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TochterAlice
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Köln

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Insgesamt 1464 Bewertungen
Bewertung vom 25.05.2021
Abel, Susanne

Stay away from Gretchen / Gretchen Bd.1


gut

Alarm in Köln!
Hier beginnt für Nachrichtenmoderator Tim Monderath im Alter von 49 Jahren der Ernst des Lebens: seine Mutter Greta wird immer tüddeliger. Bisher hat sie noch allein in der ehemaligen Familienwohnung in Köln-Porz, direkt am Rhein, gelebt und ist sogar noch Auto gefahren!

Doch nachdem sie sich mit ihrem Auto hunderte von Kilometern weit entfernt von Zuhause findet, ohne Benzin und völlig verwirrt, muss etwas geschehen. Auch wenn Nachbarin Helga sich kümmert und schon immer ein Auge auf Greta hatte.

Irgendwie entwickelt sich jedoch so einiges sehr, sehr merkwürdig: sie spricht über ihre Kindheit in Ostpreußen und über andere Dinge, die sie nie zuvor angesprochen hat. Das Gesagte lässt vermuten, dass sie es im und nach dem Krieg noch deutlich schwerer hatte als angenommen - und einige der Fäden weisen in eine komplett unerwartete Richtung!

Ein spannender Roman, der sich für meinen Geschmack manchmal etwas zu wild entwickelte, auch in der Entwicklung einiger Figuren schoss Autorin Susanne Abel aus meiner Sicht deutlich über das Ziel hinaus: so wurde Tom zunächst doch sehr einseitig als lebenslustiger Bonvivant dargestellt, zu dem die weiteren Entwicklungen gar nicht so recht passen wollten.

Doch einige der Punkte wie bspw. Rassismus in der unmittelbaren Nachkriegszeit trafen in ihrer Darstellung genau ins Schwarze und bewegten mich tief. Auf jeden Fall widmet sich dieser Roman auch einigen Aspekten, die im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg und dessen Folgen nicht ganz so häufig in der Literatur eine Rolle spielen! Wer sich gern mit diesem Thema beschäftigt, wird hier einige neue Impulse und Eindrücke gewinnen!

Bewertung vom 25.05.2021
Gurt, Philipp

Unverschwunden


gut

Autor Lukas Cadisch steht mit beiden Beinen im Leben, ist als Romancier sehr erfolgreich: die Veröffentlichung seines neuesten Werkes steht kurz bevor.

In der Liebe läuft es für den beinahe Vierzigjährigen nicht ganz so gut, die letzte Frau seines Lebens, Lisa, hat ihn sitzen lassen und er hat keine Ahnung warum.

Auf einmal, genauer gesagt: an einem vierten Mai merkt Lukas, dass er für die anderen unsichtbar ist. Und zwar nicht nur er, sondern auch seine Handlungen. Wenn er zum Beispiel einkauft, fehlt nachher nichts im Geschäft, aber Lukas kann sich trotzdem ein sättigendes Mahl bereiten. Und zwar kostenlos, wie er erfreut feststellt.

Neben den angenehmen Seiten des Unsichtbarseins gibt es jedoch mindestens ebensoviel Negatives. Die Möglichkeit, Leute zu beobachten, birg beispielsweise nicht nur Positives. Dadurch erfährt er beispielsweise auch den Grund für Lisas Rückzug. Und seine Wohnung wird irgendwann geräumt. Aber nichts ist so schlimm wie die Einsamkeit, das Leben ohne Gefährten.

Doch dann erfolgt eine Wende - Lukas erfährt durch Zufall, dass er möglicherweise doch Schicksalsgenossen hat. Und macht sich auf die Suche...

Ab hier wird das Buch für mich uninteressant, auf einmal kommen zahlreiche Klischees vor. Und vor allem: man hätte aus dem Plot viel mehr machen, ihm viel mehr Tiefe verleihen können. So wurden meine Erwartungen leider nur zum Teil erfüllt.

Bewertung vom 22.05.2021
Erdrich, Louise

Das Haus des Windes


ausgezeichnet

"Wahrscheinlich der einzige Junge im Reservat, der nicht schießen konnte" (S.309)
das war bzw. ist Joe, der aus vergleichsweise behüteten Verhältnissen stammt und mit seinen Eltern und inmitten seiner Freunde ein ausgesprochen beschauliches Leben führt - bis seiner Mutter ein schlimmes Unglück widerfährt und nichts mehr so ist, wie es war. Die Autorin Louise Erdrich schildert in diesem Roman eine eindringliche Geschichte um Würde, Achtung und Menschlichkeit, um Erbarmen - aber auch um Erbarmungslosigkeit, um Rache, um Vergeltung und Erniedrigung, um das Leid. Wir lernen Joes Familie, aber auch andere Bewohner des Reservats und drumherum kennen, sie alle sind Teil der Entwicklungen, die die Erzählung nimmt. In einer wunderbaren, kraftvollen, wenn auch manchmal sparsamen Sprache lässt Erdrich den Leser eintauchen in die Ereignisse rund um das Rundhaus - so auch der Titel im Original. Einen kleinen Einblick in die Aussagekraft der Autorin gibt die folgende Sequenz, in der Joe über seine Mutter spricht: "Wir hatten beide das Gefühl, dass sie einem Ort der äußersten Einsamkeit entgegenging, von wo sie vielleicht nie mehr zurückkommen würde." (S.58)

Ein kluges, gekonnt geschriebenes Buch, für das die Autorin 2012 den National Book Award erhalten hat und das trotz des eher sachlichen, manchmal fast kargen Stils ein ungeheures Ausmaß an Herzenswärme enthält. Louise Erdrich ist eine wahrhaft große Autorin, der ich noch mannigfaltige Preise wie durchaus auch den Literaturnobelpreis zutraue und vor allem gönne.

Die Autorin versteht sich auf die Sprache zwischen den Zeilen - in ihrem ganz besonderen, klaren Stil vermag sie auf relativ wenig Seiten - weit unter vierhundert sind es - eine eigene Welt zu erschaffen, Botschaften zu senden und das Bedürfnis nach MEHR zu wecken: mehr brillianter, kraftvoller Literatur, mehr spannenden und gut erzählten Themen, mehr wichtigen Botschaften, mehr eindringlichen Zitaten - eben einfach nach mehr Erdrich!

Wobei ich mir fast anmaßend dabei vorkomme, dergestalt über diese großartige Autorin zu urteilen, sie zu bewerten! Wer sie lesen sollte? Mütter, Väter, Schwestern, Brüder, Töchter und Söhne - solche, die am großen Amerika verzweifeln und wenig Hoffnung in sich tragen, aber auch solche, die von den U.S.A lernen wollen! Natürlich nicht alles, um Himmels Willen, bei weitem nicht! Aber Louise Erdrich ist eine Autorin, die uns Wichtiges aufzeigt, die Werte für sich sprechen lässt. Auch die vielen Englisch-Leistungskurse im ganzen Land, die Fakultäten für Anglistik an den Hochschulen, deren Lehrer und Dozenten verzweifelt nach aktueller Lektüre suchen, die die Schüler aufrüttelt, sie packt: Versucht es mal hiermit! Ihr habt zumindest eine Chance!

Bewertung vom 21.05.2021
Erdrich, Louise

Die Wunder von Little No Horse


gut

Es gibt Wunder in Little No Horse: unter anderem wird eine Frau zum Priester. Aber Louise Erdrich hat deutlich größere (Wunder)Werke erschaffen als dieses hier, das mich stellenweise sehr irritiert hat. Andererseits: es lohnt sich immer, einen Erdrich zu lesen

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.05.2021
Dean, Abigail

Girl A


sehr gut

A wie Alexandra
Das ist sie: das Mädchen Alexandra, das sich Lex nennt und im Alter von fünfzehn Jahren einem unglaublichen Martyrium entfloh - einem, das nicht nur ihr, sondern auch den Girls B und C und den Boys A bis D zugefügt wurde, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Wobei die Kinder sich auch altersmäßig sehr unterschieden: hatte Lex noch einen älteren Bruder, war hingegen Boy D, der kleine Noah, erst zehn Monate alt.

Angeketten verbrachte Lex die Tage und auch die Nächte im Zimmer gemeinsam mit ihrer Schwester Evie (Girl C).

Jahre später stirbt die Mutter im Gefängnis und hinterlässt Lex einen Grund, zum Ort des Martyriums zurückzukehren. Von wo sie und die Geschwister nicht nur seelische, sondern auch körperliche Narben mitbrachten. Und mehr.

Doch lesen Sie selbst - bald schon werden Sie merken, dass dies kein üblicher Krimi ist. Die Autorin spielt mit Sprache und Stilmitteln, wobei ich das meiste als positiv empfand, eines jedoch nicht: das Ausblenden und die Lücken verschiedenster Art. Davon gab es aus meiner Sicht zu viele, sie verwirrten und irritierten mich.

Ansonsten empfand ich den eher zurückhaltenden, nur an ausgewählten Stellen ausführlichen Stil als angenehm und passend, sofern man das in Bezug auf so ein schmerzliches Thema sagen kann.

Insgesamt ein lesenswerter, wenn auch befremdlicher Roman. Ich muss sagen, ich war froh, dass er mich an vielen Stellen befremdet hat - wenn es nicht so wäre, hätte ich begonnen, mir über mich selbst sorgen zu machen!

Bewertung vom 18.05.2021
Buwalda, Peter

Otmars Söhne


sehr gut

Nach "Bonita Avenue", 2010 im niederländischen Original und 2013 auf Deutsch erschienen, folgte mit gebührendem Abstand 2019 (2021 dann auf Deutsch) "Otmars Söhne", das als Trilogie geplant ist. Bei einer solchen Ausführlichkeit wie der Buwaldas ist der zeitliche Abstand nachvollziehbar, sind doch beide Werke von komplexer Struktur und umfassen über 600 Seiten.

Konnte "Bonita Avenue" mich von Beginn an bedingungslos begeistern, musste ich mich an "Otmars Söhne" zunächst herantasten. Denn es schlägt seinen Vorgänger in Bezug auf Komplexität, Opulenz und Verwendung literarischer Kniffe und Feinsinnigkeiten noch um Längen.

Es geht um Ludwig Smit, aber die Vergangenheit spielt wieder und wieder mit ein, nein, eigentlich dominiert sie das Geschehen auf eine fast manische Art und Weise. Fast? Nein, sie tut es wirklich.

Denn Ludwig hat zwei Väter und zwei Geschwister - Stiefgeschwister, es sind eigentlich Otmars Kinder. Denn Otmar ist der Stiefvater und damit derjenige der in Ludwigs Leben eine deutlich dominantere Rolle spielt.

Ein ganzes Heer an Personal wird hier aufgeboten und es ist schwierig, damit nicht durcheinander zu geraten, aber es lohnt sich durchaus.

An Opulenz ähnelt dieser "Schinken" den Gemälden der niederländischen Renaissance, einem Breughel zum Beispiel, auf dem man bei jeder Betrachtung unzählige neue Details entdeckt. So erging es mir bei der Lektüre dieses Buches - ich habe immer mal zurückgeblättert und neu gelesen und neue Aspekte taten sich mir auf. Ein ungeheuer eindringlicher, aber auch fordernder und gelegentlich etwas anstrengender Roman!

Bewertung vom 16.05.2021
Agirre, Katixa

Die Lustlosen Touristen


gut

Lustlose Touristen und Britten weckten mein Interesse - den Anfang mit dem Treffen mit Britten und seinem Lebensgefährten und die daraus resultierende Session fand meine Zustimmung - ich kann sogar sagen, ich war begeistert!

Doch irgendwie verlor ich mich in der Zweisamkeit der Baskin Ulia ud des Spaniers Gustavo, was eindeutig an mir und meiner fehlenden Antenne für diese Problematik lag: nein, dieser Thematik ist leider überhaupt nicht meins, feinsinnige Anspielungen und elegante Übergänge perlen einfach an mir vorbei. Ich begann, auf weitere Auftritte von Team Britten zu warten, was zugegebenermaßen der falsche Ansatz für die Rezeption des Romans war.

Mir schien er wirr und sehr weit weg zu sein von dem, was ich aufzunehmen bereit war - ich ging zwar offen an den Ansatz heran, aber es reichte einfach nicht aus. Schon bin ich dabei, dieses Werk der Vergessenheit anheim fallen zu lassen - ganz eindeutig meine eigene Schuld!

Bewertung vom 13.05.2021
Silberer, Renate

Hotel Weitblick


gut

Ein Wochenende für die Karriere
Das tun sich vier Mitarbeiter einer ambitionierten Werbeagentur an: der Grund. Unter ihnen soll sich entscheiden, wer eine Führrungsposition übernehmen wird. Drei Männer: Horst, Franz und Helmut, sowie eine Frau: Annette. Ein jeder kommt mit einem Riesenrucksack voller Altlasten verschiedener Art.

Der Coach ist einer mit einem gewissen Ruf, Marius Tankwart nämlich, sozusagen einer der Stars am österreichischen Consulter-Himmel. Ihm allein obliegt die Entscheidung darüber, wessen Karriere einen steilen Knick nach oben machen wird - und zwar ab sofort.

Gewisse Verhaltensmuster werden hier von Beginn an deutlich, nein: überdeutlich aufgezeigt. Sie als Klischee zu bezeichnen, ist fast schon eine Untertreibung. So macht Horst von Beginn an gleich allen klar, dass er ja wohl der Geeignetste von allen ist. Und alle Herren der Schöpfung versuchen, Annette zu ihrer Assistentin bzw. Dienstmagd zu degradieren - vergeblich übrigens.

Autorin Renate Silberer pflegt einen Stil, der ebenso eingängig wie unterhaltsam ist - unterwandert wird er jedoch von inhaltlichen Störungen und Sprüngen, denn an diesem Roman ist nicht geradlinig.

Wer von den vieren wird es schaffen? Und wie wird Marius' Beitrag dazu ausfallen?

Dass es nicht so kommt wie man es sich vorstellt, hatte ich fast erwartet. Aber nicht, dass es - so sehe ich es - gewissermaßen insgesamt zu einer Dokumentation des Scheiterns wird.

Leider ist der Roman für mich auch in sich selbst gescheitert, nämlich mit der Auflösung - sie entbehrt jeglicher Stringenz und Kraft, dümpelt nur so vor sich hin, wie der ganze Roman. Schade eigentlich, bis etwa zur Hälfte habe ich ihn richtig gern gelesen und auch danach fiel es mir nicht schwer,ihn zu lesen. Aber das Ende ergibt für mich keinen Sinn, jedenfalls keinen, der zu dem eigentlich ausgesprochen originellen Roman passt. Leider wird er - für mich jedenfalls - durch das Ende so ziemlich abgewertet.

Bewertung vom 12.05.2021
Kopetzky, Steffen

Monschau


gut

Monschau kenne ich als beschauliches Eifelstädchen - Herstellungsort köstlichen Senfes und Ausgangspunkt für schöne transnationale Wanderungen.

Hier jedoch erscheint es als Zentrum einer drohenden Seuche, der Pocken nämlich, die dort 1962 ausbrachen, als sie in Deutschland eigentlich keine Rolle mehr spielten: hier eingeführt aus Indien und zwar von einem Ingenieur, der dort dienstlich unterwegs war.

Die Verbreitung der Seuche konnte dann vermieden werden, doch spielt dieser Roman in der Phase, in der man noch dagegen ankämpfte, während die Monschauer isoliert waren - zwangsweise.

Kommt Ihnen bekannt vor? Kein Wunder, sind Seuchen, Pandemien und Epidemien doch gerade ein Lieblingsthema der Kulturschaffenden - aus aktuellem Anlass.

Ich hatte mich sehr auf dieses Buch gefreut, meine Erwarten wurden aber leider nicht erfüllt: Im Mittelpunkt des Geschehens stehen Nikos, ein griechischer Arzt, der seine Ausbildung gerade in Düsseldorf vollendet und von seinem Doktorvater abkommandiert wird zur operativen Pandemiebekämpfung in Monschau. Er lernt dort die junge Vera Rither kennen, Erbin eben jenes Unternehmens, dessen Mitarbeiter die Pocken einführte.

Es geht um dieses Paar, um die Krankheit und, und, und....

Naja, eigentlich geht es um die ganze Welt. Autor Steffen Kopetzy bringt immer wieder Ereignisse des Weltgeschehens ein, die er den Ereignissen in der Eifel gegenüberstellt. Was dem Roman etwas stark Journalistisches verleiht - aus meiner Sicht jedenfalls. Dadurch wird der Anspruch des Romans nämlich heruntergespielt, die Betrachtung von Ereignissen, die mit dem eigentlichen Thema gar nichts zu tun haben, unterbricht die Stringenz der Handlung. Möglicherweise sollte damit Veras Figur - sie befindet sich in der Ausbildung zur Journalistin - gestärkt werden, aber aus meiner Sicht lenkt das nur ab.

Schade um das spannende Thema! Möglicherweise fällt mein Urteil aufgrund besonders hoher Erwartungen vernichtender aus, als der Roman es verdient hätte, aber da ist nun leider nichts mehr dran zu ändern!

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