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Azyria Sun

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Insgesamt 664 Bewertungen
Bewertung vom 09.04.2021
Jacobs, Anne

Die Töchter der Tuchvilla / Tuchvilla Bd.2


ausgezeichnet

Eine turbulente Reise zurück in eine Zeit des Krieges, aber auch von Wandel und Umbruch

Worum geht’s?
In der Tuchvilla ist neues Leben eingekehrt. Es könnte alles gut sein. Aber: Es ist Krieg. Die Männer der Familie Melzer sind allesamt eingezogen und die Frauen müssen sich vor Ort um die Tuchfabrik kümmern. Besonders Marie setzt sich dafür ein, das Erbe der Tuchvilla zu erhalten. Elisabeth verwandelt kurzerhand die Tuchvilla in ein Lazarett – und dann erreicht die Familie die Nachricht vom Tod eines der Familienmitglieder.

Meine Meinung:
Anne Jacobs‘ „Die Töchter der Tuchvilla“ ist der zweite Teil der Tuchvilla-Saga und ich muss sagen: Das Buch hat mich komplett überzeugt. Wo ich mir im ersten Teil eine Vertiefung der geschichtlichen und historischen Teile gewünscht habe, erfüllt mir die Autorin hier meinen Wunsch. Auf beeindruckend emotionale Weise beschreibt sie die Schrecken des Krieges. Das Leben der Männer an der Front. Wie manche davon verrückt werden. Und wir erleben diese Schrecken, die Alpträume, diese grausame Zeit an der Seite der Männer der Tuchvilla, die uns bereits im ersten Teil ans Herz gewachsen sind.

Besonders mit Humbert, dem Hausdiener, fiebere ich hierbei mit. Sein Teil in dieser Geschichte ist wirklich außergewöhnlich und beeindruckend. Und auch die Entwicklung, die er nimmt. Er wird ebenfalls eingezogen und muss kämpfen. Und er ist die Person, die in dem Buch die wohl größte Entwicklung durchmacht. Und ich bin mir sicher, dass wir von ihm in den weiteren Bänden noch Großes hören werden!

Marie, Kitty und Elisabeth entwickeln sich ebenfalls weiter. Marie entdeckt ihre Begabung für technische Dinge. Unterstützt in der Tuchfabrik und bringt eigene Ideen ein. Kitty – die melancholische Tochter – zerbricht fast an einer schlechten Nachricht. Aber auch sie rafft sich auf und findet zurück zur Malerei. Und Elisabeth, die im ersten Teil doch eher recht unscheinbar wirkt, entwickelt sich zu einer starken, durchsetzungsfähigen Frau. Wo sie mir im ersten Teil doch eher manchmal unsympathisch und neidisch erschien, wächst sie mir hier richtig ans Herz. Sie setzt sich im Lazarett ein und entdeckt auch ihre wahren Gefühle und Wünsche – in der Liebe und im Leben.

Alle diese Dinge bringt die Autorin eindrucksvoll in diesem Buch unter. Wir erleben die Kampfeinsätze an der Front mit, wie die Soldaten an ihre Grenzen gehen. Höre die Einschläge der Granaten. Auch die Räterepublik fließt mit ein. Der Kamp der Arbeiter. Und die modischen Entwicklungen. Die Kleider werden kürzer – die Frisuren auch. Ebenso der gesellschaftliche Wandel: Die Frauen werden selbstbewusster, gehen an die Uni, werden selbstständiger. Die ersten Scheidungen finden statt. Was in der Schule trockene Geschichte war, ist hier nebenbei mit eingeflossen auf genial bildhafte und packende Weise. Es ist spannend, emotional, grausam und schön. Alles in einem. Ein Buch, das mich bis zum Ende gefesselt hat und mir Lust macht, direkt mit dem dritten Teil anzufangen!

Fazit:
In dem zweiten Teil der Tuchvilla-Saga von Anne Jacobs – „Die Töchter der Tuchvilla“ – nimmt uns die Autorin mit auf eine Reise durch die Zeit. Die LeserInnen kämpfen mit den Söhnen der Tuchvilla an der Front, erleben den Krieg mit, die Demonstrationen der Arbeiter, die Räterepublik aber auch den gesellschaftlichen und modischen Wandel. Auf beeindruckende Weise fügen sich diese geschichtlichen Details in die Geschichte der Familie Melzer ein. Auch die Töchter der Familie, Marie, Kitty und Elisabeth, entwickeln sich weiter und wachsen uns LeserInnen noch mehr ans Herz. Obwohl Marie die Hauptprotagonistin ist, wird mir hier Elisabeth – die im ersten Teil doch eher wie ein missgünstiges, graues Mäuschen gewirkt hat – so richtig sympathisch. Ich habe das Buch verschlungen – sowohl die Alpträume des Krieges als auch die eindrucksvolle Entwicklung von Mode und Gesellschaft und dem Selbstbewusstsein der Frauen.

5 Sterne von mir für dieses schillernde und außergewöhnliche Buch!

Bewertung vom 04.04.2021
Jacobs, Anne

Die Tuchvilla / Tuchvilla Bd.1


sehr gut

Eine Reise ins Jahr 1913 mit Spannung und Emotionen – aber kein bisschen kitschig

Worum geht’s?
Marie wird aus dem Waisenhaus in der Tuchvilla als Küchenhilfe eingestellt. Dort arbeitet sie sich hoch zur Kammerzofe. Als Sie den Paul, den Sohn des Hauses kennenlernt, ist es um sie geschehen. Auch Kitty, die gesundheitlich labile Tochter der Melzers, findet einen Weg in ihr Herz. Als diese plötzlich verschwindet, führe Maries Wege bis nach Paris.

Meine Meinung:
„Die Tuchvilla“ von Anne Jacobs ist ein wunderschönes Buch das in den Jahren 1914 und 1915 spielt. Anfangs hatte ich ein bisschen Angst, dass es vielleicht kitschig sein könnte – wurde aber schnell eines Besseren belehrt. Die Autorin führt die LeserInnen in die Tuchvilla der Industriellenfamilie Melzer nach Augsburg. Das Buch ist emotional, hab aber durchaus auch eine Vielzahl von spannenden Momenten. Die Charaktere werden vor dem inneren Auge lebendig und man wandelt mit Marie & Co. durch die Räume der Tuchvilla, durch Augsburg und sogar durch Paris.

Die Charaktere selbst gefallen mir sehr gut – allen voran Marie, die aus dem Waisenhaus zunächst als Küchenhilfe in die Tuchvilla kommt. Sie ist eine ehrliche, sympathische aber auch stolze Frau, die Respekt beweist aber auch durchaus ihren eigenen Kopf hat und sich nichts vormachen lässt. Im Laufe der Geschichte findet sie nicht nur ihre Wurzeln, sondern auch ihre große Liebe.

An ihrer Seite ist immer die leicht kränkliche Tochter des Hauses, Kitty. Zwischen ihr und Marie entsteht eine Freundschaft, die wirklich innig ist. Kitty setzt sich für Marie ein, fördert sie und fordert sie. Als Kitty mir einer unglücklichen Liebe zu kämpfen hat, findet sie Unterstützung bei Marie. Auch die anderen Charaktere, Paul, der Sohn des Hauses und Elisabeth, die ältere Tochter, sind eigenwillige Personen mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften. Gut gefällt mir auch das Personal, die Köchin, die Hausdame, Auguste und wie sie alle heißen. Sie streiten sich, vertragen sich, lauschen und streuen Gerüchte – und man will dort einfach nur gerne für einen Tag Mäuschen spielen.

Die Geschichte selbst hatte mich ebenfalls sehr schnell in ihren Bann gezogen. Was als Roman begann, hatte durchaus spannende Momente und Plot-Twists und man musste unbedingt wissen, wie es weitergeht. Die Beschreibung der Orte, die Reise nach Paris, Maries Reise in ihre Vergangenheit – unglaublich ausdrucksstark wurden alle diese Momente von der Autorin auf Papier gebannt. Einzig der geschichtliche Aspekt hätte noch etwas mehr hervortreten dürfen. Hier hat die Autorin viele Dinge angeschnitten, z.B. der Aufstand der Sozialisten und der Arbeiter, aber das hätte gerne noch mehr sein dürfen und hätte auch gut in den Aufbau gepasst. Aber auch so ein wirklich schönes Buch über Protagonisten, die einem während dem Lesen immer mehr ans Herz gewachsen sind.

Fazit:
„Die Tuchvilla“ von Anne Jacobs nimmt ihre LeserInnen mit auf eine Reise in die Vergangenheit. Man ist Teil der Angestellten, sitzt mit diesen am Tisch, wenn sie Gerüchte streuen. Man möchte Maries Freundin sein, Kitty beistehen, Paul helfen. Die Menschen in dem Buch wachsen einem mehr und mehr ans Herz und auch die Geschichte selbst berührt ohne kitschig zu sein. Der geschichtliche Teil hätte gerne noch etwas intensiver und detaillierter herausgearbeitet werden dürfen. Aber die Orte, die Ereignisse – alles ist absolut lebhaft beschrieben und man hat wirklich das Gefühl, mittendrin zu sein.

4 Sterne für dieses mitreißende, spannende und gefühlvolle Buch, bei dem man gerne Teil der Familie Melzer wäre.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.04.2021
Bergmann, Renate

Fertig ist die Laube / Online-Omi Bd.15


ausgezeichnet

Amüsant, unterhaltsam und immer wieder zum Schmunzeln, unsere Internet-Omi

Worum geht’s?
Gunter, der Lebensgefährte von Gertrud, soll operiert werden und anschließend zur ReHa. Doch was passiert in der Zeit mit seiner Gartenparzelle im Laubenpieperverein? Da müssten wohl Gertrud und Renate ran. Was mit viel Arbeit beginnt, endet in einem weiteren Abenteuer für Renate Bergmann und ihre beste Freundin.

Meine Meinung:
„Fertig ist die Laube“ von Renate Bergmann (alias Torsten Rohde) ist ein wirklich unterhaltsames Buch. Wenn ihr die Internetomi bereits kennt, ihre Bücher gelesen und sie ins Herz geschlossen habt, wird euch auch das Lesen dieses Buches eine Freude sein! Ich finde es unglaublich, wie Torsten Rohde aus der Sicht von Renate schreibt. Wie gut er sich hineinversetzen kann in das Denken und Fühlen der älteren Generation! Wüsste ich es nicht besser, ich würde nie auf die Idee kommen, dass Renate Bergman nur ein Pseudonym ist.

Renate ist wie wir sie kennen. Die herzensgute über 80jährige, die immer irgendwie darauf bedacht ist, wie ihre Umgebung ihr Tun einklassifiziert. Unterhosen hängt man versteckt hinter den Handtüchern auf, nicht offen, wo alle es sehen. Sowas geht nicht. Dennoch ist sie auch diesmal um keinen Spruch verlegen. Und sie entdeckt ihr Herz für die Kleingärtnerei. Zusammen mit ihrer besten Freundin Gertrud und deren Hund Norbert bringt sie Gunters Laube wieder auf Vordermann und lernt nebenbei noch die anderen Kleingärtner drum herum kennen. Ein bunter Haufen außergewöhnlicher Charaktere, die ihr einfach mögen werdet. Die esotherische Elisabeth, die einem gerne mal einen Topf mit Cannabis unterjubelt. Günter Habicht, den Renate schon von ihrem Campingabenteuer kennt und der hier beinahe stasihafte Manieren an den Tag legt, aber auch ein großes Herz für die Kleinen hat. Und viele mehr.

Beim Lesen musste ich immer wieder schmunzeln. Ich mag einfach die Sprüche über die Zipperlein der „Alten“. Die durchgetimten Tage, wenn Renate das Gärtnern um „das Gießen ihrer Männer“ herumplant. Wie sie erzählt, als sitzt man mit ihr am Kaffeetisch und dabei kein Blatt vor den Mund nimmt und sich immer wieder von ihren Gedanken auf Abwege führen lässt und Geschichten von früher erzählt, bevor sie wieder zum eigentlichen Punkt kommt. Einfach sehr unterhaltsam und lustig – ein sehr kurzweiliges Buch nicht nur für verregnete Nachmittage, das euch einfach mal wieder zum Lachen bringen wird!

Fazit:
„Fertig ist die Laube“ ist die neueste Geschichte von Renate Bergmann, der knapp über 80jährigen Rentnerin. Wie immer nimmt sie kein Blatt vor dem Mund, plaudert aus dem Nähkästchen und beim Lesen hat man nicht das Gefühl zu lesen, sondern mit ihr am Kaffeetisch zu sitzen und sich ihre Geschichten direkt anzuhören. Das Buch ist amüsant, lustig, erhellend – und einfach nur außergewöhnlich und genial. Ich mag sie, die Internet-Omi und hoffe, noch viele weitere Bücher über sie lesen zu dürfen!

5 Punkte von mir für diese lustige und fidele alte Dame!

Bewertung vom 31.03.2021
Foley, Lucy

Sommernacht


sehr gut

Verstrickungen, Verschwörungen und jede Menge spannende Plot-Twists

Worum geht’s?
Jules und Will feiern auf einer abgeschiedenen Insel ihre Hochzeit. Alles ist perfekt – doch dann dreht der Wind und ein heftiger Sturm kommt auf. Was als rauschendes Fest begann, endet in einem Alptraum und als dann auch noch die Vergangenheit die Feiernden einholt, ist der Sturm komplett entfesselt.

Meine Meinung:
„Sommernacht“ von Lucy Foley ist ein geniales Buch. Ein etwas anderer Thriller, der euch von der ersten Seite an direkt in seinen Bann ziehen wird. Sehr schön gefällt mir der Schreibstil aus Sicht der einzelnen Protagonisten. Diese Teile spielen etwas zurück in der Vergangenheit und wechseln sich mit kurzen Blicken in die Gegenwart ab, bis es sich zeitlich am Ende des Buches wieder trifft. Auch ist von Anfang an eine Spannung da, die sich zum Ende hin immer mehr aufheizt. Auch die Kapitel am Ende werden kürzer – was zusätzlich für eine rasante Spannung sorgt.

Mit den Protagonisten selbst bin ich bis zum Ende nicht wirklich warm geworden. Alle sind super dargestellt und gefallen mir sehr gut, aber man kommt keinem wirklich Nahe und es scheint, als ob jeder etwas verbirgt, sodass man keinem wirklich über den Weg traut. Am ehesten gefällt mir noch Hannah, die Frau von Charlie. Charlie ist der Trauzeuge und der beste Freund von Jules. Und Hannah scheint als einzige einen wirklichen Durchblick zu haben und so empathisch zu sein, dass sie auch kleinste Gefühlsregungen sofort bemerkt.

Viel mehr kann ich hier auch gar nicht schreiben. Es ist schwer, eine Rezension zu diesem Buch zu schreiben, ohne zu spoilern. Also müsst ihr das Buch schon selbst lesen. Nur so viel: Nichts ist, wie es scheint. Die Menschen, die sich hier treffen haben – auch wenn sie sich dem teilweise nicht bewusst sind – Verbindungen, die bis in die Vergangenheit hineinreichen. Und einer, von dem man es am wenigsten erwartet, ist nicht, wer er zu sein scheint. Ob mutwillig oder unbewusst hat diese Person viele Leben zerstört – doch die Vergangenheit kommt wieder ans Licht und alles wird gerächt.

Mir hat es gut gefallen, am Anfang die unterschiedlichen Sichten zu lesen und so näher und näher an die Verbindungen zwischen den Menschen herangeführt zu werden. Man hatte die ganze Zeit ein nervöses Kribbeln im Nacken. Was ich allerdings etwas schade fand ist, dass ich zu Beginn nur durch den Klappentext wusste, dass auf der Insel eine Leiche gefunden wurde. Im Buch wird das erst am Ende so richtig klar, womit die Spannung im Sinn eines Thrillers erst recht spät aufgebaut wird. Das hätte ich mir schon früher gewünscht. Ansonsten ist es ein geniales Buch mit Plot Twists ohne Ende, die einen gefesselt halten - die Gedanken rasen in dem Versuch, Schritt zu halten mit der Unmenge spannender Entwicklungen.

Fazit:
„Sommernacht“ von Lucy Foley ist ein geniales Buch. Es liest sich von Anfang bis Ende spannend. Es ist bildhaft. Prickelnd. Es enthält viele geniale Entwicklungen, die ich so nie vorhergesehen hätte und am Ende lässt die Autorin die Bombe platzen! Ich hätte mir den Hinweis auf die Leiche allerdings etwas früher gewünscht, dann wäre noch schneller eine einem Thriller angemessene Spannung aufgebaut worden. Aber dennoch: Diese Verwicklungen, Verbindungen von Vergangenheit und Gegenwert, was alles wie zusammenhängt – einfach außergewöhnlich genial und absolut lesenswert!

4 Sterne von mir für dieses sehr gelungene Buch mit atemberaubendem Ende!

Bewertung vom 27.03.2021
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen


sehr gut

Eine wortgewaltige Geschichte über die emotionale Reise von Edna in ihre Vergangenheit

Worum geht’s?
Edna und Jacob wurden als Kinder auf einen Bauernhof als Arbeitskräfte verkauft. Zusammen mit den anderen so genannten „Schwabenkindern“ versuchten sie dort verzweifelt, ihre Leben von Tag zu Tag weiterzuleben. 80 Jahre später findet Edna in einer Zeitung ein Bild von Jacob und sie macht sich zusammen mit ihrem Papagei Emil auf, um Jacob wiederzusehen. Hierbei begegnet sie vielen interessanten Menschen – und wird auch von ihrer Vergangenheit wieder eingeholt.

Meine Meinung:
„Als wir uns die Welt versprachen“ von Romina Casagrande ist ein ergreifendes Buch, das die Geschichte der so genannten „Schwabenkinder“ im Mittelpunkt hat. Ihr Schreibstil ist unglaublich wortgewaltig – sie holt mit einem außergewöhnlichen Sprachniveau die damalige Zeit zurück, erschafft unglaublich lebendige Persönlichkeiten und sympathische und auch skurrile Charaktere, die bildhaft vor den LeserInnen stehen. Man wird hineingezogen in eine Welt und auf eine Reise, die man liebend gerne mit Edna gemeinsam antreten würde.

Edna, die fast 90jährige Südtirolerin, wurde als Kind auf einen Hof in Schwaben verkauft, auf dem sie unter härtesten Bedingungen leben und arbeiten musste. Edna ist eine außergewöhnliche Frau. Stark aber auch empathisch. Lustig und durchsetzungsstark. Als Kind hat sie auf dem Hof Jacob kennengelernt und zwischen den beiden hat sich eine Freundschaft entwickelt, die ein Leben lang gehalten hat, auch wenn sie keinen Kontakt hatten. Ich denke, hätten die beiden sich als Kinder nicht gefunden – wer weiß, wie für sie das Leben als „Schwabenkinder“ verlaufen wäre?

Auf ihrer Reise begegnen Edna viele Menschen, jeder ist an sich ungewöhnlich eindrucksvoll. Priska, die Schamanin, Helmut, der Motorradrocker. Und das letzte Stück begleitet Edna auch ihre Freundin Adele. Adele, die auf dieser Reise ebenfalls zu sich selbst findet. Adele, die herzensgute Seele, die immer für sie da ist und sich um sie und Emil gekümmert hat. Emil – das ist auch eine sehr geniale Figur. Ein Papagei mit Charakter den man sofort ins Herz schließt.

Die Geschichte ist wundervoll. Traurig aber auch zum Schmunzeln. Manchmal zum Entspannen, dann wieder absolut Spannend. Die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit – perfekt kombiniert in einem Buch, das mich sehr beeindruckt hat. Einzig eine 90jährige, die sich zu Fuß über die Alpen aufmacht, verwirrt wirkt und dennoch problemfrei durch die Welt zieht, ist etwas fragwürdig, dennoch ist mir die Geschichte sehr zu Herzen gegangen

Fazit:
„Als wir uns die Welt versprachen“ von Romina Casagrande ist die beeindruckende Geschichte der Reise von Edna. Ihrer Reise zurück in ihre eigene Vergangenheit, aber auch ihre Reise zu Jacob, den sie als Kinder „verloren“ hat. Die Autorin stellt dabei eindrucksvoll die grausame Geschichte der „Schwabenkinder“ dar. Erschafft einzigartige Charaktere – selbst Emil den Papagei schließt man ins Herz. Einzig, dass eine 90jährige so problemfrei über die Alpen wandert, ist etwas unglaubwürdig. Ansonsten ist es ein Buch und eine Geschichte, die einem zu Herzen geht. Die Sprache ist außergewöhnlich mit einem tollen Sprachniveau, das man nicht oft findet. Die Geschichte ist lebendig und mitreißend. Emotional und Spannend. Ein Buch, das einem zum Nachdenken bringt und nachhaltig begeistert.

Sehr gute 4 Sterne von mir für diese anrührende Geschichte von Edna, Jacob und Emil!

Bewertung vom 25.03.2021
Patterson, James

Der 1. Mord / Der Club der Ermittlerinnen Bd.1


sehr gut

Spannend, geheimnisvoll und jede Menge unerwartete Plot Twists

Worum geht’s?
Ein Serienmörder treibt sein Unwesen, seine Opfer sind Hochzeitspaare. Er bringt sie auf grauvolle Weise am schönsten Tag ihres Lebens um. Lindsay Boxer übernimmt den Fall. Gemeinsam mit ihrem „Club der Ermittlerinnen“ kommen sie dem Mörder immer näher – aber sind sie dem Richtigen auf der Spur?

Meine Meinung:
„Der 1. Mord“ von James Patterson ist der Auftakt einer neuen Thriller-Reihe. Bislang kannte ich hauptsächlich die Serie um Alex Cross, hier ist nun eine Frau im Mittelpunkt und es ist unglaublich – das Buch hätte auch von einer Autorin geschrieben sein können, so lebensecht wirken die Protagonistinnen. Selten hat es ein Autor geschafft, sich so ins andere Geschlecht hineinzuversetzen. Auch der Fall an sich – es hat zwar am Anfang ein paar Längen, aber dann wird es immer rasanter und spannender. Die Originalausgabe des Buches ist von 2001 – einer Zeit, in der man beim Ermitteln noch nicht die Möglichkeiten hatte, die es heute gibt. Dennoch lese ich gerne „ältere“ Thriller und es gibt nur wenige Autoren, die auch mit den „alten Ermittlungsmethoden“ soviel Spannung und Lebendigkeit in ein Buch bringen, wie James Patterson dies schafft – ein herausragender Autor, bei dem selbst bei mehreren Teilen einer Serie immer noch Neues kommt und Spannung da ist.

Die Hauptprotagonistin des Buches ist Lindsay Boxer, einzige weibliche Detective bei der Mordkommission. Sie ist eine taffe Frau, hat ein perfektes Bauchgefühl. Aufgrund ihrer Vergangenheit hat sie eine gewisse Härte in sich, die sie noch verbissener für Ziele kämpfen lässt. Auch ihr Privatleben kommt nicht zu kurz – das, was einem die Protagonisten noch näher bring und sie noch sympathischer macht. Sie leidet an Anämie, versucht dennoch, gegen das Verbrechen und die Krankheit gleichermaßen zu kämpfen.

An ihrer Seite sind Jill - die stellvertretende Staatsanwältin, Claire – die Pathologin und Cindy – eine Reporterin. Gemeinsam gründen die vier den „Club der Ermittlerinnen“ um neben den Ermittlungen der Polizei auch auf eigene Faust zu recherchieren. In diesem Buch lernen sich die Frauen kennen und bauen im Laufe des Falls eine tiefe Verbundenheit und Freundschaft auf – auch bedingt dadurch, dass alle von Ihnen ähnlich schwierige Dinge in der Vergangenheit erlebt hatten. Ein Club, dem man gerne beitreten würde und mit dem man gerne mit ermitteln würde.

Auch die Story ist der Hammer. Bis auf einige Längen zu Beginn hat mich das Buch absolut überzeugt. Irgendwann war ich mir fast sicher, wer der Täter ist – aber irgendwie war noch 1/3 des Buches übrig… und dann kam ein Plot Twist nach dem anderen und nichts mehr war, wie es schien und die Spannung explodierte in einem rasanten und unerwarteten finalen Showdown. Ich bin begeistert und freue mich auf die weiteren Teile der Serie!

Fazit:
James Pattersons „Der 1. Mord“ ist der erste Teil der neuen Reihe um Lindsay Boxer und ihren „Club der Ermittlerinnen“. Lindsay, Jill, Claire und Cindy finden sich und stellen parallel zu den Ermittlungen der Polizei ihre eigenen Ermittlungen an. Jede der Frauen hat eine Vergangenheit, die die Freundschaft untereinander enger werden lässt. Lindsay kämpft zudem mit Anämie. Dadurch werden einem die Protagonisten noch sympathischer. Und auch die Storyline selbst – der absolute Hammer. Einige Länden zu Beginn, die aber durch die vielen spannenden und unerwarteten Plot Twists zum Ende mehr als wettgemacht werden.

4 Sterne für diesen perfekt gelungenen Einstieg in eine neue Thriller-Reihe! Ich kann es nicht erwarten, den zweiten Teil zu lesen!

Bewertung vom 21.03.2021
Bergmann, Renate

Die Reste frieren wir ein / Online-Omi Bd.12


gut

Renate Bergmann feiert Weihnachten – witzig, ulkig und mit dem Herz auf der Zunge

Worum geht’s?
Es ist Weihnachten und Renate Bergmann denkt zurück an die Weihnachten der vergangenen Jahrzehnte. Ob als Kind, als Jugendliche, als erwachsene Frau oder kurz vor der Rente – immer hat sie eine lustige Anekdote für uns.

Meine Meinung:
„Die Reste frieren wir ein“ von Renate Bergmann (die im wirklichen Leben Torsten Rohde heißt und erst 1974 das Licht der Welt erblickte) ist wie ihre anderen Bücher: Lustig geschrieben, mit ganz viele Humor und guter Laune und wenn man nicht wüsste, dass Renate Bergmann nur ein Pseudonym ist – ich wäre nie von selbst dahintergekommen, dass ein Mittvierziger hinter diesem Alias steckt!

In diesem Buch unterhält uns Renate über ihre vergangenen Weihnachten. Sie ist wie wir sie kennen: Lustig, ordentlich, immer am Werkeln, schlagfertig und um keine Antwort verlegen. Auch Ilse, Kurt und Gertrud sind wieder mit dabei – die Clique kennt sich wirklich schon ihr Leben lang.

Das Buch ist unterhaltsam, aber etwas zerrissener als die anderen Bücher, die ich von ihr kenne. Die anderen haben mir besser gefallen, waren zusammenhängender und irgendwie musste ich öfters mal lachen. Hier fehlt mir doch etwas der Zusammenhang – es ist eher eine Ansammlung von Kurzgeschichten. Aber nichtsdestotrotz ist es ein unterhaltsames Buch für ein bisschen bessere Laune zum Zwischendurchlesen. Kein Buch zum Philosophieren, sondern leichte Unterhaltung für entspannte Tage und für die ganze Familie.

Fazit:
In „Die Reste frieren wir ein“ erinnert sich Renate Bergmann an ihre vergangenen Weihnachten und lässt sie uns miterleben. Auf ihre einmalige und lustige Art nimmt uns Renate mit auch eine Reise in die vergangenen Jahrzehnte. Die Weihnachten, die sie auch damals schon mit Gertrud, Kurt und Ilse erlebt hat. Das Buch bringt einen immer wieder zum Schmunzeln, auch wenn es diesmal eher Kurzgeschichten sind als eine zusammenhängende Story. Dennoch ist es ein schönes Buch für Zwischendurch, wenn auch nicht ganz so gut wie seine Vorgänger und wirkt daher teils etwas unzusammenhängend.

Gute 3 Punkte von mir für Renate Bergmanns Weihnachtsgeschichte.

Bewertung vom 21.03.2021
Suiter Clarke, Amy

Der Countdown-Killer - Nur du kannst ihn finden


gut

Ein Buch wie ein Sturm: Es fängt sacht an und endet in einem tosenden Hurricane

Worum geht’s?
True-Crime-Podcasterin Elle Castillo berichtet über den berüchtigten Countdown-Killer, der in den 90er Jahren Frauen entführt und ermordet hat. Dabei ging er nach dem immer gleichen Schema und den Zahlen 3, 7 und 21 vor. Was hat es damit auf sich? Was steckt hinter den Zahlen? Und hat er wirklich aufgehört zu morden? Als ein weiteres Mädchen entführt wird, ist plötzlich alles wieder aktuell: Setzt der Killer seinen schrecklichen Countdown fort? Und warum wird der Fall für Elle plötzlich so persönlich?

Meine Meinung:
„Der Countdown-Killer“ ist das Thriller-Debüt von Amy Suiter Clarke und ich muss sagen: Die Idee gefällt mir wirklich gut. Die Autorin hat eine lebendige und mitreißende Sprache. Die Schreibweise aus unterschiedlichen Sichten gefällt mir gut und auch die Unterscheidung der Kapitel in Podcast und „real life“ – das kenne ich bislang nur von einer weiteren Autorin: Von Jenny Blackhurst aus „Das Gift deiner Lügen“. Bei „Der Countdown-Killer“ allerdings vom Kontext her komplett anders. Man erfährt über die Vergangenheit des Killers, erfährt die Hintergründe und die Fortschritte, bis Podcast und Gegenwart gleichauf sind. Am Anfang steigt die Autorin allerdings sehr langsam in die Geschichte ein und die Story ist eher seicht, ab der Mitte ist dann eine unterschwellige Spannung fühlbar, aber erst im letzten Drittel nimmt das Buch so richtig Fahrt auf – bis zum fulminanten Showdown am Ende.

Elle, die Hauptprotagonistin, hat es sich zum Ziel gesetzt, in ihrem True-Crime-Podcast über Cold Cases zu sprechen und hat dadurch schon einige Fälle lösen können. In dem Buch behandelt sie den Fall des Countdown-Killers und die Autorin hat hier einige geniale Plot-Twists drauf, die man als LeserIn nicht vermutet hätte. Elle selbst ist empathisch, sympathisch und arbeitet oft gemeinsam mit ihrem Mann Martín zusammen, der sie voll unterstützt. Er arbeitet als Rechtsmediziner und die beiden sind ein schönes Paar. Ein Paar, das leider kinderlos ist, aber das sich respektiert, die zeitintensive Arbeit des anderen toleriert und unterstützt, das sich liebt und gegenseitig Kraft gibt – ich hoffe, dass es weitere Teile gibt, in denen Elle ermittelt – unterstützt von ihrem Mann.

Besonders gekonnt fand ich, wie die Autorin die Gefühle der Opfer dargestellt hat – absolut eindrucksvoll und lebendig! Auch die Plot-Twists am Ende haben wir gut gefallen und die Erzählung aus unterschiedlichen Sichten – auch der des Killers. Wobei ich sagen muss: Das hätte ich mir schon weiter vorne im Buch gewünscht, dann wäre deutlich früher Spannung aufgebaut worden. So war mir das Buch am Anfang doch etwas zu seicht und hatte nicht viel mit einem Thriller zu tun – eher mit einem guten Kriminalroman. Aber das Ende war dann wieder genial, rasant und turbulent und sehr gelungen! Ich werde auf jeden Fall weitere Bücher von der Autorin lesen!

Fazit:
Der Debüt-Thriller „Der Countdown Killer“ von Amy Suiter Clarke ist ein Buch, das auf außergewöhnliche Weise die Story um einen Serienkiller aufbaut und hierbei aus unterschiedlichen Perspektiven sowie auch anhand eines Podcast besteht. Allerdings hätte ich mir z.B. die Sicht des Killers schon weiter vorne in der Geschichte gewünscht. So hatte das Buch am Anfang einige Längen und ließ an Spannung vermissen. Am Ende gab es dann jedoch einen rasanten finalen Showdown, der mich entschädigt hat. Ich habe zwar einige offene Fragen am Ende und es gab für mich ein paar Ungereimtheiten – dennoch ein gelungenes erstes Werk und ich werde die Autorin definitiv im Auge behalten!

3 Sterne von mir für dieses gute erste Buch und ich freue mich auf weitere Titel von Amy Suiter Clarke – vielleicht wieder mit Elle, Martín und den anderen!

Bewertung vom 18.03.2021
Etzold, Veit

Höllenkind / Clara Vidalis Bd.8 (eBook, ePUB)


gut

Eine rasante Reise nach Italien, eine blutende Braut, Spannung – aber kann er mit den Vorgängern mithalten?

Worum geht’s?
Eine Braut bricht am Tag ihrer Hochzeit blutend zusammen. Clara Vidalis, die mit ihrer Freundin Sofie in Florenz ist, wird vom Vatikan zu diesem Fall hinzugezogen. Steckt wirklich der Teufel hinter diesem diabolischen Tod? Oder hat es etwas mit der Verbindung der alten Familien Visconti und Sforza zu tun? Gemeinsam mit Commendatore Adami versucht Clara, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Meine Meinung:
„Höllenkind“ von Veit Etzold ist der 8. Teil der Thriller-Serie um Clara Vidalis. Ich muss sagen, dass ich die Vorgänger alle verschlungen habe – aber dieser Teil lässt mich ein bisschen zwiegespalten zurück. Es beginnt spannend und auch zwischendurch kommen immer wieder rasante Szenen. Es ist gut zu lesen. Es ist gut recherchiert, lebendig geschrieben und der Autor hält auch grausige Details nicht zurück – wenn ihr also schwache Nerven habt, lasst nachts besser das Licht an.

Clara Vidalis und ihr Mann McDeath sind beide wieder in Topform. Die beiden sind sympathisch. Clara, die fitte Powerfrau, die auch kleine Dinge bemerkt. McDeath, der ein bisschen ein Horror-Nerd ist und über alle möglichen und unmöglichen Dinge den Tod und Todesarten in der Geschichte betreffend, Bescheid weiß. Sie ergänzen sich perfekt und sind einfach ein Powerpaar, das hoffentlich noch viele weitere Fälle gemeinsam lösen wird.

Auch Adami ist eher sympathisch. Er holt Clara zu dem Fall hinzu, ermittelt mit ihr gemeinsam, aber obwohl er eine große Rolle in dem Buch hat, scheint er nicht wirklich greifbar – was wohl auch so sein soll… aber ich möchte nicht spoilern – das müsst ihr schon selbst lesen.

Auch die Geschichte an sich gefällt mir gut. Erst hatte ich Bedenken, dass der durch Dan Brown hervorgerufene Rom-Thriller-Hype dieses Buch hätte langatmig machen können, aber es gehört nicht zu dieser Kategorie, sondern hat ein ganz neues Thema. Obwohl es mir gut gefallen hat und auch der Fall mitreißend war, hat mir doch etwas gefehlt. Das Höllenkind selbst – dessen Geschichte hätte noch etwas vertieft werden können. Auch die Szene mit Il Mostro, Clara und McDeath war für mich etwas kurz und nicht richtig greifbar. Über den Wolf hätte ich gerne mehr gelesen. Und am Ende hat mir der Showdown gefehlt. Ich hatte mich – wie soll ich es am besten beschreiben… etwas um das Ende betrogen gefühlt, das trifft es vielleicht ganz gut. Es hört auf und – ja, eigentlich ist alles noch offen und man wird nur mit ein paar Erklärungen abgefertigt. Spannend und sinnvoll – aber irgendwie ein bisschen unbefriedigend. Insgesamt ein gut zu lesendes und auch spannendes Buch, das aber mit seinen Vorgängern leider nicht ganz mithalten kann.

Fazit:
„Höllenkind“ von Veit Etzold ist der 8. Teil der Clara-Vidalis-Reihe. Diesmal führt uns der Autor nach Rom. Das Buch ist lebendig und bildhaft beschrieben. Es wird nicht mit grausigen und blutigen Szenen gegeizt, die krass aber auch absolut eindrucksvoll waren. Auch die Geschichte an sich hat mir gut gefallen. Dennoch hat mich das Buch etwas zwiespältig zurückgelassen und in meinen Augen steht es deutlich hinter den Vorgängern zurück. Obwohl es durchaus mitreißend war, war ich vom Ende doch etwas unbefriedigt, hier hätte ich mir mehr gewünscht. Und auch bei den Szenen dazwischen und die Geschichte des Höllenkinds selbst – da hätte ich gerne mehr dazu gelesen.

Von mir daher gute 3 Punkte und ich freue mich definitiv auf den nächsten Band!

Bewertung vom 15.03.2021
Blunck, Timo

Die Optimistin


ausgezeichnet

Alles stimmt, aber nichts ist wahr - lustig, spannend und unglaublich phantasievoll

Worum geht’s?
Toygar soll zwangsverheiratet werden, um die Schulden seines Vaters zu begleichen. Doch am Tag der Hochzeit flüchtet er und findet Unterschlupf bei der 80jährigen Charlotte. Diese beginnt, ihm aus ihrem Leben zu erzählen – aber ist wirklich alles wahr, oder hat die Optimistin einfach ein bisschen zu viel Phantasie?

Meine Meinung:
„Die Optimistin“ von Timo Blunck ist ein wirklich phantasievolles Buch. Zuerst: Das Cover – die Frau mit dem Blumenstrauß vor dem Kopf, hinter dem alles Mögliche versteckt sein kann – ist ein absoluter Hingucker. Die unterschiedlichen Schrifttypen, die die Gegenwart von der Vergangenheit unterscheiden und die dicken Zwischensätze, die einen Orts- oder Sichtwechsel zeigen, sind sehr gelungen. Auch die Sprache, in der Timo Blunck schreibt, ist genial. Einfach, aber blumig und lebendig. Die Szenen, die er beschreibt, die Personen – einfach der Hammer!

Charlotte selbst ist eine außergewöhnliche Frau. Sie sieht in allem das Gute. Sie ist herzlich und sympathisch und wer möchte sie nicht zur Großmutter haben? Aber sind ihre Geschichten wirklich wahr? Hat sie wirklich so ein ungewöhnliches Leben geführt? Der Autor erzählt ihr Leben von einem Teenager bis hin in die Gegenwart. Ihr Leben ist schillernd, sie lernt Stars und Sternchen kennen, hat angeblich in den wilden 1960er Jahren eine Affäre mit allen möglichen Showgrößen, die bei ihr ein- und ausgehen. Nur ihr Ehemann – der ist eindeutig homosexuell. Oder denkt sich Charlotte das alles nur aus?

Auch Toygar, der vor seiner Zwangshochzeit flüchtet, ist ein sympathischer Mann. Ein Mann der Tiefgang hat. Der noch auf der Suche nach sich selbst und der Liebe ist. Und der ein unheimliches Wissen über Musik, Filme und Literatur hat. Bei Charlotte lernt er auch Miriam – Charlottes angebliche Tochter – kennen. Miriam, die Krankenschwester ist und sich herzlich um die alte Frau kümmert.

Die Geschichte selbst habe ich verschlungen. Teilweise war es fast ein bisschen zu übertrieben, etwas over the top. Dennoch wollte man einfach immer mehr wissen. Die Darstellung der damaligen Zeit. Die diversen Kennenlernen, die Reisen, die Beziehungen untereinander, die Anekdoten – selten habe ich ein so phantasievolles Buch gelesen. Und selbst am Ende bleibt die Frage: Hat Charlotte das alles erfunden? Oder ist nicht doch ein Körnchen Wahrheit darin?

Fazit:
„Die Optimistin“ von Timo Blunck ist ein unheimlich buntes, schillerndes und phantasievolles Buch. Die Protagonisten sind einem durchweg sympathisch – selbst die unsympathischen. Die 80jährige Charlotte erzählt aus ihrem Leben, ihrem außergewöhnlichen Leben, indem sie Stars und Sternchen kennengelernt hat. Indem sie Dinge erlebt hat, die man sich in seinen wildesten Träumen nicht ausmalen kann – woher hat der Autor nur diese Ideen? Fast möchte man sagen: Welche Pillen hat er genommen – die möchte ich auch… Und bis zum Ende weiß man nicht: Erzählt Charlotte die Wahrheit oder schmückt sie ihr Leben einfach phantasievoll aus?

5 Sterne von mir für dieses schillernden Strauß aus Phantasie und Humor!