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Igelmanu
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Mülheim

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Insgesamt 1033 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2018
Schami, Rafik

Ich wollte nur Geschichten erzählen


ausgezeichnet

»Unser Leben ist keine stetige Linie. Es ähnelt eher einem Mosaikgemälde. Je näher man kommt, umso sichtbarer werden die Bruchlinien, umso charaktervoller die einzelnen Steine.«

Rafik Schami ist ein wundervoller Erzähler. Wer schon mal Geschichten von ihm gelesen oder gehört hat, wird sich dieser Aussage vermutlich anschließen. Dieses Buch nun ist ein besonders persönliches. Er berichtet hier von sich selbst, von seinem Weg, seinen Gedanken und Problemen. Erst kürzlich, als ich zuhause mal wieder von seinen Geschichten schwärmte, fragte mich mein Sohn, weshalb Schami eigentlich damals (1971) nach Deutschland kam. Diese Frage wird hier beantwortet. Und wieso schreibt er eigentlich auf Deutsch? Auch dazu, und zu vielen weiteren Fragen, gibt es Antworten.

Wie es seine Art ist, hat er die vielen Infos über sich in Geschichten verpackt, er nennt sie hier Mosaiksteine. Und dieser Vergleich ist gut gewählt, denn das Leben ist nun mal eine Ansammlung von vielen Ereignissen, selten gibt es für eine Entscheidung ausschließlich einen Grund und selten kann man eine Einstellung wirklich verstehen, wenn man sie nicht von verschiedenen Seiten hinterfragt und beleuchtet hat.

In diesen Geschichten nun erfährt der Leser nicht nur sehr vieles über den Menschen und Autoren Rafik Schami, sondern zwangsläufig auch über Syrien, arabische Länder und ihre Kultur. Es wird manches Mal sehr politisch, da wird kein Blatt vor den Mund genommen und offen und deutlich kritisiert. Sehr ausführlich wird auch auf das Leben eines Exilautors eingegangen, die vielen Probleme beschrieben, die das mit sich bringt. Immer erfolgt dies auf sehr gut und leicht verständliche Weise, niemand muss (trotz anspruchsvoller Themen) eine zu komplexe Ausführung fürchten.

Das Lesen war für mich ein Wechselbad der Gefühle. Mal schmolz ich dahin, einfach aufgrund der wundervoll gewählten Sprache, ich sah Bilder vor meinen Augen entstehen und genoss ihre Lebendigkeit. Manchmal konnte ich schmunzeln, immer wieder wurde ich aber traurig oder wütend. Die Schilderungen sind einfach so intensiv, dass man sich ihnen nicht verschließen kann. Sie berühren, gehen gleich durch ans Herz. Kein Buch also, dass man einfach so nebenbei liest. Ich habe so manche Seite mehrfach gelesen. Nicht, weil ich sie nicht verstanden hätte, sondern weil mich das Thema beim Lesen so beschäftigte, dass ich die Worte erneut in mich aufnehmen wollte.

Fazit: Ein wundervolles Buch, intensiv und sehr persönlich! Wer Rafik Schami mag, sollte es unbedingt lesen!

»Geschichten sind Fenster zu den Seelen und Kulturen anderer Völker und Länder. Geschichten ermöglichen es auf eine zauberhafte Art, Kinder und Erwachsene die Schönheit der Sprache nicht nur entdecken, sondern an erster Stelle genießen zu lassen. Einen besseren Zugang zu einer Sprache kann kein Lehrbuch vermitteln.«

Bewertung vom 21.04.2018
Steyrer, Johannes

Die Macht der Manipulation


sehr gut

»Manipulative Tools, Tipps und Tricks können … oft Wunder wirken: Sie sind dreimal wirksamer als rationale Argumente, um die Einstellung von Impfgegnern zu ändern. Sie verursachen bei Schulkindern, zumindest kurzfristig, einen Leistungszuwachs um das Zweieinhalbfache. Sie verdoppeln die Bereitschaft, aus Ökogründen einen Monat lang Mülltagebücher zu führen. 21 richtige Worte bringen Mitarbeiter dazu, immerhin für eine Woche, um 51 Prozent härter zu arbeiten. Ihr Einsatz verzweifacht die Zuwendungen für Krebshilfe und die Bereitschaft zu Prostatauntersuchungen. … In einem Mahnschreiben, das an säumige Steuerzahler ergeht, genügt nur ein einziger Satz, um den Anteil derer, die die Abgaben überweisen, um 50 Prozent zu steigern.«

Manipulation ist ein Reizwort. Niemand möchte manipuliert werden und wer Manipulation anwendet, gibt dies ungern zu. Trotzdem gehört sie zum Alltag und begegnet einem täglich. In der Familie beeinflussen sich Partner, Eltern und Kinder, im Berufsleben Kollegen, Mitarbeiter und Vorgesetzte, Kunden werden ebenso manipuliert wie Patienten oder Klienten.

Ist Manipulation immer etwas Negatives? Wenn ich mir einige Beispiele aus dem Eingangszitat anschaue, dann sind da doch gute und vernünftige Dinge dabei! Die Grenzen zur Motivation sind oft fließend. Das Buch beginnt daher zunächst mit einer Begriffserklärung, führt auch aus, dass manchmal manipulative Tools einen Vorsprung vor rationalen Argumenten haben.
Im Anschluss werden dann verschiedene Techniken vorgestellt und es wird gezeigt, wie man sie erkennt und wie man sie anwendet. Zu Beginn jedes Kapitels wird zunächst eine Geschichte erzählt, die eine bekannte Alltagssituation schildert samt angewandter Manipulationstechniken. Das ist höchst anschaulich und vieles kommt einem sofort bekannt vor. Es folgen Erläuterungen und Tipps, wie man mit der jeweiligen Situation umgehen kann, was man verbessern könnte, wie man sich schützen kann und wo Stolperfallen lauern.
Den Abschluss bildet ein Kapitel mit Übungsbeispielen und Praxisfällen, hier kann man das Gelernte sehr schön vertiefen.

Alles ist wirklich unterhaltsam geschrieben und leicht verständlich. Das Buch kam für mich nicht wie ein durchschnittlicher Ratgeber daher, ich habe es wirklich gerne gelesen und einige interessante Gedanken und Tipps mitgenommen. Allerdings sollte man sich nicht der Hoffnung hingeben, nach der Lektüre unbeeinflussbar durchs Leben gehen zu können oder künftig sicher eigene Ziele durchzusetzen. Vieles geschieht unterbewusst, auch die Körpersprache muss stimmig sein und wenn man bei der Anwendung einer Manipulationstechnik „erwischt“ wird, kann das ausgesprochen kontraproduktiv sein.

Fazit: Alles über Manipulation im Alltag – sehr informativ und unterhaltsam vermittelt.

Bewertung vom 15.04.2018
Starr, Douglas

Der Wandermörder (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

»In diesem Klima der Hoffnung und der Furcht begannen Experten in verschiedenen Ländern, das Verbrechen wissenschaftlich zu erforschen. Wie die anderen großen Denker jener Zeit betrachteten sie Kriminalität nicht als Sünde oder Teufelswerk, sondern als wissenschaftliche Herausforderung.«

Frankreich, gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Über Jahre hinweg zog der Serienmörder Joseph Vacher eine blutige Spur kreuz und quer durchs Land. Als man ihn endlich fasste, gestand er 11 Morde, man vermutet aber, dass mehr als 25 auf sein Konto gehen. Dass er letztlich überführt werden konnte, ist der Verdienst zweier Männer, des Ermittlungsrichters Émile Fourquet und des Gerichtsmediziners Dr. Alexandre Lacassagne, zweier Pioniere auf dem Gebiet der Forensik und Verbrechensbekämpfung.

Dieses Buch ist ein Sachbuch, kein Krimi oder Thriller. Was Aufbau und Behandlung der Themen angeht, folgt der Autor wissenschaftlichen Kriterien. Im Vorfeld hat er umfangreiche Recherche betrieben und zahlreiche Quellen ausgewertet, die er hier einfließen lässt. Alle Zitate und Dialoge stammen aus Briefen, Büchern, eidesstattlichen Erklärungen und Zeugenaussagen der Beteiligten oder aus zeitgenössischen journalistischen Quellen. Dazu kommen Berichte von „Irrenhäusern“, Ermittlern und Psychiatern, originale Tatortanalysen und Autopsieberichte.

Dem Leser bietet sich die Möglichkeit, die Anfänge der Gerichtsmedizin zu verfolgen, die Entwicklung erster erkennungsdienstlicher Tätigkeiten zu erleben. Da wurden akribisch Knochen ausgemessen, Merkmale zur Identifizierung ermittelt, Tabellen zur Entwicklung der Leichenstarre und Zeittafeln für Verwesungsprozesse erstellt. Ich war fasziniert von dem enormen Forschergeist, der hier hervortrat! Sicher, heutige Ermittler investieren auch viel Zeit und Mühe, aber die damaligen mussten erst mal zu der Erkenntnis gelangen, dass diese Arbeit überhaupt notwendig ist.

Nicht immer und überall kamen die neuen Methoden gut an. Frankreich zu dieser Zeit war fortschrittlich in den Städten, auf dem Land jedoch war der Aberglaube noch sehr verbreitet. Es war nicht ungewöhnlich, dass ein Dörfler glaubte, sein Vieh oder die Felder seien verwünscht worden. Leicht wurde da ein Schuldiger für einen Mord gesucht und gefunden, während der eigentliche Täter (hier Vacher) schon unterwegs war in eine andere Gegend des Landes, in der man ihn nicht kannte und in der er folglich sicher war. Eine Sicherheit, die Fourquet und Lacassagne schließlich zerstören konnten!

Die Verhältnisse im Land werden in all ihren Unterschieden gut herausgearbeitet, das war sehr interessant zu lesen. Natürlich waren sich die Forscher auch nicht alle einig, sie wendeten verschiedene Methoden an und verfolgten teils sogar konträre Denkansätze. Der bekannte Disput, ob jemand als Verbrecher geboren wurde oder ob er erst zu einem wurde bzw. gemacht wurde, ist ebenso Thema wie die Entwicklung neuer Verhörmethoden (Psychologie statt Druck) oder der Behandlung der Frage, wie man eine vorgetäuschte Geisteskrankheit erkennen kann.

Neben der theoretischen Darstellung werden all diese Punkte unter anderem am konkreten Fall Vacher gezeigt, hier ist man als Leser vom ersten Mord an bis zur Hinrichtung des Täters dabei. Viele Fotos und Abbildungen tragen zur Ergänzung und Veranschaulichung bei. Interessant fand ich auch, dass der Fall Vacher zu der Erkenntnis führte, wie wichtig eine überregionale Zusammenarbeit ist, eine Einsicht, die letztlich zur Gründung von Interpol führte.

Als eine Art Exkurs werden Vergleiche zu dem zeitgleich ermittelnden Sherlock Holmes gezogen. Er zitiert in seinen Fällen schon mal reale Ermittler, aber wie beurteilten diese wiederum die Romanfigur? Gab es so etwas wie gegenseitige Inspiration und Ähnlichkeiten? Das fand ich ebenfalls spannend.

Fazit: Ein großartiges Buch über die Geburtsstunde der Kriminalistik, hochinformativ und spannend zugleich.

Bewertung vom 15.04.2018
Jones, Belinda

Unterwegs mit Bodie


sehr gut

Belinda Jones hat schon die 40 überschritten, als ihre Beziehung in Trümmern liegt und der Traum von eigenen Kindern endgültig geplatzt zu sein scheint. Deprimiert verkriecht sie sich, hängt traurigen Gedanken nach. Zeitgleich hatte ein Vierbeiner namens Bodie auch nicht das große Los gezogen. Von seinem Menschen nicht mehr gewollt, war er zunächst im Tierheim gelandet und als sich niemand fand, der den Mischling aufnehmen wollte, drohte ihm dort die Todesspritze.
Als Belinda auf Bodie aufmerksam gemacht wird, erobert er sofort ihr Herz. Belinda ist irritiert. Ihr ganzes Leben lang war sie ein „Katzenmensch“, hatte noch nie einen Hund oder auch nur den Wunsch, einen zu besitzen. Aber nun lässt sie sich auf das Abenteuer ein, nimmt Bodie auf und die beiden freunden sich schnell an. Das Glück scheint perfekt, als Bodie in der Nachbarschaft Hundedame Winnie kennenlernt und sich in sie verliebt. Doch Winnie samt Familie ziehen weg, von L.A. ins entfernte Portland.
Belinda fasst einen Entschluss: Gemeinsam mit Bodie macht sie sich auf den Weg gen Norden, um Winnie zu besuchen. Auf der über 3.000 Kilometer langen Reise entlang der amerikanischen Westküste erleben die beiden so einiges und finden zu einem völlig neuen Lebensgefühl.

Ich mag Tiere und Hund Bodie flog auch mein Herz gleich zu. Belinda betont immer wieder sein Lächeln, das man schon sehr schön auf dem Cover bewundern kann. Auch Reisen liebe ich und der hier beschriebene Roadtrip hat bei mir ständiges Fernweh ausgelöst. Beschreibungen von atemberaubenden Landschaften reihen sich aneinander, Strände, Wälder und Sehenswürdigkeiten gibt es reichlich. Alle haben jedoch eins gemeinsam, sie müssen für Mensch und Hund zu erleben sein. Ziele, bei denen Bodie nicht erwünscht war, wurden nur in Ausnahmefällen von Belinda besucht und immer musste gleichzeitig eine tolle Hundebetreuung vor Ort oder in der Nähe sein. Wer also richtig viel mit seinem vierbeinigen Freund unternehmen möchte und wem wichtig ist, dass Hund genau so viel Spaß hat, wie man selbst, der findet hier reichlich Anregungen.
Ich habe gestaunt, was es alles an Aktivitäten für und mit Hunden gibt! Ob das nur in Amerika so ist? Einiges erschien (bei aller Liebe zum Tier) schon fast ein wenig übertrieben. Ich bezweifle auch stark, dass man ohne entsprechenden finanziellen Hintergrund in der Lage ist, viele dieser Unternehmungen durchzuführen. Das war so ein Punkt, der mich häufig störte. Womöglich ist es nur Neid, aber auch wenn Belinda nicht müde wurde, die Unterschiede zwischen ihr und den „wirklich Reichen“ zu betonen, stieg sie zwischendurch in 5-Sterne-Nobelherbergen ab und ich schätze, dass der durchschnittliche Hundebesitzer mit Rechnungen für Futter und Tierarzt vollkommen ausgelastet ist und einige der hier beschriebenen Hunde-Tagesbetreuungen nie im Leben bezahlen könnte.

Neben den gemeinschaftlichen Aktivitäten geht es aber natürlich auch um die Wirkung, die das ganze auf Belindas Psyche hat. Da tut sich Erstaunliches, der beste Freund des Menschen kann schon therapeutische Wunder vollbringen. Eine schlichte Botschaft kommt schnell bei Belinda an: Hänge nicht nur deinen Gedanken nach, sondern lebe und genieße den Augenblick!

Amüsieren konnte ich mich beim Lesen auch. Belindas Verwandlung erfolgt nicht nur psychisch, sondern vor allem zu Beginn rein optisch. Sie ist, oder besser war, eine Frau, die niemals ungeschminkt und nicht angemessen gekleidet die Straße betreten hätte. Nun schlüpft sie, der Not gehorchend, in Jeans und Sportschuhe, weil man mit Pumps und Kleidchen nicht querfeldein durch die Natur kann. Und sie gewöhnt sich daran, ungestylt das Haus zu verlassen, da Bodie morgens mit dem Pinkeln nun mal nicht warten kann, bis sie sich zurechtgemacht hat. Zwangsläufig verschieben sich da die Perspektiven und man öffnet sich für neue Gedanken und Lebensweisen. Mit Belinda vor Bodie wäre ich mit Sicherheit nie warm geworden…

Fazit: Unterhaltsamer Roadtrip, perfekt für Hundefreunde.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.04.2018
Berg, Hendrik

Schwarzes Watt / Theo Krumme Bd.4


sehr gut

»Nelly, ihre über alles geliebte kleine Schwester, lag vor ihr. Doch Ina konnte sie nur an ihrer Kleidung erkennen. An den frechen kurzen Bermudas, der Blümchenbluse, ihre liebste Bluse, die sie im Sommer praktisch nie auszog. Der Ring in Form einer blühenden Rose, den sie an der rechten Hand trug und den sie, Ina, ihr zum 16. Geburtstag geschenkt hatte.
All das erkannte sie wieder. Aber nicht ihr blutiges, zerschlagenes Gesicht.«

So einen Schock verarbeitet man sein ganzes Leben lang nicht. Vor allem dann, wenn der Täter nicht gefasst wurde.
Zwanzig Jahre später. Als Ina mit ihrer Familie an der Nordsee Urlaub macht, sieht sie zufällig einen Mann, in dem sie den Mörder ihrer Schwester wiederzuerkennen glaubt. Kommissar Krumme und seine Kollegin Pat von der Kripo Husum beginnen zu ermitteln und finden bald heraus, wen Ina da gesehen hat. Den angesehenen und beliebten Pastor der Nachbargemeinde. Kann der wirklich der Mörder sein?

Mein vierter Fall für Krumme – ich hatte mich sehr darauf gefreut und wurde wieder nicht enttäuscht. Erneut hat Hendrik Berg eine spannende Handlung kreiert, sie mit einem Schuss Mystery durchzogen und mit witzigen Szenen gewürzt.

Was das Buch, wie auch seine Vorgänger, ausmacht, ist seine tolle Atmosphäre, beim Lesen entsteht die Küste vor dem geistigen Auge, die Spannung fesselt, die Seiten fliegen nur so dahin und die ein oder andere Überraschung wartet auch noch auf den Leser. Wie immer wird es ein wenig mysteriös, in Einschüben blickt man in die Vergangenheit, verfolgt über Jahrhunderte hinweg gewisse Ereignisse und trifft auf eine junge Frau, die Ina zu sehen glaubt.

Mit Ina wurde ich nicht so richtig warm, sie ist ein schwieriger Charakter. Ganz klar traumatisiert, aber auch oft eine Zumutung für ihre Mitmenschen. Krumme hingegen mochte ich sehr, er ist ein intelligenter Ermittler, mit ein paar Schwächen, die ihn menschlich machen und manchmal sogar liebenswert wirken. Diese Beschreibung trifft übrigens genau so auf Krummes Partnerin Pat zu. Und dann ist da noch Harke, ein skurriler Charakter, der in jedem Krumme-Fall auftaucht, hier aber leider nur recht kurz.

Richtig witzig fand ich die Szenen mit Krumme und Pflegehund Watson. Herrlich! Ich habe so gelacht und hoffe auf ein Wiederlesen mit dem Vierbeiner! Überhaupt hoffe ich auf weitere Fälle für Krumme, denn diese Reihe macht einfach Spaß!

Fazit: Spannend, mysteriös und mit toller Atmosphäre – gerne mehr davon!

Bewertung vom 08.04.2018
Maurer, Jörg

Am Abgrund lässt man gern den Vortritt / Kommissar Jennerwein ermittelt Bd.10


sehr gut

»Ich flehe Sie an, Kommissar, tun Sie das nicht«, rief Ursel. »Wenn Sie offiziell ermitteln, dann liefern Sie Ignaz dem sicheren Tod aus.«

Ursel Grasegger, Bestattungsunternehmerin a.D., ist verzweifelt. Ihr Mann Ignaz wurde entführt und sie erhielt eine sehr eindeutige Drohung, ja nicht die Polizei einzuschalten. Da trifft es sich gut, dass Kommissar Hubertus Jennerwein eigentlich eine berufliche Auszeit nimmt, sich offiziell in Schweden erholt und daher inoffiziell und heimlich ermitteln kann. Obwohl ihm das Bauchschmerzen bereitet, denn die missliche Lage der Graseggers hängt damit zusammen, dass bei ihnen in Sachen Legalität nicht so wirklich alles in Ordnung ist…

Der 10. Fall für Jennerwein – und ich habe noch nie zuvor einen gelesen! Entsprechend neugierig ging ich an dieses Buch heran und wurde nicht enttäuscht. Die Reihe scheint eine ganz eigene Atmosphäre zu haben, gleichzeitig unterhaltsam und durchaus anspruchsvoll zu sein.

Die regionalen Besonderheiten kamen sehr gut raus, zum Beispiel bei den wirklich tollen Landschaftsbeschreibungen oder einer „typisch bayerischen“ Stammtischrunde. Der Stil sagte mir ebenfalls sehr zu, das Buch las sich leicht und erfreute mich immer wieder mit witziger Wortwahl und interessanten Einfällen.

Der Krimi war, wie gesagt, durchaus anspruchsvoll, einfach weil so viel passierte. Neben der Entführung von Ignaz gibt es weitere Verbrechen im beschaulichen Kurort. Da wird eine Leiche gefunden, in einem Krankenhaus scheint es verdächtige Todesfälle zu geben, ein Hehler ist aktiv und dann mischt auch noch die Mafia mit. Da fragt man sich natürlich beim Lesen, wie und ob diese Vorgänge zusammengehören. Ständige Wechsel zwischen den parallel verlaufenden Handlungen fordern Konzentration, zusätzlich kommt es immer mal wieder zu Abschweifungen, die ich aber recht amüsant fand.

Trotz bayerischer Gemütlichkeit und viel Witz gibt es auch Spannung und Blut. Letzteres nicht in Mengen, die einen Thrillerleser beeindrucken könnten, aber „cosy“ ist das auch nicht.

Charaktere gibt’s ebenfalls einige interessante, allerdings fehlten mir da als Neueinsteigerin im 10. Band Informationen, um die Personen mit ihren Besonderheiten richtig zu erfassen. Die Graseggers müssen auch bereits in früheren Bänden auftauchen, darauf wäre ich jetzt schon neugierig.

Was die reine Handlung angeht, hatte ich trotz fehlender Vorkenntnisse aber keine Verständnisprobleme. Und da mir dieser Fall wirklich gut gefallen hat, werde ich mir die Reihe jetzt mal von vorne an vornehmen.

Fazit: Toller Alpenkrimi, unterhaltsam und spannend. Ich bin gespannt auf die weiteren Bände der Reihe!

»Ursel, ich sagte es vorhin schon: … Wir brauchen Verstärkung. … Haben Sie jemanden, der vertrauenswürdig ist und der schnell herkommen kann? Und den ich nicht gleich verhaften müsste?«

Bewertung vom 30.03.2018
Häring, Volker

Beijing Baby


sehr gut

»Die Tote hatte also Freunde in der Partei? … Freunde, die ein Interesse an der Aufklärung haben. Oder darauf achten, dass gewisse Details nicht bekannt werden?«

Inspektor Wang ist nicht gerade begeistert, dass ihm eine junge, ganz neu in Peking eingetroffene Kommissarin zur Seite gestellt wird. Der altgediente Inspektor ist sehr traditionsbewusst und kennt vor Ort alles und jeden. Die Aufklärung des aktuellen Falls wäre bestimmt kein Problem für ihn, die gewollte Mitarbeit von Xiang Xia muss also einen Grund haben.

Auch Xiang Xia hatte sich ihren ersten Arbeitstag in Peking anders vorgestellt. »Die Partei zählt auf Sie!«, hat man ihr mitgeteilt. Was das aber zu bedeuten hat, ist ihr nicht ganz klar. Und nun steht sie vor der Leiche einer jungen, bildhübschen Schauspielstudentin im Innenhof des Pekinger Theaterinstituts, neben sich einen griesgrämigen Dinosaurier, der offenbar gewillt ist, es ihr so schwer wie möglich zu machen und für den Computer und Smartphone immer noch Fremdworte sind.

Dieses Buch hat mich wirklich begeistert! Ich habe beim Lesen so viel über China erfahren, über das Leben der Menschen, die stetigen Konflikte zwischen Tradition und Moderne. Die beiden Ermittler verkörpern zwei Extreme, die täglich versuchen müssen, miteinander klar zu kommen. Das ist sehr reizvoll und die Fremdartigkeit – auch des modernen Chinas – ungemein reizvoll. Zusätzliche Brisanz bringen die politischen Aspekte, denn offenbar hatte die Ermordete Beziehungen in entsprechende Kreise. Da fragt man sich beim Lesen, ob eine Aufklärung des Falls überhaupt möglich sein wird.

Ein weiteres Thema ist das Miteinander von Chinesen und dort lebenden Ausländern, insbesondere verfolgt man hier das Schicksal des deutschen Studenten Phillip. Wie man sich vorstellen kann, ist das Verhältnis nicht immer konfliktfrei und von gegenseitigen Vorurteilen geprägt.

Der Stil ist sehr lebendig, das Buch liest sich leicht und man bleibt gerne dran. Immer wieder konnte ich auch herzhaft lachen, aufgrund witziger Szenen oder amüsanter Wortwahl. Auch die diversen Exkurse in die offenbar vorhandene chinesische Kunst zu schimpfen, die mit einer enormen Kreativität in Sachen Neuschöpfung von Schimpfwörtern einhergeht, fand ich sehr unterhaltsam!

Der Krimi allerdings kommt ein bisschen kurz. Sicher wird ermittelt, aber im Fokus stehen die anderen Aspekte, eine kleine Liebesgeschichte kommt auch noch dazu. Ich finde das Buch wirklich klasse, man muss sich nur darauf einstellen, keinen puren Krimi vor sich zu haben.

Fazit: Faszination China mit etwas Krimi. Habe ich sehr gerne gelesen!

»Ehrlich gesagt möchte ich Sie nur warnen … China ist für einen Ausländer manchmal relativ kompliziert. Es gibt Sachen, die sehr speziell sind.«

Bewertung vom 25.03.2018
Pieper, Rolf-Andreas

Gesundheit und Entspannung in der Sauna


sehr gut

»In Finnland sagt man: Wenn Schnaps, Teer oder Sauna nicht helfen, ist die Krankheit tödlich.«

Ich habe offen gestanden keine Ahnung, was der Teer in dieser Aussage bedeuten soll, aber von der gesundheitsfördernden Wirkung der Sauna bin ich absolut überzeugt.
Diesen wirklich nicht mehr taufrischen Ratgeber entdeckte ich kürzlich in einem Nachlass. Da ich langjährige und überzeugte Saunagängerin bin, war ich neugierig, ob das Buch auch heute noch Aussagekraft hat. Um gleich zur Auflösung zu kommen: Ja, hat es. Wer es noch irgendwo im Regal stehen hat oder auf einem Bücherflohmarkt entdeckt, kann es ruhig nutzen, um grundsätzliche Infos über das Saunabaden zu erhalten.

Zu Beginn gibt es Infos über die Geschichte des Saunabades. Sehr interessant, wie lange diese zurückreicht! Die Anfänge beruhten auf rein hygienischen Gründen, später kamen Aspekte des gesellschaftlichen Lebens dazu, wie bei den Thermenanlagen der alten Römer. Über die wird genauso berichtet wie über mittelalterliche Badestuben. Vom Niedergang des öffentlichen Badewesens blieben schließlich nur die russische Banja und die finnische Sauna verschont.
In Deutschland wurden die ersten Saunas der Neuzeit in den 1930er Jahren eingerichtet. 1936 wurde auf Wunsch der finnischen Sportler im Olympischen Dorf in Berlin ein Saunahaus errichtet. Und erstmalig – wegen der Verbindung zum Sport – befassten sich Ärzte mit dem Saunabaden.

Heute weiß man genau um die vielfältigen positiven Einflüsse auf die Gesundheit. Stärkung der Abwehrkräfte, Herz-Kreislauftraining, Linderung von Verspannungen und wirklich vieles mehr. Daneben natürlich Entspannung, Regeneration und allgemein Wohlbefinden, was man heute so schön als Wellness bezeichnet. All diese gesundheitlichen Aspekte werden ausführlich behandelt.

Wie wirkt aber nun die Sauna eigentlich? Viele Menschen besetzen Schwitzen negativ und können sich nicht vorstellen, wie es a) gesund und b) angenehm sein kann. Nun, das Schwitzen in der Sauna ist überhaupt nicht zu vergleichen mit dem in der Sommerhitze. Das wird hier erklärt. Und übrigens: Regelmäßige Saunagänger kommen viel besser mit der Sommerhitze oder der Anpassung an tropisches Klima klar, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.

Nach all der Theorie geht’s im Buch weiter zur Praxis. Wie konkret führt man ein Saunabad durch? Der Ablauf wird gut beschrieben und Saunaneulinge können sich daran orientieren. Es ist schon wichtig, nicht einfach „draufloszuschwitzen“, sondern sich an gewisse Regeln zu halten, damit der gesundheitliche Nutzen erreicht und das Ganze auch gut vertragen wird.

Ist Sauna für jeden geeignet? Tatsächlich gibt es nur wenige Menschen, die darauf verzichten sollten. Auch dazu gibt es Infos, wie auch zu speziellen Themen wie „Sauna mit Kindern“ oder „Sauna während der Schwangerschaft“.

Was in diesem Ratgeber fehlt (aufgrund seines Alters) sind Hinweise zu den heutigen Saunalandschaften, bei denen ein Besucher häufig zwischen verschiedenen Saunen wählen kann. Erklärungen zu Dingen wie Biosauna, Valobad oder Eventaufgüssen sucht man daher vergeblich. Aber für die Grundlagenvermittlung ist das Buch völlig ausreichend.

Fazit: Alt, aber nicht veraltet. Steht alles drin, was ein Saunaanfänger wissen sollte.

Bewertung vom 18.03.2018
Henning, Peter

Mein Schmetterlingsjahr


sehr gut

»Nun genießt das Exemplar ruhig den Nektar, ohne sich an meiner aufdringlichen Anwesenheit zu stören, denn ich wage mich mit meiner Handykamera bis auf wenige Zentimeter heran. Eifrig weidet der Falter die gelben und rosafarbenen Blüten ab – ein Wesen ganz in seinem Element und ich sein staunender Zuschauer!«

Schmetterlinge – wer mag sie nicht? Diese schillernden, anmutigen Geschöpfe, diese Symbole für Leichtigkeit und Lebensfreude!
Peter Henning liebt die „Schuppenflügler“ seit früher Kindheit, und ebenso lange beschäftigt er sich schon intensiv mit ihnen. In diesem Buch erzählt er von seinem Schmetterlingsjahr, einer Auszeit, die er sich gönnte und die ihn kreuz und quer durch Europa führte, hin zu den Flugorten jener Falter, die er immer schon mal in ihrer natürlichen Umgebung beobachten wollte.

Zunächst erfährt der Leser, wie Henning die geflügelten Wesen für sich entdeckte. Vor meinem geistigen Auge stand deutlich das Bild eines kleinen Jungen, der ständig mit einem Bestimmungsbuch durch die Gegend läuft. Jahrzehnte später wird er in der Lage sein, einen Falter nur allein an der Art, wie er fliegt, zu erkennen.
Und natürlich erfährt man auch viel über die Tiere selbst, ich habe manches Mal gestaunt. Im Grunde wissen wir über Schmetterlinge so wenig, das wird ganz deutlich.
So lese ich über Falter, die Tausende von Kilometern reisen – solche Leistungen traut man den fragil wirkenden Geschöpfen gar nicht zu. Ebenso wenig, dass es eine Art gibt, die die Interaktion mit Menschen mag. Andere sind Meister der Tarnung oder greifen zur Verteidigung aggressiv an.

Der Autor schreibt, dass er mit diesem Buch seinen Lesern eine fremde Welt näherbringen will, dass er ihnen einige der Geheimnisse offenbaren will, die die faszinierenden Tiere umgeben. Das ist ihm wirklich gelungen! Ausgesprochen kurzweilig und persönlich ist sein Bericht, wunderschöne Illustrationen ziehen sich durch das ganze Buch, die Schmetterlinge scheinen förmlich durch die Seiten zu flattern. All das macht das Buch zu einem wirklichen Lesegenuss. Eine übersichtliche Karte im Buch zeigt zudem die Stationen und Routen seiner Reise an, so etwas mag ich sehr.

Was mir persönlich aber sehr fehlte, waren Fotos der Falter oder wenigstens passende Abbildungen bei den Texten. Henning schreibt ausführlich über Formen und Farben, findet wirklich treffende Worte – aber trotzdem möchte ich die Tiere auch sehen! Er hat doch so viele Handyfotos gemacht, warum lässt er den Leser nicht daran teilhaben? Sicher, er wollte ein „anderes“ Schmetterlingsbuch schreiben und das ist ihm auch gelungen, denn es wirkt lebendig und persönlich, ist zwar informativ, von den lateinischen Namen der Tiere abgesehen aber nicht zu sachbuchartig. Die hochwertige Aufmachung und die Illustrationen machen schon fast einen künstlerischen Eindruck, das Buch eignet sich sicher wunderbar als Geschenk für Naturfreunde. Mir fehlten zum perfekten Genuss allerdings die Fotos.

Fazit: Ein wunderschönes Buch über faszinierende Geschöpfe. Nur leider ohne Fotos.

»Mein Reisebericht ist eine unverhohlene Liebeserklärung an all die Schmetterlinge, denen ich je begegnet bin.«