiben amüsant und spannend die Erlebnisse der drei Halbwaisen Robin, John und Harold im Wald von Brendon Chase, nachdem sie bei ihrer strengen Tante ausgebüchst sind. Während ihnen der leicht vertrottelte Sergeant Bunting und die findige Reporterin Monica Hurling immer wieder gefährlich nahe kommen, lernen die drei „Outlaws“ das Überleben im Wald: Tiere jagen, Fallen stellen, Felle gerben und daraus Kleidung machen usw. Eine Hilfe ist ihnen dabei der Einsiedler Smokie Joe, der schon jahrzehntelang im Wald lebt. Die Jungs wollen nie wieder ins normale Leben zurück, doch natürlich kommt es am Ende anders, als man denkt ... Die Serie spielt in den 20er Jahren und fängt geschickt die damalige Zeit ein, als kleine Jungs noch kurze Hosen trugen, Väter irgendwo im Empire dienten und Autos eine Rarität waren und so langsam fuhren, dass man ihnen tatsächlich mit einem Einspänner „davonrasen“ konnte. Auch wenn die DVD keinerlei Extras und nicht mal eine englische Tonspur enthält: Ich bin froh, dass die tolle Jugendserie „Im Schatten der Eule“ überhaupt einmal veröffentlich wurde und vergebe deshalb volle fünf Sterne!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.06.2013
Oryema,Geoffrey

Exile


ausgezeichnet

Auf Geoffrey Oryema bin ich bei einem Vortrag von Michael Martin (Die Wüsten Afrikas) aufmerksam geworden. Den entspannten Afro-Sound, der sofort Sehnsucht nach Afrika weckt, wollte ich unbedingt haben. Neben den zwei Liedern, die mich als Hintergrundmusik bei der Diashow begeistert haben (Land of Anaka, Makambo), gefallen mir auch die anderen Songs durchwegs sehr gut. Oryema greift zwar auch auf traditionelle Instrumente zurück, aber in den größtenteils traurigen Folk-Balladen sind durchaus auch die Einflüsse westlicher Popmusik zu finden (Oryema stammt aus Uganda, lebt aber seit langem in Paris). Das musikalische Arrangement ist meist minimalistisch und die Songs konzentrieren sich ganz auf seine großartige, charismatische Stimme. Kann man immer wieder anhören.

Bewertung vom 03.06.2013
Camilleri, Andrea

Das kalte Lächeln des Meeres / Commissario Montalbano Bd.7


ausgezeichnet

Oh Schreck - Commissario Montalbano will kündigen! Denn so mancher von der Regierung angeordneter Polizei-Einsatz (z.B. G8 in Genua) empört den Sizilianer dermaßen, dass er nicht mehr zu dieser Truppe gehören will. Gott sei Dank hält ihn aber ein kniffliger Fall immer wieder von der Kündigung ab: Eine Leiche, die er beim Schwimmen entdeckt, und das traurige Schicksal eines kleinen illegalen Einwanderers aus Afrika lassen ihm keine Ruhe. Er kommt einer Schleuserbande auf die Spur, die die Ströme illegaler Flüchtlinge aus Nordafrika zum Menschenhandel ausnutzt... "Das kalte Lächeln des Meeres" ist trotz des ernsten Themas ein gewohnt humorvoller Fall mit einem Schuss Erotik (dafür sorgt Montalbanos schwedische Bekannte Ingrid) und - angesichts der Flüchtlingsproblematik - von erschreckender politischer Brisanz.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.06.2013
Capus, Alex

Eine Frage der Zeit


ausgezeichnet

Mit „Eine Frage der Zeit“ ist es Alex Capus wieder einmal gelungen, aus einer kleinen historischen Begebenheit einen wunderbar kurzweiligen, unterhaltsamen Roman zu machen. Anhand dreier norddeutschen Werftarbeiter, die in Ostafrika eigentlich nur ein Schiff zusammenbauen sollen und schließlich in die Wirren des Ersten Weltkriegs gelangen, demonstriert er eindringlich, aber sehr amüsant, wie ohnmächtig der Einzelne dem Lauf der Dinge ausgeliefert ist. Während die drei Deutschen versuchen, den Schiffsbau hinauszuzögern und damit dem Armeedienst erst einmal zu entkommen, kann ihr Gegenpart im Buch, der größenwahnsinnige britische Oberleutnant Spicer Simson, nicht schnell genug in die Schlacht kommen, um ruhmreiche Heldentaten zu vollbringen. Doch selbst er sieht am Tanganika-See die Sinnlosigkeit seines Tuns ein - Ostafrika ist in diesem wahnsinnigen Krieg eben nur ein bizarrer Nebenschauplatz. Eine interessante, spannende Geschichte, die Einblicke in die Kolonialgeschichte und den Irrsinn des Krieges gewährt und – wie von Alex Capus gewohnt – geistreich geschrieben ist.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2013
St John, Lauren

Der letzte Leopard


ausgezeichnet

Der dritte Band der wunderbar gestalteten Reihe um das Waisenmädchen Martine, das in einem südafrikanischen Wildreservat aufwächst, enthält alles, was die Vorgänger zu einem so tollen Lesespaß gemacht hat: Eine abenteuerliche Geschichte, warmherzige Charaktere, wunderbare Beschreibungen der afrikanischen Natur und eine Prise Magie. Dabei wird Martine in „Der letzte Leopard“ wieder von ihrer geliebten weißen Giraffe Jemmy getrennt. Mit ihrer Großmutter und Ben reist sie nach Zimbabwe, um dort in den Matobo Bergen einer guten Freundin zu helfen. Sadie hat sich ein Bein gebrochen und wird von ihrem Nachbarn Mr. Ratcliffe bedroht, der unbedingt Khan, den auf ihrem Grund lebenden Leoparden, jagen will. Natürlich machen sich Martine und Ben daran, Khan zu retten und Mr. Ratcliffe, der auf seinem Anwesen illegale „Dosenjagden“ veranstaltet, das Handwerk zu legen… Selbst mein lesefauler Neffe verschlingt Lauren St. Johns Bücher regelrecht, so nimmt ihn die magische Welt Afrikas gefangen, die die Autorin bildhaft zum Leben erweckt. Für junge Leser zwischen 10 und 14 Jahren absolut zu empfehlen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2013
Pratchett, Terry

Jingo


ausgezeichnet

In Terry Pratchetts ausgezeichnetem 20. Discworld-Roman geht es um "jingoism", den unangenehmen Hurra-Patriotismus. Denn als im Ozean zwischen Ankh-Morpork und Klatch plötzlich der versunkene Kontinent Leshp wieder auftaucht, bricht zwischen den beiden Staaten sofort ein Streit über die Besitzansprüche an diesem Stück Land aus. Ganz Ankh-Morpork entdeckt plötzlich seine patriotische Seite und will Klatch den Krieg erklären. Nach einem Attentatsversuch auf einen klatchianischen Gesandten in der Metropole ist auch die City Watch unter Commander Sam Vimes in die Angelegenheit verwickelt ...
Terry Pratchett gelingt es, die ernsthaften Themen Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit sehr humorvoll und hintersinnig in einen spannenden Scheibenwelt-Krimi zu packen. Dabei schafft er es allein durch viele skurrile Szenen und herrliche Dialoge, aber ohne erhobenen Zeigefinger die Absurdität des überzogenen Patriotismus aufzudecken. Einer der besten Romane aus der Reihe mit der Wache!