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Insgesamt 1666 Bewertungen
Bewertung vom 07.03.2022
Heino

Mit süßen Grüßen


sehr gut

Klassiker neu präsentiert

Bin ich Heino-Fan? Nicht wirklich. Aber ich finde diesen Menschen schon faszinierend. Seine Musik kennt wohl jeder. Dass er sich immer wieder neu ausprobiert, ist bewundernswert. Und dass Heino mal eine Bäcker- und Konditor-Lehre gemacht hat, weiß auch so ziemlich jeder. Ein bekanntes Versandunternehmen hat einige Jahre den Kunden bei einer Bestellung sogar die Heino-Haselnusstorte zum Geburtstag geschenkt. Und ja, die ist lecker! Schon deshalb musste dieses Buch einfach in meine Sammlung! Und wer die Original-Torte kaufen möchte, findet im Buch auch einen QR-Code/Link.

Allerdings ist Heino selbst hier nur am Rande vertreten. Er hat ein Vorwort geschrieben – mehr sehe ich leider nicht. Ingo Swoboda hat die Rezepte zusammengestellt. Gebacken wurden sie vom „Zuckerbäckerteam“ Christoph Vogel, Kerstin Schwalb, Lukas Schultz und Steven Finke. In wieweit die Rezepte tatsächlich von Heino stammen, bleibt ungewiss. Aber dennoch sind sie ansprechend und lecker und super interessant. Viele davon sind quasi „altbacken“, keine Modekuchen eben. Aber genau das ist das Reizvolle daran. Irgendwie bin ich die Hypes und Trends so leid und genieße immer häufiger Traditionelles.

Auffällig ist, dass viele der Rezepte für kleine Kuchenformen (20-22 cm) gedacht sind. Somit werden es kleine Kuchen für Zwei, nicht so ideal für die große Kuchentafel (oder wenn, dann mehrere zugleich). Hier muss man gucken, ob man die Zutaten gleich mal für eine große Form verdoppeln möchte.

Der Aufbau der Rezepte ist schlicht und übersichtlich. Die Zutaten sind nicht ausgefallen oder schwer zu bekommen. Die Anweisungen sind kurz, knapp und gut verständlich. Zu jedem Rezept gibt es ein ansprechendes Foto vom Ergebnis. Und immer wieder sind auf den Fotos Hinweise zu Heino zu finden, nicht selten in Form von Merchandise-Artikeln.

Das große Plus am oder im Buch sind die DIY-Seiten. Hier kann man Vorlagen herauskopieren oder auch direkt ausschneiden und damit kleine Deko-Stecker für die Kuchen und Torten basteln – alles hübsch mit Bezug auf Heino, klar!


Fazit: Es ist ein spezielles Buch, das eine Hommage an Heino und seine Musik ist. Ob es ein Heino-Buch ist, möchte ich dahingestellt lassen. Mir gefällt es gut und ich gebe vier Sterne.

Bewertung vom 05.03.2022
Safier, David

Mord auf dem Friedhof / Miss Merkel Bd.2 (1 MP3-CD)


sehr gut

Die Radieschen von unten ansehen

Da dachte Angela, nach dem aufgelösten Fall des Mordes an Freiherr Philip von Baugenwitz kehrt Ruhe in das beschauliche Städtchen Klein-Freudenstadt, und schon überschlagen sich die Ereignisse! Der Friedhofsgärtner steckt mausetot kopfüber in der Erde, ganz nach dem Spruch „Ich ramme Dich ungespitzt in den Boden!“. Diesmal ist dann also definitiv nicht der Gärtner der Mörder. Den muss Angela im Kreise zweier sich nicht grünen Bestatterfirmen suchen. Doch das ist gar nicht so leicht, denn einer der Verdächtigen lässt Angelas Herz höher schlagen. Mike und Achim-Puffel mitsamt Mops Putin haben alle Hände voll zu tun …

Auch der zweite Fall der „deutschen Miss Marple“, unserer „Mutti“ im Unruhestand, ist humorvoll und unterhaltsam. Nur an manchen Stellen hat sich David Safier ein bisschen zu lange aufgehalten und den einen oder andern Gag totgeritten. Das fand ich dann schon schade, hier wäre eine kleine Kürzung positiv ausgefallen und hätte lustige Stellen quasi gerettet. Dennoch ist die Geschichte sehr charmant. Auch die Spannung kommt trotz Humor und Herz nicht zu kurz. Die kleinen Fettnäpfchen und Stolpersteine sind gut ausgelegt und es menschelt ordentlich.

Die Entwicklung der einzelnen Figuren und der Dorfgemeinschaft gefällt mir sehr gut. Sie ist in sich stimmig und auch wenn manche Randfiguren nur kurze Auftritte haben, passen sie ins Bild. Man weiß ja nie, wann man ihnen noch mal begegnet! Das Zeug zu einer richtig langen Serie hat sowohl Miss Merkel, als auch David Safier!

Die Auflösung ist im bunten Stilmix von Miss Marple, Jessica Fletcher, Sherlock Holmes und Columbo. Angela verwirrt alle anwesenden zunächst mehr, als dass sie ihre Fragen beantwortet und die Lösung präsentiert. Selbst der Mörder ahnt bis zur letzten Minute nicht, dass Angela den Fall gelöst hat. Das ist chaotisch und charmant, lustig und lästig, herzig und holprig, aber vor allem geistreich und genial! Alle Fäden finden zusammen und Miss Merkel verknüpft sie in der richtigen Reihenfolge.

Besonders gelungen ist dem Autor diesmal auch die Darstellung der Probleme, die ein Rentendasein mit sich bringt, das Chaos, das Gefühle verursachen können, dass eine Bestattung für manche nicht so traurig ist und sogar die Philosophie über Shakespeare und seine möglichen Ghostwriter! Da ist eine tolle Mischung entstanden, die lustig ist, aber auch ein helles Fünkchen Wahrheit und Ernsthaftigkeit enthält.

Für mich ist nach wie vor Luft nach oben. Diesmal waren es die zu ausführlich geschilderten und überstrapazierten Szenen, die einen Stern kosten. Dennoch hatte ich super viel Spaß mit den mir liebgewonnenen Klein-Freudenstädtern und ihren Neu-Bürgern. So viel Spaß, dass ich mich bereits jetzt auf den nächsten Band freue! Somit vergebe ich gute vier Sterne!

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Bewertung vom 04.03.2022
Wells, H. G.

Die Zeitmaschine


sehr gut

Der Soundtrack ist sehr speziell – aber super passend

Als Kind habe ich das erste Mal die Verfilmung von Wells‘ genialem Buch gesehen. Die Vorstellung von Zeitreisen ist einfach großartig, aber auch beängstigend. Nicht nur aufgrund Wells’ Morlocks, sondern ganz allgemein. Sich selbst begegnen? Diktatoren der Vergangenheit begegnen? Weit zurück zu reisen oder weit voraus? Eingreifen in die Abläufe? Aber wenn das viele machen, wie groß wird dann das Chaos?

Davon aber abgesehen, rein auf „Die Zeitmaschine“ bezogen, liebe ich noch heute den Film, das Buch und jetzt auch dieses Hörbuch. Dominic Raacke liest zwar reichlich düster, lässt kaum ein paar helle Momente zu (die das Buch durchaus hat, wodurch die „Schatten“ dann umso bedrohlicher sind), aber insgesamt transportiert er sowohl die Gedanken und Gefühle des Protagonisten, als auch die Aussage des Autors wunderbar und klar.

Der enthaltene Soundtrack ist atemberaubend. So wird aus der Story nicht ganz ein Hörspiel, aber doch bewirkt die Musik einen wahren Erdrutsch an Gefühlen. Die Kürze des Hörbuchs erstaunt jedoch und man wünscht sich eine „Longversion“.

Vielleicht nicht ideal für jemanden, der „Die Zeitmaschine“ nicht kennt, aber für alle, die dieses Buch so lieben wie ich ist dieses Hörbuch eine tolle zusätzliche Version „für immer mal wieder zwischendurch“. Obwohl ich die Story so gut kenne, fesselt sie mich noch immer, bewegt mich das Handeln unseres Helden und bin einfach nur begeistert.

Ich gebe vier Sterne.

Bewertung vom 03.03.2022
Haase, Maren Vivien

Dance into my World / Move District Bd.1


gut

Das „Staying Alive“ der 2020er?

In New York will Jade das vergangene Jahr hinter sich lassen und neu anfangen. Sie kellnert in einem Café, wo sie von Olivia dazu überredet wird, Hip-Hop zu tanzen. Dabei lernt sie Austin kennen und bald schon entwickelt sie Gefühle für ihn. Doch die Vergangenheit findet ihren Weg zu Jade …

So ganz bin ich nicht die perfekte Zielgruppe, aber ich wollte in dieses Genre mal wieder reinschnuppern, mal wieder New-Adult sein, zumindest lesetechnisch. Die Story selbst ist in weiten Teilen vorhersehbar. Das ist nicht per se schlecht. So kann man eine Wohlfühlsituation erschaffen und das Lesen zur Entspannung schön gestalten.

Schade finde ich, dass ich recht oft das Gefühl hatte, dass Jade keine Studentin ist, sondern ein High-School-Girl. Sie verhält sich oft so. Auch das ist nicht wirklich schlimm oder schlecht, aber eben der Figur nicht angepasst.

Dennoch entwickelt das Buch zugegebenermaßen eine Art Sog. Es liest sich sehr lockerflockig weg. Das liegt am Schreibstil, an der Rahmenhandlung und auch an der erstaunlich großen Schrift. In etwas kleinerer Schrift wären es locker 150 Seiten weniger!

Dies ist der erste Band einer Reihe, die sich um Paare dreht. Die Bücher lassen sich auch unabhängib voneinander lesen. Die Autorin selbst ist Hip-Hop-Tänzerin. Sie hat also eine gewisse Ahnung von der Materie und man merkt das auch am Stil und der Liebe, die zum Tanzen aus jeder Zeile spricht. Der Schreib-/Sprachstil ist nicht immer sehr ausgefeilt und das Lektorat/Korrektorat hat an ein paar Stellen geschlafen, aber insgesamt ist die Story in sich mehr oder weniger stimmig. Liebe ist eben hin und wieder verwirrend, da kann auch mal der Autorin etwas daneben gehen. Und hier ist ja so einiges, das die Figuren erleben und wegpacken müssen.

Alles in allem also eine leichte Lektüre für zwischendurch, für Tanzbegeisterte, für Liebesromanfans, für Young Adults. Leider nicht das ideale Buch für mich (wohl schon so langsam Old Adult). Ich stelle nicht die höchsten Ansprüche an Unterhaltungsliteratur, aber für mich fehlt hier doch ein wenig was, gleichzeitig sind mir manche Details einfach negativ als zu übertrieben aufgefallen. Daher gebe ich drei Sterne.

Bewertung vom 26.02.2022
King, Stephen

Raststätte Mile 81 & Die Düne (MP3-Download)


ausgezeichnet

Zwei geniale Kurzgeschichten vom Meister des Horrors!

Ganz im Stil von "Stand by me", nur erschreckender, blutiger, packender und schockierender ist „Raststätte Mile 81“! So "rund" war bisher noch keine seiner Kurzgeschichten. In wenigen Minuten entsteht ein Szenario, das so erschreckend klar und deutlich, so fürchterlich real und so entsetzlich logisch ist, dass man sich nicht mehr vom Gehörten abwenden kann. Den Horror, den ein verlassenes Auto verursacht und der zwei kleine Kinder ganz besonders betrifft, ist unvorstellbar, aber dennoch hat man nach dieser Story kein gutes Gefühl mehr, wenn man irgendwo einen verlassenen Wagen sieht …

Trotz der Kürze schafft King es wieder, klar und prägnant die Szene zu zeichnen, sodass man quasi vor dem geistigen Auge einen Film sieht. Und wie immer, steckt zwischen all dem Horror extrem viel Liebe. Vor allem aber ist es eine der Storys, die für King so typisch ist: HORROR! Ganz eindeutig und nicht versteckt, sondern durch und durch. Und deshalb spielt der zehnjährige Pete auch eine ganz besonders wichtige Rolle, obwohl er einfach nur einen Rausch ausschlafen wollte …

Die zweite Kurzgeschichte handelt von einem pensionierten Richter, der süchtig ist. Nicht nach Drogen oder Sex, sondern nach einer ganz erstaunlichen Düne! Seit seiner Kindheit kennt und liebt er die Düne, die sich nie zu verändern scheint und die er unzählige Male besucht hat. Es ist sein Geheimnis, was er dort immer wieder erlebt hat. Diese Düne und das Geheimnis will er nach seinem Tod geschützt wissen und deshalb bestellt er Anwalt Wayland zu sich, um sein Testament zu ändern. Vier Millionen sollen dafür genutzt werden, die Insel und die Düne für immer zu schützen. Ganz typisch King erweist sich seine wahre Motivation als ganz speziell …

Die raue, rauchige Stimme von Mechthild Großmann ist sehr gewöhnungsbedürftig, aber sie liest die beiden Geschichten großartig ein.

Ein Hörbuch vom Feinsten, trotz der Kürze unbedingt empfehlenswert für alle Horror-Fans und King-Fans!

Bewertung vom 26.02.2022
Mälzer, Tim

Kitchen Impossible


ausgezeichnet

Ein kunterbuntes Koch-, Lese- und Foto-Buch!

Tim Mälzer ist ja schon eine Marke – sehr von sich überzeugt, immer einen fiesen Spruch auf den Lippen, schnell auf der Palme. Und irgendwie kann man dennoch nicht wegsehen! Ich bin ja der Meinung, er hat jedem Koch gegenüber, der an seiner Sendung teilnimmt, einen entscheidenden Vorteil: Er hat diese Challenge schon über fünfzig Mal angenommen. Er kennt deshalb die Fallen und Tricks so viel besser, als andere! Dennoch – man sieht die Sendung und hofft, der andere Koch gewinnt. So viel dazu, wie der Zuschauer tickt! Es ist faszinierend, wie Mälzer und seine „Gegner“ Gerichte vorgesetzt bekommen und analysieren müssen, was alles drin ist und wie das wohl gemacht wird.

Dieses Buch ist ein „Auswuchs“ aus der TV-Sendung. Mälzer erzählt von den Ländern und Erlebnissen. Natürlich finden sich auch Rezepte. Hier ist dann aber auch klar, dass nicht immer alle Zutaten ganz so einfach überall zu bekommen sind. Dennoch macht es Spaß, im Buch zu schmökern und die Rezepte ganz in Ruhe „studieren“ zu können. Zu jedem Kontinent gibt es eine Doppelseite mit Zahlen und Fakten – super gemacht, gefällt mir besonders!

Außerdem finden sich im Buch unzählige wunderbare Fotos. Nicht nur von den Gerichten, sondern auch von den Menschen, den Ländern, den Locations und den Köchen – wobei es nicht ausbleibt, dass die Fotos von Tim Mälzer deutlich überwiegen. Er ist eben ein kleiner Selbstdarsteller! Nimmt ihm das einer übel? Vermutlich niemand, der das Buch gekauft hat. Es geht ja um ihn!

Trotz allem sind die Rezepte nicht extrem abgehoben. Es finden sich ganz viele Gerichte, die man bereits kennt. Sie haben den einen oder anderen speziellen Kniff bekommen, sind hier und da ein bisschen optimiert worden. Aber sie sind „machbar“. Da traut man sich auch mal an solche Dinge wie Baklava selbst ran. Dagegen stehen dann natürlich auch mal Gerichte wie „Arroz de Marisco“. Meins ist das nicht, aber sicher läuft dem einen oder anderen da das Wasser im Munde zusammen. Hier wird es dann aber schon ein bisschen komplizierter – von der Beschaffung der Zutaten bis zum Kochen selbst. Der Aufbau der Rezepte ist klassisch, sodass man sich auf Anhieb zurechtfindet. Die Anweisungen sind knackig und leicht verständlich.

Es ist eine kleine Weltreise, von den Gerichten, von den Orten. Die Texte sind kurz und halten so quasi nicht lange auf, machen aber riesig Spaß zu lesen. Man hat also kein klassisches, typisches Kochbuch vorliegen. Genau das ist es aber, was mir daran so gefällt. Auch als Geschenk für Kochfans und Hobbyköche ist das Buch der Hit. Für Fans der Sendung ist immer vermerkt, aus welcher Staffel und welchem Land das Rezept ist – und wer das Duell gewann.

Ja, ich hab viel Spaß mit dem Buch und auch mein Mann findet es super. Meckern können und wollen wir nicht, sondern uns nur riesig darüber freuen. Also gibt es fünf Sterne!

Bewertung vom 22.02.2022
Haig, Matt

Der fürsorgliche Mr Cave


ausgezeichnet

Wie viel Leid kann ein Mensch ertragen?

Durch den Tod seines Sohnes Reuben entwickelt Terrence Cave enorme Verlustängste. Sein Beschützerinstinkt nimmt bedenkliche Ausmaße an, die Bryony nicht mehr nur einschränken, sondern ihr regelrecht ein normales Leben unmöglich machen. Selbst die Schwiegermutter kann Terrence nicht aufhalten und so läuft alles auf eine fürchterliche Katastrophe hinaus …

Dieser Roman ist im Original schon vierzehn Jahre früher erschienen. Dennoch ist er zeitlos und auch heute noch zeitlich stimmig. Es ist eine Art Brief- oder Tagebuchroman. Terrence erzählt seine Geschichte. Sie ist an seine Tochter Bryony gerichtet und Stück für Stück setzt Haig damit das Puzzle zusammen. Die Gegenwart und die Vergangenheit werden langsam verbunden und dadurch ahnt der Leser relativ früh, dass es kein Happy End geben kann.

Terrence trägt schwer an Verlusten und mit jedem neuen wird es schlimmer für ihn. Kann er anfangs noch kämpfen, verliert er mehr und mehr die Kraft, aber auch den Bezug zur Realität. Und es kommen Schuldgefühle auf. Aber obwohl Terrence der Erzähler ist, bekommt man ein gutes Bild davon, wie es den anderen Figuren dabei geht. Man selbst erkennt, wie eingeengt Bryony wird und was Reuben, der ein auffälliges Muttermal hatte, neben seiner Zwillingsschwester erlebt und auch erlitten hat. Mehr und mehr greifen die Ereignisse der Vergangenheit der Zukunft voraus.

So hat man hier einen enorm bewegenden Roman in Händen, der zwar auch mal lächeln lässt, aber tieftraurig ist. Das ist schwer zu ertragen, dennoch mag man nicht pausieren, will Terrence und Bryony nicht allein lassen. Die Story geht extrem tief unter die Haut und schockiert auch. Aber das Buch ist dennoch – oder auch gerade deshalb – einfach wunderbar. Wenn man weiß, dass Matt Haig selbst unter Depressionen und Angststörungen leidet und damit sehr offen umgeht, dann weiß man, dass seine Bücher allesamt nicht leicht sind und sich mit diesen Themen befassen. Gerade mit diesem Buch ist ihm das meiner Meinung nach sehr gut gelungen. Es ist keine Schande, sich Hilfe zu holen – und im Extremfall rettet es auch Leben. Diese Aussage ist wichtig und kann nicht oft genug wiederholt werden.

Kann ich Terrence Cave verstehen? Teilweise ja, teilweise nein. Er ist ganz tief in einer Krankheit gelandet, aus der man niemals alleine herauskommt. Er selbst hat es sicher geahnt, aber seine Umwelt fiel auf sein mühsam erarbeitetes Trugbild herein. Dass dies in einer absoluten Katastrophe enden muss, war klar. Ich kann ihm aber nicht verzeihen, dass er bis zum Ende nicht über die Konsequenzen nachdenkt. Nur – genau das ist das Problem bei Depressionen. Diesen Punkt sehen die Betroffenen eben nicht mehr. Womit ich dann wieder an dem Punkt bin, dass ich ihn nur teilweise verstehe, eben weil ich nicht in seiner Lage bin. Mir hat das Buch das Herz gebrochen und ich schäme mich nicht zuzugeben, dass Tränen geflossen sind. Dennoch – oder gerade deshalb – ist es ein wunderbares Buch. Es kann Augen öffnen und deshalb gebe ich fünf Sterne.

Bewertung vom 21.02.2022
Winkler, Philipp

Creep


weniger gut

Ein wichtiges Thema grausam fokussiert und nicht optimal umgesetzt

Zwei Menschen, die auf den ersten Blick so gar nichts miteinander zu tun haben, leben in ihrem Land und ihrer Blase mehr schlecht als recht vor sich hin. Da ist Junya, ein junger Japaner, der sich in seinem Zimmer verbarrikadiert, von der Mutter Essen vor die Tür gestellt bekommt, und hin und wieder nachts einem schrecklichen Geheimnis nachgeht. Und da ist die Deutsche Fanni, die für eine Sicherheitsfirma arbeitet, dabei aber eine Menge Grenzen überschreitet und Dinge sieht und verschweigt, aber auch gleichzeitig ihr Leben statt mit ihrer eigenen Familie mit einer völlig fremden Familie per Kamera „teilt“. Über Kontinente hinweg besteht eine schreckliche Verbindung, von der beide nichts wissen …

Winkler spielt sprachlich gekonnt mit dem Leser. Er gibt Fannis Parts viele Anglizismen, Fachausdrücke, IT-Sprache und vor allem Gendering. Junya hingegen wird mit jeder Menge japanischer Ausdrücke coloriert. Wer googeln mag, darf das gern – ich möchte lesen, und zwar im Fluss und nicht mit tausend Unterbrechungen. Man sieht also, dieser Dreh kann auch nerven. Mir ist dennoch bewusst, dass es andere Geschmäcker gibt und sicher eine Menge Leser genau das mag. Doch ich spreche ja für mich und erzähle hier, wie meine Leseerlebnis war. Nun – leider eben nicht wirklich bereichernd oder unterhaltend. Ich habe vieles dann nur überflogen und mich nicht über die Bedeutung gewisser Ausdrücke gekümmert. Sie sind auch nicht wirklich wichtig für die eigentliche Story und auch nicht für die Message des Buches. Vermutlich gibt es schon deshalb keinen Glossar im Buch.

Mir ist bewusst, was der Autor mit dieser brutalen und schrecklichen Story ausdrücken möchte. Gerade deshalb finde ich das Ende wenig befriedigend. Auch die Verbindung der beiden Protagonisten ist sehr dünn und für mich nicht wirklich gelungen, da ich befürchte, dass kaum jemand verstehen wird, dass sie auch gar nicht wichtig ist für das, was Winkler sagen will. Sowohl Fanni als auch Junya (und auch GermanVermin) haben echte Probleme und niemand unternimmt wirklich etwas dagegen. Das Ende ist hart und brutal. Beide (oder alle drei) Leben können sich jetzt ändern, aber ob und in welche Richtung – das ist weiter offen. Auch das ist Absicht, aber es muss mir nicht gefallen.

Das zentrale Thema ist „Depression“. Diese äußert sich nicht, wie die meisten glauben, in traurigem Gesichtsausdruck und Kopf-hängen-lassen. Sie treibt gerne absonderliche Blüten. So wie hier bei Junya und Fanni. Wir erfahren nicht wirklich, was die Auslöser waren, aber wir sehen, dass ihre Vergangenheit nicht wirklich glücklich war, keinen guten Start in ein ausgeglichenes Leben gegeben haben. Diese Dinge sieht man eben selten – kaum jemand kennt andere sein/ihr ganzes Leben lang. Und wenn, dann sieht man dennoch nicht häufig genau hin. So ist es dann für Betroffene einfach, die Depression zu verbergen und wenn es ganz dumm läuft, dann sucht sie sich eben ein ganz übles Ventil.

Soweit ist mir die Aussage Winklers durchaus bewusst. Dennoch hat mich das Buch weder bewegt noch wirklich erreicht und ich befürchte, dass ein nicht zu kleiner Teil der Leser gar nicht erst versteht, worum es geht. Das ist dann nicht nur schade, sondern unter Umständen sogar gefährlich.

Ich habe sehr interessiert mit dem Lesen gestartet und dann war es, als liefe ich durch Wackelpudding. Ich kam nur sehr langsam voran. Je näher ich dem Ende kam, desto mehr musste ich mich zum Lesen zwingen. Die letzten 50 Seiten kosteten wirklich alle meine Willenskraft …

Fazit für mich – ich mag das Buch nicht. Zwei Sterne.

Bewertung vom 20.02.2022
Hausmann, Romy

Perfect Day


ausgezeichnet

Gefühle

Für Ann Lesniak bricht eine Welt zusammen – ihr Vater soll der Schleifenmörder sein! Er, der immer für sie da war, der renommierte Philosophieprofessor und Anthropologe, der sanfteste Mensch, den sie kennt, ausgerechnet dieser Mann soll zehn Mädchen ermordet haben! Sie will unbedingt seine Unschuld beweisen, aber niemand will ihr helfen und ihr Vater schweigt.

Ich wurde sehr schnell warm mit den Figuren und der Geschichte. Die Perspektivwechsel sind gelungen und ergänzen einander sehr gut. Mal lauscht man Ann selbst, mal ist man Zaungast bei Verhören, mal Zeuge von Gesprächen des Mörders mit seinen Opfern (nein, es sind eher Monologe), aber besonders ergreifend sind die Definitionen von Gefühlen, die Ann in ihrer Kindheit geschrieben hat.

Die eine oder andere Entwicklung im Buch ist erstaunlichen Zufällen geschuldet. Diese sind nicht immer sehr realistisch, dennoch passt für mich alles recht gut zusammen. Selbst das schräge Verhalten der einen oder anderen Figur kann ich in Anbetracht der Taten in gewissem Maße verstehen (wenn auch nicht gutheißen oder gar rechtfertigen).

Stellenweise strengt sogar Ann ganz schön an. Doch im Verlauf der Story – spätestens aber am Ende – ergibt auch das einen Sinn und wird aufgeklärt. Überhaupt bekommt gegen Ende vieles, das völlig unsinnig oder unstimmig schien, einen Sinn. Die Wendungen und unerwarteten Entwicklungen erklären auch das manchmal seltsame Verhalten von Ann. Für mich war das Ende stimmig und ich musste meine eigenen Gefühle erst mal sortieren.

Romy Hausmann zeigt mit diesem Thriller, wie leicht man sich blenden lässt, wie oft man von sich selbst und den eigenen Gedanken und Gefühlen in die Irre geleitet wird, wie oft man gar nicht erst in Erwägung zieht, dass andere die Dinge anders sehen und erleben. Das hat mich extrem bewegt und dazu gebracht, über mein eigenes Denken und Verhalten nachzudenken. Auch ich hatte ein Bild von Ann – das zwar nicht völlig falsch, aber auch nicht wirklich richtig war. Ich habe ihr einen Stempel aufgedrückt, aber nicht darüber nachgedacht, warum sie so ist. Dafür schäme ich mich! Es ist faszinierend, dass selbst ein Thriller den Leser besser macht!

Schon mit „Liebes Kind“ konnte mich die Autorin überraschen. Auch hier schafft sie das wieder. Es mag nicht der beste Thriller aller Zeiten sein, aber mir hat gefallen, wie ich falschen Fährten gefolgt bin, an anderen Stellen richtige Schlüsse zog und dennoch bis zum Schluss das Interesse nie verloren habe. Die Unterhaltung war durchgehend gegeben, nichts war langweilig und ich konnte mich komplett von der Geschichte treiben lassen. Das mag ich. Deshalb fünf Sterne.

Sandrine Mittelstädt gebührt ein gesondertes Lob. Ich habe ihr Ann komplett abgekauft. Sie hat sie authentisch gelesen und auch die Parts von männlichen Figuren nicht überspannt gesprochen. Sowohl Inhalt der Story als auch Emotionen hat sie wunderbar transportiert. Auch ihr ist viel von meinem Genuss zu verdanken!

Bewertung vom 18.02.2022
Metzger, Christine;Ruckser, Elisabeth

Brot backen, wie es nur noch wenige können


ausgezeichnet

Alles rund um das Brotbacken – traditionell, ehrlich, gut

Dieses Buch beinhaltet nicht einfach nur Rezepte für Brote mit Hefe oder Sauerteig, es erzählt im Grunde die Geschichte des Brotbackens. Hier wird ganz von vorne begonnen, mit dem Getreide und der "Erfindung der Landwirtschaft“. Das finde ich nicht nur alles super interessant und wichtig, sondern auch hilfreich für den Umgang mit dem Brotteig und dem Backen. Je mehr man von etwas weiß, desto besser kann man es verstehen und dann eben auch machen.

Sehr schön finde ich, wie die „Protagonisten“ portraitiert werden. Vom Bauer über den Müller bis zum Bäcker, jeder einzelne ist wichtig für das Gelingen des leckeren und nahrhaften Brotes. Auch Bräuche werden nicht vergessen und vorgestellt. Natürlich wird auf die unterschiedlichen Getreidesorten und Mehltypen ebenfalls eingegangen. Bevor ich mich näher mit Brot und den Arten, es zu backen, beschäftigt hatte, hat mich das alles gar nicht so interessiert. Seit ich die Unterschiede kennengelernt habe, nutze ich für alles, was ich backe, das „richtige“ Mehl, denn es ist erstaunlich, welche Unterschiede das am Ergebnis tatsächlich macht! In diesem Buch wird sehr gut und informativ darauf eingegangen. Ebenso auf Hefe und Sauerteig, wobei es auch ein Rezept für den selbst hergestellten Sauerteig (bzw. das Ansatzgut) gibt.

Nach ganz viel wunderbar geschriebener Information folgen ab Seite 160 siebzehn Brot-Rezepte. Diese sind klassisch aufgebaut und gut gekennzeichnet, ob mit oder ohne Sauerteig. Die Erklärungen sind verständlich und nachvollziehbar. Nur was „zu Franzosen formen“ bedeutet, ist mir nicht so ganz klar. Ich gehe davon aus, das sind lange schmale Brote, ähnlich den Baguettes.

Für mich ist dieses Buch ein sehr informatives Nachschlagewerk, das mich tief in die Geheimnisse guten Brotes eingeführt hat und mein Verständnis für die Zutaten und die Techniken sehr vergrößert hat. Noch immer stehe ich auf Kriegsfuß mit Sauerteig, doch dafür kann das Buch nichts. Sauerteig und ich, wir werden wohl in diesem Leben einfach keine Freunde mehr. Dennoch backe ich sehr gerne Brot (eben mit Hefe) und finde das wunderbar entspannend. Kein Genuss ist größer, als der von selbstgebackenem Brot!

Mir gefällt, wie die Autorinnen dem Leser dies alles näher bringen und dass viele andere Menschen zu Wort kommen. Natürlich sind auch die vielen Fotos ein Pluspunkt. Ich bin ein visueller Mensch und ziehe aus der Kombination Bild/Wort die meisten Informationen und kann sie so besser abspeichern. Ja, ich bin begeistert: fünf Sterne!