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Sago

Bewertungen

Insgesamt 584 Bewertungen
Bewertung vom 25.11.2017
Seck, Katharina

Tochter des dunklen Waldes


sehr gut

Bereits in ihrem Roman "Die silberne Königin" hat mich die Autorin mit ihrer Fähigkeit, eine märchenhafte Atmosphäre zu erschaffen, begeistert. Auch hier stellt sie dieses Können wieder unter Beweis. Schon im Prolog hatte ich das Gefühl, mitten in einem Märchenbuch gelandet zu sein.

Auch das geheimnisvoll-düstere, gleichzeitig romantische Cover trägt wunderbar zu dieser Stimmung bei.

Die junge Lilah lebt bei Onkel und Tante im Dorf Grünweite. In der Nähe des Dorfes wächst der verrufene, als äußerst gefährlich geltende Morgenwald, von dem sich die Dorfbewohner unter allen Umständen fernhalten. Eines Tages wird eine Frau ermordert unweit des Morgenwaldes aufgefunden. Unmittelbar danach verschwindet Dorean, in den Lilah seit einiger Zeit verliebt ist. Was ist nur geschehen und war Dorean gar in den Mord verwickelt? Lilah hat keine andere Wahl als Doreans Spur in den Morgenwald zu folgen. Bis zu ihrer Rückkehr nach Grünweite wird einige Zeit vergehen.

Die Beschreibung des Morgenwalds erfolgt sehr bildhaft und in großer atmosphärischer Dichte. Für Lilah beginnt hier ein völlig neues Leben. Warum das so ist, soll nicht verraten werden. Die Geschichte entwickelt sich überraschend und fernab von abgenutzten Fantasy-Klischees. Zwar findet Lilah Dorean, doch dieser scheint tatsächlich ein dunkles Geheimnis zu verbergen.

Auch wenn mich Story und Schreibstil begeistert haben, bin ich mit Dorean nicht wirklich warm geworden. Warum Lilah so unbedingt zu ihm hält, wurde für mich nicht völlig nachvollziehbar. Ich persönlich hätte mir auch gut ein anderes Ende der Geschichte vorstellen können. Enttäuscht war ich von der Qualität des Lektorats, das zahlreiche Fehlerchen übersah. Umso mehr überzeugt haben mich dagegen die originelle Handlung und der geheimnisumwitterte Morgenwald.

Bewertung vom 05.11.2017
Morland, Isabel

Die Rückkehr der Wale / Hebriden Roman Bd.1


sehr gut

Ich lese sehr gern Romane, die auf den britischen Inseln spielen. Hier ist der Ort des Geschehens die Hebriden-Insel Harris, was für mich persönlich neben dem hauchfeinen Fantasy-Touch den besonderen Reiz des Romans ausmacht.

Im Mittelpunkt steht Kayla, die es in ihrer Ehe mit Dalziel nicht leicht hat. Zwar liebt sie dessen Sohn Ian aus erster Ehe, aber Kayla scheint für Dalziel im Vergleich zu seiner verstorbenen Frau immer nur zweite Wahl zu sein. Zudem trinkt Dalziel immer mehr Alkohol. Nachdem Ian aufgrund eines Streits mit seinem Vater Harris verlässt, vergießt Kayla am Strand Tränen. Wie der Leser erfährt, gibt es eine Legende, nach der eine bestimmte Anzahl Tränen, ins Meer vergossen, Selkies anlocken können. Magische Geschöpfe, halb Mensch, halb Seehund, und von unvergleichlicher Anziehungskraft. Kurz darauf steigt der äußerst attraktive Brennan auf Harris von der Fähre. Schnell bekommt er von den Einheimischen den Namen Selkie-Boy verliehen. Trotz aller guten Vorsätzen, an ihrer unglücklichen Ehe festzuhalten, fühlt sich auch Kayla von Brennan auf geradezu übernatürliche Weise angezogen...

Für mich haben vor allem die eingestreuten örtlichen Legenden und gälischen Redewendungen das Lesevergnügen enorm gesteigert. Das von rauem Wetter geprägte Leben auf Harris wurde ebenso authentisch geschildert wie die Charaktere der Inselbewohner. Kayla hat bei mir nicht die volle Sympathiepunktzahl erreichen können. Vor allem ihre Art, sich ohne Rücksicht auf Verluste in die Angelegenheiten anderer zu mischen, hat mich gestört. Auch kann man an Dalziel nicht eine einzige liebenswerte Eigenschaft entdecken und gewinnt nicht den Eindruck, dass das je anders war, so dass Kaylas Anhänglichkeit an ihren Ehemann nicht ganz nachvollziehbar wird. Von einigen wenigen Redundanzen abgesehen, fand ich die Geschichte sonst sehr unterhaltsam erzählt. So funkeln bei Kaylas Schwester Ally stets grüne Katzenaugen, während die Autorin bei Kayla nicht müde wird zu betonen, dass ihre Augen keltisch blau sind und ihr Haar dicht und dunkel. Das wird aber sicher nicht jedem Leser auffallen. Wegen der Selkie-Legende habe ich darüber gern hinweggesehen.

Bewertung vom 29.10.2017
Pearson, Mary E.

Die Gabe der Auserwählten / Die Chroniken der Verbliebenen Bd.3


sehr gut

Endlich geht die spannende Geschichte um Prinzessin Lia, Prinz Rafe und Attentäter Kaden im dritten Teil der Reihe weiter!

Der Auftakt ist fulminant. Lia ist auf der Flucht aus Venda verletzt worden. Welche Folgen ihre Attacke auf den Komizar - am Schluss des zweiten Bandes - genau hatte, bleibt lange im Dunkeln, was für große zusätzliche Spannung sorgt.

Erwartungsgemäß führt sie ihr Weg nun nach Dalbreck, so dass der Leser auch hier ein wenig über Land und Leute erfährt. Überraschend muss sich Rafe schon jetzt in seine neue Rolle als dortiger König hineinfinden. Sein Charakter macht daher einen regelrechten Entwicklungssprung durch, denn er steht unter großem Druck. Dies gibt der Handlung Würze, ist jedoch für Lia so manches Mal alles andere als angenehm. Sie selbst kann es eigentlich kaum erwarten, nach Morrighan zu reisen und ihre eigene Geschichte dort richtig zu stellen. Vor allem fürchtet sie, dass Morrighan von der Übermacht der vendischen Armee einfach überrannt wird. Wie furchterregend und überlegen diese Armee tasächlich ist, will ihr niemand so richtig glauben, nicht einmal Rafe. Dieser Streitpunkt führt beinahe zum Zerwürfnis zwischen den beiden, da Rafe zu Lias Schutz allzu herrisch wird.

Auch Kaden spielt in diesem Band wieder eine wichtige Rolle. Er folgt Lia aus Venda und gewinnt zumindest zu einem Teil das Vertrauen der Dalbrecker. Das Rätsel um seine Herkunft scheint ansatzweise gelüftet zu sein. Nicht nur hier sorgt die Autorin für so manche Überraschung.

Ich muss sagen, die Seiten flogen nur so dahin! Mary E. Pearson hat unheimlich lebensnahe, liebenswerte Charaktere geschaffen, mit denen man unbedingt mitfiebern muss. Sie sind mir schon so ans Herz gewachsen, dass ich mir kaum vorstellen kann, wie nah das Ende der Serie ist. Dennoch ist das mein einziger Kritikpunkt: Für den deutschen Markt hat der Verlag den üppigen Abschlussband in zwei Hälften geteilt. Daher nimmt die Handlung in "Die Gabe der Auserwahlten" jede Menge Anlauf, um dann abzubrechen. Mir persönlich wäre ein dicker Wälzer lieber gewesen. Zweifellos hätte das ungeteilte Original locker fünf Sterne ergattert.

Magisch, mystisch, mitreißend - "Die Chronik der Verbliebenen" kann wahrlich gar nicht genug Kapitel aufweisen!

Bewertung vom 02.10.2017
Perry, Sarah

Die Schlange von Essex


ausgezeichnet

Dieser Roman stellt für mich ein kleines Gesamtkunstwerk dar. Die wunderschöne, an den Künstler William Morris erinernde Optik des Buchumschlages fiel mir schon lange vor dem Erscheinen des Buches ins Auge. Erst auf den zweiten Blick entdeckte ich die titelgebende Schlange, die sich durch das Meer aus Blütenranken windet.

Ausgezeichnet wurde "Die Schlange von Essex" mit dem Britischen Buchpreis für den besten Roman des Jahres. Oft sind solche Vorschusslorbeeren nicht hilfreich, weil sie bei mir zu hohe Erwartungen wecken. Hier wurde ich jedoch nicht enttäuscht!

Angesiedelt Ende des 19. Jahrhunderts in Essex und London, passt sich Sarah Perry stilistisch dem viktorianischen Zeitalter an. So mancher Leser mit kürzerer Aufmerksamkeitsspanne mag sich hier erst einlesen müssen. Ich dagegen habe Satz für Satz von Beginn an genossen. Perry schreibt perfektionistisch, bildhaft, ja beinahe poetisch.

Eine weitere Stärke des Romans sind die plastischen, zuweilen fast ans Skurrile grenzenden Charaktere, allen voran die junge Witwe Cora Seaborne (was für ein herrlich bildhafter Name!), die nach dem Tod ihres gewalttätigen Ehemannes ihrer Liebe zur Wissenschaft nachgehen möchte. Das Rätsel eines angeblichen gefährlichen Seeungeheuers lockt Cora, ihren autistischen Sohn Frances und ihre Freundin Martha nach Aldwinter/Essex. Dort begegnet sie dem Pfarrer William und seiner kranken Frau Stella. William und Cora fühlen sich auf vielschichtige Weise zueinander hingezogen. Doch auch Luke Garrett, der Arzt von Coras verstorbenen Mann, hegt starke Gefühle für Cora und gibt so leicht nicht auf.

Lange Zeit spielte die Autorin raffiniert mit meinen Erwartungen, wie sich Handlung und Beziehungen entwickeln würden, um mich dann stets aufs Neue zu überraschen. Bis ins kleinste Detail wurde dieses Muster ausgearbeitet. So beginnt der Roman in der Neujahrsnacht, um Monat für Monat durchs Jahr zu reisen, schließt dann aber ab mit dem Monat November.

Ich bin stets auf der Suche nach ungewöhnlichen Büchern, die sich jeder Genre-Klassifizierung entziehen. Hier bin ich fündig geworden. Ein Buch, das man noch lange im Gedächtnis behält und immer wieder zur Hand nehmen wird. Herausragend!