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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 941 Bewertungen
Bewertung vom 27.10.2020
Rose Billert, Brita

Indian Cowboy


ausgezeichnet

Ryan muss immer wieder um sein Leben fürchten. Er will endlich Ruhe und möchte zurück zu seiner Familie. Aber sein Widersacher seit Jahren, Red Eagle, kann ihm nicht verzeihen und legt ihm Steine in den Weg. Jedoch ist ihm Hilfe gewiss, mit der er absolut nicht rechnete. Im Kreis der Familie kann er die erlebten Qualen in der „anderen Welt“ vergessen. Ja, und eine neue Liebe wartet ebenfalls auf ihn. Oder nicht?

Auch der vierte Band des „Indian Cowboy“ ist spannend und abwechslungsreich erzählt. Mir gefielen die Geschichten der alten Lakota gut. Ich konnte mal wieder erfahren, wie das Leben in der Vergangenheit war und wie es sich heute gestaltet. Wie schwer die Menschen es in den Reservaten noch haben und dass sie bis heute nicht so recht anerkannt sind, das stimmt mich sehr nachdenklich. Brita Rose – Billert kennt die Probleme und versteht es ausgezeichnet, diese in ihre spannenden Bücher einzubringen. Das Cover ist aussagekräftig, muss Ryan doch immer wieder den Mut eines Bären beweisen. Ich freue mich auf die folgenden Bände der Geschichte um Ryan und bin gespannt, ob seine Träume sich erfüllen.

Bewertung vom 22.10.2020
Menrath, Manuel

Unter dem Nordlicht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Unter dem Nordlicht“ zeigt in eindrücklicher Weise, wie wenig die oft üblichen Vorstellungen vom Leben der Indianer mit der Realität zu tun haben. Der Schweizer Autor Manuel Menrath ist Historiker und er reiste in Gebiete, die weit weg von den Ballungsräumen der Großstädte liegen. Hier leben Cree und Ojibwe in Reservaten, die ihnen von den „Weißen Herrenmenschen“ zugewiesen wurden. Herr Menrath schaffte Vertrauen zu den Menschen und sie berichteten ihm von ihrer Geschichte. Er durfte an Jagden und rituellen Festen teilnehmen und über 100 Indianer interviewen. Aus dieser gewiss auch strapaziösen Recherche konnte er dieses wertvolle Buch schreiben.

Niemals zuvor las ich ein Werk, welches mich so sehr beeindruckte. Ich wusste nicht, was die Ureinwohner Kanadas erdulden mussten und dass es selbst im Jahr 2016 noch über 100 Selbstmordversuche unter Kindern der Reservate gab. Auch als Herr Menrath in ein Cree-Dorf namens Attawapiskat reiste, brachte sich kurz vorher ein blutjunges Mädchen (12 Jahre alt) um. Warum machen die Kinder das? Ein Grund kann sein, dass ihre Eltern und Großeltern in den Residential Schools „unterrichtet“ wurden. Dort erlebten sie unvorstellbare Misshandlungen und wurden bis heute nicht, damit fertig. Vielleicht sehen die jungen Menschen die Hoffnungslosigkeit der Eltern und haben Angst, dass sie die Zukunft nicht meistern können?

Bis heute leiden alle Indigenen unter Behördenwillkür und Rassismus. Sie erhalten kaum Aufmerksamkeit von der Bevölkerung und die Touristen wollen nur das sehen, was sie unter dem Leben mit Indianern verstehen. Schlimm für mich war das, was die Menschen dem Europäer Menrath berichteten. Sie sollten ihrem Glauben abschwören, wurden als „Heiden“ betrachtet und oft auch versklavt. Durften nur noch das jagen, was ihnen die „Weißen“ erlaubten, ganze Siedlungen geflutet und Raubbau an ihrer Natur betrieben. Die Ureinwohner mussten mit auf den Feldern arbeiten und wertvolle Rohstoffe bergen. Den Nutzen hatten sie davon keineswegs.

Im Jahr 1493 erließ Papst Alexander VI eine Bulle, in der er den Herrschaftsanspruch christlicher Nationen auf neu „entdeckten“ und „heidnischen“ Ländern. „Durch unsere apostolische Machtbefugnis, die der allmächtige Gott durch den hl. Petrus auf uns übertragen hat, schenken und gewähren wir dem spanischem Königshaus sowie deren Nachfolger auf alle Zeit sämtliche Inseln und Länder mit ihren Herrschaften, Städten und Dörfern, die gefunden wurden und noch entdeckt werden. Und zwar im Westen vom arktischen bis zum antarktischen Pol.“ (Pos. 1184) Es waren auch Priester und Nonnen, unter denen in den Schulen der Indianer die Kinder am meisten litten.

Herr Menrath wollte ein Buch schreiben, das nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse aufzeigt. Auch seine persönlichen Empfindungen sollten zum Ausdruck kommen und das ist ihm hervorragend gelungen. Die originalen Fotos aus alter und neuer Zeit brachten mir die Betroffenen noch einmal näher.

Nein, mehr schreibe ich nicht. Es wäre noch so viel zu berichten, was mich bewegt. Bitte, lest dieses Buch und erfahrt, welchen Völkermord (Millionen wurden vertrieben oder starben an eingeschleppten Krankheiten) die Europäer nicht nur in Kanada vollzogen. Das Leben mit und von der Natur, welches ein Merkmal der Indianer ist, kann meiner Meinung nach auch heute noch praktiziert werden. Ja, auch in Europa.

Nach dem Nachwort und dem Dank folgen Glossar, Literatur- und Quellenverzeichnis sowie die Namen aller, die er interviewte. Der Hinweis auf Webseiten zum Thema, Zeitungsartikel und News sowie Filme fehlen ebenfalls nicht. Es gibt 822 Fußnoten, die am Schluss noch einmal ausführlich erläutert werden.

Bewertung vom 19.10.2020
Weber, Anne

Annette, ein Heldinnenepos (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Ich heiße Niemand“

Zitat aus dem Buch: „Nichts ist es wert auf dieser Welt, mit Menschenblut erkauft zu werden“. (Stammt von Rousseau)

Wer „als Gerechte unter den Völkern“ in Yad Vashem geehrt wird, der hat Großes vollbracht. Annette, die Hauptperson im Buch der Gewinnerin des dbp20, zählt dazu. Und nicht nur beim Verstecken jüdischer Mitbürger zeigte sie Mut. Nach dem Zweiten Weltkrieg kämpfte sie erneut für eine Minderheit und schloss sich einer Gruppe an, die für die Unabhängigkeit Algeriens eintrat. Sie wurde denunziert und kam ins Gefängnis. 10 Jahre Haft sollten es werden. Sie flüchtete nach Algerien.

In Frankreich geboren, wird sie heute als Heldin verehrt und Anne Beaumanoir ist häufig Thema beim Unterricht in französischen Schulen. Schon als Jugendliche wurde sie denunziert, ihre Freunde getötet und häufig stand sie alleine da. Sie lebte in den Armenvierteln Algeriens und erkannte schon sehr früh, dass sich dort etwas „Böses“ zusammenbraut. Das lag daran, dass auf „Egalité“ kaum wert gelegt wurde und viele Franzosen sich als „Herrenmenschen“ gegenüber den Bewohnern ihrer Kolonie fühlten. Wer macht das auf Dauer mit? Sie war es auch, die darauf aufmerksam machte, dass Charles de Gaulle einen Atombombenversuch in der Wüste machte. Dabei starben so viele Menschen und kaum jemand nahm Notiz davon. Jaja, ich höre auf, sonst spoiler ich noch.

Die Sprache der Autorin Anne Weber ist unüblich. Sie ist von großer Kraft und äußerst abwechslungsreich. Wiederholungen gibt es kaum. Die Ereignisse wurden in logischer Reihenfolge geschrieben und ich konnte ihnen sehr gut folgen. Ob ich persönlich die „Annette“ als Heldin sehe, wenn ich ihr Verhalten gegenüber ihrer Familie betrachte, das steht auf einem anderen Blatt. Das Buch gefiel mir sehr gut, auch wegen die vielen Bilder, die in meinem Kopf entstanden. Volle fünf Sterne und eine Leseempfehlung für Freund gehobener Literatur. Und nein, nicht weil sie den ersten Preis beim dbp20 bekam. Hervorzuheben ist auch die sehr umfangreiche Recherche zu dem Buch. Die Autorin hielt sich nicht mit Mutmaßungen auf. Sie schuf Fakten.

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.10.2020
Ohde, Deniz

Streulicht (eBook, ePUB)


sehr gut

„Streulicht“ gehörte zu den Nominierten zum Deutschen Buchpreis 2020. Es ist das Debüt von Deniz Ohde und erzählt von einer Kindheit und Jugend, die von Vorurteilen und Rassismus geprägt war. Der Vater ist Fabrikarbeiter, die Mutter verlässt ihn für eine Weile. Zurück bleibt nicht nur er, nein, auch die Tochter. Dass er Alkoholiker ist, kommt erschwerend hinzu. Mit im Haushalt lebt auch der fast blinde Großvater. Wie viele Menschen der Generation können diese beiden nichts wegwerfen. Sie hängen nicht nur an Dingen, auch ihre Gedanken an die Vergangenheit überlagern jene aus der Gegenwart.

Die Hauptperson in dem Buch schreibt in der Ich-Form. Ihre Mutter kam vor vielen Jahren aus der Türkei und verliebte sich in den deutschen Arbeiter. Sie hatte nichts mit dem Islam zu tun auch ihre Tochter nicht. Jedoch wurde die immer wieder sowohl von Lehrern als auch von Mitschülern über ihr Aussehen und den „komischen“ Namen befragt. Ein Lehrer verwehrte ihr den Zugang zum Gymnasium, indem er ihre Arbeiten schlechter bewertete als sie tatsächlich waren.

Mit viel Überredungskunst von Außen und Gedanken nach dem Motto: „Euch zeige ich es“, besuchte sie schließlich eine Abendschule. Sie wollte das Abitur auf diese Weise nachmachen. Hier gab es nur „verkrachte Existenzen“ und sie fühlte sich angenommen. Dass sie ein glänzendes Zeugnis erhielt, das muss kaum erwähnt werden.

Das Buch gefiel mir gut. Es ist eins der gefälligsten Werke, die ich aus der Longlist zum Deutschen Buchpreis 2020 las. Die Autorin schreibt gefällig und nachvollziehbar. Die hier genannten Vorurteile gibt es tatsächlich und auf welche Weise schlechte Lehrer das Leben der ihnen Anvertrauten schwer machen können, das erlebten wir bei unserem Enkel. Wer einen Rucksack sein Eigen nennt, auf dem groß das Emblem der „Welt“ prangt, die ist also intelligent? (Ein Beispiel für die Beurteilung des Äußeren) Vier Sterne gebe ich und empfehle, das Buch zu lesen.

Bewertung vom 10.10.2020
Elmiger, Dorothee

Aus der Zuckerfabrik (eBook, ePUB)


sehr gut

Und noch ein Buch von der Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2020. „Aus der Zuckerfabrik“ stammt aus der Feder von Dorothee Elmiger, einer Schweizerin, und es ist ihre dritte Veröffentlichung. Frau Elmiger zog es auf wie ein Notizbuch. Von einem Arbeiter mit dem bedruckten Shirt, geht es zum ersten Lottomillionär der Schweiz, über eine Flug bis zu einem Autorentreffen. Ihre Gedanken bestehen oft aus wenigen Sätzen und eine Lösung gibt es nicht. Es ist eine Recherchereise durch Zeiten und Welten.

Es ist beileibe kein Buch, welches ich in wenigen Stunden las. Wie beschrieb es die Journalistin eines Radiosenders? Frau Elmiger fordere die Intelligenz der Leser. Das halte ich allerdings für unangebracht. Zum Beispiel darum: Wer sich auf ein fremdes Pferd setzt, ohne Zaum und Sattel, der ist nicht intelligent, der ist dumm. Viele Ereignisse führt sie nicht oder erst viele Seiten später weiter und beendet sie kaum. Aber nein, es ist beileibe nicht schlecht. Es gibt viele gute Ansätze in dem Buch.

Toll fand ich zum Beispiel den Hinweis auf das schöne Gemälde über den „Ursprung der Welt.“ Oder die vielen Hinweise auf Literatur aus der Vergangenheit. Dazu hat sie im Anhang eine lange Liste der Titel sowie ihrer Quellen aufgeführt. Sie stellte sich immer wieder die Frage, was denn bei einer Veröffentlichung auf dem Cover stehen sollte. Roman, oder doch lieber Recherchebericht? Wie sie lesen, wurde keins der beiden Wörter gewählt. Kann man über das Wort Liebe diskutieren? Nein? Doch! Frau Elmiger zeigt es in ihrem Buch. Und sie gibt sogar zu, dass sie nicht imstande ist etwas zu tun, was die Allgemeinheit unter „erzählen“ versteht. Sie kann nicht bei einem Thema bleiben.

Und warum trägt das Werk diesen Titel? Weil es immer mal wieder um den Zucker geht. Wie die Pflanzen geerntet und zu dem weißen Stoff verarbeitet werden oder welche Historie dieses Gewürz hat. Dann gab es noch ein Treffen, welches ich gut fand. Als sie nämlich zu einer Literaturrunde fuhr und dort von den „alten Hasen“ so begrüßt wurde: „Wie jung sie sind.“ Und dass viele glauben, sie würde Romane, vorzüglich „Nackenbeißer“ schreiben. Das hat sie bestens auf den Punkt gebracht, diese Vorurteile gegenüber junge Autoren. Auch ich musste lernen, dass sie gar nicht mal so „wirres Zeug“ schreibt, wie ich erst dachte. Leser müssen sich darauf einlassen und vorher bedenken, dass es eine kaum bekannte Art der Literatur ist. Also vier Sterne und eine Empfehlung für Mutige gebe ich hier.

Bewertung vom 09.10.2020
Schillerhof, Tom

Sieben Tage für die Liebe (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Gwen sitzt in einem Zug, der sie zu ihrem Heimatort bringen wird. 7 Jahre sind bereits vergangen, seitdem sie dort war. Dass sie sich jetzt überwinden konnte lag einzig daran, dass ihre einst beste Freundin tot ist. Ja, sie starb bei einem Unfall und für Gwen ist es keine Frage, dass sie zur Beerdigung anwesend ist. In dem Abteil ist auch ein junger Mann namens Ben. Dem fiel die hübsche Rothaarige sofort auf und eigentlich wollte er sie ansprechen. Leider verschwand sie bei der Ankunft im Zielbahnhof spurlos und Ben ärgerte sich, dass er nicht aufmerksamer war. Nun ist sie weg und Ben, so heißt der junge Mann, fragt sich, ob er diese Schönheit wohl doch noch wiedersehen wird.

Was veranlasst mich dazu, diesem Buch fünf Sterne zu geben? Die vollkommene Rechtschreibung oder die so häufig hochgelobte literarische Brillianz? Nein, es sind die schlichten und dennoch wertvollen Gedanken, welche der Autor in seinem Roman schrieb. Ich musste lauthals lachen als ich las, dass eine junge Mutter ihrem Kind Dinkel-Hirsebrot mit Bio-Hähnchenwurst mit auf den Weg zur Schule gab. Die Kleine war gerade mal im ersten Schuljahr. Ob es ihr schmeckt? Das denke ich eher nicht. Und nein, Erfolg zu haben, das hat nicht mit außergewöhnlicher Intelligenz zu tun. Die Eltern des Kindes halten lediglich eine Fassade aufrecht, die sicherlich bald zerbricht.

Und dann ist da auch noch die Influencerin Liz. Freund und Lebensgefährte Ben hat mir der Beschreibung ihres Charakters den Nagel auf den Kopf getroffen: „Jetzt redet sie den ganzen Tag nur Schwachsinn, verhökert Ramsch und kassiert dabei auch noch mächtig Kohle.“ Dass diese Dame es mit der Treue absolut nicht so genau nimmt, erkennt Ben leider erst sehr spät. Tom Schillerhof hat nicht nur einen ganz alltäglichen Liebesroman geschrieben. Nein, das Buch zeugt von einem klaren Blick für die unterschiedlichen Alltagsgeschichten der heutigen Zeit. Fünf Sterne gebe ich sehr gerne und empfehle den Roman sehr gerne weiter.

Bewertung vom 07.10.2020
Carolsfeld, Wiebke von

Das Haus in der Claremont Street (eBook, ePUB)


sehr gut

Innerhalb weniger Minuten war der kleine Tom Waise. Was er mitansehen musst, kann niemand nachvollziehen und ist Thema des Debütromans „Das Haus in der Claremont Street“. Dass er seitdem nicht mehr spricht und auch noch einige andere „Eigenheiten“ an den Tag legt, das ist verständlich. Seine Mutter hatte drei Geschwister, die sich um Tom kümmern wollen. Mona, die Tote, beschloss vor ihrem Tod, dass die Älteste das Sorgerecht für Tom bekommt. Die ist kinderlos und mit beim Umgang mit dem Traumatisierten schon bald überfordert. Es folgt Rose, die im Haus an der Claremont Street wohnt. Das ist übrigens das Elternhaus der Geschwister. Hier lebt auch Roses Sohn und der ledige Bruder Will. Alle bemühen sich um Tom, der bleibt aber verschlossen.

Es war ein Mord mit Ansage und trotzdem kam er für die Geschwister überraschend. Allerdings machen sie sich jetzt, wo die Tat geschah, bittere Vorwürfe. Warum haben sie die Zeichen nicht erkannt? Versäumten sie es mit Absicht, ihre Schwester zu retten? Es gibt ja Frauen, die angeblich täglich vor einen Schrank laufen oder die Treppe hinunterfallen. Doch, ist das glaubwürdig? Trotz des ernsten Themas über Traumen und den brutalen Verlust der Eltern, musste ich hin und wieder schmunzeln. Die Autorin berichtete nicht nur todernst sondern stets mit einem Augenzwinkern.

Ich fand es anstrengend, dass ich mich immer wieder auf neue Gedanken und Schauplätze einlassen musste. Viele Erlebnisse aus der Vergangenheit Toms und der Geschwister wechselten mit den Problemen der Gegenwart. Aber trotzdem lohnte es sich, dabeizubleiben und dem Geschehen zu folgen. Es ist ihr Debüt und dafür ist es gut gelungen. Luft nach oben gibt es immer. Vier Sterne und eine Leseempfehlung sind berechtigt, so denke ich.

Bewertung vom 07.10.2020
Blazon, Nina

Das Wörterbuch des Windes


sehr gut

„Eifersüchtige Irre“ und „total krank im Kopf“, das schrie Henrik als er sich zum letzten Mal mit Swea stritt. Dabei sollte es ein neuer Anfang werden, sozusagen die zweite Hochzeitsreise. Swea steigt in den Mietwagen und rast davon. Sie kommt vom Weg ab und wird von einem Senior namens Einar gefunden. Der bringt sie mit in sein Haus und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Schritt für Schritt versucht Swea, sich von ihrem Mann und den Eltern loszueisen. Dabei macht sie auch Fehler und es stellt sich die Frage, ob die wechselnden Liebhaber tatsächlich dazu beitragen können, dass sie vergessen kann.

Die Autorin reiste im Jahr 2008 nach Island um dort an einem Literaturfestival teilzunehmen. Dabei kam ihr die Idee zu diesem Roman. Sie schreibt von der rauen und wunderschönen Landschaft dieser Insel. Von dem Wind, dem man nachgeben sollte, alles andere sei zu anstrengend (laut Einar). Aber auch der Glaube an Übernatürliches, wie Elfen oder Begegnungen mit Toten, ist ein großes Thema. Das war mir ein wenig zu abstrakt aber ich akzeptiere alle, die daran glauben. Swea beginnt zu malen, sie versucht sich als Reinigungsfrau und muss erkennen, welche hinterhältigen Schachzüge ihr Vater veranlasst. Lässt sie sich davon beeinflussen und geht wieder zurück nach Deutschland?

Ja und dann gab es noch den Bankencrash. Dass viele Isländer damals ihre Häuser an die Banken verloren ist bekannt. Wie sie damit umgingen und dass einige es nicht schafften, ins Leben zurückzufinden, das beschreibt Nina Blazon gut. Ein Blickpunkt ist das tolle Cover. Diese Farben und die auffallende Figur im roten Kleid, das hat was. Vier Sterne gibt es von mir und für Freunde der Insel im hohen Norden ist es mit Sicherheit ein tolles Buch.

Bewertung vom 07.10.2020
Helfer, Monika

Die Bagage (eBook, ePUB)


sehr gut

Maria Moosbrugger ist eine Schönheit und ihr Mann, der Josef, wacht mit Argusaugen über sie. Als jedoch der Erste Weltkrieg beginnt und er eingezogen wird, bittet er den Bürgermeister, dass er über seine Frau wacht. Josef ist fort und Maria macht einen Ausflug mit dem Bürgermeister. Sie lernt einen Mann kennen, der sie auch Zuhause besucht. Irgendwann ist es das Gesprächsthema Nummer eins im Ort: Maria ist schwanger. Die Gerüchteküche brodelt und auch der Pfarrer kocht munter mit. Das Kind, die kleine Margarete, leidet später unter dem Hass des Josef und der bestraft sie mit Verachtung. Mit recht? Oder erliegt er den Vorurteilen der Dorfbewohner?

Grete, die Abkürzung von Margarete, ist die Mutter der Autorin von „Die Bagage“. Sie berichtet von dem Leben der Bergbauern und den vielen Entbehrungen in der Kindheit. Aber auch von der Freiheit und dem Leben mit der Natur. Das Buch zeigt, wie leicht es ist, sich den Gerüchten hinzugeben und daraus eine Grund zu konstruieren, der das Leben eines Menschen unerträglich macht. Wer dann auch noch seine Macht ausnutzt und als Pfarrer von der Kanzel diese Vorurteile anheizt, der ist verabscheuungswürdig.

Beim Lesen von „Die Bagage“ dachte ich unwillkürlich an ein Bild in unserem Lesebuch. Es hieß: „Das Gerücht“ und dazu gab es auch eine Geschichte. So wie ein kleiner Schneeball zur großen und todbringenden Lawine wächst, so müssen auch Margarete und ihre Mutter leiden. Es war das erste Buch der Autorin, welches ich las. Die schlichte und bildhafte Sprache gefiel mir dabei recht gut. Vier Sterne und besonders den Österreichern gebe ich eine Leseempfehlung.