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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1117 Bewertungen
Bewertung vom 18.01.2024
Mabanckou, Alain

Das Geschäft der Toten (eBook, ePUB)


sehr gut

Der kongolesische Schriftsteller Alain Mabanckou lässt in seinem Roman "Das Geschäft der Toten" die Verstorbenen aus ihren Gräbern steigen, um sich an korrupten Lebenden zu rächen.

Wir begleiten Liwa Ekimakingaï, den Küchengehilfen im Hotel Victory Palace in Pointe-Noire, der am Abend des kongolesischen Nationalfeiertag die geheimnisvolle Adeline in einem Nachtklub trifft. Ganz Gentlemen, begleitet er sie nach Hause und findet sich am nächsten Morgen in einen Sarg, auf dem Weg Richtung Friedhof Frère-Lachaise wieder.

Seiner eigenen Beerdigung zuzusehen? Klingt doch ein wenig schräg, oder?

"Von Weitem siehst du deinen Leichnam unter einem Unterstand aus Palmblättern liegen, umgeben von weinenden Frauen im fortgeschrittenen Alter. Der Anblick einer solchen Körperhaltung gefällt dir gar nicht, und du weigerst dich, zu glauben, der Leichnam, an dem hier Totenwache gehalten wird, sei deiner, der von Liwa Ekimakingaï."

Wer jetzt noch irritiert den Namen des Friedhofs liest und an den in Paris denkt, hat recht, denn dieser Roman ist auch eine bitterböse Satire auf die französische Kolonialzeit.

"Diese Erde gehörte den Schwarzen, die anderen Rassen sind gekommen, um uns auszulöschen, weil wir schön, stark, tapfer und gastfreundlich waren. (…) Der Herr ist hier bei uns, mit uns! Die Weißen haben alles auf der Erde verdorben mit Kriegen, Sklaverei, Nazismus, Kolonialismus und seinen bizarren Auswüchsen!"

Der Autor Alain Mabanckou kehrt mit diesem Buch erneut in seine Heimatstadt Pointe-Noire in der Republik Kongo zurück, aus der er Ende der 1980er-Jahre zwecks Jura-Studium nach Paris aufgebrochen ist.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Roman, der skurrile Begegnungen im Zwischenbereich von Diesseits und Jenseits beschreibt, 4 Sterne.

Bewertung vom 18.01.2024
Feil, Wolfgang;Homburg, Tobias

Arthrose endlich heilen


weniger gut

Als Betroffene (Arthrose Stadium IV in beiden Kniegelenken) war ich natürlich auf dieses Buch sehr neugierig. Ich finde den Titel schon recht provokant und frage mich daher, ob das Buch, das halten kann, was er verspricht. Denn so überbordende Beschreibungen wie "bahnbrechend", "perfekt", "revolutionär" oder gar "wundervoll" wirken auf mich reißerisch und befremdlich.

Der Beginn liest sich wie ein Auszug aus dem Chemie-Buch und die Autoren sind keine Ärzte. Wolfgang Feil ist Biologe und Tobias Homburg Physiotherapeut.

Die Tabellen sind zum einen Teil interessant, zum anderen aber, wenn man wenig naturwissenschaftliche Kenntnisse, kaum zu verstehen. Da braucht es schon einen "Übersetzer" wie Arzt, Apotheker oder Ernährungsberater.

Dass Reduktion von Alkohol- und Fleischkonsum Entzündungen im Körper verringern bzw. erst gar nicht entstehen lassen kann, ist jetzt keine bahnbrechende Neuigkeit. Auch regelmäßige, gelenkschonende Bewegung hilft, chronische Schmerzen zu verringern. Beides habe ich unter (fach)ärztlicher Aufsicht selbst ausprobiert und gute Erfolge damit erzielt.

Nicht glauben kann ich, dass Knorpeldefekte (sogenannte Knorpelglatzen) nur durch eine entsprechende Ernährung von selbst heilen und der Knorpel nachwächst. Aufgrund seiner Beschaffenheit (fehlende Blutversorgung) kann sich der Knorpel nicht selbst reparieren.

Witzig finde ich die "Frolox-Familie", diese Zeichnungen sollen gute Bausteine der Nahrung symbolisieren. Die fünf (!) Basis- und neun (!) Einstiegsrezepte zeigen in die richtige Richtung, sind aber für eine komplette Ernährungsumstellung viel zu wenig.

Was bei mir aber einen schalen Nachgeschmack hinterlässt und mich wirklich stört, sind die drängenden Empfehlungen zur Einnahme von teuren Nahrungsergänzungsmitteln, die - oh Wunder - von einer im Familienbesitz befindlichen Firma vertreiben werden. Das stellt für mich persönlich die Glaubwürdigkeit der Methode infrage. Da helfen auch noch so viele Erfahrungsberichte dankbarer Patienten nicht. Im Gegenteil, die wirken wie bezahlte Anzeigen aus der Werbung.

Conclusio:

Dass eine allgemein gesunde Lebensführung mit einer vernünftigen, entzündungssenkenden Ernährung sowie gezielten Bewegungsübungen, ergänzt von einer evtl. erforderlichen Gewichtsreduktion einer Arthroseerkrankung vorbeugen oder eine Verschlimmerung verhindern kann, wird wohl ohnehin niemand abstreiten wollen. Dass man durch Einnahme von teuren Nahrungsergänzungsmitteln eine „Heilung“ von Arthrose herbeiführen kann, muss ich mit einem Zitat aus Goethes Faust quittieren:

„Die Botschaft hört ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ (Faust I/J. W. Von Goethe)

Fazit:

Diesem Buch, das bei vielen von Arthrose geplagten Schmerzpatienten vermutlich nicht erfüllbare Hoffnungen weckt, kann ich wegen der unsäglichen subtilen Werbung für Nahrungsergänzungsmittel aus der eigenen Firma nur 2 Sterne geben.

Bewertung vom 18.01.2024
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman


ausgezeichnet

Nachdem Chani Kaufmann gegen alle Widerstände (und ohne jüdischen Heiratsvermittler) ihren Baruch Levy geheiratet hat, warten alle Verwandten (und vor allem Baruchs Mutter) auf die erlösende Bekanntgabe einer Schwangerschaft. Denn, was ein geachteter Rabbi sein will, der muss viele Kinder haben. Nun ja, sein Anteil an einer Schwangerschaft ist relativ gering. Leidtragende sind immer die Frauen in der jüdisch-orthodoxen Welt, die im Durchschnitt jedes Jahr ein Kind zur Welt bringen. Aufgrund der zahlreichen religiösen Vorschriften, die auch das Eheleben reglementieren, sollte es eigentlich bei nahezu jedem Geschlechtsverkehr zu einer Schwangerschaft kommen, denn Sex ist nur während des engen Zeitfensters rund um den Eisprung gestattet. Doch ein Kind will und will sich nicht einstellen.

In ihrer Verzweiflung wenden sich Chani und Baruch an eine nicht-jüdische Fruchtbarkeitsklinik. Hier erfährt Chani das erste Mal Grundlegendes über ihren Zyklus aus medizinischer und nicht aus religiöser Sicht. Nach verschiedenen Tests ist klar, Chanis Eisprung ist viel zu früh, nämlich schon am achten Tag nach der letzten Blutung.

„Aber Gott kann sie nicht schwängern, meine Liebe. Das kann nur Sex.“
Chani biss die Zähne zusammen:
„In meiner Welt kann Gott alles. Und IHM muss man gehorchen. Was einen frühen Eisprung zu einem echten Problem macht.“

Denn die jüdischen Gesetze verlangen, dass sich der Mann seiner Frau erst nach dem 12. Tag und der rituellen Reinigung nähern darf. Wie sollen die beiden den Teufelskreis unterbrechen?

Der Rabbi, den Chani und Baruch um Rat fragen, verschanzt sich hinter den Vorschriften. „Nur HaSchem kann diese Dinge entscheiden.“ Daraufhin platzt Chani der Kragen und schnauzt den Rabbi an „Aber das stimmt nicht! Ihr Rabbis seid diejenigen, die die Gesetze machen!.“

In einem zweiten Handlungsstrang begleiten wir die ehemalige Rebbetzin Rivka Silbermann, die selbst genügend Probleme hat: Sie hat ihren Mann Chaim und die Kinder verlassen, weil eben genau die vielen Vorschriften das weitere Zusammenleben mit dem ultra-orthodoxen Ehemann, der sie anlässlich einer Fehlgeburt beinahe verbluten hat lassen, weil blutende Frauen als unrein gelten, für sie unmöglich machen.

Sie lebt, wie vor ihrer Hochzeit mit Chaim, säkular und wird deswegen von der ultra-orthodoxen Gemeinde angefeindet. Die Einmischung der Gemeindemitglieder geht so weit, dass man Rivka auflauert und ihr die Finger bricht, damit sie endlich in die Scheidung von Chaim einwilligt. Chaim soll nach Willen der Gemeinde eine respektable Witwe aus der Nachbarschaft heiraten. Die Gemeinde verbietet den Kindern den Umgang mit Rivka.

Da trifft es sich gut, dass Chani der verfemten Rebbetzin Rivka Silbermann über den Weg läuft. In Rickas winzigem Apartment, das nun ohne jüdische Merkmale wie die Mesusa am Türstock, auskommt, führen Chani und Rivka ein Gespräch, das Chani einen Weg finden lässt, HaSchem (also Gott) auszutricksen.

„Die Rabbis machen die Regeln. Nicht HaSchem. Männer sagen dir, wann du Sex haben darfst und wann nicht! Also hast du die Wahl. Lass zu, dass die Regeln dich und deine Ehe zerstören, oder beuge sie ein wenig und lebe.“

Meine Meinung:

Wie schon im Vorgänger sorgen die zahlreichen, für Nichtjuden unbekannten Regeln und Vorschriften, für so manches Kopfschütteln. Einige davon sind „hausgemacht“ wie der Druck von Baruchs Mutter, die ihre Schwiegertochter von Beginn abgelehnt hat. Immerhin hat Baruch hier Zivilcourage bewiesen und Chani gegen den Widerstand geheiratet hat. Also darf gehofft werden, dass die beiden die Vorschriften im richtigen Sinn beugen.

Gut gefallen haben mir die vielen eingestreuten jüdischen Begriffe, die in einem ausführlichen Glossar gut übersetzt und beschrieben sind.

Das Buch ist sehr einfühlsam geschrieben und erklärt völlig unaufdringlich die Reihe von jüdischen Geboten und Verboten, die das Eheleben bestimmen. Ich war bis jetzt nicht ganz unbelesen, was diese Vorschriften anbelangt, doch die Vielzahl dieser oft für Nichtjuden barbarisch anmutenden Regeln, lassen mich tiefes Mitgefühl mit den Frauen haben. Erschreckend ist, wie unvorbereitet junge Menschen wie Chani und Baruch in eine Ehe gestoßen werden. Da muss schon auch den Müttern der Vorwurf gemacht werden, dass sie zumindest ihre Töchter nicht besser aufklären. Immerhin haben sie selbst Ähnliches durchgemacht. Die Mütter hätten es in der Hand, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Für die Jungs wäre die gute alte Tradition so mancher Adeliger oder Großbürger, die ihre Söhne ins Bordell geschickt haben, auch nicht schlecht.

Über diese Selbsthilfegruppen, die jüdischen Frauen dabei hilft, aus ihrer orthodoxen Ehe zu entkommen, habe ich schon gelesen bzw. eine TV-Doku gesehen.

Meine persönliche Meinung ist, Fundamentalismus – egal in welcher Religion – ist meistens für die Frauen menschenverachtend und daher entschieden abzulehnen.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser gelungenen Fortsetzung wieder fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 10.01.2024
Jürgensen, Dennis

Taubenschlag / Teit und Lehmann ermitteln Bd.2


ausgezeichnet

Als auf einer Baustelle in Berlin ein bislang unbekanntes unterirdisches Bunkersystem mit den skelettierten Überresten einer Familie gefunden werden, weiß noch niemand, welche Dimensionen dieser Fund haben wird. Allen Anschein nach sind die Mitglieder dieser Familie seit rund vierzig Jahren tot, verhungert und verdurstet.

Wenig später werden in Kiel, Hamburg und nahe Lübeck mehrere Menschen in ihren Häusern ermordet aufgefunden. Die Männer und die Frau haben einiges gemeinsam: Sie wurden gefoltert, gefesselt an einen Stuhl gebunden, anschließend erschossen und haben jeweils eine tote Taube im Schoß.

KHK Rudi Lehmann von der Polizeidirektion Flensburg und Kriminalassistentin Lykke Teit aus Kopenhagen, die bereits in „Gezeitenmord“, einem länderübergreifenden Kriminalfall sehr gut zusammengearbeitet haben, werden anlässlich einer Sondereinsatztruppe beauftragt, diesen Fall zu lösen.

In akribischer Kleinarbeit, die die beiden bis nach Berlin, in das Archiv der Stasi führt, kommen sie nur langsam vorwärts. Die Mordserie verlangt den beiden einiges ab, denn sowohl Lehman als auch Teit haben so ihre eigene Familiengeschichte.

Meine Meinung:

Dieser Krimi, der durchaus von wahren Begebenheiten inspiriert sein kann, hat mich sehr gut unterhalten. Auch mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall sind noch immer nicht alle Fälle von verschwundenen Personen restlos aufgeklärt. Die Ermittlungen mit all ihren Sidesteps und Sackgassen sowie gefährlichen Situationen sind recht realistisch geschildert.

Lehmann und Teit sind ein gutes Team, obwohl der Altersunterschied doch recht groß ist. Gut gefällt mir, dass Rudis Frau Verständnis für seinen Beruf hat und auch Lykke freundlich begegnet.

Interessant ist, dass der Täter und sein Motiv den Lesern schon recht bald sogar namentlich bekannt sind. Die Spannung liegt nun darauf, ihn zur Strecke zu bringen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi, der mich bis zur letzten Seite gefesselt und mir spannende Lesestunden beschert hat, 5 Sterne.

Bewertung vom 10.01.2024
Herwig, Malte

Austrian Psycho Jack Unterweger


ausgezeichnet

Wer kennt ihn nicht, den Jack Unterweger, den Prostituiertenmörder, der als Häfn-Poet nicht nur Österreichs Schickeria, sondern auch die Justiz austrickste?

Jack Unterweger kommt als unehelicher Sohn einer Kellnerin und eines US-Soldaten 1950 im steirischen Judenburg (Österreich) zur Welt. Er wächst bei seinen Großeltern auf und fällt bereits als Jugendlicher durch Einbrüche und Gewalt gegen Frauen auf. Seinen ersten Mord begeht er 1974 und wird daraufhin zu lebenslanger Haft verurteilt. Er sitzt in der Strafanstalt Stein ein.

Es ist die Zeit von Justizminister Christian Broda, der von der Utopie einer „gefängnislosen Gesellschaft“ träumt, weil er jeden Verurteilten für resozialisierbar hält, und daher gleichzeitig Verfahren gegen Täter des NS-Regimes verschleppen lässt.

Diese Stimmung nutzt Unterweger, der zuvor kaum schreiben und lesen kann, um seinen Hauptschulabschluss nachzuholen. Er dilettiert an Texten und schafft es, mit Unterstützung eine Art Autobiografie mit dem Titel „Fegefeuer oder die Reise ins Zuchthaus“ zu schreiben. Nachdem es auch die Zeit des experimentellen Schreibens ist, wird das Buch von der Kulturszene begeistert aufgenommen. 1983 kommt es zu der legendären Lesung in der Strafanstalt, in der auch der Co-Autor dieses Buches eingeladen ist.

Aufgrund von zahlreichen Petitionen und Gutachten wird Unterweger 1990 vorzeitig entlassen und gilt als resozialisiert. Er treibt sich in und mit der Wiener Schickeria herum, erhält Aufträge seites des ORF, verfasst Theaterstücke und versucht sich als Journalist.

Noch weiß bzw. ahnt niemand, dass Unterweger Texte aus der Gefängnisbibliothek abschreibt und für seine Zwecke missbraucht. Selbst die Geschichten für die Radiosendung „Das Traummännlein“ schreibt nicht er selbst, sondern seine Mentorin Sonja von Eisenstein. Niemand erkennt die Manipulationen, mit der Unterweger die Menschen an der Nase herumführt.

„Die Öffentlichkeit, diese unbekümmerte Öffentlichkeit, die dank ihrer Persönlichkeiten, ihres Einflusses gearbeitet haben in der Sache, die haben Unterweger schlicht und einfach freigepresst.“ (Oberst Willibald Zach, damals stellvertretender Anstaltsleiter S. 58).

Und fast schon prophetisch ergänzt Zach:
„Mit der Sprache muss man vorsichtig umgehen. Man darf die Wirkung der Sprache nicht unterschätzen. Ich gehe so weit: Sprache kann töten.“(S. 58)

Dazu passt auch Unterwegers Interview am Tag seiner Entlassung:

„Im Prinzip bin ich gefährlicher als vor der Haft, weil ich ja das Denken gelernt hab und das Wort als Waffe verwenden kann.“ (S. 117)

In einer Talk-Show doziert er über Politik, die Strafrechtsreform (!) und andere aktuelle Themen der Gesellschaft. Wenn die Frage nach seinem Mord von 1974 kommt, wird er einsilbig und wirkt distanziert. Das Auditorium hält das für Reue.

Schon während der Haft erhält er Hunderte von Briefen, vor allem von Frauen, die sich zu ihm hingezogen fühlen. Nun, in Freiheit bedient sich Unterweger ihrer, denn Frauen sind für ihn vor allem eines: nützlich.

Wenig später werden in Brünn und wenige Wochen später in Bregenz zwei Frauen ermordet. Unterweger ist kurz davor in beiden Städten. Zufall? Oder, dass in den Wochen, die er in Los Angeles verbringt, mindestens drei Prostituierte erdrosselt werden? Noch ein Zufall?

Der Rest der Geschichte ist bekannt. Die Polizei von LA und Wien arbeiten zusammen und für Unterweger klicken in den USA die Handschellen. 1994 wird er des neunfachen Mordes schuldig gesprochen und abermals zu lebenslanger Haft verurteilt, erhängt sich aber in der Nacht nach dem Urteil in seiner Zelle.

Meine Meinung:

Autor Malte Herwig ist Autor und Journalist und hat für Zeitungen wie die „SZ“ sowie Magazine wie den „Spiegel“ zahlreiche Prominente und auch einige Kriminelle interviewt.

In diesem Buch verquickt er gekonnt Fakten und Fiktion zu einer packenden Erzählung. Aus Interviews sowohl mit Unterweger selbst als auch mit Zeitzeugen hält er uns den Spiegel der Manipulationen des Serienmörders Zeit vor Augen. Die alte Weisheit „Man sieht nur, was man sehen will“ hat sich hier auf dramatische und tödliche Art bewahrheitet.

Der Titel ist an „American Psycho“ von Bret Easton Ellis angelehnt, der über den Serienmörder Patrick Bateman schreibt, der tagsüber in seinem Büro in der Wall Street saß und nächtens zahlreiche Menschen ermordete.

Fazit:

Dieser packenden Geschichte über die Verblendung zahlreicher Mitglieder der Wiener Society durch die Manipulation eines Serienmörders gebe ich gerne 5 Sterne. Möge sie als abschreckendes Beispiel dienen.

Bewertung vom 08.01.2024

Die Welt des Schnellkochens (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Seit ich denken kann, ist ein Schnellkopftopf Teil der familiären Küchenausstattung. Ob Großmutter oder Mutter beide hatten jeweils einen, allerdings ein österreichisches Produkt, das in den 1960er-Jahren um einiges preiswerter waren als jene von Fissler. Ich bin stolze Besitzerin eines Fisslers, dessen Potenzial ich längst noch nicht ausgeschöpft habe.

Dieses Buch bietet mir nun die Gelegenheit seine Fähigkeiten, anhand der 150 Rezepte auszuprobieren. Wobei, wenn ich es recht überlege, meine Rindsrouladen aus dem Schnellkochtopf oder das Gulasch sind zart und lassen sich in einer annehmbaren Kochzeit zubereiten. Auch Rindsuppe und Erdäpfel sind schnell gekocht.

Sehr interessant finde ich die technischen Erklärungen, die die Funktion und die unterschiedlichen Betriebsmöglichkeiten. Wahrscheinlich werden sich einige Leser mit dem umfangreichen Theorieteil nicht auseinandersetzen wollen. Aber, es schadet nicht, sich die Tipps anzusehen.

Wer noch keinen Schnellkochtopf in Gebrauch hat, kann dieses Buch als Entscheidungshilfe für den Kauf heranziehen. Zeit- und Energieersparnis machen den etwas höheren Preis eines Schnellkochtopfes recht bald wett.

Ich liebäugle seit ein paar Monaten mit einem Dampfgarer, aber scheint, als könnte der Schnellkochtopf auch als solcher eingesetzt werden. Schauen wir uns das einmal an.

Die rund 150 Rezepte sind gut beschrieben und bebildert. Wie heißt es in der Werbung so schön? Probieren Sie es einfach aus! Guten Gelingen und guten Appetit!.

Fazit:

Dieser Anleitung, den Praxis-Tipps und der Rezeptesammlung gebe ich gerne 5 Sterne.

Bewertung vom 08.01.2024
Kellerhoff, Lutz Wilhelm

Die Patin vom Ku'damm (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Der dritte Fall für Wolf Heller führt uns in das geteilte Berlin Anfang der 70er-Jahre. Nach dem Tod seiner Lebensgefährtin Paula kümmert sich Wolf um deren Kinder Astrid und Jochen, die sehr an ihm hängen. Leider ist der Beruf des Kriminalpolizisten für einen alleinerziehenden Vater der denkbar schlechteste. Daher will Heller den Dienst quittieren, ohne zunächst einmal zu wissen, womit er seine Brötchen verdienen will.

Doch meistens kommt es anders, als man denkt. In Hellers Fall ist es einerseits der Hausverwalter, der Heller und die beiden anderen Mieter aus dem Haus haben will, weil dieses abgerissen werden soll, und zum anderen wird ein Mitglied des Berliner Senats ausgerechnet von Wolf Heller auf der Transitstrecke zwischen der DDR und der BRD tot aufgefunden. Doch Borowski ist nicht nur tot, sondern seine Leiche wird so arrangiert, dass bei ungenauem Hinsehen, auch ein Selbstmord angenommen werden könnte. Und dann gibt es noch einen Toten auf einer der zahlreichen Baustelle der Barbara Albrecht.

Da bei Borowskis Tod ein Zusammenhang mit der „Patin vom Kudamm“, wie man die Besitzerin der größten Baufirma und Immobilienentwicklerin BerIins, Barbara Albrecht, auch nennt, vermutet wird, stellt man Heller die junge Vera Jung, eine Ermittlerin im Bereich Wirtschaftskriminalität aus Bonn zur Seite.

Heller laviert zwischen den Ermittlungen zum aktuellen Fall, der Vertuschung vom Verschwinden des Hausverwalters und den Vaterpflichten, denen er nur ungenügend nachkommen kann, herum. Er kann sich nicht sicher sein, ob die toughe Vera, ihn nicht doch durchschaut.

Gemeinsam und manchmal auch parallel wühlen sich Heller und Jung durch einen Sumpf von Korruption, Prostitution und Gewalt. Dabei will Wolf Heller nichts mehr, als den Fall schnell abschließen und mit den Kindern Berlin verlassen.

Meine Meinung:

Das Autoren-Trio, das unter dem Pseudonym Lutz Wilhelm Kellerhoff die Reihe rund um Wolf Heller schreibt, führt uns in diesem dritten Roman die Stimmung der 1970er-Jahre, die sich in eine radikale verändert, vor Augen. Wie immer verbinden sie gekonnt den Zeitgeist mit Spannung. So hat Barbara Albrechts Tochter Manuela ausgerechnet mit jenem Andi ein Pantscherl, der die Bundesrepublik bis zu seinem Tod 1977 in München-Stadelheim in Atem halten wird - gemeint ist natürlich Andreas Baader.

Das Ende des dritten Teils deutet darauf hin, dass Heller zwar Berlin verlassen wird können, den Polizeidienst möglicherweise aber nicht.

Fazit:

Eine fesselnde Fortsetzung, der ich gerne 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 08.01.2024
Tchangari, Moussa

Sahel


sehr gut

Dieses interessante Buch beleuchtet jenen Teil Afrikas, den wir gemeinhin als „Sahelzone“ kennen. Diese geografische Bezeichnung umfasst die Staaten Mauretanien, Senegal, Mali, Burkina Faso, Niger, Nigeria, Tschad, Sudan und Eritrea. Die meisten dieser Länder haben um 1960 ihre Unabhängigkeit von Frankreich erhalten bzw. erkämpft, doch die Nachwirkungen des Kolonialismus dauern bis heute. So taumeln die Länder von einer korrupten Regierung in die nächste, bis die Machthaber von einem Militärputsch hinweggefegt werden und häufig in Bürgerkriegen versinken.

Vor allem junge Menschen erhoffen sich von Regierungswechseln oft mehr Sicherheit und bessere Lebensperspektiven – und werden dann herb enttäuscht, denn wie Wirklichkeit sieht anders aus, als es die Propaganda versprochen hat. Das Ergebnis sehen wir täglich in den Nachrichten: Abertausende junge Männer, die sich nach Europa aufmachen.

Moussa Tchangaris Buch ist der Versuch, die großen politischen Herausforderungen der aktuellen Sicherheitskrise in der Sahelzone im Detail zu beleuchten. Er geht der Frage nach, warum es den Vereinten Nationen mit dem UN-Aktionsplan nicht gelang, die Krise zu stoppen. Tchangari kritisiert vor allem, dass die EU dezidiert Gelder für das Militär bereitstellt, was die Unsicherheiten im Land verstärkt hat, anstatt in die Landwirtschaft zu investieren. Auch die Prävention von gewalttätigem Extremismus bei Jugendlichen in Kombination mit fehlenden Bildungseinrichtungen ist nach Tchangari essenziell.

Meine Meinung:

Das Buch ist engagiert geschrieben und geht mit den ehemaligen Kolonialmächten sowie der UNO hart ins Gericht. Moussa Tchangari stellt seine Überlegungen bereits 2015/16 an. Ins Deutsche übersetzt ist es erst 2023 und genau das ist ein wenig die Schwäche dieses Buches. Einige der Länder wechseln ihre Machthaber durch Putsch und Gegenputsch so schnell, dass die Namen erwähnten Diktatoren nur mehr wenigen Lesern geläufig sind.

Fazit:

Wer sich dafür interessiert, WARUM so viele Menschen aus den Ländern der Sahelzone nach Europa auswandern (wollen), sollte unbedingt dieses Buch lesen. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Bewertung vom 08.01.2024
Sabrowski, Sylvia

Zechenhölle


weniger gut

Meine Meinung:

Band 1 „Zechentod“ hat mir wegen der anschaulichen Beschreibung der Zeche und des Bergmännischen Lebens sowie die triste Stimmung rund um die Schließung der Zeche recht gut gefallen. Den eigentlichen Kriminalfall dazu habe ich nur so lala gefunden. Anschließend habe ich aber Band 2 (Zechenkiller) versäumt und bin nun überrascht über den 3. Fall für die Psychologiestudentin Liesa Kwatkowiak und den Computernerd Timo Goretzka, die nun abermals ihre Fähigkeiten als Privatschnüffler beweisen dürfen.

Nun, diesmal kann mich der Krimi so gar nicht überzeugen. Diese Getriebenheit von Liesa, dass sie trotz ihrer Panikattacken den Tod Alina Jankowski aufklären möchte, kann ich sogar nicht nachvollziehen. Natürlich bringt sie sich mit ihrer Undercover-Aktion selbst in Gefahr. Ob sie sich und den anderen etwas beweisen will? Ich finde es unglaubwürdig, dass man nach einer (!) Vorlesung in Kriminologie das Rüstzeug und die Fähigkeit haben kann, eine Fallanalyse durchzuführen.

Schmunzeln musste ich mehrmals über Omma Gertrude, die durch ihren trockenen Humor auffällt.

Fazit:

Was den Krimi vor dem Flop rettet, sind die Beschreibungen der Lost Places hier im Zechengebiet Herten, das tolle Cover sowie das Flair und die trostlose Atmosphäre des Ruhrgebietes. Den Band 2 werde ich so wie etwaige Nachfolger nicht mehr lesen. Es reicht für gerade einmal 2 Sterne.

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Bewertung vom 08.01.2024
Rauter, Anja

Ausgeträllert


sehr gut

Samantha Sauers Job in einem Wiener Innenstadtimmobilienbüro kann ihre Lebenshaltungskosten nicht decken, weshalb die alleinerziehende Mutter einer dreizehnjährigen Tochter, zusätzlich als Privatermittlerin tätig ist. Das Spezialgebiet der ehemaligen Polizistin, die kein Blut sehen kann, sind Observierungen untreuer Ehemänner, um deren Ehefrauen Beweismittel für die Scheidungen zu liefern. Daher ist sie es gewöhnt, Augen und Ohren offen zu halten und auf Nebensächlichkeiten zu achten.

Sie ist in genau einer solchen Mission in der Wiener Staatsoper unterwegs, als sie einen veritablen Streit zwischen der Operndiva Francesca Cuttolini und einem vorerst unbekannten Mann mithört und alles mit dem Mobiltelefon aufnimmt.

Als die Diva wenig später tot am Treppenende in der Oper gefunden wird, zählt sie eins und eins zusammen. Die Polizei, in der Person von Stephan Müller, geht allerdings von einem Unfall aus. Gemeinsam mit ihrer Mutter Theresa, der Witwe eines Polizisten, und einer befreundeten Gräfin, macht sie sich auf Spurensuche. Dabei kommt sie sowohl dem Ermittler als auch dem Täter ziemlich nahe.

Meine Meinung:

Dieser Wiener Opern-Krimi aus dem Servus-Verlag hat mich gut unterhalten. Das Cover mit der Prunkstiege passt sehr gut zum Thema. Wie es für die Regionalkrimis des Verlages üblich ist, hat auch dieses Buch einen farbigen Blattschnitt, diesmal passend zum roten Teppich in derselben Farbe. Auf den Vorsatz- bzw. Nachsatzblättern ist ein Stadtplan skizziert, um sich auch geografisch im Krimi zu orientieren.

Als Wienerin bin ich mit den Örtlichkeiten bestens vertraut, auch wenn ich die Sky-Bar nicht aufsuche und das Café Mozart für meinen Geschmack zu touristisch ist.

Der Krimi selbst ist leicht zu lesen. Manches ist ziemlich vorhersehbar. Die Hinweise auf den Täter hätte meiner Meinung schon ein wenig früher platziert werden sollen.

Die Charaktere sind recht gut gelungen. Hauptperson Samantha hat es nicht leicht: Sie wohnt mit der pubertierenden und naseweisen Tochter Lisa bei ihrer ziemlich dominanten Mutter, die zwar das Herz am rechten Fleck hat, aber ganz schön anstrengend ist. Eine Figur, die ich noch nicht so richtig einordnen kann, ist Gräfin Cosima. Ist sie wirklich eine Freundin oder nur die Dosenöffnerin für Kater Strizzi, der natürlich (fast) allen die Show stiehlt.
Die beginnende Romanze mit dem Polizisten Stephan Müller hätte es für mich nicht gebraucht, aber vielleicht entwickelt sich da etwas für weitere Krimis.

Neben aller Leichtigkeit spricht die Autorin ein ernstes Thema an: Viele Alleinerzieherinnen können kaum mit nur einem Job den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder bestreiten.

Fazit:

Ein leicht zu lesender Wien-Krimi, der in die Welt der Wiener Staatsoper führt. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.