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leserattebremen
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Bewertungen

Insgesamt 623 Bewertungen
Bewertung vom 18.02.2012
Ramadan, Jasmin

Das Schwein unter den Fischen


gut

Stine (eigentlich Celestine) wächst in einer seltsamen Familie auf: Ihr Vater Reiner betreibt einen Imbiss, in dem es hauptsächlich Mettbrötchen zu geben scheint. Die Stiefmutter Ramona ist Alkoholikerin und betrügt ihren Mann ununterbrochen und Tante Trixie ist eine depressive Lesbe, deren bester Freund ein schwuler amerikanischer Arzt ist.
Was wie eine lustige Chaosfamilie beginnt, wird leider schnell anstrengend für den Leser. Welche Geschichte möchte Jasmin Ramadan mit ihrem Roman eigentlich erzählen? Die eines jungen Mädchens das ohne Mutter aufwächst und ihren Platz im Leben sucht? Das gelingt phasenweise ganz gut, beispielsweise wenn Stines Abitur beschrieben wird und wie sie danach mit einem Mitschüler abstürzt. Doch die bunte Familie drängelt sich immer wieder in den Vordergrund und so ganz werden Stines Beweggründe und Gefühle auch nie klar. Sie will auf irgendeine Art von ihrem Vater weg, gleichzeitig jedoch auch nicht. Anscheinend hat sie Talent zu zeichnen, doch wirklich klar wird das auch nicht, sie überlegt Kunst zu studieren, aber eigentlich will sie das auch nicht. Sicher gibt die Autorin damit gut wieder, was in diesem jungen Menschen vorgeht, der sich nicht klar ist, wo er im Leben hingehört und zu welchen Menschen er gehören möchte. Doch die Umsetzung ist für den Leser nicht wirklich fesselnd und manchmal schwer zu lesen.
Stilistisch wirkte das Buch auf mich fast wie ein Drehbuch, die Beschreibungen vermitteln sofort Bilder und die Geschichte läuft wie ein Film vor einem ab. Das gibt dem Buch trotz seiner stellenweise sehr anstrengenden Art etwas Unterhaltsames, was zum Weiterlesen animiert. Den Film zu dieser Geschichte würde ich gerne sehen, wie Stine sich bewegt, wie sie redet, ihre Mimik, wenn sie mal wieder mit dem Leben konfrontiert wird, das eigentlich gar nicht will. Das Buch konnte mich leider nicht wirklich überzeugen.

Bewertung vom 18.02.2012
Lippke, Mila

Morgen bist du noch da


ausgezeichnet

Was entscheidet eigentlich, wer wir sind? Unsere Eltern? Unsere Geschichte? Oder die Art, wie wir unser Leben leben? Lioba fängt an, sich mit der Frage nach sich und der eigenen Familie auseinanderzusetzen, als sie selbst ungewollt schwanger wird. Gerade als sie die Suche nach ihrem Vater beginnen will, hat ihre Mutter einen Schlaganfall und kann sich ihr nicht mehr mitteilen. Das Verhältnis von Lio und ihrer Mutter war nicht sorgenfrei oder problemlos, sondern immer belastet von einem Unverständnis, das Mutter und Tochter voneinander trennte, ohne dass Lio so richtig wusste, warum.
Die Suche nach ihrer eigenen Geschichte macht Lio deutlich, wie wenig sie von ihrer Mutter wusste und zeigt ihr die starken Grenzen, die ihre Mutter ihr gegenüber immer gezogen hat. Erst ganz langsam, wie ein Stickerei die man wieder löst, kann Lioba ihre Familiengeschichte entschlüsseln und sich so auch ihrer eigenen Zukunft wieder stellen. Will sie überhaupt ein Kind, ohne für dieses Kind einen Vater zu haben? Denn ihr Geliebter Dominic scheint sich nicht als Vater zu sehen.

Mila Lippke schafft es auf eine unglaubliche sensible, unaufgeregte Art, Liobas Suche nach ihren Wurzeln zu beschreiben. Ohne übertriebene Dramatik lässt sie allein Lios Sicht auf den Leser wirken und bringt ihn so ganz nah an die Figur heran, die sie geschaffen hat. So verwirrend Lios Emotionen für sie selber sind, so klar macht die Autorin sie für den Leser, der das Gefühl bekommt, die Protagonistin auf einer ganz besonderen Reise ihres Lebens zu begleiten.
Gleichzeitig bietet der Roman die Möglichkeit, auch bei sich selbst anzuknüpfen. Was wissen wir denn eigentlich über unsere Familie, über unsere Mutter, die Frau, die uns ein Leben lang begleitet, ob körperlich oder auch nur in Gedanken? Können wir sie als Mensch begreifen oder nur in ihrer Funktion, die sie uns vermittelt?
Lios Geschichtet verbindet viele Gedanken, die den Leser noch lange begleiten können. „Morgen bist du noch da“ ist kein Buch, bei dem man die letzte Seite umblättert und am Ende ist. Die Geschichte geht auf irgendeine Art im Kopf weiter und ich bin gespannt, was ich noch entdecke, wenn ich das Buch irgendwann wieder aus dem Regal nehme, um es neu zu entdecken.

Bewertung vom 18.02.2012
Haran, Maeve

Mein Mann ist eine Sünde wert


sehr gut

Georgie führt das typische Leben einer Hausfrau, sie liebt ihren Mann und ihre drei Kinder, auch wenn der Ehe in den letzten Jahren das Prickeln abhanden gekommen ist. Doch das plötzliche Auftauchen einer alten Freundin ihrer Mutter wirbelt so einiges durcheinander. Und als sie dann noch romantische SMS von der Geschäftspartnerin ihres Mannes auf dessen Handy liest, hat sie genug. Sie setzt sich in den nächsten Zug nach Paris, um nachzudenken und das Leben eine Woche lang in vollen Zügen zu genießen. Doch kann und will sie ihre Ehe überhaupt noch retten? Und was hat es eigentlich mit dem geheimnisvollen auftauchen der Freundin ihrer Mutter auf sich?
Maeve Haran ist mit diesem Roman ein äußerst kurzweiliger und unterhaltsamer Plot gelungen. Georgie ist eine durch und durch sympathische, wenn zeitweilig auch etwas naive Hauptfigur, mit der man leiden und lachen kann. Jahrelang kümmert sie sich um die Familie und hält ihrem Mann den Rücken frei, als Dank dafür scheint er sie nur zu belügen. Für ihren Ausbruch nach Paris hat man als Leserin vollstes Verständnis und welche Stadt könnte sich besser eignen als Paris?
Das Buch hat mir sehr gut gefallen und ich habe es fast in einem Zug durchgelesen, weil es so unterhaltsam war und ich mir am Ende tatsächlich nicht sicher, wie es ausgeht. Eine positive Überraschung in der Welt der rosaroten Frauenromane.