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Xirxe
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Insgesamt 876 Bewertungen
Bewertung vom 21.09.2013
Lewis-Kraus, Gideon

Die irgendwie richtige Richtung


gut

Eine Pilgerreise verspricht der Untertitel dieses Buches, doch eigentlich handelt es sich eher um drei. Wobei die Dritte dann doch keine ist, sondern vielmehr eine Vater-Sohn-Zusammenführungsunternehmung oder sowas in der Art. Und Pilgerreisen sind auch nicht das allein bestimmende Thema dieses Buches, sondern die Suche des Autors nach einem Ziel, einer Richtung in seinem Leben sowie die Bewältigung des Konflikts mit seinem Vater, der seinen Söhnen erst spät eröffnete, dass er schwul ist.
Was sich in dieser 'Kürzestzusammenfassung' wie auch im Klappentext vielleicht als amüsantes Pilger-Roadmovie à la Hape Kerkeling anhört, entwickelt sich jedoch zunehmend als zeitweise recht anstrengend zu lesendes philosophisches Traktat über das Wesen des Pilgerns an sich wie auch als selbstreflexive Studie über das Verhalten des Autors aufgrund seiner verkorksten Vater-Beziehung.
Die erste Strecke führt ihn zusammen mit seinem Freund Tom auf den Jakobsweg quer durch Spanien, während er als zweite Route einen Pilgerweg in Japan auswählt, der ungleich schwieriger ist. Parallel zur anstrengenderen körperlichen Herausforderung werden auch die Überlegungen des Autors anspruchsvoller und komplexer. Und manchmal leider so komplex, dass ich schlicht den Sinn dahinter nicht mehr verstanden habe. Dies setzt sich auch bei der dritten Reise nach Uman fort, die er mit seinem Vater und seinem Bruder unternimmt, welche eher eine Art Wallfahrt darstellt, die mit den früheren Pilgerreisen nicht vergleichbar ist. Nur ein Beispiel: 'Am Ende einer Pilgerfahrt wird dem Schmerz und dem Elend rückwirkend ein Platz in der Ordnung der Dinge gewährt.' So weit, so gut. Weshalb er sich jedoch hierbei auf Nietzsche, Camus, Dorothea Brooke (wer immer das auch sei) und Rilke bezieht, ist mir völlig unklar. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es gibt durchaus eine Menge amüsante und schräge Geschehnisse in diesem Buch, aber sie nehmen nicht den Hauptteil ein.
Wer also schlicht und einfach 'nur' gute Unterhaltung sucht, dürfte sich mit diesem Buch nicht unbedingt einen Gefallen tun.

2 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.09.2013
Pratchett, Terry

Das Erbe des Zauberers / Scheibenwelt Bd.3


sehr gut

Statt wie es der Tradition entspricht, sein Erbe dem achten Sohn eines achten Sohnes zu vermachen, fällt die Wahl des Zauberers Drum Billett auf die erste Tochter des Schmiedes nach sieben Söhnen. Kein leichtes Los für die kleine Eskaterina, denn Zauberinnen gibt es nicht und hat es auch noch nie gegeben. Doch mit Hilfe der Hexe Oma Wetterwachs, die, wenn auch nur widerstrebend, das Zauberinnenschicksal Esakterinas akzeptiert hat, machen sie sich auf den Weg in die Unsichtbare Universität, wo aber der Tradition gemäß nur Zauberer ausgebildet werden.
Im Gegensatz zu anderen Romanen von Pratchett läuft diese Geschichte hier eher ruhig ab. Nur wenige außergewöhnliche Figuren (die sonst immer die Scheibenwelt bevölkern) tauchen auf und die geschilderten Abenteuer bleiben bis auf das Ende eher verhalten. Auch der Wortwitz ist nicht in der Menge wie in anderen Scheibenwelt-Büchern vorhanden, aber trotzdem liest sich das Ganze ausgesprochen amüsant, unter anderem auch da die Parallelen zur 'echten' Welt unübersehbar sind. Eskaterinas und Oma Wetterwachs' Eindringen in diese jahrhundetealte Männerdomäne kommt einem ebenso wie die dazugehörigen Argumente sehr bekannt vor: Tradition steht über allem, es gibt keinen Präzedenzfall, es war schon immer so, so etwas ist noch nie geschehen.
Richtig schöne Unterhaltung!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.09.2013
Murakami, Haruki

Die unheimliche Bibliothek


ausgezeichnet

Ein Junge gibt zwei Bücher in der Bibliothek ab, die er bereits von vorhergehenden Besuchen kennt und möchte sich ein neues ausleihen. Dazu sucht er einen alten Herrn auf, der ihm zwar weiterhilft, ihn jedoch in einem Labyrinth unterhalb der Bibliothek einkerkert. Zwar sind die Überlebenschancen düster, doch die Verpflegung ist überraschend gut. Und der merkwürdige Schafsmann sowie das wunderhübsche stumme Mädchen, die sich um ihn kümmern, scheinen ihm wohlgesonnen.
Es ist mein erster Marukami, den ich hiermit gelesen habe und die Geschichte hat mir sehr gefallen. Zwar ist der Text recht schlicht gehalten, doch dies entspricht durchaus dem Stil eines ca. 12jährigen, dem ungefähren Alter des Protagonisten. Rätselhaft sind die Dinge, die sich in der Bibliothek abspielen ebenso wie die Personen, die dort auftreten und die begleitenden Illustrationen sind bestens dazu geeignet, diesen Effekt zu verstärken. Da sich nichts von allem aufklärt und alles unergründlich bleibt, empfinde ich diese Erzählung als durchaus geeignet zum wiederholten Lesen.
Der Preis mag happig erscheinen für 30 min Lesezeit. Aber die Gestaltung des Büchleins ist überdurchschnittlich: gedruckt auf hochwertigem Papier, was den Illustratinen geschuldet sein mag.
Fazit: Wer schöne Geschichten und schöne Bücher mag, liegt hier richtig.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 01.09.2013
Nesbø, Jo

Schneemann / Harry Hole Bd.7


ausgezeichnet

'Schneemann', der siebte Fall mit Harry Hole, ist spannend bis zum Schluss wie auch schon die anderen Bände dieser Reihe. Mit seiner neuen Kollegin Kathrine Bratt ist Harry Hole auf der Suche nach einem Serienmörder, der seit Jahren unerkannt Mütter verschwinden lässt und am Ort seiner Tat immer einen Schneemann hinterlässt. Einen Verdächtigen gibt es schnell - zu schnell, wie man anhand der Dicke des Buches sofort erkennen kann. Und so darf man auf's Neue wieder Nesbøs Fähigkeiten bestaunen, eine unerwartete Wendung nach der nächsten zu präsentieren bis zum grandiosen Finale kurz vor dem Ende, das sich ebenso logisch klar präsentiert wie bei seinen anderen Harry-Hole-Romanen. Harry hält sich trotz aller Rückschläge dieses Mal erstaunlich gut, denn der Griff zum Alkohol kommt vergleichsweise selten vor. So schöpft man Hoffnung für ihn...
Endlich habe ich nun alle Bände dieser Serie gelesen (wenn auch nicht in der richtigen Reihenfolge) und freue mich bereits auf den im November erscheinenden neuen Harry Hole. Und irgendwann, wenn ich mal richtig viiiel Zeit habe, lese ich alles noch einmal. Denn auch bei dieser Lektüre passierte es mir wie schon früher: Vieles im Buch Geschriebene versteht man erst im Zusammenhang mit der Lösung. So wird das 'Zweit-Lesen' zu einem Aha-Erlebnis :-)

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.08.2013
Remes, Ilkka

Das Erbe des Bösen


sehr gut

Rolf Narva, ein finnischer Wissenschaftler der in Nazi-Deutschland studierte, promovierte und anschließend in den USA arbeitete, reist nach Berlin um eine alte Freundin aufzusuchen und verschwindet dort spurlos. Sein Sohn Erik, ebenfalls Wissenschaftler, macht sich auf die Suche und kommt einer Vergangenheit seiner Familie auf die Spur, die ihm bis dato völlig unbekannt war und deren Auswirkungen höchst aktuelle Konsequenzen hat.
Ilkka Remes versteht es wirklich, einen äußerst packenden Thriller zu schreiben. Tatsächliche vergangene Ereignisse werden geschickt mit heutigen gegenwärtigen Entwicklungen und Geschehnissen in Verbindung gebracht, was die ganze Geschichte umso wirklicher erscheinen lässt. Selbst wenn ab und an der Gedanke in einem auftaucht:' Jetzt nehmen die Verschwörungstheorien doch etwas überhand.', lässt einen kurz darauf der Bezug zu einer realen Begebenheit oder Person sofort weiter in die Erzählung eintauchen. Denn so ganz unwahrscheinlich ist es ja doch nicht...
Kleine Mäkeleien am Rande meinerseits gibt es aber dennoch ;-) Nach meinem Empfinden wurde zu Beginn eine Hauptfigur aufgebaut, die jedoch bereits nach knapp 2/5 des Buches das Zeitliche segnet, was mich doch recht verwirrte. Wie will der Autor denn jetzt noch über 300 Seiten füllen? Natürlich gelingt es ihm und zwar mit dem Schwenk zu einer neuen Person, die nun im Mittelpunkt der Geschichte steht. Meine zweite 'Mäkelei' betrifft das Ende, mit dem ich nicht so ganz glücklich bin. Wohl werden sämtliche mysteriösen Vorkommnisse aufgeklärt, doch die Art der Darstellung wirkte auf mich etwas konstruiert, als ob der Autor auf jeden Fall jetzt alles noch unterbringen müsste (Naja klar, wann denn auch sonst :-) ?). Da die ganze Geschichte ansonsten ausgesprochen schlüssig daherkommt, fällt eine entsprechende Abweichung natürlich umso mehr auf. Vielleicht wären weniger Handlungsfäden in diesem Falle etwas mehr gewesen?
Trotzdem: Alles in allem ein überaus fesselnder Thriller in einem historischen und aktuellen Kontext, der einem zudem auch noch einiges Neues verrät (zumindest mir).

Bewertung vom 11.08.2013
Capus, Alex

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer


ausgezeichnet

Drei Menschen, drei Leben, drei Schicksale. Allen Dreien ist gemein, dass über ihr Leben nur recht dürftige Informationen vorliegen. Geblieben sind das Wissen um ihre Existenz und bei zweien ihre Werke. Doch was ihr Leben ausmachte, liegt im Dunklen. Es handelt sich um drei Personen, die heute weitestgehend vergessen sind: Felix Bloch, Physiker; Laura d’Oriano, Sängerin und Spionin; Emile Gilliéron sen. und jun., Maler und Zeichner. Eigentlich also vier Personen, doch die Gilliérons verschmelzen nicht nur aufgrund ihrer Namensgleichheit immer mehr zu einer Person während der Lektüre.
Hier nun beginnt das Reich des Schriftstellers. Capus hangelt sich an den wenigen bekannten Fakten entlang und füllt die Lücken mit seiner eigenen Phantasie. Da sie alle zur selben Zeit lebten, lässt er zudem stets die Möglichkeit im Raum stehen, dass sie sich irgendwann unter welchen Umständen auch immer einmal begegnet sind. Doch was verbindet diese Menschen ansonst? Zwei stammten aus der Schweiz, die dritte wurde durch Heirat Schweizer Staatsbürgerin. Und die Schweiz wurde ihnen allen zu eng. Zwar wussten sie alle nicht, was genau sie vom Leben wollten, dafür umso besser was es nicht sein sollte. Der Eine wollte blaue Jacken tragen, obwohl im Dorf nur schwarze geduldet wurden. Die Andere sollte ihre Unterwäsche nicht sichtbar für die Nachbarn aufhängen. Und der Letzte fühlte sich mit seiner Leidenschaft für Atomphysik alleingelassen. So verließen sie ihre Heimat und/oder Familien und lebten ihre Leben auf ihre eigene Art.
Dies mag sich nun nicht sonderlich spannend anhören, doch die Geschichten üben eine merkwürdigen Sog aus, der mich das Buch nur schwer aus der Hand legen ließ. Zum Einen liest es sich aufgrund der schönen Sprache Capus' wundervoll (einer meiner Lieblingssätze: 'Zwar fühlte er sich noch immer wie ein Eisbär, der auf einer kleinen Eisscholle der Kenntnis über einen Ozean des Unwissens trieb;'), zum Anderen bindet der Autor das damalige Zeitgeschehen wie selbstverständlich in die drei Biographien mit ein. So bleibt es nicht bei reiner Unterhaltung, sondern man erfährt auch viel Wissenswertes aus dieser Zeit.
Einfach schön!

3 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 08.08.2013
Drayson, Nicholas

Kleine Tierkunde Ostafrikas


sehr gut

Auch der zweite Band um Mr. Malik, seine Freunde und den vielgerühmten Asadi Club ist wieder einfach ein einziges Vergnügen. Keine Bange: Selbst wenn man den ersten Teil noch nicht gelesen hat, wird man sich ohne Weiteres schnell zurechtfinden. Wichtige Ereignisse werden nochmal kurz angerissen und erklärt und ich wette: Wenn Sie die 'Kleine Tierkunde Ostafrikas' gelesen haben, wollen Sie auch die Kleine Vogelkunde Ostafrikas lesen :-)
Im Mittelpunkt stehen vorerst freudige Ereignisse: die jährliche Safari des Clubs, die Mr. Malik wie gewohnt bis ins Detail vorbereitet incl. einer Überraschung sowie die Hochzeit Petulas, Mr. Maliks geliebter Tochter. Doch leider läuft nicht alles so reibungslos wie gewünscht, denn plötzlich bringen unerwartete Geschehnisse alles ins Wanken. Petulas Heirat scheint gefährdet, dem Club kommt das unersetzliche Maskottchen abhanden und nicht zuletzt droht ihm die Schließung.
Neben all diesen Wirrnissen werden außerdem ein lange zurückliegender Mord gelöst, die Korruptionsprobleme in Kenia angesprochen und das Rätsel um das gefährlichste Tier Ostafrikas geklärt, ganz zu schweigen von den zahlreichen Beschreibungen der Fauna Kenias. Und auch die von Mr. Malik hochverehrte Rose Mbikwa ist erneut dabei, wenn auch dieses Mal eher am Rande.
Nicholas Draysons Schreibstil harmoniert in wunderbarer Weise mit der Persönlichkeit seiner Hauptfigur Mr. Malik. Etwas zurückhaltend, immer überlegt und voller Interesse und Mitgefühl für seine Mitmenschen. Und nicht zuletzt ein feiner Humor, häufig gewürzt mit einer Prise Ironie.
Und warum trotzdem 'nur' vier Sterne? Eigentlich sind es viereinhalb, aber für die volle Zahl war es mir (trotz meiner romantischen Ader :-)) doch etwas viel Happy End am Schluss.

Bewertung vom 04.08.2013
Drayson, Nicholas

Kleine Vogelkunde Ostafrikas


sehr gut

Ach, war das eine schöne Lektüre! Ein Hauptdarsteller, der zwar etwas lethargisch daherkommt, aber nichtsdestotrotz so symphatisch ist, dass er kaum von dieser Welt sein kann. Ein Wettstreit, der trotz des eher friedlichen Inhalts um Leben und Tod geht. Eine überwältigende Beschreibung der Vogelwelt Kenias, sodass es einem gerade zu in den Fingern juckt, sich das alles selber anzuschauen. Undundund - eine Geschichte, die einfach rundum glückselig und zufrieden macht :-)
Herr Malik, die Hauptperson dieses Romans, ist seit Jahren in Rose, die Leiterin der örtlichen Gruppe Nairobis der Vogelbeobachter verliebt. Gerade als er seine Schüchternheit überwindet und sie zum jährlichen Nairobi Hunt Ball einladen will, taucht ein Widersacher auf: Harry Khan, ein gutaussehender Lebemensch, kommt auf die gleiche Idee. Doch um Rose die Peinlichkeit zu ersparen, einen der Herren zu enttäuschen, wird ein Wettbewerb veranstaltet. Wer in einer Woche die meisten Vögel entdeckt, darf Rose zum Ball einladen. So harmlos es klingt, so gefährlichlich entwickelt sich das Ganze. Und ganz nebenbei wird einem die unglaubliche Vielfalt der Vogelarten Kenias vor Augen geführt nebst einer Vielzahl weiterer liebenswürdiger Mitwirkenden.
Dies mag sich - nun ja, nicht gerade nach einer wirklich fesselnden Geschichte anhören. Doch der Autor bringt noch eine Reihe von Nebenhandlungen mit ein, sodass man immer weiter, weiter, weiterlesen will. Und so geht es noch um Politik, Zivilcourage, Mitmenschlichkeit, Barmherzigkeit und einiges mehr.
Ein richtig schönes Leseerlebnis wie ein wunderbar lauer Sommerabend ;-) zu dem Nicholas Draysons Stil sicherlich dazu beiträgt. Etwas betulich, vielleicht auch altmodisch, aber voller Zuneigung und Wärme für seine DarstellerInnen incl. der Vögel und Kenia selbst. Einfach schön!