Benutzer
Benutzername: 
Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 1085 Bewertungen
Bewertung vom 28.05.2025
Moissonnier, Vincent; Gamerschlag, Bert

Ein Tisch am Fenster (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieses Buch über das Sterne-Restaurant Moissionnier in Köln habe ich sehr gerne gelesen. Es gibt einen sehr persönlichen Eindruck über die Arbeit in der Gastronomie. Das ist allerdings kein Wunder, da der Autor Vincent Moissonnier der Eigentümer ist und gemeinsam mit seiner Frau Liliane seit vierzig Jahren das Restaurant betreibt.

Er erzählt abwechselnd über seinen Werdegang vom Schulabbrecher bis zum erfolgreichen Unternehmer, der alles seinem Traum vom (Sterne)Restaurant unterordnet. Dabei spart er Misserfolge und Rückschläge nicht aus. Neben harter Arbeit haben die Moissonniers immer auch das Quentchen Glück des Tüchtigen gehabt.

Das Buch ist voller Leidenschaft! Leidenschaft für seine Frau Liliane, für die Stadt Köln, für perfektes Ambiente und komplexe Speisen.

Detailreich werden wir in die Haute Cuisine eingeführt. Das kann manchem Leser vielleicht zu detailverliebt sein, streicht aber Moissonniers Liebe zur Kochkunst heraus.

Dazwischen erzählt er Anekdoten über seine Gäste und warum er manchmal den einen oder anderen Gast nicht mehr in seinem Lokal haben will. Wir Leser erfahren alles und ein bisschen mehr über das Restaurant, seine Mannschaft und seine Küche.

Schmunzeln musste ich, als er über einige Küchenutensilien berichtet, die man so nicht in einer Sterneküche erwartet. Zum Beispiel das einfache Küchenmesser Victorinox Nr. 11, das sich auch in unserem Haushalt findet.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Buch, das uns Einblick in ein Sterne-Restaurant bietet, 5 Sterne.

Bewertung vom 28.05.2025
Milberg, Mia

Ein Stück vom Himmel Die historische Familiensaga im 20. Jahrhundert (eBook, ePUB)


weniger gut

Gleich vorweg: Dieser Auftakt zur Landthaler-Familiensaga ist bereits im Jahr 2024 unter dem Titel „Klang der Hoffnung“ im selben Verlag erschienen.

Worum geht’s?

Veronika „Vroni“ Wagner ist von Aschaffenburg nach München gekommen und arbeitet im renommierten Hotel Wolff als Kontoristin. 1930 trifft sie Karl, den sie aus der alten Heimat kennt wieder. Sie heiraten und ihr Glück wäer vollkommen, wenn die politische Lage weniger instabil wäre. Nachdem Karl seine Arbeit als Bauingenieur verliert, betreiben sie ein kleines Lebensmittelgeschäft mit dem sie zunächst über die RUnden kommen. Als Hitler die Macht an sich reißt, verlieren sie ihre jüdische Kundschaft. Doch dann scheint es aufwärts zu gehen und das Paar, das gerade Nachwuchs erwartet, bekommt die Chance an der Ostsee einen Neuanfang zu wagen. Karl erhält den Auftrag, am Seeflughafen mitzuarbeiten.

Doch wie man weiß, ändert sich die Weltlage: Hitler rüstet für einen Krieg, annektiert Österreich, die Tschechoslowakei und tritt mit dem Überfall auf Polen 1939 den Zweiten Weltkrieg los. Just am 24. Dezember 1940 muss Karl einrücken.

Meine Meinung:

Leider hat mir dieser Roman nicht besonders mitgerissen. Die etwas dünne Handlung plätschert so dahin. Es gibt wenig Höhepunkte. Vronis innerer Konflikt, Karl oder Fritz heiraten, hätte ein bisschen emotionaler dargestellt werden können. Der Roman umfasst die zehn Jahre vom Wiedersehen in München bis hin zu Karls Einberufung zu Weihnachten 1940.

Die politischen Ereignisse sind nur ein grober Rahmen. Aber, vielleicht ist es für die Mehrzahl der Familien so gewesen, diese schleichende Verwandlung und das Kopf-in-den-Sand-stecken. Als Karl seiner Frau einen Pelzmantel schenkt, habe ich kurz gehofft, etwas über dessen Herkunft zu erfahren. Ist das gute Stück einer jüdischen Frau geraubt worden? Oder die großzügige Wohnung - sind die früheren Bewohner aus ihr vertrieben worden? Davon erfahren wir Leser leider nichts. Hin und wieder schwingt ein leises Unbehagen bei Vroni und Karl mit, wenn sie über die Verfolgung der Juden hören bzw. ihre jüdische Kundschaft nicht mehr bedienen dürfen.

Der Schreibstil ist einerseits eher einfach gehalten, andererseits kommen manche Sätze ziemlich gestelzt daher. Beispiele gefällig?

„Was für ein Zufall! Ich verweile derzeit in diesem Hotel, aber nur wegen einer Besprechung.“ erklärt Karl beim Wiedersehen in München. „Wir können unser Konversation gerne später fortsetzen.“ (S. 15)

Oder S. 18: „Welche Aufgaben obliegen dir denn in deiner Stellung?“

Sorry, aber so spricht kein Mensch und vor allem nicht, wenn er wie im Vorwort beschrieben wird, aus einfachen Verhältnissen kommt, während Vroni aus einer bürgerlichen Familie stammt. Dabei macht sich Vroni auf S. 16 Gedanken über ihre Kleidung, um nicht auszusehen wie eine Frau aus der Arbeiterklasse. An Vronis bürgerlichen Herkunft kann ich auch nicht recht glauben, denn da hätte sie eine Hauswirtschaftsschule besucht und nicht als Dienstmädchen in einer Pension arbeiten müssen.

Ich habe schon sehr viele historische Roman bzw. Sachbücher über die Zeit der Weimarer Republik bis zum Beginn der Zweiten Weltkriegs gelesen, dieser hier ist für mich persönlich der schwächste. Vom Lesen des angekündigten nächsten Teiles dieser Familiensaga werde ich Abstand nehmen.

Fazit:

Dieser Roman hat mich nicht wirklich gepackt. Daher gibt es nur 2 Sterne.

Bewertung vom 28.05.2025
Kasperski, Gabriela

Bretonisch mit Wind und Wellen


ausgezeichnet

Als die Buchhändlerin Tereza Berger nach ihrer Rückkehr aus Australien ein behördliches Schriftstück, das sie zur Zahlung einer besonderen Abgabe, weil sie ihren Hauptwohnsitz in der Schweiz, also im EU-Ausland hat, verdonnert wird, ist zunächst guter Rat teuer. Doch Gabriel Mahon, Freund und Polizist, hat sofort eine Lösung: Er legt ihr ausgefüllte Heiratsdokumente vor, auf denen lediglich Terezas Unterschrift noch fehlt. Sie fühlt sich verständlicherweise überrumpelt und so gibt ihr die tote Surferin, die ihr an der rauen Küste bei Camaret-sur-Mer gespült quasi vor die Füße gespült wird, noch ein wenig Zeit zum Überlegen. Also, es ist ja nicht so, dass sie einem Zusammenleben mit Gabriel abgeneigt wäre, aber fragen hätte er sie schon können ...

Der Tod der Surferin lässt die Konflikte zwischen unterschiedlichen Gruppierungen, die sich in Camaret-sur-Mer seit längerem in den Haaren liegen, eskalieren. Die einen wollen unberührte Natur und freien Zugang zum rauen Atlantik, die anderen gesicherte Bade- und Surfareale. Als sich der Tod der jungen Frau als Mord herausstellt, wird Ayala, Terezas Freundin, die am Strand eine Surfschule betreibt, verdächtigt, die Surferin getötet zu haben. Augenzeugen berichten, die beiden hätten sich gestritten. Da muss doch Tereza einschreiten, diesmal sogar mit Billigung von Gabriel.

Und dann spukt noch eine alte bretonische Legende von einem Piratenschatz in den Köpfen mancher Bewohner.

Meine Meinung:

Autorin Gabriela Kasperksi hat hier wieder einen atmosphärischen Krimi geschaffen, der Tereza Berger - diesmal sogar quasi in Gabriel Mahons Auftrag - ermitteln lässt.

Als dann endlich Braut und Bräutigam vor der versammelten Hochzeitsgesellschaft stehen, wird es noch einmal richtig spannend. Doch das erfahren wir erst das nächste Mal.

Ich mag sowohl den Schreibstil der Autorin, die mit Tereza und Gabriel zwei sympathische Charaktere erschaffen hat, sowie die Beschreibung von Land und Leuten der Bretagne. Schmunzeln musste ich bei der Erwähnung des Fußballspiels Deutschland gegen Frankreich, bei dem sich sogar die Bretonen ausnahmsweise als Franzosen fühlen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi 5 Sterne.

Bewertung vom 23.05.2025
Dangl, Michael

Der Walzermacher


ausgezeichnet

Wie schon die Farbgestaltung des Covers andeutet, ist Strauss‘ Stimmung ziemlich depressiv. Er ist zwar nun unbestritten der Walzerkönig, der sowohl den übermächtigen Vater hinter sich gelassen hat als auch den Fängen der Mutter entkommen ist, sich aber fest in den Klauen seinen eigenen Dämonen befindet. Trotz aller Erfolge und Auftritte ist er menschenscheu, hasst den Rummel um seine Person, kann aber gleichzeitig nicht ohne leben.

So sinniert er:

„Selbst meine Musik war, wie das oft bei schöpferischen Menschen zu sein pflegt, kein Wegweiser zu meinem verschlungenen Eigenen. Kein verschlüsselter Ausdruck meines sprachlosen Ichs. Ich komponierte Walzer, weil das mein Handwerk war, und aus ihnen etwas aus meinem Seelenleben herauszuhören, hätte ähnlicher Phantasie bedurft, wie aus meinem Stehpult die tiefsten Empfindungen des Tischlers herauszulesen.“

Seine sozialen Kontakte sind eingeschränkt, so hat er zu seinen Brüdern Josef und Eduard keine Beziehung. So nennt er sie „Aushilfsmöbel“, gerade gut genug, um ihn, den Walzerkönig zu vertreten.

Dass Johann Strauss Sohn, neben seinen Ehefrauen noch Geliebte gehabt haben soll, verwundert nun nicht wirklich, gilt er doch als Womanizer seiner Zeit. Nicht immer ist ganz klar, was an den Zuschreibungen echt ist oder nur platonische Anhimmelei.

Diesem Essay, der als innerer Monolog angelegt ist, liegt die Entdeckung von rund 100 Liebesbriefen des Walzermachers an die russische Komponistin Olga Smirnitzkaja, die selbst eine Komponistin war, zu Grunde. Ob sie eine Geliebte im herkömmlichen Sinne ist, kann man in Thomas Aigners Buch „Olga Smirnitzkaja - Die Adressatin von 100 Liebesbriefen von Johann Strauss“ lesen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem interessanten Essay, der Johann Strauss, als einem unglücklichen und depressiven Menschen zeigt, 5 Sterne.

Bewertung vom 23.05.2025
Scheurer, Thilo

Jagd unter Palmen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Nachdem die deutsche KHK Sofia Bitter nach eine Schusswechsel mit einem Kriminellen angeschossen und schwer verletzt überlebt hat, zieht sie sich auf die Insel Gran Canaria, in das Haus ihrer verstorbenen Großeltern zurück, um einen Neustart zu versuchen.

Doch wie das Leben (und Autor Thilo Scheurer) so spielt, wird daraus nichts, denn einmal Bulle, immer Bulle, stolpert sie in einen Kriminalfall ungeahnten Ausmaßes: Sie belauscht im örtlichen Baumarkt ein Gespräch, in dem es um die Entsorgung einer, wie sie sofort kombiniert, Leiche geht.

Natürlich kann sie es nicht lassen, den beiden, die sie Travolta und Scarface nennt, nach zu spionieren und kreuzt damit abermals die Wege des Kriminalbeamten Jefe Garcia, der natürlich keine rechte Freude mit den Tipps seiner Kollegin aus Deutschland hat. Denn eigentlich haben Garcia und sein Team mit einem Raubüberfall auf ein Lager der Fluglinie Iberia am Flughafen von Gran Canaria alle Hände voll zu tun.

Meine Meinung:

Dieser Auftakt zu einer neuen Krimi-Reihe von Thilo Scheurer hat mir gut gefallen. Wie der Autor im Nachwort schreibt, hat er Anleihe an einem wahren Kriminalfall genommen, bei dem sich Ähnliches abgespielt hat.

Die beiden Hauptfiguren Sofia und Jefe wirken bodenständig und haben so ihre Ecken und Kanten. Jefe ist verwitwet und Sofia nach dem Schusswechsel traumatisiert, zumal der Schütze nicht ausgeforscht werden konnte und nach wie vor eine Bedrohung für sie darstellt, schickt er ihr doch Whatsapp-Nachrichten. Das klingt einmal nach eine Aufhänger für eine Fortsetzung und hat bei mir gleich das Kopfkino in Gang gesetzt. Woher weiß der Sofias Telefonnummer? Warum hat sie die nicht geändert? Gibt es in der deutschen Dienststelle einen Maulwurf? Das werden wir hoffentlich in einem neuen Band erfahren.

Wer Thilo Scheurers Krimis kennt, weiß, dass der Spannungsbogen hoch gehalten wird, zahlreiche Wendungen uns Leser sowie die Ermittler auf falsche Fährten führen und nach temporeichen Ermittlungen eine schlüssige Auflösung wartet.

Thilo Scheurer setzt das Lokalkolorit von Gran Canaria wohldosiert ein. Wir können mit den diversen Protagonisten die engen Kurven auf den staubigen Straßen der Insel nehmen und den einen oder anderen schlitzohrigen Bewohner kennenlernen.

Die beschriebene Polizeiarbeit liest sich authentisch und fesselnd.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Krimi, der auf Gran Canaria spielt, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 23.05.2025
Grän, Christine;Mezei, Hannelore

Glück im Weinland


ausgezeichnet

Nachdem Chefinspektor Martin Glück auf dem Weg zu seiner Hochzeit mit der russischen Millionärswitwe Rosie ein Hund in das Auto gelaufen ist, und er, weil er Hund und Besitzerin ins Tierspital bringt, die Zeremonie verpasst hat, flieht er Hals über Kopf aus Wien, weil ihn seine rachsüchtige Beinahe-Ehefrau droht. Er findet sich auf Einladung der Hundebesitzerin Katharina Fuchs in einem ehemaligen zum Feriendomizil umgebauten Kellerstöckl im südsteirischen Weinland wieder. Blöderweise sitzt bei seiner Ankunft eine Leiche am Jogl-Tisch. Es ist, wie die herbeigerufene Polizistin Melanie Löss, sofort weiß, der Immobilienmakler Willi Hammer. Ein Mann, der mehr Feinde als Anzüge im Schrank hat, weshalb ihm niemand eine Träne nachweint. Doch zunächst ist gar nicht klar, ob der Mann ermordet worden ist. Erst als man in seinem Körper Rückstände von Ecstasy findet, starten die Ermittlungen.

Nur wer ist der Täter oder die Täterin? Die Liste der Verdächtigen ist lang und umfasst neben der aktuellen Ehefrau, die Tochter aus erster Ehe, obwohl die in den USA lebt, sowie die Bewohner der halben Gegend rund um Glanz, denen er gemeinsam mit dem Direktor der örtlichen Bank, zunächst günstige Kredite verschafft und wenig später die Grundstücke (vor allem Weingärten), die zur Besicherung dienten, zu einem Spottpreis abgepresst hat, nachdem die Kreditnehmer ihre Raten nicht mehr bedienen konnten.

Ein Klassiker also, oder doch nicht?

Zunächst ist Martin Glück mit seiner Unterkunft recht zufrieden, denn Kathi Fuchs ist eine exzellente Köchin. Allerdings übertreibt sie es ein wenig mit der Menge der Speisen, die Martin essen soll. Und dann tauchen die Tochter des Toten und Kathis Sohn Florian, ein professioneller Pokerspieler auf, eine Maus stirbt im Keller und im Kellerstöckl wird Feuer gelegt ....

Meine Meinung:

Ich verfolge Chefinspektor Martin Glück seit dem ersten Band, in dem er, nachdem er seinen Ex-Chef mit seiner Ex-Frau in der Ex-Wohnung in flagranti ertappt hat, ein wenig ausgerastet ist. Das Disziplinarverfahren hat er halbwegs überstanden und ist seitdem nicht immer ganz freiwillig als Springer in ganz Österreich unterwegs, um Verbrechen gegen Leib und Leben aufzuklären. Manchmal kommt er - wie eben jetzt - als Privatperson zu einer Leiche, darf aber wegen des Personalmangels und seiner Kompetenz (also nicht unbedingt bei Social Skills) ermitteln.

Das Autorinnen-Duo hat wieder einen flotten und fesselnden Kriminalroman mit viel Lokalkolorit geschrieben. Ich kenne die Gegend rund um Gamlitz ganz gut. Deshalb ist dieser Krimi wie heimkommen. Geschickt flechten die beiden Autorinnen die Geschichte des südsteirischen Grenzlandes ein. Nach dem Erste Weltkrieg wurden durch den Vertrag von Saint-Germain zahlreiche Orte, Familienbetriebe, Familien und einzelne Gebäude auseinandergerissen, weil man große Teile der Steiermark an das Königreich Jugoslawien (heute Slowenien) abtreten musste. Hier am Schauplatz Glanz läuft die österreichisch-slowenische Staatsgrenze mitten durch den Ort. Solche Ereignisse prägen die Menschen, auch wenn sie schon mehr als 100 Jahre her sind.

Der Krimi enthält zahlreiche Verdächtige und lockt Leser wie Ermittler auf zahlreiche Fährten, die sich mitunter als Sackgassen entpuppen. Auch die verlassene Braut taucht plötzlich auf, um Martin Glück mit einer brisanten Neuigkeit zu überraschen. Ob die in einem 9. Fall eine Rolle spielen wird? Oder eröffnet sich für Martin Glück eine ganz neue Perspektive?

Fazit:

Gerne gebe ich diesem fesselnden Fall für Martin Glück 5 Sterne.

Bewertung vom 23.05.2025
Jensen, Joost

Dünenkutter (eBook, ePUB)


gut

Just in den malerischen und streng geschützten Dünen der Insel will der bekannte Schönheitschirurg Dr. Alexander Gerber eine Schönheitsklinik mit angeschlossener Wellnessoase errichten. Nicht nur, dass hier Teile des Naturschutzgebietes dem schnöden Mammon geopfert werden, verlöre die Journalistin Fenna Kruskopp, die auf einem gestrandeten Kutter, den sie Villa Kunterbunt nennt, lebt, ihr Zuhause, wogegen sie gemeinsam mit einigen Inselbewohnern heftig demonstriert.

Nicht nur der Bürgermeister, der diesen Deal abgesegnet hat, sondern auch Fennas Schwester Emiilia, die ein kleines Restaurant betreibt, versprechen sich sprudelnde Einnahmen für Borkum.

Als dann während der Party zur Unterzeichnung des Immobiliendeals, die am öffentlichen Strand statfindet, der Schönheitschirurg tot umfällt, ist klar: Fenna war’s. Sie hat nämlich blöderweise vor der versammelten Prominenz, der auch der Polizeipräsident angehört, Morddrohungen gegen Gerber ausgestoßen ....

Der Polizeipräsident will einen schnellen Erfolg, weshalb er dem Inselpolizisten Jonas, dem Bruder von Fenna und Emilia, der gegensätzlichen Schwestern, einen jungen ehrgeizigen Schnösel als leitenden Ermittler vor die Nase setzt, der sich ausschließlich auf Fenna als Täterin einschießt und keine andere Möglichkeit zulässt. Nun muss die ganze Familie Kruskopp, zu der noch Jonas‘ Frau Stine sowie Vater und Großvater gehören, eigene Ermittlungen anstellen, zumal die Witwe des Mordopfers eine Million Euro für die Ergreifung des Täters ausgesetzt hat.

Was dann folgt, ist ein wenig im Bereich des Slapstick angesiedelt.

Meine Meinung:

Dieser Krimi, der auf der Insel Borkum spielt, beschäftigt sich mit einem brisanten Thema: Vernichtung von Naturschutzgebieten durch Verbauung. Die Idee hat mir recht gut gefallen, zeigt es doch deutlich, dass bei Immobilienverkäufen und Neubauten der Naturschutz unter die Räder bzw. unter die Betonmischer kommt, was auch immer wieder mit der Macht von möglicherweise korrupten Bürgermeistern zu tun hat.

Leider hat mich die Umsetzung des Ganzen nicht ganz überzeugt, was zum Großteil an der Überzeichnung der Charaktere liegt.

Kein Polizist der Welt hat es verdient, ständig als Trottel bezeichnet und so dämlich dargestellt zu werden. Hier wird, auch wenn es sich um einen Cosy-Krimi handelt, eine ganze Berufsgruppe vom Inselpolizisten Jonas aufwärts bis zum Polizeipräsidenten diffamiert. Das gefällt mir nicht so ganz.

Auch die Leidenschaft von Jonas‘ Frau Stine, die als Psychologin im Reha-Zentrum arbeitet, für gesunde Kost und psychologische Analysen, die leider nicht immer ganz zutreffen sowie der Umgang mit ihrem Ehemann, behagen mit nicht. Jonas, der sich gegen Ehefrau, seine Töchter und seine beiden Schwestern kaum durchsetzen kann, muss einem richtig leid tun.

Auch die anderen Mitglieder der Familie Kruskopp wirken auf mich wie eine Karikatur. Mehrmals wird erwähnt, dass Emilia adoptiert worden ist. Wieso? Weshalb? Warum? Hier habe ich auf eine Information dazu erhofft. Soll das ein Trigger sein, um den nächsten Band zu kaufen?

Irgendwie ist mir der Cosy-Anteil sowie die Beschreibung des tollpatschigen Polizisten Jonas in diesem Krimi ein wenig zu hoch. Ich mag solide Polizeiarbeit lieber, auch wenn sie hin und wieder langweilig wirkt.

Mal sehen, ob ich einen anderen Krimi des Autors finde, der nicht ganz so überzeichnet geschrieben ist.

Fazit:

Idee hat mir gut gefallen, die Umsetzung leider nicht. Daher gibt es für diesen Krimi, der so scheint es, Auftakt zu einer neuen Reihe sein soll, nur 3 Sterne.

Bewertung vom 23.05.2025
Pahr, Martina

Nur die Wühlmaus war Zeuge (eBook, ePUB)


sehr gut

Valentina hat sich ihren Lebenstraum (fast) erfüllt: Sie erhält einen Schrebergartenparzelle zugeteilt. Nur der Teich fehlt noch zu ihrem Glück. Sie beginnt mit dem Ausgraben und stößt auf die Leiche ihres Vorgängers Wiggerl Wetzstein. Wer hat ihn erschlagen und eingebuddelt?

Die Tätersuche erweist sich als mühsam, denn der Tote war nicht unbedingt beliebt, weshalb so ziemlich jede und jeder verdächtig ist. Die Polizei lässt die eingeschworene Gemeinschaft der Schrebergartler auch lieber außen vor, hat doch jeder Bewohner sein kleines oder größeres Geheimnis, wie Althippie Jo, der Gras nicht nur als Rasen anbaut. Federführend bei den Ermittlungen ist die betagte Friedl, die mit einem Rollator, in dem sich allerlei Lebenswichtiges wie Gin etc. befindet, Verdächtige befragt und den Überblick zu bewahren scheint. Sie ähnelt der berühmten Miss Marple. Dass es letztendlich noch einen zweiten Toten gibt, ist unerwartet.

Meine Meinung:

Das Sub-Genre Cosy-Crime, das in einer Schrebergarten-Kolinie spielt, ist in den letzten Jahren mehrfach aufgegriffen worden und zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass skurrile Laien völlig unbedarft Verdächtige befragen. Wenn dann manchmal der oder die Eine in Gefahr gerät, ist unter Kollateralschaden zu verbuchen.

Ich kenne eine Schrebergarten-Krimi-Reihe, die in Berlin spielt und ähnlich skurrile Charaktere aufweist. Allerdings ermitteln dort ein ehemaliger Kriminalkommissar und eine Laubenbesitzerin.

Hier in diesem, kommt die Polizei nur in kleinen, fast homöpathischen Dosen vor. Doch einer der Ermittler gewinnt das Herz von Barbara.

Schrebergärten sind ein Mikrokosmos, dem sich viel Freude aber auch einige Abgründe verbergen.

Natürlich liegt der Fokus eher auf der vermeintlichen Schrebergartenidylle, die zahlreiche schräge Typen und einige Rätsel für uns Leser bereit hält, als auf authentischer polizeilicher Ermittlungsarbeit. Wer solche lieber hat, muss zu einem anderen Krimi greifen.

Der Schreibstil ist flüssig und wird durch das in schwäbischem Dialekt sprechende Ehepaar aufgelockert.

Für das Cover hat sich der Emons-Verlag etwas ganz besonderes einfallen lassen: Das abgebildete Gras fühlt sich wie ein Grasteppich an. Ein haptisches Highlight!

Fazit:

Auftakt einer neuen Cosy-Krimi-Reihe, der mir durch seine skurrilen Protagonisten ein vergnügliches Leseerlebnis beschert hat. Ich vergebe hier 4 Sterne.

Bewertung vom 23.05.2025
Pahr, Martina

Wer die Kohlmeise stört


sehr gut

Es herbstelt in der Schrebergartensiedlung in München. Das merkt man nicht nur an den Horden von Touristen. die zum Oktoberfest auf die Theresienwiese strömen, sondern auch daran dass sich Bienen und Wespen, die um die letzten Blüten herum schwirren und sich ohne Erlaubnis auf den Zwetschkendatschis niederlassen.

Valentina und ihre Gartenfreundinnen haben Zuzug durch Jüngere erhalten. So ist eine Jungfamilie eingezogen und statt Xaver Walter werkeln nun seine Tochter Marie und ihr Verlobter Sebastian im Garten. Sebastian ist ein Beau und Gesundheitsfanatiker, der, was niemand weiß, auf allerlei Getier allergisch reagiert. Ein lebensrettender EpiPen ist immer am Mann, oder doch nicht?

Daher ist die Gartengemeinschaft ziemlich überrascht als er tot im Garten liegt. Valentina und Friedl beginnen zu schnüffeln und entdecken, dass der EpiPen durch ein Übungsgerät ausgetauscht worden ist, was aber der eitle, aber stark kurzsichtige Sebastian nicht erkennen konnte. Wer hat hier nachgeholfen?

Statt die Münchener Polizei mit ihrem Verdacht zu belästigen, beginnen Valentina und jene, die man aus dem ersten Teil der Reihe kennt, zu spekulieren und nachzuforschen. Recht schnell findet man ein mögliches Motiv: Der schöne Bas, wie Sebastian auch genannt worden ist, war ein Egomane, den nur Geld, Sex und Bewunderung seiner jeweiligen Freundin interessiert hat. Dass eine seiner abgelegten Freundinnen im Kleingartenidyll gesehen worden ist, lässt Leni sofort in den Fokus von Friedl, der garteneigenen Miss Marple rücken. Und was hat Willow, die Influencerin und Tochter von im ersten Fall ermordeten Wiggerl Wetzstein, mit seinem Tod zu tun?

Meine Meinung:

Uns Leser erwartet auch diesmal wieder ein humorvoller und turbulenter Kriminalroman, der die Eigenheiten der Schrebergartenbewohner ziemlich gut beschreibt. Man ist eine eingeschworene Gemeinschaft, in der Fremde nichts verloren haben.

Die Figuren sind allesamt mit recht eigenwilligen Charakterzügen ausgestattet. Da ist zum eine Friedl, eine betagte Dame, die auf einen Rollator angewiesen ist, aber deren schräger Humor und kriminelle Energie ungebrochen ist. Oder das schwäbische Ehepaar, das mit seinem Dialekt für den einen oder anderen Grinser sorgt. Oder Valentina, die Ich-Erzählerin, die an Prokrastination, also Aufschieberitis, leidet und ihre Illustrationen zu spät an den Verlag weiterleitet. Valentinas Freundin Barbara, die man nur die Lerche nennt, spielt diesmal eine eher untergeordnete Rolle. Auch Barbaras Freund, der Kommissar, tritt erst ganz zum Schluss auf, als Friedl das Endergebnis und den Täter präsentiert.

Man (also eigentlich frau) schwelgt in Erinnerungen, was einen Mann zum echten Mann macht. Ein Zopferl zählt nicht dazu.

„Die Vorstellung davon, was ein echter Mann ist, muss unsere Generation revidieren. Wir wurden von Syvester Stallone, Han Solo und Michael Douglas geprägt. Nicht unbedingt die gesündesten Vorbilder für die Männlichkeit. Frisur hin oder her.“ (S. 39)

Zudem herrscht auch darüber Einigkeit, dass Basti ein ziemlicher Blender war. (Warum kommt mir dieser Satz als Österreicherin so bekannt vor?)

Eine stringente Handlung, mit polizeilichen Ermittlungen, die zur Überführung des Täters führen, darf man sich hier nicht erwarten. Es wird Kaffee, Tee und manchmal ein Likörchen oder Härteres getrunken und dabei allerlei Spekulationen gewälzt bis letzten Endes die Puzzleteile an die richtige Stelle fallen.

Fazit:

Wer in seinem eigenen (Schreber)Garten einen vergnüglichen Krimi mit einer mehr oder weniger begabten Laientruppe lesen will, ist hier richtig. Alle jene, die lieber authentische Polizeiarbeit mögen, müssen zu einem anderen Krimi aus dem Emons-Verlag greifen. Von mir gibt’s 4 Sterne.

Bewertung vom 20.05.2025
Eui-kyung, Kim

Hello Baby


sehr gut

Kim Eui-kyung erzählt in diesem Buch die Geschichte von sechs Frauen, die sich in einer Fruchtbarkeitsklinik in Seoul begegnen. Allen ist gemeinsam, dass sie über 35 Jahre alt sind, von der Gesellschaft und der Familie dazu gedrängt werden Mutter zu werden und auf natürlichem Weg nicht schwanger werden können. Also muss die in Südkorea hoch entwickelte IVF-Medizin helfend eingreifen.

Diese sechs Frauen sind Teil eines Chat-Gruppe, über die sie sich regelmäßig und ausgiebig austauschen. Als dann eine von ihnen nach längerem Schweigen plötzlich die Geburt ihres Babys verkündet, und nahezu gleichzeitig in einem Krankenhaus ein Neugeborenes verschwindet, schiebt sich der unerfüllte Kinderwunsch von Polizistin Jiun Han in den Hintergrund und die Ermittlerin tritt wieder in den Vordergrund.

Meine Meinung:

Südkorea ist für die meisten von uns ein Land, über das wenig bekannt ist. Mir geht es da ähnlich. Allerdings habe ich vor kurzem eine Statistik über weltweite Fertilitätsraten und Geburten gelesen. Da ist mir aufgefallen, dass Südkorea wie viel andere Industriestaaten ein Problem mit zu geringem Nachwuchs hat. Es scheint, als wäre der Widerspruch hier national Anstrengungen die Anzahl der Geburt zu steigern und dort wenig kinderfreundliche Arbeitsbedingungen der Eltern, kaum zu überbrücken. Einerseits gibt es Urlaubstage für die schmerzhafte Prozedur der IVF, andererseits sind Mütter in den Firmen nicht gerne gesehen. Dieser Spagat wird in diesem Buch recht gut geschildert.

Der Druck, den die Frauen seitens ihren Familien ausgesetzt sind, ist ernorm. Die alten patriarchalischen Strukturen sind nach wie vor vorhanden, auch wenn es scheint, dass die Schwiegermütter die treibenden Kräfte sind. Ich kenne mich ja mit dem Sozialsystem in Südkorea nicht aus, aber es klingt, als ob die Care-Arbeit für ältere Verwandte nach wie vor bei Töchtern und Schwiegertöchtern liegt. Was wieder heißt, möglichst viele dieser Gratis-Pflegerin in die Welt zu setzen. Ein Teufelskreis aus dem man schwer entfliehen kann.

Gut geschildert, auch wenn die Autorin eher sachlich bleibt, sind die Hoffnungen und Enttäuschungen der Frauen und deren Erfahrungen in den Fruchtbarkeitskliniken sowie die schmerzhaften Prozeduren. Auch die Rolle der Ehemänner wird beleuchtet, die erwarten, Väter zu werden, aber wenig dazu beitragen können und wollen. Die Einstellung, an einer ungewollten Kinderlosigkeit ist immer die Frau schuld, ist weit verbreitet.

Interessant zu lesen ist, dass kaum eine der Frauen die Mechanismen, die hinter der staatlich geförderten (und geforderten) Fruchtbarkeit hinterfragen. Sie nehmen die hohen Kosten und die gesundheitlichen Risiken auf Grund der gesellschaftlichen Verpflichtungen einfach hin. Nur hier und da, regt sich so etwas wie ein klein wenig Widerstand und der Gedanke, dass unter dem Deckmantel, Frauen zu Kindern zu verhelfen, für IVF-Spezialisten eine Menge Geld zu verdienen ist.

Fazit:

Ein interessantes Buch über den Zwang, unbedingt Mutter werden zu wollen oder zu müssen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.