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Leserin

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Insgesamt 184 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2023
Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel / Die Mordclub-Serie Bd.3 (2 Audio-CDs)
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel / Die Mordclub-Serie Bd.3 (2 Audio-CDs)


ausgezeichnet

‚Mit 66 Jahren...'

„Den Donnerstagsmordclub?“ fragt Mike. „Das haben Sie sich jetzt ausgedacht.“

Mit „Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel“ hat Richard Osman den dritten Teil seiner populären Reihe rund um rüstige Rentner vorgelegt. Die ersten beiden Teile habe ich regelrecht „verschlungen“, den dritten Band habe ich mir dieses Mal als Hörbuch angehört, obwohl es eigentlich mein zweitliebstes Medium ist, die Sprecher (Johannes Steck & Beate Himmelstoß) machen ihre Sache aber wirklich gut, wenn es um Intonation & Interpretation geht. Auch die Stimmfarben der Sprecher gefielen mir! Band drei kann man als stand – alone lesen, ich denke aber, dass es nicht schaden kann, auch die ersten beiden Teile der Reihe zu kennen.

Worum geht’s?

Schauplatz Großbritannien:
Das Ermittlerquartett ist wieder gefragt! Ron, Joyce, Ibrahim und nicht zuletzt die Ex-MI 5 - Agentin Elizabeth strengen wieder ihre kleinen grauen Zellen an. Die Seniorenresidenz, in der die Protagonisten ihren Lebensabend verbringen, ist zwar komfortabel, aber das Leben in „Coopers Chase“ ist auch einigermaßen ereignisarm.
Dieses Mal knöpfen sich die scharfsinnigen Senioren einen wirklich besonderen Fall vor – die TV – Journalistin Bethany Waites wurde vor über zehn Jahren getötet, weil sie einem Steuerbetrug auf die Schliche gekommen war; ihre Leiche wurde indes nie gefunden. Ein interessanter Cold Case! Zunächst scheinen die Ermittlungen ganz klassisch zu verlaufen, dann wird es jedoch gefährlich – schnell werden die Jäger zu Gejagten - spätestens, als Elizabeth entführt wird, ist klar: Die Hobbydetektive verfolgen eine brandheiße Spur…

Auch in Band drei kommen bei Richard Osman keine Ermüdungserscheinungen auf, man merkt dem Autor die Erzählfreude und den Spaß am Sujet immer noch an, liebevoll und schwarzhumorig – britisch wird ein abwechslungsreicher plot entworfen, in dem auch das Menschliche nicht zu kurz kommt. Dabei kommt gehörig Spannung auf, unvorhergesehene Wendungen in der Geschichte sorgen dafür, dass beim Hörer (oder beim Leser) keine Langeweile aufkommt. Ich habe mich besonders über das Wiedersehen mit den skurrilen Nebenfiguren gefreut; überhaupt ist die Figurenzeichnung im Roman gelungen – die Protagonisten sind zwar exzentrisch, aber nicht flach. Wie richtige Menschen haben sie Stärken und Schwächen. Bei Osman gibt es definitiv keine Altersdiskriminierung, er idealisiert das Alter aber auch nicht. Insofern hebt sich der Krimi von anderen Cosy Crime Erzählungen ab, da es neben einer unterhaltsamen Geschichte (die nie ins Alberne abgleitet) auch eine Portion Tiefgang gibt. Über den Handlungsverlauf will ich nicht viel verraten, lest/hört am besten selbst, es lohnt sich!

Bewertung vom 05.03.2023
Die marmornen Träume
Grangé, Jean-Christophe

Die marmornen Träume


ausgezeichnet

Les Promises

„Die marmornen Träume“ ist ein historischer Kriminalroman ganz nach meinem Geschmack! Der Autor kombiniert hier einen spannenden Kriminalfall mit Einblicken in eine längst vergangene Zeit, ohne dabei ins Ahistorische abzugleiten. Die Haupthandlung setzt 1939 ein.

Worum geht’s?
„Träume waren Simons Leidenschaft.“
Schauplatz Berlin:
Simon Kraus ist eigentlich kein sympathischer Zeitgenosse – der Analytiker verdingt sich nebenher als Hobby – Gigolo, der seine Klientinnen erst verführt, um sie dann gnadenlos zu erpressen. Seine Gespielinnen sind mit hochrangigen Nazis verheiratet, daher wäre ein „Outing“ besonders pikant, zumal die Frauen zum illustren Zirkel der sog. „Adlon-Damen“ gehören. Als eines von Kraus‘ Opfern ermordet aufgefunden wird, spricht der SS-Offizier Franz Beewen bei ihm vor. Gemeinsam mit der Psychiaterin Minna von Hassel ermitteln die beiden, denn es bleibt nicht bei einem Opfer. Treibt ein Serienkiller sein Unwesen? Bald schon ist nichts mehr, wie es einmal war …
Die Figurenzeichnung ist die große Stärke des Romans. Gibt es überhaupt Sympathieträger in der Geschichte? Grangé entführt den Leser in eine dunkle Zeit – das Perfide dabei ist, dass viele der von ihm beschriebenen Gräuel eben nicht ins Reich der Fiktion gehören. Wer „Die purpurnen Flüsse“ gelesen hat (oder die Verfilmung mit Jean Reno gesehen hat), wird wissen, dass der Autor von der Nazizeit fasziniert und zugleich abgestoßen ist. Die Geschichte ist durchweg spannend, man sollte als Leser oder als Leserin jedoch auch über ein gewisses Sitzfleisch verfügen, ganz ohne Längen kommt der Krimi leider nicht aus, was mich aber nicht gestört hat, da „Die marmornen Träume“ sich angenehm vom Krimieinheitsbrei abhebt; der Roman kann auch stilistisch und sprachlich überzeugen, der Autor entwirft sehr gekonnt eine düstere, bedrückende Thriller – Atmosphäre. Allerdings ist die Erzählung definitiv nichts für Zartbesaitete, manche Passagen fand ich sehr brutal, andererseits hat mich die Geschichte von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt, daher gibt es von mir eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 27.02.2023
Bissle Spätzle, Habibi?
Alaoui, Abla

Bissle Spätzle, Habibi?


gut

Couscous & Spätzle

„Für einen Moment bin ich wieder sechs Jahre alt, und es ist mein erster Schultag. Baba legt mir eine riesige Schultüte in die Arme und und zupft lächelnd das brandneue Rüschenkleid zurecht. Es ist das Lächeln, in dem sowohl Liebe als auch immenser Stolz mitschwingt, und für das ich auch 24 Jahre später alles tun würde.“

Die 1990 geborene Musicaldarstellerin Abla Alaoui hat mit „Bissle Spätzle, Habibi?“ ihren ersten Roman veröffentlicht.

Worum geht’s?

Eine Deutsche mit marokkanischem Migrationshintergrund hat’s schwer -
ihre Schwester Meryem ist so gut wie unter der Haube, während die dreißigjährige Amaya immer noch Single ist. Ihrer marokkanischen Familie zuliebe meldet sich die Protagonistin auf einer Dating- App für Muslime („Minder“) an, wo sie prompt einen scheinbar geeigneten Kandidaten trifft. Doch es ist nicht Ismael, für den Amayas Herz schlägt, sondern sein Freund, der Schwabe Daniel…
Mit großem Vergnügen habe ich „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“ von Jan Weiler gelesen. Auch der Film „My big fat greek wedding“ gehört zu meinen Favoriten. Ganz so klamaukig und locker-flockig ist Abla Alaouis „Bissle Spätzle, Habibi?“ nicht, aber der Migrations-Roman ist auch nicht so ernst und literarisch „ausgefuchst“ wie Fatma Aydemirs „Dschinns“ oder Martin Kordićs „Jahre mit Martha“.
Dennoch werden in „Bissle Spätzle, Habibi?“ auch Probleme weiblicher Migranten thematisiert, die Autorin zeigt, wie schwierig es für junge muslimische Frauen sein kann, zwischen den Welten zu leben und mit verschiedenen Kulturen zu „jonglieren“. Es wird aber auch gezeigt, dass Integration schon durch Interaktion gelingen kann – Amayas beste Freundin Klara ist dafür das beste Beispiel. Scheinbar muss so etwas immer noch lustig ‚verpackt‘ und als humorvolle Lektüre beworben werden, um für den deutschen Mainstreammarkt interessant zu sein?
Viele Leser werden sicher enttäuscht sein, wenn sie entdecken, dass es in dieser Culture-Clash-Komödie tiefgründige und auch gesellschaftskritische Passagen gibt, ich war es nicht. Obwohl ich kein Arabisch verstehe, gefielen mir die zusätzlichen arabischen Kapitelüberschriften und die im Text eingestreuten Ternini sehr gut, sie verleihen der Geschichte Authentizität. Es geht um die Erwartungen von Amayas Eltern und um die innere Zerrissenheit Amayas – einerseits möchte sie „westlich“ leben, andererseits ist auch der Islam und ihre Herkunftskultur Teil ihrer Identität. Ich konnte aber auch (obwohl ich keine Muslima bin) die Sorgen und Nöte der Familie der Protagonistin irgendwie verstehen. Der Roman gibt neben der Haupthandlung auch einen kleinen Einblick in die Geschichte der Gastarbeit in der Bundesrepublik Deutschland, die Erzählerin erwähnt so auch den Versuch der BRD, während der ersten Ölkrise 1973 die Gastarbeiter (wie Gäste und nicht wie Menschen) wieder in die Heimat zu schicken. Es wird jedoch keine detaillierte Analyse geliefert, es ist nicht von den Rückkehrprämien und Kündigungen die Rede. Insofern ist „Bissle Spätzle, Habibi?“ eine story, die den Leser oder die Leserin einerseits zum Nachdenken anregt und andererseits gut unterhält - ein bewährtes und bekanntes „Strickmuster“ in der Migrantenliteratur.

Bewertung vom 09.02.2023
With All My Heart
Young, Samantha

With All My Heart


gut

Filmreife Szenen?

„Fallen Dreams“ von Samantha Young gefiel mir richtig gut. Auch „Boston Nights“ hat mich gut unterhalten. Ich greife daher gern zu Youngs Büchern, wenn ich einen New-Adult-Roman lesen will, das NA-Genre ist ideal zur Entspannung, wenn man mal abschalten will und keine stilistischen Finessen nach Art eines Thomas Mann erwartet; hier besteht die story aus mehreren Teilen, das Cover ist zum Glück frei von „Nackenbeisser“- Ästhetik, ich mag’s.
Jeder neue Roman der Autorin wandert auf meine Leseliste, so auch „With all my heart“. Ich wundere mich darüber, dass der englische Originaltitel durch einen anderen englischen Titel (für die deutsche Übersetzung) ersetzt wird, im Englischen heißt der Roman „Black Tangled Heart“ & er ist eigentlich der dritte Teil der „Play On“ – Reihe, da man die Bücher aber gut als Einzelbände lesen kann, ist es nicht wichtig, ob man die anderen Teile schon gelesen hat. In dem Genre wird gerne mit Tropen gearbeitet – hier bekommen Liebende eine zweite Chance und irgendwie ist es auch eine „Enemies – to – Lovers“ – Beziehungskiste, Kunst spielt auch eine große Rolle in der Geschichte und natürlich die große Liebe.
Worum geht’s?
Das „Lieschen Müller“ Jane Doe (ehemalige Margot Higgins) wächst bei einer Pflegefamilie auf,sie hat bereits mehrere „Stationen“ durchlaufen, daher ist es nicht verwunderlich, dass sie eine introvertierte Einzelgängerin wird, die gerne zeichnet. Alles ändert sich, als sie als Teenager in Kalifornien die McKenna - Schwestern kennenlernt, die nebenan einziehen. Das Mädchen findet Freunde, und besonders der Bruder von Lorna und Skye hat es ihr angetan, Jane ist bis über beide Ohren in Jamie verknallt & schwärmt heimlich für ihn. „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“, das wusste schon Jürgen Marcus. Lorna wird Janes beste Freundin, die Teenie - Freundschaft ist nicht frei von Konkurrenz & Jane soll nach Lornas Willen nicht den dominanten Part einnehmen. Diesen Aspekt – Jugendfreundinnen, die einander zum Beispiel dem Schwarm ‚ausspannen‘, Eifersucht, Besitzanspruch, die Asymmetrie hat Samantha Young gut eingefangen, schreiben kann die Autorin.
Doch (wie könnte es in dem Genre anders sein) eine Tragödie zerstört die scheinbare Idylle (die Protagonisten haben eigentlich schon von Anfang an ihr Päckchen zu tragen, aber gut). Alle Figuren werden von dem Ereignis tangiert, doch Jamie verändert sich völlig und schwört sozusagen blutige Rache. Edmond Dantès, anyone?! Manchmal denke ich, dass die Literaturgeschichte ein Segen für New Adult- Autorinnen ist.
„With all my heart“ ist eine (melo)dramatische Liebesgeschichte mit einer gehörigen Portion Erotik, man sollte also nicht prüde sein, sonst wird man an der story keine Freude haben. Sind New - Adult -Romane Seifenopern oder Kitschfilme in Buchform? Ich stelle fest, dass Samantha Youngs Romane mit jeder Veröffentlichung einen Tick trivialer werden, schade eigentlich. Vielleicht sollte sie sich wieder auf ihre „Jamaica Lane“ – Anfänge besinnen? Jamie und Jane und das übrige „Personal“ sind als Figuren leicht überzeichnet, Klischees gehören in dem Genre fast schon zur „Grundausstattung“, es kommt halt auf die Dosierung und auf das Feintuning an. Weniger ist manchmal mehr, so auch hier.
Dies zum Inhalt. Gewundert habe ich mich aber auch über die Formalia, die deutsche Übersetzung ist leider schlampig, wo im Englischen von „male“ respektive „female dancers“ die Rede ist, werden im Deutschen „männliche Tänzer" und „weibliche Tänzerinnen“ daraus, aus dem Kontext geht hervor, dass die Kostümierung jeweils die Weiblichkeit bzw. die Männlichkeit betonen soll, daher finde ich die Übersetzung holprig. Auf Seite 13 fehlt bereits ein Wort: „In meiner früheren Schule gab [sic!] keine Cliquenwirtschaft dieser Art.“ Ein bisschen mehr Sorgfalt, bitte! Auch wenn es sich „nur“ um einen Liebesroman mit steamy Szenen handelt.

Bewertung vom 31.12.2022
Die tausend Verbrechen des Ming Tsu
Lin, Tom

Die tausend Verbrechen des Ming Tsu


sehr gut

„Das Töten machte ihm schon lange nichts mehr aus.“

„Die tausend Verbrechen des Ming Tsu“ ist ein ungewöhnlicher Roman. Der Autor präsentiert in seinem Roman einen gelungenen Genremix – Magischer Realismus trifft auf Western-Ballade. Man könnte auch argumentieren, dass hier amerikanische Geschichte aus Minderheiten-Perspektive beleuchtet wird. Der Verlag ordnet das Werk unter „Thriller“ ein.

Worum geht’s?

Go West!
1869 wird der amerikanische Westen durch den Transkontinental-Eisenbahnbau erschlossen. Der chinesische Protagonist Ming Tsu teilt das Los vieler Landsleute – als Arbeitssklave soll er das Pacific – Railway- „Wunder“ möglich machen, da sein Schwiegervater in spe ihn auf dem Kieker hat. Seine Tochter Ada will er Ming Tsu nicht anvertrauen. Diesem bleibt nichts anderes übrig, als Rache zu schwören. Schon bald wird ein Kopfgeld in Höhe von 10 000 ‚Tacken‘ auf den Outlaw ausgesetzt…
Der Stil des Autors ist eingängig und leicht lesbar, Parataxe wird eingesetzt, insofern wirkt das Ganze eher simpel als blumig, durch den knappen Stil wird die Handlung andererseits nicht verlangsamt. Der Protagonist befindet sich auf einem Rachefeldzug, dieses Motiv ist in dem Genre zwar nicht neu, dem Autor gelingt es jedoch, dem Ganzen einen eigenen Touch zu verleihen - auch wenn ein zu Höherem berufenes Waisenkind in der Literaturgeschichte nun wirklich ein alter Hut ist!
So hat man als Leser nicht vollständig das Gefühl, den x-ten „Aufguss“ einer bereits bekannten Chose präsentiert zu bekommen. Man muss sich allerdings auch auf die Geschichte einlassen und offen für den Erzählansatz sein. Die Figuren sind farbenfroh und spannend, dieses Detail gefiel mir gut. Ein hitman, der das Blut in Strömen fließen lässt, ist vielleicht nicht jedermanns Sache, manchmal kam daher fast ein Pulp – Fiction-Feeling für mich beim Lesen auf. Der große Showdown im Finalteil der Erzählung bewirkt, dass die story mit einem Paukenschlag endet.
Ich fühlte mich insgesamt gut unterhalten & mir hat die Geschichte gefallen, auch wenn ich finde, dass der Autor noch mehr aus dem „Stoff“ hätte machen können. Ich denke, dass das Ganze als Fernsehfilm oder als TV/Streamingserie tatsächlich besser funktionieren würde.
Von mir gibt’s aufgerundete vier von insgesamt fünf möglichen Sternen für Tom Lins „Die tausend Verbrechen des Ming Tsu.“

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 31.12.2022
Fang jetzt bloß nicht an zu lieben
McFarlane, Mhairi

Fang jetzt bloß nicht an zu lieben


gut

Nachdem Ich bereits „Du hast mir gerade noch gefehlt“ von Mhairi McFarlane gelesen habe war klar, dass auch der neue Roman – „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“ auf meine Leseliste wandert. 

Das Cover von „Du hast mir gerade noch gefehlt“ ist wunderbar verspielt. Die bonbonrosa Umschlaggestaltung und der neckische Titel von „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“ versprachen eine romantische Geschichte mit Augenzwinkern, ebenso wie der Klappentext. Bei einer Hochzeitsfotografin denkt man sofort an Romcoms wie „Die Hochzeit meines besten Freundes“. 

Worum geht’s? 

Schauplatz Großbritannien, Selbstfindung ist das Motto! 

Die dreißigjährige Hochzeitsfotografin Harriet Hatley ist entsetzt, als ihr wohlhabender Freund Jon ihr vor versammelter Mannschaft (und vor der verhaßten Schwiegermutter in spe) einen Heiratsantrag macht. Notgedrungen nimmt der Heiratsmuffel Harriet den Antrag an, um später im stillen Kämmerlein die Beziehung zu beenden. Harriet ist ein gebranntes Kind – selbst als sie den smarten Cal kennenlernt, glaubt sie zunächst nicht an ein happy ending. Doch Harriets treue Freundinnen begleiten sie durch dick & dünn…

Ich hatte vor der Lektüre lustige, etwas hirnlose Chicklit nach Art einer Sophie Kinsella oder Helen Fielding erwartet. Manchmal möchte man einfach nur die Seele baumeln lassen & gut unterhalten werden. 

Mit „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“ wollte die Autorin Frauenliteratur mit Anspruch präsentieren. Daher werden ernste Elemente im Roman angesprochen – Manipulation, Gaslighting, psychische Gewalt in toxischen Beziehungen. Wahrscheinlich werden manche Leserinnen sensibel auf diese Themen reagieren, daher wundert es mich, dass es im Vorwort keine Triggerwarnung gibt. 

Falls man sich auf die Geschichte einlässt, muss man in Kauf nehmen, dass McFarlane neben dem Hauptplot auch diverse Nebenplots forciert & sich fast verzettelt. Als Autorin hätte ich die Erzählung definitiv gestrafft. Selbstfindung und Frauenpower ziehen sich leitmotivisch durch die Geschichte, dies ist eigentlich ein guter Ansatz, nur sollte das Buch dann nicht als Chicklit vermarktet werden. Vergangenheitsbewältigung nimmt mehr Raum als die eigentliche Liebesgeschichte ein. 

Wenn ich an die anderen Romane der Autorin denke, stelle ich mittlerweile ein Muster fest: Gleich in der Exposition gibt es einen Bruch (Tod, Trennung, you name it). Dann gibt es einen langatmigen Mittelteil und schließlich ein happy ending (nicht unbedingt ein romantisches in „Fang jetzt bloß nicht an zu lieben“). Mhairi Mc Farlane kann eigentlich schreiben, sie sollte sich jedoch vor Wiederholungen und „Baukastenromanen“ hüten. 

Fazit: 

 Ich hatte mich vor der Lektüre auf eine heitere Romantic Comedy in Buchform gefreut, daher war ich irritiert, als sich die Geschichte in eine völlig andere Richtung entwickelte. In der Vorweihnachtszeit waren mir die Themen zu ernst, auch wenn der Grundgedanke der Autorin begrüßenswert ist. 3 Sterne. 

Bewertung vom 24.10.2022
This Charming Man / The Stranger Times Bd.2
McDonnell, C. K.

This Charming Man / The Stranger Times Bd.2


ausgezeichnet

Eins, Zwei, Drei

Vorab:
„This Charming Man” ist keine klassische „Vampirschmonzette“. Man darf hier nicht auf paranormales Herzeleid hoffen. Fans der Aaronovitch – Reihe rund um den Zauberlehrling Peter Grant dürften allerdings voll auf ihre Kosten kommen.

Worum geht’s?
In Manchester stehen die Zeichen auf Sturm: Vampire treiben ihr Unwesen. Doch es gibt sie eigentlich nicht - oder doch?
Für die Redaktion der Zeitung „The Stranger Times“ beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit…

Mit „This Charming Man“ hat C.K. McDonnell den zweiten Teil einer urkomischen Urban-Fantasy-Reihe vorgelegt, die nicht immer politisch korrekt ist und durchaus reale Personen auf die Schippe nimmt. Der Roman kann nicht unbedingt als stand alone gelesen werden, daher kann es nicht schaden, auch den Auftaktband „The Stranger Times“ zu kennen, da die Ereignisse nahtlos an die Geschehnisse aus Band eins anknüpfen. Der Autor Caimh McDonnell arbeitet hauptberuflich als Standup - Komiker, daher ist es nicht verwunderlich, dass sein Roman Elemente einer Screwball Comedy enthält. Die Dialoge sind einfach klasse. Nach bester britisch – irischer Art wird ein schwarzhumoriges Slapstickfeuerwerk abgebrannt. Selten so gelacht! Auch die Charakterisierung der Protagonisten finde ich klasse – der Chefredakteur Vincent Banecroft ist ein richtiges Ekel, aber seiner Stellvertreterin Hannah Willis gelingt es meist, Banecrofts Fauxpas wieder auszubügeln. Als Vielleserin hat man oft das Gefühl, immer wieder das Gleiche in verschiedenen Varianten & Variationen zu lesen. Nicht so hier! Man bekommt innovative Unterhaltung geboten, die sich Altmeister Pratchett nicht besser hätte ausdenken können („Scheibenwelt“, anyone?). Allerdings muss man schon über etwas „Sitzfleisch“ verfügen, da es in „This Charming Man“ neben dem Hauptplot diverse Nebenhandlungen gibt. Auch verfolgt der Autor nicht stur die „Einleitung – Hauptteil-Schluß“ – Regel, sodass auch im letzten Drittel der Erzählung noch neue (sehr skurrile) Figuren eingeführt werden. Man muss sich schon konzentrieren, um nicht den Faden zu verlieren. Die Erzählfreude McDonnells führt dazu, dass sich gewisse Längen in die story einschleichen, die aber meines Erachtens nicht allzu sehr ins Gewicht fallen, da hier das „Gesamptpaket“ stimmt. Ich spreche gerne eine Leseempfehlung aus!

Bewertung vom 26.09.2022
Die Kaiserin
Griffis, Gigi

Die Kaiserin


sehr gut

Das Buch zum Film

Vorab:
Die Umschlaggestaltung gefällt mir richtig gut!
Das Cover ist die perfekte Einstimmung auf die Lektüre.
Kaiserin Elisabeth „Sisi" ist längst zum popkulturellen Phänomen avanciert. Wer kennt nicht die Filme mit Karlheinz Böhm und Romy Schneider? Guilty pleasure! Es gibt auch ein Musical und die Biographie von Brigitte Hamann, die ich empfehlen kann.
Das Buch von A.Pataki fand ich okay, mehr nicht.
Im Jahre 2022 widmen sich mehrere Autorinnen dem Leben der Kaiserin und Königin – Karen Duve hat mit „Sisi" ein Stück biographische Fiktion vorgelegt, das sich der Ikone auf knochentrockene Art und Weise nähert und seriös sein will und es stellenweise natürlich auch ist, gewisse Fakten wurden korrekt recherchiert und in einer Fleißarbeit gebündelt. Mich konnte der Roman (auch wenn er angenehm kitschfrei und null schmalzig ist) nicht richtig begeistern. Daher war ich auf Gigi Griffis Herangehensweise in „Die Kaiserin" gespannt. Sie ist ganz anders als Duves Ansatz, die Autorin Griffis präsentiert vielleicht ein anderes Extrem, da sie die Sisi-Saga in eine Art steamy Historical Romance verwandelt, nebst love triangle, wie könnte es anders sein. Stil und Sprache sind definitiv ahistorisch, der Roman will primär unterhalten, denn er ist quasi das „Buch zum Film“ – beziehungsweise zur neuen Streamingserie aus dem Hause Netflix. Man darf natürlich kein literarisches Meisterwerk erwarten. Die wechselnden Erzählperspektiven machen trotzdem Spaß, neben Franz kommt selbstverständlich auch Elisabeths Schwester Helene zu Wort. Sie war eigentlich die Frau, die Franz hätte heiraten sollen, wäre da nicht der Wildfang Elisabeth von Bayern gewesen.
Die Kapitel sind kurz und knackig formuliert. Heraus kommt eine quietschbunte & leicht kitschige Erzählung über Hof und Zeremoniell der Habsburger im neunzehnten Jahrhundert. 1853 wird für Elisabeth zum Schicksalsjahr.
Intrigen und Machtkämpfe vor dem Hintergrund einer wechselvollen Historie treffen auf eine knisternde Liebesgeschichte.

Bewertung vom 17.09.2022
Stille blutet / Mordgruppe Bd.1 (eBook, ePUB)
Poznanski, Ursula

Stille blutet / Mordgruppe Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Noch vor wenigen Jahren wäre Serafina „Fina“ Plank mit ihrer Körpergröße von 1,60 m nicht als Polizistin eingestellt worden. Als Frau in einer Männerdomäne arbeitet sie jedoch bei der Wiener Mordkommission, wo sie als einzige weibliche Ermittlerin einen schweren Stand hat- Kollege Oliver macht ihr mit chauvinistischen Sprüchen das Leben schwer. Als eine berühmt-berüchtigte Ansagerin des privaten Fernsehsenders „Quick TV“ unfreiwillig live ihre eigene Ermordung ankündigt und kurz darauf tatsächlich tot aufgefunden wird, muss Fina ihr ganzes Können unter Beweis stellen…



Mit „Stille blutet“ hat Ursula Poznanski den Auftaktband zur „Mordgruppe 1“ – Reihe vorgelegt. Der Roman wird vom Verlag als Thriller vermarktet. Richtig spannend wurde der plot aber erst, nachdem ich circa 73 Prozent der Geschichte gelesen hatte, daher würde ich das Ganze eher als Krimi bezeichnen. Von einem Thriller erwarte ich definitiv mehr Tempo und Nervenkitzel. Es gibt einen auktorialen Erzähler und eine ominöse zweite Erzählstimme, welche jeweils mit Trakl-Zitaten angekündigt wird.

Die Figurenzeichnung ist leider einigermassen konventionell gehalten. Auch die auftretenden Konflikte kennt man bereits aus anderen Krimis – ein sexistischer „Platzhirsch“ mobbt seine junge Kollegin, es gibt den Aufsteiger mit ausländischen Wurzeln, der Hauptverdächtige ist nicht unbedingt sympathisch und arbeitet in der oberflächlichen Werbebranche. Poznanski schneidet viele Themen an und vertieft doch kein einziges. Die Gefahr, die von den neuen Medien ausgeht und die Macht von Influencern und Bloggern wird angeprangert. Virtuelle Shitstorms und Hashtags (#inkürzetot) beeinflussen das reale Leben. Um tatsächlich am Puls der Zeit zu sein, hätte Poznanski woke Kampagnen und das Gendern ins Visier nehmen müssen – so wirkt das Ganze fast ein wenig altmodisch.

Die Protagonistin Fina war mir sympathisch, wenn sie sich jedoch als pummelige Polizistin nicht traut, in der Öffentlichkeit zu naschen und im stillen Kämmerlein an ihren Exfreund denkt, schmälert dies das Lesevergnügen. Ich als Leserin war leicht genervt, obwohl die Absicht der Autorin sicher edel ist – bodyshaming ist doof. Insgesamt fehlt es einfach an Raffinesse. Die Auflösung war wirklich konstruiert, es gibt unglaubwürdige Elemente in der Geschichte. Mit einem Cliffhanger lässt sich Poznanski ein Hintertürchen offen, was zwar spannend, erzähltechnisch aber nicht besonders elegant ist. Auch die Identität der geheimnisvollen zweiten Erzählstimme wird nicht enthüllt, dies soll den Leser oder die Leserin offensichtlich bei der Stange halten. Das österreichische setting fand ich dennoch klasse. Die Grundidee – Mord mit Ankündigung- weckte sofort mein Interesse. Leider konnte die Umsetzung nicht halten, was der ‚Aufhänger‘ versprach, dabei hätte die Autorin aus dem Stoff viel mehr machen können. Der Roman wirkt auf mich wie mit „angezogener Handbremse“ oder wie „nebenher“ geschrieben. Georg Trakl hat das Ganze in meinen Augen „gerettet“. Ich hoffe, dass Ursula Poznanski sich in Zukunft mehr Mühe geben wird; Fina Plank ist eine Figur mit Potential und Wien als Handlungsort ist schwer zu toppen. Auf Band zwei der Reihe bin ich trotz diverser Kritikpunkte gespannt!

Bewertung vom 29.08.2022
Blutige Stufen / Detective Robert Hunter Bd.12 (eBook, ePUB)
Carter, Chris

Blutige Stufen / Detective Robert Hunter Bd.12 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die Clique

Als Fan der Hunter-und-Garcia -Romane habe ich bisher alle Teile der Reihe gelesen und relativ lange auf „Blutige Stufen“ (der deutsche Titel gefällt mir übrigens besser als der spoilernde englische Originaltitel ) gewartet. Carters Thriller sind immer blutig, hart an der Grenze zum Splatter und nichts für schwache Nerven. Der Autor ist vielleicht kein Meister der psychologischen Spannung und kein Könner, wenn es um blumige Formulierungen geht, doch seine Romane sind meistens richtige „Spannungskracher“. Der neueste Teil rund um einen Profiler&Sidekick von der Abteilung für schwere Gewaltverbrechen in Los Angeles kommt für mein Empfinden leider langsam in Fahrt. Richtig spannend wurde es erst, nachdem ich circa fünfzig Prozent der Geschichte gelesen hatte, davor las sich der Text recht zäh. Es ist klar, dass Chris Carter keine hochliterarischen Krimis schreibt. Ich habe mich dennoch über die Tatsache gewundert, dass die Figuren eher flacher als filigraner werden, denn es handelt sich bei „Blutige Stufen" nicht um einen Auftaktband. Manchmal sprechen die Protagonisten auch das Offensichtliche aus. Stilistisch wirkt der Thriller teils eher wie ein Drehbuch und der Autor macht es sich mit „doppelten Szenen" eher einfach; gefallen haben mir aber die Bezüge zur brasilianischen Kultur- der Autor ist selbst Brasilianer und er hat als Profiler gearbeitet, er weiß also, wovon er schreibt, das ist ein großes Plus. Meinetwegen darf er gerne noch etwas mehr „Brasilien“ in seine Geschichten einflechten & auch über Garcias Ehefrau Anna würde ich gern mehr erfahren. Man wünscht sich natürlich auch, dass Hunter wieder glücklich wird. Im letzten Teil der Story gibt es eine Wendung, die für mich nicht ganz unvorhergesehen war – den „Gärtner“ hatte ich sozusagen schon auf dem Schirm. Doch zurück zum Anfang – eine Reihe von Morden erschüttert Los Angeles. Zunächst werden junge, attraktive Frauen bestialisch ermordet (die Beschreibungen sind wirklich unappetitlich). Ein irrer Täter scheint sich an der Angst seiner Opfer zur weiden. Hunter &Garcia haben zunächst einen windigen Aufreisser im Visier. Als jedoch auch ein Mann getötet wird, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit…
Die Auflösung fand ich spannend und erschütternd, aber auch etwas konstruiert und in Teilen nicht ganz logisch, wenn es etwa um die simple Machbarkeit der Morde ging. Der gesellschaftskritische Teil der Erzählung berührt mich jedoch sehr. Wenn man das Vorwort zum Roman liest und bedenkt, dass Chris Carter ein tragisches Ereignis verarbeiten muss oder musste, ahnt man, woher das Formtief des Autors kommt. Am Ende von „Blutige Stufen“ gibt es einen Cliffhanger, der jedenfalls Lust auf den nächsten Fall von Robert Hunter & Carlos Garcia macht…