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bolie
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Langscheid

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Insgesamt 941 Bewertungen
Bewertung vom 15.12.2020
Blum, Antonia

Zeit der Wunder / Kinderklinik Weißensee Bd.1


ausgezeichnet

Nach einem erschütternden Prolog beginnt das Buch im Jahr 1911. Zwei Schwestern beginnen eine Ausbildung im ersten Kinderkrankenhaus Berlins. Marlene, so heißt die ältere und fühlt sich stetes für die jüngere Schwester verantwortlich. Ihr Traum ist ein Studium der Pädiatrie. Aber das scheint ein Wunschtraum zu bleiben. Es ist zwar seit einigen Jahren auch Frauen gestattet, eine Universität zu besuchen, aber der Studiengang Kinderheilkunde ist bisher Männern vorbehalten.

Sobald ich einen Historischen Roman lese, bemühe ich das World Wide Web. So auch bei „Kinderklinik Weißensee“. Ja, es gibt dieses Haus noch immer und es ziert auch das Cover des Buches. Allerdings gehört es zu den vergessenen Orten. Erst im Jahr 1997 wurde es geschlossen und das nach 86 Jahren. Und per Gerichtsbeschluss ging es im Jahr 2015 zurück an das Land Berlin. Umso beeindruckender ist, dass sich die Autorin Antonia Blum so intensiv mit der Historie des Hauses beschäftigte. Heraus kam ein netter Roman, der viel von den Anfängen der Pädiatrie berichtet.

Kinderheilkunde als Studiengang gibt es erst seit 1895. Vorher wurden die Kleinen stets mit Erwachsenen behandelt. Rücksicht auf ihren Entwicklungsstand gab es nicht. Die Sterblichkeit war besonders bei Säuglingen hoch und Frühchen hatten (fast) keine Chance zum Überleben. Neben den Verstrickungen von Ereignissen, wie etwa Liebe, Verrat oder Standesdünkel, beschreibt die Autorin, wie es in jenen Jahren auf Kinderstationen zuging. Besuchszeiten mussten streng eingehalten werden. Kein Elternteil durfte bei den Kindern bleiben. Es ist also in keiner Weise mit den heutigen Gegebenheiten zu vergleichen.

Ein feiner Roman, der zwar einige bekannte und immer wiederkehrende Geschichten enthielt, aber lesenswert ist. Weil es wirklich etliche Fakten gibt, welche den Lesern zeigen, wie gut es unsere Jüngsten heute haben. Es gibt kaum noch Babys, die während oder nach der Geburt sterben. Frühchen haben gute Überlebenschancen und das ohne bleibende Schäden. Die Pädiatrie sorgt für eine immer geringere Kindersterblichkeit. Das Buch ist der erste Band rund um das Krankenhaus Weißensee und ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 08.12.2020
Töpfner, Astrid

Wir sind für die Ewigkeit


ausgezeichnet

„Wir sind für die Ewigkeit“ ist ein Roman, der vom spanischen Bürgerkrieg handelt. Der Faschist Franco schaffte es, dass Landsleute gegeneinander kämpfen und sich ohne Rücksicht auf Verluste bekämpften. Mercedes ist ein Mädchen von 16 Jahren, die innerhalb weniger Stunden ihre ganze Familie verliert. Der Vater wird verhaftet, die Mutter ermordet und der Bruder Alex verschwindet auf der Flucht. Mercedes gelingt die Flucht über die Grenze nach Frankreich. Dort kommt sie mit vielen anderen Geflüchteten in ein Lager. Die Verhältnisse dort sind kaum zu ertragen. Jedoch lernt sie Agusti, einen jungen Mann kennen und lieben. Das macht die Leidenszeit für beide erträglich.

Mir gefiel das Buch sehr gut. Weil die Autorin ein historisches Ereignis aufgriff, welches vielen jüngeren Menschen unbekannt ist. Der Bürgerkrieg in Spanien war grausam. Man stelle sich vor, dass der Ehemann oder Vater plötzlich von Polizisten abgeholt wird und nie wieder zurückkehrt. Oder dass Häuser zerbombt werden von Menschen, die vorher Freunde oder zumindest gute Bekannte waren. Ja und dann die Situation im Lager. Auch das beschreibt die Autorin intensiv und ich litt mit den Betroffenen mit. Das Lager gab es tatsächlich und auch die Zustände dort waren exakt so, wie in dem Buch beschrieben. Und das ist für mich Grund genug, einen historischen Roman mit fünf Sternen zu bewerten. Bisher kannte ich zum Thema nur die Bücher von Hemingway und Gellhorn.

Der Weg von Mercedes und ihren Lieben ist aber noch nicht beendet. Die abwechslungsreiche Geschichte geht weiter und ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzung der Spanien-Saga.

Bewertung vom 07.12.2020
Gugic, Sandra

Zorn und Stille (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Zitat aus dem Buch „Zorn und Stille“:
„Alles, was wir machen, absolut alles, tun wir nur, um glücklicher zu werden. Selbst derjenige, der sich umbringt, tut das, weil er glaubt, im Tod glücklicher zu sein.“

Als die Fotografin Billy Bana zur Beisetzung ihres Vaters fliegt, muss sie eine Weile am Flughafen warten. Dabei kehrt sie zurück in die Vergangenheit, denkt an Kindheit und Jugend sowie die Zeit, welche sie von den Eltern getrennt war. Sie denkt an ihren Bruder, von dem es bereits seit Jahren kein Lebenszeichen mehr gab.

„Zorn und Stille“ ist in vier Kapitel unterteilt. Zwei gehören der Tochter Biljanen, die sich den Künstlernamen Billy gab und die als Ich-Erzählerin agiert. Die beiden anderen sind jeweils der Mutter und dem Vater vorbehalten und wurden in dritter Person geschrieben. Das komplette Buch ist tatsächlich zeitweise zornig und dann wieder still. Beeindruckend für mich waren die Schilderungen über das untergegangene Jugoslawien. Hier lebten die Eltern Billys bis zu ihrer Ausreise nach Wien. Auch die Kleine war hier zuhause. Jedoch kann sie sich nicht mehr daran erinnern und weiß mit dem Begriff „Heimat“ nichts anzufangen. Sie denkt an den Strom der Flüchtlinge im Jahr 2015 und einem Satz Orbans: „Es gibt kein Grundrecht auf ein besseres Leben.“

Wie mag es den Menschen damals ergangen sein als der Krieg in Jugoslawien tobte? Ihre Städte und Dörfer zerbombt wurden und sie die Verheerung in den Nachrichten anschauten? Der Hass, oft von außen geschürt, zwischen Serben und Kroaten. Die Völkermorde und der Selbstmord vor laufender Kamera in Den Haag sind ebenfalls Ereignisse, die in dem Buch „Zorn und Stille“ thematisiert wurden. In Wien gingen die Menschen zum Protestieren auf die Straße und auch der Herr Haider lebte noch.

Sprachlich gefiel mir das Buch sehr gut und das Thema ließ mich nachdenklich zurück. Es gibt so viele Menschen, die aus einem anderen Land kamen. Wie geht es ihnen damit und welche Ängste und Sorgen schleppen sie mit sich herum? Haben sie Kriegstraumen, die sie nicht artikulieren können und wie kommen sie mit der Sprache und der Kultur des Einreiselandes zurecht? Ich gebe gute fünf Sterne und eine Leseempfehlung. Ja, und ganz besonders denen, die sich immer wieder über die „Flüchtlingsströme“ aufregen.

Bewertung vom 05.12.2020
Rosenfeldt, Hans

Wolfssommer / Hanna Wester Bd.1 (2 MP3-CDs)


sehr gut

Wenn eine Mutter sich mit ihrem Kind unterhält und beide kurz vor dem Tod stehen, dann ist das kein normaler Beginn eines Thrillers. Ja, es sind Wölfe, die vergiftet wurden, aber der Autor beschreibt ihre letzten Gedanken so intensiv, dass das keine Rolle spielt. Die Tiere wurden vergiftet und ihr Todeskampf ist grausam. Als Fachleute den Mageninhalt der Kadaver untersuchten stellten sie fest, dass dieser Fleischreste enthielt, die von einem Menschen stammten. Die Ermittlerin Hannah Wester wird mit dem Fall beauftragt. Sie soll herausfinden, wer das vergiftete Fleisch auslegte und wie der Unglückliche heißt, der von den hungernden Wölfen gefressen wurde.

Das ist nicht mein erstes Hörbuch von Hans Rosenfeldt und ich wusste, was auf mich zukommt. Seine Bücher sind brutal und er beschreibt die Mordfälle sehr drastisch. Typisch für ihn ist ebenfalls, dass er etliche anschauliche Sexszenen beschreibt. Die Spannung baut er bereits im Prolog auf. Er gibt den Wölfen eine Stimme. Danach berichtet er über die Hitzewallungen der Kommissarin und deren Beischlaf mit einem Kollegen. Und nein, auch die privaten Probleme der Hauptpersonen geraten nicht in Vergessenheit. Wobei mir dabei die Tränendrüse zuweilen doch arg strapaziert wurde. Vier Sterne und ein Empfehlung zum Hören des Buches gebe ich. Aber Achtung! Hier gibt es einen echten Cliffhanger und ich weiß nicht, ob dieser allen Interessierten gefällt.

Bewertung vom 04.12.2020
Michaud, Martin

Aus dem Schatten des Vergessens / Victor Lessard Bd.1 (eBook, ePUB)


sehr gut

In dem Krimi #AusdemSchattendesVergessens sterben drei Menschen innerhalb weniger Tage. Die Todesfälle haben auf dem ersten Blick nichts miteinander zu tun. Diese Meinung ändert sich als Sergent-Détective Victor Lessard die Ermittlungen aufnimmt. Seine Kollegin Jacinthe Taillon, so heißt seine Partnerin, steht ihm dabei helfend zur Seite. Die beiden leben in Montreal und haben etliche Verdachtsmomente, denen sie mehr oder weniger intensiv nachgehen.

Es ist ein Krimi aus Kanada und der dritte Teil einer Serie. Dass hier bereits zwei Bücher davor die Hauptfiguren beschrieben, merkt man als Leser recht deutlich. Für mich war es nicht so einfach, in die Story zu finden. Aber ich hielt durch und wurde belohnt. Der Autor lässt sich mit dem Aufbau der Geschichte und seiner Akteure viel Zeit. Das war für mich ungewohnt aber nach einem Drittel setzte die Spannung ein. Es geht um Verschwörungstheorien und auch um Manipulation von Menschen. Gibt es sie wirklich in dem Maße, wie hier beschrieben? Wie kann man sich dagegen schützen? Wie arbeiten die amerikanischen Geheimdienste? Diese und noch einige andere Fragen kommen beim Lesen auf. Und nein, nicht alle werden beantwortet. Zum Ende des Buches gibt es zudem noch einen heftigen Cliffhanger. Aber okay, das ist wohl so üblich, wenn weitere Folgen geplant sind.

Fazit: Anfangs schleppend, später sehr spannend mit einigen unvorhersehbaren Wendungen. Vier Sterne und eine Leseempfehlung für Krimifans gibt es von mir. #NetGalleyDE

Bewertung vom 04.12.2020
Kempff, Martina

Das Leid der Ketzerin (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Im Jahr 1219 gab es in der Stadt Marmande ein Massaker, welches an Brutalität kaum zu überbieten war. Und das im Auftrag des damals amtierenden „Stellvertreter Gottes“ auf Erden. Dem Papst Honorius III gab dazu den Auftrag, da er die „ketzerischen Anhänger“ der Katharer ausgemerzt haben wollte. Ausführendes Organ war der Regent Frankreichs. Blanka, die Königin des Landes und Gemahlin Ludwigs VIII, unterstützte ihren Mann in seinem Handeln. Sie widersetzte sich damit dem Wunsch ihrer engen Freundin Clara, der Hauptperson des Buches „Das Leid der Ketzerin“. Im Laufe der Handlung müssen beide lebensgefährliche Prüfungen durchstehen.

Obwohl ich sehr viele Historische Bücher lesen, dieses kannte ich noch nicht. Auch die Autorin Martina Kempff war mir unbekannt. „Das Leid der Ketzerin“ erschien bereits im Jahr 2009 unter dem Titel „Die Kathedrale der Ketzerin“. Wie gut, dass der Aufbau Verlag für eine erneute Herausgabe sorgt.

Der Roman gefiel mir sehr gut. Das liegt an der lebendigen Sprache, die mich völlig in das Geschehen eintauchen ließen. Von Natur aus neugierig schaute ich ebenfalls, welche Ereignisse denn nun tatsächlich von Historikern belegt sind. Und, siehe da, die Autorin hat sehr gründlich recherchiert und ich konnte meinen Horizont im Bezug auf Französische Geschichte perfekt erweitern. Sei es der Bau der Kirche „Notre Dame“, die Krönung Ludwigs VIII oder die Verfolgung der Katharer. Diese drei Fakten sowie etliche mehr, sind im Buch eingebunden. Die meisten Personen ebenfalls und die Autorin schreibt im Anhang sehr genau, welche Situationen eine Zugabe aus ihrer Fantasie sind.

Es lohnt sich also unbedingt, dieses Buch zu genießen. Ich bewerte es mit fünf Sternen und freue mich auf weitere Werke der Autorin.

Bewertung vom 02.12.2020
Husemann, Dirk

Die Romanfabrik von Paris (eBook, ePUB)


sehr gut

Im Klappentext des Romans „Die Romanfabrik von Paris“ wird angegeben, dass im Haus des Autors Alexandre Dumas etwa 70 Schreiber arbeiten. Sie wären zuständig für die Fortsetzungsgeschichte der Bücher „Der Graf von Monte Christo“ und „Die drei Musketiere“. Beide sollen als Fortsetzungsgeschichte in der Tageszeitung Dumas´ gedruckt worden sein. Allerdings seien zwischen den Zeilen zersetzende Staatsgeheimnisse aufgetaucht sein.

Der Klappentext hat in meinen Augen nichts mit dem Inhalt des Buches zu tun. Alexandre kämpft, wie schon häufig, gegen seine Gläubiger. Als er die in seiner Villa empfängt, wird er zudem auch noch von einer Frau im Rollstuhl beschimpft. Sie hetzt ihm die Herren der Zensur auf den Hals. Ihrer Ansicht nach sind seine Werke von Obszönitäten gespickt und befeuern die Verrohung der Menschheit. Sie haben ihrer Ansicht nach nichts mit Literatur zu tun. Beide eint, dass sie einen gemeinsamen Feind haben und der ihnen beiden nach dem Leben trachtet. Die abenteuerliche Reise beginnt in Paris im Jahr 1849 und endet in Moskau im Jahr 1850.

Das Buch ist mit etlichen humoristischen Einlagen gespickt. Historisch sind hier die Beschreibung vom Leben der Einwohner Paris, London, Brüssel und Moskau. Es ist die Rede von bekannten Museen, Gefängnissen und auch die Königin Viktoria samt Sohn und Diener werden erwähnt. Für mich ist es eher eine erheiternde Geschichte mit historische Einlagen. Sehr schön finde ich das Cover, welches bereist auf ein Buch der Fantasy hinweist. Vier Sterne gibt es daher von mir und wer fantastische Einlagen in Romanen mag, wird seine Freude an „Die Romanfabrik von Paris“ haben.

Bewertung vom 30.11.2020
Woolf, Julia

Marigolds Töchter


ausgezeichnet

Marigold ist mit ihren 66 Jahren kerngesund. Sie hat stets ein offenes Ohr für ihre Familie und auch die Dorfbewohner verlassen sich auf sie. Die jüngste Tochter lebt noch zuhause und die ältere verlässt ihren langjährigen Freund, um wieder die Vorzüge der „Villa Mama“ zu genießen. Und auch die Mutter Marigolds wohnt hier, lässt sich ebenfalls sehr gerne von ihrer Tochter bedienen. Das macht diese auch gerne. Sie ist es gewohnt, dass sie nicht nur ihre Lieben verwöhnt. Sie arbeitet in ihrem Laden und trifft sich regelmäßig mit Gleichgesinnten, die das Vereinsleben des Dorfes lebendig halten möchten. Wie das Leben aber so spielt, ist auch Marigold nicht vor Krankheit geschützt. Das Unheil nimmt seinen Lauf als das Wort „Demenz“ geäußert wird.

Das Buch fesselte mich und dementsprechend war mein Lesepensum. Woran das lag? Ich weiß es nicht. Keine Frage, die Autorin recherchierte gründlich und bemühte sich, die Situation von Betroffenen authentisch darzustellen. Es gibt mit Sicherheit etliche Leser, die zu Tränen gerührt und emotional gefangen wurden. Aber das war bei mir nicht der Fall. Die Tränendrüse wurde zu häufig und für mich nicht immer nachvollziehbar gedrückt. Es gibt wohl nur sehr wenige Männer, die es schaffen, ihre demente Frau über Monate zu pflegen. Das ist auch kein Makel und dass Töchter versuchen, ihr eigenes Leben in den Griff zu bekommen, ebenfalls nicht. Nein, weder langjähriger Ehepartner noch Kinder oder Eltern müssen sich Vorwürfe machen, wenn sie mit der Pflege ihrer Lieben überfordert sind. Es gibt gute Heime und geschultes Personal, das sich mit dem Krankheitsbild bestens auskennt.

Neben der Demenz ihrer Mutter, Ehefrau und Tochter, gibt es weitere und durchaus beachtenswerte Situationen, die von der Autorin beschrieben wurden. Dabei handelt es sich unter anderem um den Zusammenhalt eines Dorfes, in dem die Hauptpersonen seit Jahrzehnten leben. Oder die bedingungslose Liebe des Ehemanns, der seit vielen Jahren von der Selbstlosigkeit seiner „Goldie“ profitierte. Wie gut, dass er das weiß und ihr das zurückgab, was er empfing. Fünf Sterne gebe ich sehr gerne und das auch, weil das Cover so einmalig ist. Es passt perfekt zum Inhalt des Romans.