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duenefi
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Insgesamt 93 Bewertungen
Bewertung vom 16.08.2021
Benrath, Nora

Eskalation


sehr gut

Nicht anhalten! Solider Thriller mit rasantem Start und etwas flachem Ende...

"Eskalation" von Nora Benrath ist im Juli 2021 als Taschenbuchausgabe mit 320 Seiten bei Harper Collins Germany erschienen.
Es handelt sich hier um das Pseudonym einer deutschen Journalistin, die mit "Eskalation" ihr Thrillerdebüt geschrieben hat.

Das Cover finde ich sehr gelungen, baut es doch bereits eine Atmosphäre auf, die eine leichte Gänsehaut erzeugt. Der Klappentext tut dann sein Übriges...

Das Buch startet rasant mit einem Anruf bei Dina, die gerade mit dem Auto frühmorgens in einer einsamen Gegend unterwegs ist. Ein anderer Wagen folgt ihr und fährt sehr dicht auf. Eine blecherne Stimme zwingt sie dazu, immer weiterzufahren, die Richtung gibt der Unbekannte aus dem sie bedrängenden Fahrzeug vor. Dina ist erschüttert und paralysiert, denn die Stimme droht ihr und so hält sie sich an seine Anweisungen.
Tatsächlich geraten die beiden Fahrzeuge dann in eine Polizeikontrolle und Dina hofft, hier und jetzt aus diesem Albtraum entkommen zu können, aber der Mann im hinteren Fahrzeug weiß sich skrupellos der Bedrohung zu entledigen...

Der Beginn verspricht wirklich viel und der Spannungsbogen setzt sehr hoch an. Durch die kurzen Kapitel und die knappe Erzählweise wird das forciert, ebenso tragen die wechselnden Erzählperspektiven dazu bei, dass man atemlos gespannt weiterliest.
Der Thriller hätte ruhig etwas länger und ausführlicher sein können, denn die ansonsten mitwirkenden Charaktere blieben etwas farblos, so dass beim Lesen keine echte Verbindumg zu ihnen aufkam.
Die Autorin schreibt durchaus ausdrucksstark und unverblümt, so dass einige Details sicher für diejenigen mit den schwächeren Nerven etwas zu weit gehen...Mir hat gerade das allerdings gut gefallen.
Zum Ende hin verliert der Plot dann etwas an Fahrt und das Motiv des Täters wirkt insgesamt sehr konstruiert.

Alles in Allem ein solider, unterhaltsamer Thriller mit einer spannenden Idee, aus der Nora Benrath noch etwas mehr hätte herausholen können!

Bewertung vom 05.07.2021
Winkelmann, Andreas

Die Karte / Kerner und Oswald Bd.4 (eBook, ePUB)


sehr gut

Erneut Action und Spannung vom Feinsten , allerdings diesmal kein perfektes Ende

"Die Karte" von Andreas Winkelmann ist im Juni 2021 als Taschenbuch bei rororo (Rowohlt Verlag) erschienen.
Den Leser erwarten 384 Seiten voller Action, Spannung und zahlreicher Wendungen - wieder ein sehr gelungener Thriller, der leider am Ende ein wenig schwächelt, denn es werden zu viele Erzählstränge aufgebaut, die sich dann nicht komplett schlüssig zusammenfügen und somit einen ziemlich konstruierten Beigeschmack aufweisen.

Bei "Die Karte" handelt es sich um den vierten Band der Reihe um die Ermittler Jens Kerner und Rebecca Oswald, er kann aber eigenständig ohne Kenntnis der Vorgängerbände gelesen werden.

Eine Joggerin, ein Fitnesstracker, ein Hacker, ein Killer....

Auch diesen vierten Band dieser Reihe habe ich regelrecht verschlungen, denn Winkelmanns Schreibstil ist wie gewohnt rasant, actionreich und fesselnd, vom ersten Satz an war ich wie in einem Sog.
Die Beschreibungen der Taten und Opfer sind detailliert, teils schon recht brutal und blutig, genau so mag ich es.

Die Thematik sowie der Bezug zu den sozialen Medien sind auch in diesem Kerner und Oswald - Thriller wieder brisant und hochaktuell, und jeder Leser kann hier sicherlich gewisse Gefahren erkennen, die die modernen Techniken mit sich bringen, wenn man im Internet zu viel persönliches preisgibt....

Wie bereits erwähnt hat mich das Ende nicht komplett überzeugen können,
nichtsdestotrotz ist "Die Karte" ein megaspannender Pageturner, nicht für die ganz Zartbesaiteten geeignet, ansonsten absolut empfehlenswert.

Bewertung vom 15.06.2021
Langroth, Ralf

Die Akte Adenauer / Philipp Gerber Bd.1


sehr gut

Spannender Polit-Thriller zur Adenauer-Ära - Ein Fall für Philipp Gerber

"Die Akte Adenauer" von Ralf Langroth ist im Mai 2021 als Klappenbroschur mit 400 Seiten bei Rowohlt erschienen.

Es handelt sich um einen Polit-Thriller, der 1953 in Westdeutschland zur Zeit der Adenauer-Ära spielt.

Philipp Gerber, ein Deutscher, der zu Kriegszeiten mit seiner Familie in die USA geflüchtet war, wird nach einem Mordfall in eine Sondereinheit des neu gegründeten BKA berufen und ermittelt in Bonn und Umgebung.

Das Mordopfer ist Gerbers Vorgänger beim BKA, und während die Ermittlungen Fahrt aufnehmen, finden Gerber und die Journalistin Eva Herden heraus, dass dahinter scheinbar die "Wölfe" stecken, eine rechtsgerichtete Gruppierung . Als Nächstes wollen diese ein Attentat auf einen hochrangigen linken Politiker ausüben, und Gerber bekommt von Bundeskanzler Konrad Adenauer höchstpersönlich den Auftrag, dies zu verhindern.

Der Autor hat hier einen Plot erarbeitet, der auf historischen Fakten beruht, aber auch fiktive Elemente enthält. Das hat Ralf Langroth gekonnt zu einer spannenden Story verwoben, die sehr authentisch daherkommt und offensichtlich gründlich und kompetent recherchiert wurde.

Das Cover finde ich sehr gelungen, sowohl vom Bild her als auch vom metallischen Design, was das Buch zu etwas Besonderem macht.
Der Handlungsaufbau bzw. die Kapitelüberschriften sind wie ein Countdown gestaltet, was die Handlung direkt rasant macht.

Der Schreibstil ist sehr flüssig und voller interessanter Details, so dass mich das Buch von Beginn an packen konnte.

Philipp Gerber ist eigentlich Amerikaner, der gerade drauf und dran war, eine Professur in Harvard anzutreten und die Tochter seines Colonels zu heiraten - bis dieser Fall dazwischenkam, der ihn zum BKA brachte.

Da hier nicht "nur" der Mordfall und die Verhinderung eines Attentates Thema sind, sondern auch das Machtgefüge zwischen Deutschen und Amerikanern eine nicht unerhebliche Rolle spielt, ist Gerber in einem ziemlichen Zwiespalt - wessen Interessen soll er letztendlich vertreten??
Diese missliche Lage kommt sehr gut heraus und lässt den Protagonisten anfangs ein wenig mit der Situation hadern, aber Gerber ist ein Mann der Tat, und so tut er, was getan werden muss.

Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen, es gab hier und dort unvorhergesehene Wendungen und einige brisante Vorfälle sowie ein stimmiges und überzeugendes Ende.

Für mich persönlich gab es zwei etwas störende Elemente, und zwar das Verhältnis zwischen Gerber und Eva, das sich Knall auf Fall ergeben hat, sowie die bisweilen sehr amerikanisch anmutende Action an einigen Stellen, die mir etwas unpassend erschien - darum gibt es von mir 4 statt 5 Sterne.

Bewertung vom 31.05.2021
Groschupf, Johannes

Berlin Heat


weniger gut

Krimi aus dem Zockermilieu in Berlin - konnte mich leider gar nicht begeistern...

"Berlin Heat" von Johannes Groschupf ist im Mai 2021 als Taschenbuch mit 256 Seiten bei Suhrkamp erschienen.

Berlin, unmittelbar nach der Corona-Pandemie: Der Sommer ist heiß, die Stimmung ist es auch. Es sind ohne Ende Party People unterwegs, die mit allen Mitteln Spaß haben wollen.
Mittendrin ist Protagonist Tom Lohoff, der Ferienwohnungen vermietet und seinen Gästen nach Möglichkeit auch noch alle Wünsche erfüllt, seien sie nun legal oder illegal - Mädchen, Pillen, Pilze, Clubs usw.
Tom ist ein Zocker, ein ziemlicher Loser, und hat Schulden bei einem Kredithai. Sein Kumpel und WG-Mitbewohner, der sein Geld als Dealer verdient, will ihm nicht mehr helfen.
Da ihm die Geldeintreiber schon sehr nah auf die Pelle rücken, steht Tom das Wasser bis zum Hals, und so vermietet er eines seiner Domizile an ein seltsames Grüppchen - und steckt nun so richtig in der Scheiße...

Johannes Groschupf hat hier eine Randgruppe in einem üblen Milieu genau beleuchtet, dazu kommen dann politische Verwicklungen einer rechten Partei.

Das Cover erregt Aufmerksamkeit, der Klappentext verspricht Spannung, die Leseprobe ist vielversprechend.

Leider hat mich aber der Schreibstil auf Dauer so gar nicht überzeugen können, diese Mischung aus denglischem Slang und absoluter Fäkalsprache war mir irgendwann einfach massiv zu viel...und auch der Inhalt war für mich teilweise recht abstoßend, zumal er durch die bildhafte Sprache und die detaillierten Beschreibungen sehr deutlich vor meinem inneren Auge stand! Wahrscheinlich bin ich einfach zu alt für dieses Buch. Wobei, ich bin fast 10 Jahre jünger als der Autor, also können zur Zielgruppe nicht nur junge Erwachsene gehören.

Auch die versprochene Spannung kam bei mir nicht auf, da Lohoff irgendwie ständig bloß panlos in irgendwelche üblen Situationen stolpert - und da ich ihn nicht ernstnehmen konnte, gelang mir das leider auch nicht bei seinen Miseren, die für mich dann eher ein wenig komisch und surreal herüberkamen, aber definitiv nicht spannend.

Das Milieu und die damit einhergehenden rauhen Sitten und die Sprache der Strasse sind gut gelungen, aber es handelt sich hier in meinen Augen keineswegs um einen Thriller und ich hatte etwas ganz anderes erwartet...schade!

Bewertung vom 29.04.2021
Dean, Abigail

Girl A


ausgezeichnet

Ein schockierendes Familienbild !!

"Girl A" von Abigail Dean ist als Hardcover mit 416 Seiten im April 2021 bei Harper Collins Germany erschienen.

Es handelt sich um den Debütroman der Autorin, den ich ausgesprochen gelungen finde.

Alexandra Gracie, genannt Lex, konnte mit 15 Jahren ihrem Elternhaus fliehen und wurde bekannt als "Girl A", das Mädchen, das entkam.
Lex´ Elternhaus, später von der Presse als Horrorhaus bezeichnet, war wirklich eine Kammer des Schreckens - fanatisch religiöse Eltern, die ihre 7 Kinder ans Bett anketteten, diese hungern und dursten ließen, quälten und physisch sowie emotional total verwahrlosen ließen.
20 Jahre später stirbt Lex´Mutter im Gefängnis und Lex muss sich nun um das Erbe kümmern, zumal sie das Haus bekommen soll.

Die ganze schockierende und grausame Geschichte wird aus der Sicht von Lex erzählt, in abwechselnden Episoden aus Gegenwart und Vergangenheit.
Dem Leser wird hier auf sehr erschütternde Weise vermittelt, wie die Geschwister jeweils ihr schlimmes Schicksal als Kinder erlebt und als Erwachsene verarbeitet haben und welche Schäden sie durch die unaussprechlichen Grausamkeiten zurückbehielten.

Die Autorin hat einen schnörkellosen, fast schon pragmatischen Schreibstil, der umso prägnanter ist, da dem Leser die schrecklichen Szenarien unverblümt um die Ohren gehauen weren.
Zwischendurch musste ich des Öfteren innehalten, um die furchtbaren Bilder wieder aus meinem Kopf zu bekommen...

Ein Buch, fesselnd und erschütternd, das mich noch lange beschäftigen wird, denn dass es solche Zustände wirklich gegeben hat und vermutlich immer noch gibt, ist ja leider Tatsache.

Achtung: Definitiv nichts für schwache Nerven und sicherlich voller Trigger für einige Personen, die eine schwierige Kindheit in "unnormalen" Familienverhältnissen durchleben mussten.

Bewertung vom 12.04.2021
Sommerfeld, Helene

Das Leben, ein ewiger Traum / Die Polizeiärztin Bd.1


sehr gut

Ein Roman über starke Frauen im Berlin der 1920er Jahre - sehr lesenswert!!

"Das Leben, ein ewiger Traum" von Helene Sommerfeld ist im März 2021 als Taschenbuch mit 544 Seiten bei dtv erschienen. Es handelt sich um den Auftakt einer Trilogie.

Helene Sommerfed ist das Pseudonym eines Berliner Autoren-Ehepaares, das bereits sehr erfolgreich z.B. mit der "Die Ärztin"-Serie war.

Schon die Aufmachung des Romans ist sehr gelungen und liebevoll gestaltet mit dem Stadtplan Berlins aus jener Zeit zu Beginn und des durchaus bisweilen hilfreichen Personenverzeichnisses am Schluß.

Magda Fuchs fängt nach dem schmerzhaften Verlust ihres Mannes ein ganz neues Leben an. Sie lässt ihre Heimat und alles Bisherige hinter sich und nimmt in Berlin den Posten einer Polizeiärztin an.
Magda findet ein Zimmer in einer kleinen Pension für alleinstehende, ehrbare Frauen und dort sowie bei ihrer Arbeit im Gefängnis kreuzen einige Frauen ihren Weg, die sich ebenfalls durchs Leben kämpfen müssen, dies aber mit Ehrgeiz und Stärke zu tun vermögen!

Mit Celia verbindet Magda bald eine Menge, und bei ihrer Arbeit engagiert sie sich enorm, da ihr die ärmlichen Verhältnisse und die Schicksale der Insassinnen sehr nahe gehen und am Herzen liegen.

Das Autorenduo hat einen detailliert recherchierten historischen Roman aus dem Nachkriegsberlin der 20er Jahre geschrieben, der wirklich abwechslungsreiche und tolle Lesestunden bereitet.

Die Erzählperspektive wechselt sich ab, die Hauptprotagonistinnen haben jede für sich eine schicksalhafte Geschichte und ihre ganz eigenen Probleme zu stemmen.
Dabei sind sie ganz unterschiedlich, was den Plot sehr unterhaltsam macht.

Die damaligen Zeiten, kurz nach dem Krieg, als auf der einen Seite Armut und Hunger dominierten, auf der anderen Seite aber Vergnügungen, Alkohol und ein leichtes Lotterleben nicht unüblich waren, wurden hier aussagekräftig dargestellt haben mich schon immer fasziniert.

Kombiniert mit viel Lokalkolorit und dem unverkennbaren Dialekt, der sich vor allem in den niederen Gesellschaftsshchichten widerspiegelt, hat das Ehepaar einen wirklich sehr lesenswerten historischen Roman geschrieben, den ich absolut empfehlen kann.
Ich freue mich schon auf den zweiten Band um Magda Fuchs!

Bewertung vom 26.03.2021
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen


ausgezeichnet

Anrührend mit einem feinsinnigen Humor - eine wunderbare Geschichte über Freundschaft

"Als wir uns die Welt versprachen" von Romina Casagrande ist im März 2021 als gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag mit 480 Seiten beim Verlag Fischer Krüger erschienen.

Romina Casagrande hat hier eine anrührende und ganz wunderbare Geschichte erzählt über Freundschaft, Respekt und Entschlossenheit und entführt dabei den Leser auf eine Zeitreise ...

Mit 10 Jahren wurde Edna ein Schwabenkind - von den Eltern an einen Bergbauern verkauft. Sie musste hart arbeiten, um ihre Familie zu unterstützen. Dabei lernte sie Jacob kennen, der ihr bester Freund wurde. Der zweite Weltkrieg riss die beiden Kinder auseinander.
Nun ist Edna knapp 90 Jahre alt und sie soll in ihrem Heimatort in Südtirol in eine Seniorenresidenz, da sie sich nicht mehr optimal alleine versorgen kann.
Da entdeckt sie beim Durchblättern ihrer wöchentlichen Zeitschrift plötzlich ein Foto von Jacob und weiß nun, was zu tun ist. Spontan beschließt Edna, sich mit ihrem Papagei Emil zusammen aufzumachen und den Weg über die Alpen noch einmal anzutreten, um Jacob zu besuchen und ein Versprechen einzulösen, das sie ihm seinerzeit gab.

Edna tritt einen langen und beschwerlichen Weg an, weite Teile ihrer Reise legt sie zu Fuß zurück und dabei trifft sie viele Menschen und macht unterwegs zugleich in ihren Gedanken eine Zeitreise in die Vergangenheit.

Die Autorin hat einen lockeren Schreibstil, der das oft schwere Thema mit einer positiven Leichtigkeit herüberbringt, wenngleich es natürlich sehr bewegt und nachdenklich macht.
Darüberhinaus hat sie in Edna einen so besonderen Charakter mit einer tollen Lebenseinstellung und einem unkomplizierten Wesen geschaffen, die Dinge lieber spontan anpackt, anstatt nur zu grübeln, dass es auch ganz viele komische Momente und einen überaus feinsinnigen Humor gibt.

Auch die übrigen Protagonisten und natürlich Emil sind mir während des Lesens regelrecht ans Herz gewachsen und die Geschichte hätte ewig weitergehen können.

Natürlich ist es ein bißchen unrealistisch, dass jemand mit knapp 90 Jahren zu Fuß die Alpen überquert, aber genau das macht doch irgendwie das Augenzwinkern des Plots aus...hiermit hat Romina Casagrande ein tolles Denkmal an Respekt, Freundschaft, Vertrauen und Willenskraft gesetzt und aufgezeigt, dass im Leben vieles gelingt, wenn man den Mut hat viel zu probieren, immer weiterzumachen und sich auf andere einzulassen.

Eine richtig tolle Geschichte, absolut lesenswert !!

Bewertung vom 22.02.2021
Mohlin, Peter;Nyström, Peter

Der andere Sohn / Karlstad-Krimi Bd.1


sehr gut

Schwedisch-amerikanischer Krimi - spannend mit zwischenzeitlichen Längen ...

"Der andere Sohn" von Peter Mohlin & Peter Nyström ist als Hardcover mit 528 Seiten im Februar 2021 bei Harper Collins Germany erschienen.

Es handelt sich hier um den ersten Band der Karlstad-Reihe, den das Autorenduo hier abgeliefert hat. Die beiden, ein Journalist und ein Drehbuchautor / Regisseur, sind beste Freund und haben bereits als Kinder zusammen geschrieben.

Mit "Der andere Sohn" ist ihnen ein spannender und überzeugender Krimi gelungen, der allerdings zwischendurch ein paar Längen aufweist - dafür gibt es gegen Ende einige Wendungen und einen spannenden Showdown, wenngleich die Auflösung nicht so sehr überrascht.

FBI-Agent John Adderley braucht nach einem Undercover-Einsatz, der mißglückte und für ihn und seinen Kollegen mit lebensgefährlichen Verletzungen endete, eine neue Identität. Er kann sich aussuchen, wo er sein Leben weiterführen will, und geht nach Schweden, zurück in seine Heimatstadt Karlstad. Dort leben seine Mutter, die ihn um Hilfe gebeten hat für seinen Halbbruder Billy, der eines Mordes in einem Cold Case verdächtigt wird. Das wird nun gerade wieder aktuell, und Billy beteuert seine Unschuld.
John bringt allerdings damit nicht nur sich selbst inGefahr, denn es ist ja nicht so schwierig zu vermuten, dass seine Widersacher zuallererst in seinem familiären Umfeld nach Hinweisen auf ihn suchen würden...

Der Schreibstil des Autorenduos hat mir an sich gut gefallen, das Geschehen wechselt zunächst zwischen 2 Zeitebenen (2009 und 2019) - nach Teil 1 spielt es dann nur noch in 2019 - und das ganze Buch über zwischen der Erzählperspektive von John und der von Heimer, dem Vater der Vermissten Emelie.
Allerdings hätte der Plot noch etwas gestrafft werden können, denn zwischendurch gibt es einige Längen,die den Spannungsbogen ein wenig gestört haben.

Die Charaktere sind detailliert und authentisch ausgerbeitet, allen voran John, der etwas arrogante und insgesamt ziemlich unsympathische John, der sich für etwas Besseres hält...er ist ja quasi der amerikanische Super-Bulle, der nun in die schwedische Provinz kam... Auch seine Mutter und sein Halbbruder kommen nicht sonderlich sympathisch herüber, beide bleiben allerdings etwas verschwommen.
Umso mehr fühlt man sich dadurch zu Heimer, dem Vater von Emelie, hingezogen bzw. sympathisiert mit ihm und seiner Frau.

Kennt Ihr das, wenn ein Buch zwar flüssig zu lesen ist und auch durchaus spannend, aber irgendwie wird man trotzdem mit dem Schreibstil nicht so ganz warm, zwischendurch zieht e sich etwas und auch die Protagonisten wachsen einem nicht ans Herz?! So einen Krimi habe ich mit "Der andere Sohn" vorgefunden, aber trotzdem war es auf keinen Fall ein schlechtes Buch!

Am Ende bleiben einige Fragen offen, was nicht überrascht, da es ja ein Mehrteiler werden soll.

Ein nicht ganz typischer, schwedisch-amerikanischer Cold Case!

Bewertung vom 11.02.2021
Erdmann, Johannes

Könnt ihr mal das Segel aus der Sonne nehmen?


sehr gut

Von Touristen und Seebären - witzige und schräge Anekdoten eines Charterskippers

"Könnt Ihr mal das Segel aus der Sonne nehmen?" von Johannes Erdmann ist im Januar 2021 als Taschenbuch mit 224 Seiten beim Verlag Delius Klasing erschienen.
Darin erzählt Skipper Johannes Erdmann, in nicht-touristischen Zeiten des Jahres Segelredakteur, von seinen vielfältigen Erfahrungen mit Touristen, die seinen Katamaran für eine Reise durch die Bahamas gechartert haben.
Er ist der Kapitän, seine Frau Cati steht ihm stets zur Seite - und gemeinsam sind sie für diejenigen da, die sich auf ihrem Segler eingebucht haben.
Der Schreibstil des Autors ist informativ und ausgesprochen witzig, außerdem nimmt er auch die skurrilsten Erlebnisse stets mit Humor, wenngleich es bisweilen Galgenhumor ist ;o). Die Kapitel beginnen stets mit "Wir hatten mal einen Gast, der...", was mir sehr gefallen hat, denn so kann man mal hier, mal da ein Kapitel lesen, verliert nicht den Faden und findet seine Lieblingsstellen einfach im Inhaltsverzeichnis wieder.
Der Leser bekommt weitreichende und ehrliche Einblicke in das Dasein eines Charterskippers und somit selbständigen Unternehmers, Alleinunterhalters, Kochs und Mädchen für alles, der zwar Traumziele durchsegelt, aber es dennoch oft nicht leicht hat.
Passagiere jeglicher Couleur, schräge, witzige, ernste, und melancholische Momente prägen seinen Arbeitsalltag, dazu kommen die Wartung des Bootes, die Einkäufe, das Erfüllen von individuellen Sonderwünschen usw.
Ganz zu schweigen von quasi nicht vorhandener Privatsphäre - und wenn der Käpt´n dann noch in der Koje seine Mails abarbeitet, weil er keine andere Gelegenheit dazu hat, wird ihm unterstellt, verschlafen zu haben ;o)
Bei den herrlichen Beschreibungen der Locations kann man förmlich das Meer riechen und den Sandstrand zwischen den Zehen spüren, das macht definitiv Lust, das auch unbedingt mal auszuprobieren.
Ein wirklich tolles Buch, auch für Nicht-Segler, das von mir leider einen Punkt Abzug wegen seines Preises erhalten hat...

Bewertung vom 04.01.2021
Dobson, Melanie

Erinnerungen aus Glas


ausgezeichnet

Ein äußerst authentischer, bewegender und absolut menschlicher Roman !

"Erinnerungen aus Glas" von Melanie Dobson ist als gebundene Ausgabe mit 368 Seiten im Verlag Francke Buch erschienen.
Die sehr bewegende Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten, wodurch sie absolut authentisch wird.
Niederlande, 1942: Die Jugendfreundinnen Josie und Eliese, die sich vor einiger Zeit aus den Augen verloren hatten, treffen einander durch Zufall in den Wirren des zweiten Weltkrieges und den Spuren der Nazis wieder.
Eliese arbeitet in einem Amsterdamer Theater, das zur Registrierungs- bzw. Sammelstelle für Juden umfunktioniert wurde, Josie gleich gegenüber im Kinderheim. Beide setzen sich mit aller Kraft dafür ein, dass die zurückgelassenen Kinder deportierter Juden überleben. Und dabei begeben sie sich selbst in größte Gefahr.
In einem zweiten Handlungsstrang, der 75 Jahre später spielt, entdeckt Ava ein streng gehütetes, schreckliches Familiengeheimnis - dabei spielen Geldgier und Koruption eine entscheidende Rolle...
Beim Lesen wusste man über längere Zeit nicht, wie die beiden Handlungsstränge sich zusammenfügen würden. Gerade die unterschiedlichen Zeiten und der damit einhergehende, jeweils sehr passende Schreibstil hat das Buch für mich besonders fesselnd gestaltet.
Die Charaktere wurden von Melanie Dobson detailliert herausgearbeitet und eindrucksvoll gezeichnet, so daß ich zu jeder Zeit mit Josie und Eliese mitgefiebert habe.
Ava fand ich anfangs etwas spröde und distanziert, dann allerdings hat auch sie mir sehr gut gefallen.
Die Autorin hat es super gemacht, gleichzeitig die Eindringlichkeit der damaligen Geschehnisse zu vermitteln und zugleich auf eine flüssige, leichte Art zu schreiben.
Es ist wirklich bewegend, nachzuvollziehen, was manche Menschen für andere zu tun bereit sind und zu welchen Erfolgen Menschlichkeit, Empathie und Zusammenhalt führen können.
Hier schlich sich das ein oder andere Tränchen in den Augenwinkel, da die Geschichte sehr emotional und voller schlimmer Vorkommnisse ist, aber in keiner Weise schwülstig oder etwa ermahnend, sondern eher schlicht und manchmal fast pragmatisch geschrieben wurde.
Von mir eine ganz klare Leseempfehlung!