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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 567 Bewertungen
Bewertung vom 29.09.2017
Cuddeford, Meike

Tweed


gut

Im Mittelpunkt dieses Liebesromans steht Julia, eine junge Hamburgerin, die im Auftrag Ihres Chefs, eines halbseidenen Immobilienmaklers, in die Scottish Borders geschickt wird. Sie soll ein altes Gutshaus in der Nähe des Flusses Tweed auskundschaften und findet sich schnell zwischen zwei Stühlen, da die sympathische Eigentümerin zwar in finanziellen Schwierigkeiten steckt, aber das Anwesen nicht verkaufen möchte. Auch die Gefühlslage Julias ist sehr kompliziert: In der Welt ihres deutschen Freundes, eines "ewigen Studenten", der sich von seinen reichen Eltern aushalten lässt, fühlt sich die zielstrebige Julia nicht wohl, die sich als Waise schon früh alleine durchs Leben kämpfen musste. Und dann ist da auch noch ein Geschäftsmann aus London, der ihr immer wieder in den Borders über den Weg läuft ...

Die Geschichte ist durch zahlreiche gut charakterisierte Personen sehr abwechslungsreich, Meike Cuddeford versteht es, einen Spannungsbogen aufzubauen und bis zum Schluss zu halten. Die liebevollen, detaillierten Landschaftsbeschreibungen lassen wunderschöne Bilder der schottischen Grenzregion zu England vor dem inneren Auge entstehen, hier merkt man, dass die Autorin weiß, worüber sie schreibt: Sie hat ihren Mann Derek in Peebleshire geheiratet und wohnte jahrelang in den Borders.

"Tweed" hat alles, was einen Liebesroman ausmacht: zahlreiche Paare werden beschrieben, glückliche, verzweifelte, große Lieben, reine Sexbeziehungen, Ehepartner, die sich auseinander gelebt haben, Seitensprünge, erfüllter Sex ... Für Spannung sorgen zudem Intrigen und Verbrechen.

Dennoch konnte der Roman mich nicht ganz überzeugen. Je einen Punkt Abzug gibt es von mir für das verpixelte Cover sowie extrem viele Nebenschauplätze, von denen leider einige nicht weiterverfolgt werden.

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Bewertung vom 22.09.2017
Riebe, Brigitte

Marlenes Geheimnis


ausgezeichnet

Ein packender Historienroman, von der ersten bis zur letzten Zeile.
Nane kommt zur Beerdigung ihrer Großmutter an den Bodensee, wo sie etwas Ruhe in ihr verkorkstes Leben zu bringen hofft. Ein Familienzwist wühlt sie aber eher noch auf, ebenso das Tagebuch ihrer Oma, das sie erbt. Doch sie lässt sich darauf ein, und taucht tief in ihre Familiengeschichte ein ...
Autorin Brigitte Riebe wechselt geschickt zwischen zwei Zeitsträngen hin und her. Die Sprache lässt sehr emotionale Bilder im Kopf des Lesers entstehen, ohne kitschig zu werden.
Dass die promovierte Historikerin für den vorliegenden Roman ausführlich recherchiert hat, merkt man an vielen geschichtlichen Details. So bekommt man nicht nur eine gleichermaßen unterhaltsame wie bewegende Familiengeschichte mit starken Charakteren erzählt, sondern erhält quasi nebenbei auch noch eine spannende Geschichtsstunde über die Vertreibungen aus dem Sudetenland und die schwere Zeit für die Flüchtlinge nach dem Ende der deutschen NS-Diktatur.
Der Roman ist zwar unterhaltsam in dem Sinn, dass man völlig in die Geschichte eintauchen kann und beim Lesen alles um einen herum vergisst. Allerdings ist es keine leichte Kost, die Brigitte Riebe hier serviert. Ein Dorf voller Unschuldiger, von den Nazis im wahrsten Sinn von der Landkarte getilgt, Kinder, die das Töten mit ansehen mussten - das hat mich auch nach dem Lesen noch lange beschäftigt. Und das wiederum ist für mich ein hervorragendes Qualitätsmerkmal.
Ich kann das Buch aus vollem Herzen weiter empfehlen, und wünsche mir, dass es noch viele Leser findet, denn dieser Teil der deutschen Geschichte darf nie in Vergessenheit geraten.

Bewertung vom 20.09.2017
Schwarzinger, Yvonne;Lehmann, Herbert

Pflücksalat & Blattspinat


sehr gut

Ein Haiku zu Friséesalat - so ungewöhnlich lädt einen dieses hochwertige Kochbuch gleich zu Beginn dazu ein, die großartige Vielfalt des "Grünzeugs" zu entdecken.
Und das ist auch schon ein großes Plus: Hier werden viele Sinne angeregt, und die Kombination mit ein wenig Poesie gefällt mir ausgesprochen gut.
Die Rezepte sind äußerst vielseitig, es finden sich selbst für erfahrene Hobbyköche zahlreiche neue vegetarische Kompositionen, wie etwa Brennesseltartelettes mit Champignons oder süße Spinattorte mit Himbeeren. Aber auch Klassiker wie Bärlauch-Pesto oder Thousand Island Dressing werden beschrieben.
Das Layout ist modern und ansprechend, die professionellen und sehr ästhetischen Bilder des mehrfach ausgezeichneten Fotografen machen Appetit, und am Ende des Buches findet sich ein - zumindest für Nichtösterreicher - hilfreiches Glossar.
Über das ganze Buch verteilt, aber über das Inhaltsverzeichnis dennoch gut zu finden, ist eine kleine "Grünzeug-Kunde", von Bärlauch und Blattspinat bis hin zu Rucola und Zichorie.
Die Gerichte sind überwiegend einfach zuzubereiten, allerdings erfordert so manches Rezept einen großen Zeitaufwand. Hier merkt man, dass die Autorin Sterneköchin ist.
Nicht jeder möchte aber für einen Salat stundenlang in der Küche stehen, daher (neben einer größeren Schrift) auch mein einziger Wunsch für eine Neuauflage: Angaben der Zubereitungsdauer der einzelnen Rezepte.
Davon abgesehen ist "Pflücksalat & Blattspinat" ein sehr empfehlenswertes Kochbuch, das frischen Wind in jede Küche bringt. Ich werde das Buch auf jeden Fall nochmal als Geschenk kaufen, und es nicht nur an Vegetarier verschenken.

Bewertung vom 08.09.2017
Silberer, Renate

Das Wetter hat viele Haare


ausgezeichnet

Mitreißende Erzählungen um Beziehungen, Familiengeschichte und Freunde der Protagonistin Annemarie. Die einzelnen Kapitel können auch als eigenständige Erzählungen gelesen werden, sie sind wie einzelne Fäden, die sich ab und an berühren oder verknoten, aber erst zum Ende zu einer gemeinsamen Geschichte verwoben werden.

Der Stil ist ungewöhnlich, mit vielen abgehackten, unvollendeten Sätzen bzw. Gedanken, Beschreibungen der Realität wechseln mit (tag)traumartigen Sequenzen, nicht immer ist auf Anhieb klar, was ist passiert, was wird gedacht, was wurde geträumt.

Die fragmentarische Erzählweise mag anfangs verwirren, doch lässt man sich als Leser darauf ein, taucht man umso tiefer in die Geschichte ein.

Ein sehr anrührendes Buch, dass mich sehr gefesselt und berührt hat. Psychische Ausnahmezustände werden ungewöhnlich beschrieben und sehr gut nachvollziehbar. Ich hatte beim Lesen großen Bedarf, mich mit anderen über die Geschichte auszutauschen; ein Zeichen dafür, dass die Story über viel Tiefgang verfügt.

Für alle, die den Versuch wagen, einen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt einer jungen Frau zu bekommen, ist "Das Wetter hat viele Haare" eine lohnende Lektüre.