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smartie11
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Insgesamt 933 Bewertungen
Bewertung vom 17.09.2018
Lambertus, Hendrik

Nicodemus Faust und das Haus der 100 Schlüssel


ausgezeichnet

Ein im wahrsten Sinne des Wortes phantastisches Abenteuer!

„Das war ein erstklassiger Geistervilla-Traum mit jeder Menge Effekten.“ (S. 73)

Unsere Meinung:
Während seine Eltern auf eine geheimnisvolle Expedition gehen, soll Nicodemus Faust die Ferien bei seinem Onkel Erasmus in der Villa Drosselbach verbringen. Die alte Villa ist vollgestopft mit alten Gegenständen, hat jede Menge merkwürdig verzierte Türen und im verwunschenen Garten glaubt Nicodemus, einen Leoparden gesehen zu haben. Schnell wird klar, dass dies ein Ort voller Geheimnisse ist, der auch manch eine Gefahr birgt…

Von Beginn an hat uns diese Abenteuer- und Fantasygeschichte voll und ganz in ihren Bann gezogen. Schon auf den ersten Seiten schafft Autor Hendrik Lambertus es, Spannung zu erzeugen und eine unglaublich tolle und geheimnisvolle Atmosphäre kreieren. Zusammen mit dem sympathischen Protagonisten Nicodemus erforschen wir die alte Villa und ihre Geheimnisse und stoßen dabei schnell auf wirklich unglaubliche Vorgänge und auch mystische Wesen. So entwickelt diese Geschichte einen Sog, dem sich weder mein Sohn (10) noch ich (ü40) wiedersetzen konnte – am liebsten hätten wir das Buch in einem einzigen Rutsch durchgelesen! Durch das gesamte Buch hinweg gibt es immer wieder fantastische Details zu entdecken, mystische Wesen kennenzulernen und die ein oder andere Überraschung zu erleben. Es ist wirklich eine ganz wunderbare und geheimnisvolle Welt, die Welt Hendrik Lambertus hier erschaffen hat. Neben der tollen Story und der unglaublich dichten Atmosphäre besticht dieses Buch auch durch seine wunderbaren Charaktere. Dabei hat uns insbesondere Mandragora vom Krähenhorst begeistert, die mit ihrem trockenen Humor und flotten Sprüchen für zusätzliche Unterhaltung gesorgt hat.

Last but not least möchte ich noch das wunderbare Artwork von Alexandra Helm erwähnen, die neben dem Cover alle Kapitel mit einem eigenen schwarz-weiß Titelbild versehen hat und die Atmosphäre der Geschichte ganz wunderbar eingefangen hat.

Vom „Lesegefühl“ hat mich dieses Buch ein wenig an den ersten „Harry Potter“-Band erinnert, so dass ich sehr hoffe, dass es noch einige Folgebände geben wird!

FAZIT:
Ein wunderbarer Abenteuer- & Fantasyroman, den wir nur allerwärmsten empfehlen können!

Bewertung vom 06.09.2018
Lambeck, Silke

Mein Freund Otto, das wilde Leben und ich


ausgezeichnet

Ein tolles, modernes Kinderbuch für Klein und Groß

„Ich schluckte eine Antwort runter und setzte mich. Was dazu führte, dass sie mir unangenehm im Hals hing.“ (S. 126)

Meine Meinung:
In diese Geschichte findet man wirklich ganz schnell hinein, denn sie ist wie aus dem Leben gegriffen und beginnt wunderbar „normal“. Die Schüler Matti und Otto, die allerbesten Freunde, sollen für Musik einen eigenen Rap schreiben und vortragen. Das passt eigentlich ganz prima, denn die beiden Jungs finden, dass ihr Schülerleben zwischen Yogakurs, Fechtstunden und Klavierunterricht ruhig ein bisschen „wilder“ sein dürfte. Sie könnten doch auch mal ein bisschen „Gangsta“ sein, so wie der erfolgreiche YouTube-Star „Bruda Berlin“. Aber worüber sollen sie bloß rappen? Da bietet sich doch gleich der motzige Kioskbesitzer und Kinderfeind Horst „Hotte“ Zimmermann an. Doch als sie Hotte und seinen leicht abgewetzten Kiosk mal genauer unter die Lupe nehmen wollen, stellen sie fest, dass hier etwas Böses droht und die Geschichte nimmt von da ab einen ganz unerwarteten Lauf…

Otto und Matti – ein wirklich wunderbares Duo, das man von Anfang an nur gern haben kann! Aus Kindersicht freut es sicherlich, dass die beiden mal ein bisschen rebellisch sein wollen (vielleicht sogar mal eine Yogastunde schwänzen?), aus Elternsicht freut es mich, dass die beiden sich dabei aber einig sind, dass sie mit dem „Rebellentum“ niemandem wirklich schaden wollen. So entspinnt sich eine moderne und spannende Geschichte, in deren Verlauf Autorin Silke Lambeck für ihre beiden Helden und auch die Leser die ein oder andere Überraschung bereithält. So macht es wirklich Spaß, Otto und Matti auf ihrem kleinen Großstadtabenteuer zu begleiten, mit ihnen mitzuzittern, mitzufiebern, mitzuleiden und mitzufreuen.

Das besondere an dieser Geschichte sind aber nicht „nur“ die gelungenen Charaktere und die unterhaltsame Story, sondern insbesondere auch die vielen ernsten Themen, die ganz „nebenbei“ und oft unterschwellig mitschwingen und diesem Kinderbuch eine gehörige Portion Tiefgang verleihen. Ganz konkret geht es hier u.a. um Klischees und Vorurteile, Freundschaft, Vertrauen und Mut. Daneben geht es auch noch um Gentrifizierung und das Recht auf Selbstbestimmung, gerade für Kinder. Es ist wunderbar zu lesen, wie Otto und Matti über sich hinauswachsen und für andere einstehen, und toll, wie sie Erwachsenen aufzeigen, dass Vorurteile meist nichts anderes sind als Vor-Urteile. Hier zeigen die „Kleinen“ den „Großen“ mal, wie man es richtig macht. Eine tolle Botschaft, gerade für die jüngeren Leser!

FAZIT:
Ein modernes Buch für mehr Mut, Zusammenhalt und Vertrauen - Und ein Buch gegen Vorurteile, Klischees und Fremdbestimmung. Einfach toll!

Bewertung vom 03.09.2018
Capus, Alex

Königskinder


ausgezeichnet

Eine kleine literarische Perle – gekonnt erzählt und in Szene gesetzt


Meine Meinung:
Auf einem Alpenpass, mitten im Schneegestöber, bleiben Max und Tina mit ihrem Auto liegen. Eine lange, einsame, kalte und dunkle Nacht im Auto steht ihnen beiden bevor und Max beginnt, Tina die Geschichte von Jakob Boschung und Marie-Francoise Magnin zu erzählen, die sich in diesem abgelegenen Teil der Alpen vor mehr als 200 Jahren genau so zugetragen haben soll…

Alex Capus versteht es wirklich, Geschichten zu erzählen! Seine Idee, eine Geschichte in einer Geschichte zu verpacken, ist zwar nicht neu, gefällt mir aber sehr gut und ist sehr gelungen umgesetzt. Seine Protagonisten mochte ich von Anfang. In der Gegenwart haben wir das Ehepaar Max und Tina, die sich in den großen Fragen des Lebens schon immer einig waren, bei den kleinen Dingen des Alltags aber meist in Diskussionen und kleine Streitereien verfallen. Ganz herrlich alltäglich ist beispielsweise ihre Disput darüber, wann man die Scheibenwischer anzustellen hat (und wann eben nicht). Doch auch wenn die beiden sich immer wieder kabbeln, merkt man doch im Verlauf der Geschichte, wie nah sie sich sind und wie liebevoll sie auch nach den vielen gemeinsamen Jahren noch immer miteinander umgehen können. Da sind diese kleinen Gesten, Berührungen und die Gabe, sich auch ohne Worte zu verstehen. Wunderbar.

In der Vergangenheit dreht sich diese Geschichte um den einsamen Kuhhirten Jakob, der schon früh seine ganze Familie verloren hat, und die selbstbewusste Marie-Francoise Magnin, die Tochter des reichsten Bauern im Tal. Capus erzählt die Geschichte ihres Lebens und verwebt sehr gekonnt historische Fakten und Persönlichkeiten mit seiner fiktiven Story und gibt dem Schicksal von Jakob und Marie somit einen realen Rahmen. Der Leser erfährt etwas von den Kinderschuhen der Luftfahrt, als die Gebrüder Mongolfier ihren ersten Ballon steigen lassen , von den erheblichen Umweltbelastungen durch den Ausbruch des Vulkans Laki oder auch von den dramatischen Vorwehen der französischen Revolution. Dabei zeichnet er Bilder der damaligen Zeit, die nichts mit der so weit verbreiteten verklärten Romantik zu tun haben. Das Schloss Versailles ist zu dieser Zeit eben nicht das strahlende Märchenschloss, sondern ein von Ruß geschwärztes, stellenweise verkommenes Bauwerk, umgeben von verwilderten Parkanlagen und bewohnt von einem Adel, der schon längst die Verbindung zur Realität verloren hat – und alle Sitten und den Anstand noch dazu.

Es ist eher eine Geschichte der leisen Töne, die Capus hier durch Max erzählt und ich mag Max´ Art zu erzählen und Tinas´ Art, mal kritisch, mal sehr interessiert nachzufragen. Das sorgt für Abwechslung und Unterhaltung. Capus verfügt dabei über einen unglaublich eingängigen, leichten und poetischen Schreibstil und einen ganz wunderbaren, meist unaufdringlichen Humor („Ich werde froh sein, wenn du eingeschlafen bist, dann kann ich besser erzählen.“ - S. 36). Darüber hinaus würzt Capus seine Geschichte immer wieder mit Worten, die mir neu sind und die ganz hervorragend zu dieser Geschichte passen und ihr einen eigenen Charakter verleihen, wie etwa „vergandete Äcker“, die „mesmerisierte Marie“ oder auch eine „neoalemannische Alpenhelvetik“ (S. 156).

Nur mit dem Ende der Geschichte war ich zuerst ein wenig unzufrieden, kam es für meinen Geschmack doch viel zu schnell, ja fast schon überstürzt daher. Man hätte beinahe das Gefühl haben können, Capus hätte die Lust am Schreiben verloren und seine Geschichte möglichst fix beenden wollen. Je länger ich aber darüber nachgedacht habe, desto besser hat das Ende der Geschichte um Jakob und Marie zum Ende der Geschichte von Max und Tina gepasst – denn ein ganz besonderer Zauber war verflogen.

Alles in allem aber ein Buch, das mich ganz wunderbar unterhalten hat!

FAZIT:
Ein ganz wunderbar erzähltes Kleinod der modernen Literatur.

Bewertung vom 23.08.2018
Glynn, Connie

Geheimnisse / Prinzessin undercover Bd.1


sehr gut

Von Portern und Partisten – eine unterhaltsame Young Adult-Story mit Potenzial

Meine Meinung:
Lotti Pumpkin, Waise und ein ganz normales, bürgerliches Mädchen, taucht durch ein Stipendium wie Aschenputtel in die High-Society-Welt des alt-ehrwürdigen Internats von Rosewood Hall ein. Ihre Zimmergenossin, die zunächst kantig und rauh wirkende Elli, scheint hingegen mit dem ganzen Glitzer und Glamour überhaupt nichts am Hut zu haben. Niemand weiß, dass Eleanor “Elli” Prudence Woolfson die Prinzessin und Thronerbin des kleinen Königreiches Maradova ist. Als unter der Schülerschaft durchsickert, dass die Prinzessin unerkannt in Rosewood Hall studiert, sind sich alle sehr schnell einig: Lotti muss die königliche Hoheit sein!

Der Beginn und weite Strecken des Buches haben einen klassischen Young-Adult- und Coming-of-Age-Charakter. Es dreht sich alles um das Internats-Universum mit seinen Lehrern und Schülern und deren kleineren und größere Sorgen. Es geht um Freundschaft, Zusammenhalt, Cliquen, Gerüchte, Schwärmereien und die ein oder andere kleine Intrige oder Fehde. Selbstverständlich sorgt das Verwirrspiel um die wahre Identität der Prinzessin für die ein oder andere skurrile Situation und natürlich ganz viele Missverständnisse. Hier hat mich das Ganze ein bisschen an die frühen Filme von Anne Hathaway („Plötzlich Prinzessin“) erinnert. Es ist eine Geschichte, die flüssig voranschreitet und durchaus gut unterhält (wenn man denn solche Geschichten mag). Erst nach und nach und zu Beginn sehr vorsichtig dosiert, streut Autorin Connie Glynn mal hier, mal dort ein Quäntchen Spannungsmoment mit ein, denn in Rosewood Hall sind nicht alle Schülerinnen und Schüler der Prinzessin wohl gesonnen. In immer kürzer werdenden Abständen tauchen bedrohliche Schriften auf und düstere Wolken ziehen sich über dem Internat zusammen. Für meinen Geschmack hätte das Spannungsmoment in diesem Buch ausgeprägter sein dürfen, zumal die Kurzbeschreibung für mein Empfinden mehr Spannung versprochen hat. Wahrscheinlich wird der Spannungslevel beim Nachfolgeband, der für Anfang 2019 avisiert ist, deutlich höher liegen.

Besonders gut gefallen hat mir indes das besondere Konzept der „Porter“ und „Partisten“, über deren Rolle ich hier noch nichts verraten möchte. Überzeugt haben mich auch die Charaktere, die auf mich insgesamt glaubhaft, plastisch und lebendig gewirkt haben, und der Schreibstil Glynns, der flüssig, jung und frisch ist und zu unterhalten weiß.

FAZIT:
Ein unterhaltsames Buch mit ein paar Spannungselementen, das einen soliden Grundstein für die Folgebände legt.

Bewertung vom 22.08.2018
Baer, Udo

Die Weisheit der Kinder


ausgezeichnet

Ein Buch zum Augen öffnen und Nachdenken – eine klare Leseempfehlung für alle, die mit Kindern zu tun haben

„Dieses Buch soll deshalb ein Kinder-Versteher-Buch sein.“ (S. 10)

Meine Meinung:
Erziehungsratgeber gibt es ja inzwischen wie Sand am Meer. Autor Udo Baer, Vorsitzender der „Stiftung Würde“ und Gründer der „Zukunftswerkstatt therapie kreativ“, hat sich mit seinen vorangegangenen Büchern in Sachen „Gefühle“ und „Würde“ einen Namen auf dem Sachbuchmarkt gemacht. Umso gespannter war ich auf „Die Weisheit der Kinder“. Bereits im Vorwort findet Udo Baer für meinen Geschmack überzeugende Worte: „Das, was wir Erwachsene als kindliches Lernen bezeichnen, ist ein immerwährendes Bemühen um Verstehen und Verständnis. (…) Umso wichtiger ist es, dass auch wir Erwachsene uns darum bemühen sollten, Kinder zu verstehen“ (S. 9). Gerade dieser letzte Satz ist für mein Empfinden ungeheuer wichtig und gibt schon einen guten Ausblick, in welche Richtung dieses Buch geht.

Das Buch ist aufgeteilt in drei Segmente. Im ersten Teil, „Kinder verstehen“ (S. 13 – 138), skizziert der Autor in 39 kurzen und kurzweiligen Kapiteln die unterschiedlichsten Verhaltensweisen und –muster, die Kinder so an den Tag legen können. Jeder, der regelmäßig mit Kindern zu tun hat (sei es privat und / oder beruflich) wird hier sicherlich Einiges wiedererkennen (so wie ich auch). Es geht beispielsweise um die scheinbar grenzenlose kindliche Neugier, um das unterschiedliche „Zeiterleben“ zwischen Kindern und Erwachsenen, Besserwisserei oder auch das Einnässen. Jedes dieser Themen beginnt der Autor mit Fallbeispielen („Kinderszenen“), erklärt die Hintergründe („Verstehen“) und den tieferen Sinn, der dahinter stecken kann („Leid, Sinn, Weisheit“). Selbstverständlich sind dies keine „Universallösungen“, sondern mögliche Erklärungsansätze – aber sicherlich sind Baers Tipps es wert, ausprobiert zu werden! Der Kernaspekt ist dabei, den Leser dazu anzuregen, darüber nachzudenken, was das Kind wohl mit seinem Verhalten spiegeln will (ob nun bewusst oder unbewusst). Das kann manchmal überraschend einfach sein, manchmal aber auch sehr komplex.

Es schließt sich ein Teil mit „14 Empfehlungen für Eltern und andere Erwachsene“ (S. 141 – 161) an, sozusagen die „Kernessenz“ aus den vorangegangenen 39 kurzen Kapiteln. Vieles hiervon erscheint sicherlich auf den ersten Blick als selbstverständlich – ist es im Alltag nur leider nicht immer. Umso wichtiger ist es, dass der Autor dies den Lesern noch mal prägnant vor Augen führt. Das Buch schließt mit dem Kapitel „Welche Geschenke Kinder brauchen“ (S. 162 – 173). Selbstverständlich geht es hier nicht um materielle Geschenke, sondern darum, wie wir mit unseren Kindern umgehen, ihnen begegnen sollten.

Ich kann gar nicht beurteilen, ob Udo Baer in diesem Buch viele neue Erkenntnisse präsentiert. Das ist für meinen Geschmack aber auch eher zweitrangig, denn das Wichtigste überhaupt schafft er mit seinem Buch (bei mir) auf jeden Fall: Mich zum Nachdenken und zur Selbstreflektion anzuregen. Denn an vielen Stellen bietet er auch Fragen / Hinweise zum konkreten Reflektieren des eigenen Verhaltens bzw. der eigenen Erfahrungen an.

Besonders gut gefallen haben mir die vielen prägnanten und einprägsamen Sätze gefallen, die sich quer durch das ganze Buch verteilt finden. Hier ein paar Beispiele:

„Wer still ist, kann innerlich voller Lärm sein.“ (S. 17)

„Aber es gibt kein »zu viel« kindlicher Neugier.“ (S. 22)

„Kinder haben also oft keine Worte, uns Erwachsenen das mitzuteilen, was sie bewegt.“ (S. 142)

Meine Empfehlung: Nehmen Sie sich nur einen Nachmittag (oder Abend / oder Vormittag) Zeit, und lesen Sie dieses Buch! Selbst wenn man nur ein paar der Kernthesen verinnerlicht, hat man schon den ersten Schritt in Richtung zu mehr Verständnis geschafft!


FAZIT:
Ein Buch zum Augen öffnen und Nachdenken – und bestens investierte rd. vier Lesestunden für ein besseres Miteinander mit den Kindern!

Bewertung vom 14.08.2018
Rother, Stephan M.

Die Prophezeiung des magischen Steins


ausgezeichnet

Spannende und sehr atmosphärische High Fantasy – nicht nur für jüngere Leser!

„Auf dunklen Pfaden irrte ich.
In weiter Ferne zeigte sich,
wie ein Versprechen lockte mich
ein Traum.

So bleiern taub und erdenschwer
Stand ich im fernen Ungefähr.
Es zog mit macht mich zu sich her
Ein Traum.

Die Schwinge hebt sich, Wind erwacht,
das Silberlaub erzittert sacht,
die Wahrheit wird ans Licht gebracht.
Ein Traum.“ (S. 208)

Meine Meinung:
Dass Stephan M. Rother (u. A.) überzeugende und wortgewaltige High Fantasy für Erwachsene schreiben kann, hat er zuletzt mit den „Königsblut-Chroniken“ eindrucksvoll bewiesen. Nun hat er mit „Die Prophezeiung des magischen Steins“ auch einen High Fantasy Roman für jüngere Leser vorgelegt.

Jahrhunderte nach den letzten Kriegen gegen den dunklen Herrscher Montezuma lebt das Königreich von Güldenthal in Wohlstand und Frieden. Doch letzterer wird immer mehr zu einem Trugschluss, denn hoch im Norden formiert sich eine neue Gefahr, die mitunter tödlicher sein könnte als der legendäre Montezuma selbst. Ausgerechnet den Barden-Lehrling Dafydd wählt das Schicksal aus, um sich auf eine abenteuerliche und höchst gefährliche Mission zu begeben…

Ich habe wunderbar schnell und problemlos in die Geschichte hineingefunden und mich sogleich mit den beiden Hauptcharakteren Dafydd und Prinzessin Livia angefreundet. Die Handlung nimmt sehr schnell an Fahrt auf und die kleine Reisegruppe der so ungleichen Gefährten beginnt ihr Abenteuer, das sie bis an die Grenzen des großen Reiches und darüber hinaus führen wird. Zunächst erzählt der Autor dieses Abenteuer aus der Sicht Dafydds, später kommen zwei weitere Handlungsstränge hinzu, was die Spannung und auch das Tempo auf angemessen hohem Niveau halten.

Man merkt diesem Buch an, dass Stephan M. Rother mit diesem Roman die High Fantasy auch jüngeren Lesern näher bringen möchte. Das Motiv, das er für seine Geschichte ausgesucht hat, ist ein ganz klassisches High Fantasy-Motiv: Eine Mission mit langer und gefahrenvoller Reise, die er spannend und immer wieder überraschend in Szene zu setzen weiß und damit seine Leser bis zu den letzten Seiten in seinen Bann zieht. Zu Beginn hat sein Setting dabei noch eher den Charakter eines klassischen Märchens, doch im Verlauf der Geschichte werden die einzelnen Schauplätze immer phantastischer und atmosphärischer. Sei es Erad´Or, das sagenumworbene Reich des alten Elben-Volkes, oder auch die unwirtliche Eisfestung Montezumas.

Die Charaktere, denen wir auf dieser Reise begegnen, sind höchst unterschiedlich und in größten Teilen wirklich durch und durch sympathisch. Allen voran natürlich Dafydd, der junge (Anti-)Held wider Willen, sowie seine ganz und gar nicht Prinzessin-like Freundin und Thronfolgerin Livia, die sowohl für Jungs als auch für Mädels eine passende Identifikationsfigur bieten. Während der Barde Palatin für die Fantasy-typische Tiefe sorgt, bringen der kleine, ewig hungrige „Knuddel“-Gnom Memphistopheles („Memphy“) und die Zauberin Morgat mit ihren trockenen Sprüchen ("Und ich habe ziemlich lange keinen dermaßen unaufgeräumen Kopf mehr gesehen" - S. 68) gekonnt Spaß und Schwung in die Geschichte, ohne es ins Lächerliche abdriften zu lassen. Sehr geschickt gemacht!

Auch der Schreibstil passt perfekt zu einem rundum gelungenen High Fantasy Werk für jüngere Leser. Er lässt sich flüssig und doch abwechslungsreich lesen und transportiert stets die richtige Atmosphäre. Der sehr wortgewaltigen und blumigen Schreibstil, den ich von Stephan M. Rothers „Königsblut-Chroniken“ kenne und schätze, blitzt hier stellenweise durch die Worte des Zwerges Fhargolf auf.

Alles in allem ein absolut „rundes“ Werk, um jüngeren Lesern das Genre „High Fantasy“ schmackhaft zu machen, aber auch für Erwachsene wie mich ein kleiner Lese-Leckerbissen.

FAZIT:
Ein rundum gelungenes High Fantasy Werk, nicht nur für jüngere Leser ab ca. 12 Jahren, sondern auch für Erwachsene.

Bewertung vom 03.08.2018
Hudson, Gabe

Gork der Schreckliche


weniger gut

Zu wenig Handlung, ständige Wiederholungen und ein „Humor“, der mir wenig zusagt

„Mein jumbogroßes Herz lotst meinen schuppigen Arsch durch den Irrsinn.“ (S. 87)

Meine Meinung:
Ich liebe gute Fantasy, mag sehr gerne humorvolle Geschichten und auch überzeugende Science Fiction. Beispielsweise die (größtenteils) wunderbaren Bücher von Terry Pratchett, Douglas Adams oder auch Walter Moers. Etwas Ähnliches hatte ich mir von „Gork – der Schreckliche“ erwartet und mich sehr auf die Lektüre gefreut. Doch meine Erwartungen wurden in nahezu jeder Hinsicht enttäuscht.

Die Handlung dreht sich um den Teeny-Drachen Gork, der als Kleindrache auf der Erde aufwuchs und von seinem Großvater „Dr. Schrecklich“ zurück auf den Heimatplaneten Blegwesia gebracht wurde. Dort versucht Gork nun mit allen Mitteln, die angebetete Drachendame Runcita zu überzeugen, seine „Königin“ zu werden und seine Eier zu legen. Doch leider ist Gork eher der absolute Loser an der WarWing-Akademie (Spitzname „Weichei“ und WILLE-ZUR-MACHT-Status „Kuschelbär“) und stolpert von einer blöden Situation in die nächste und zu allem Übel beträgt seine Todeschance an diesem so wichtigen Tag 99,9%. So – damit habe ich nahezu die komplette Handlung der ersten 300 Seiten verraten! Erst auf den letzten ca. 100 Seiten kam ein klitzekleines bisschen Spannung auf, dafür wurde die Geschichte aber noch abstruser als sie es zuvor schon war. Ich hatte über das gesamte Buch hinweg das Gefühl, dass der Autor gar keinen roten Faden, keinen Plan für (s)eine Geschichte hatte und einfach nur ein „lustiges“ Buch schreiben wollte.

Leider war der Humor auch nicht nach meinem Geschmack. Zu viel Slapstick, zu gewollt erscheinende Zoten und dazu noch einige Szenen, die wohl lustig sein sollten, die ich aber eher abstoßend fand. Ein Beispiel dafür ist die in der Akademie wohl regelmäßig stattfindende Exekution junger Kadetten durch den Dekan (wohl eher: Diktator) Flup und auch das ansonsten wohl übliche regelmäßig auftretende vorzeitige Ableben von jungen Kadetten, die z.B. von anderen gefressen werden oder bei Feuerstößen einfach im Weg stehen (es gibt sogar eine WarWings-Todesliste!). Wie gesagt: überhaupt nicht mein Humor. Darüber hinaus geht es stellenweise recht derbe zu: Da werden Augäpfel ausgepickt, Flügel abgerissen oder Drachen einfach gleich ganz zermatscht. Damit könnte ich ja umgehen, wenn es denn zur Story (die es hier ja nicht gibt) passen würde.

Last but not least hat mich der Schreibstil des Autors enttäuscht. Neben sehr vielen Kraftausdrücken (schei*, H*rensohn, gei*e Schnecke und so weiter und so fort…) haben mich insbesondere die gefühlt unzähligen Wiederholungen genervt. Wenn Gork von seinen Füßen spricht (und das tut er wirklich oft), dann sind es immer seine „schwimmhäutigen Füße“ und wie oft die Redewendung „mein schuppiger, grüner Arsc*“ vorkommt, kann ich gar nicht sagen – es muss gefühlt weit über 100 mal sein. Auch die Flügel der „Normalo“-Drachen sind immer „ledrig“. Ein anderes Adjektiv für Drachenflügel ist dem Autor wohl nicht eingefallen. Neben der fehlenden Story haben diese stetigen Wiederholungen die Langeweile beim Lesen stark befeuert.

Lediglich ein paar einzelne Ansätze fand ich ganz interessant, wie z.B. die Athenos (ein Raumschiff mit Herz und Gefühlen), und es gab zumindest einen einzigen Charakter, der mit gefallen hat: die coole Robo-Drachendame Fribby.

FAZIT:
Keine Story, kein überzeugender Humor und dazu noch ständige Wiederholungen – für mich eine absolute Enttäuschung.