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katikatharinenhof

Bewertungen

Insgesamt 998 Bewertungen
Bewertung vom 06.05.2023
Meine Mama
Brown, Alison

Meine Mama


ausgezeichnet

Glück ist, eine Mama wie dich zu haben

"Meine Mama" ist ein zauberhaftes kleines Bilderbuch, das ohne viele Worte auskommt und trotzdem voller Liebe und Herzenswärme steckt. In winzig kleinen Reimen verpackt und mit niedlichen Zeichnungen illustriert, erzählt es von den Superkräften, ungeahnten Talenten und vielen Facetten, die Mütter haben und die sie gerne für ihre Kinder ausleben.

Es wird betüddelt und gekuschelt, gewirbelt und umsorgt, denn jedes Kind wird von seiner Mama geliebt. Es gibt so viele verschiedene Mamas auf der Welt und ganz besonders gefällt mir, dass Alison Brown in ihrem Buch die gleichgeschlechtliche Mama-Mama-Kind-Beziehung anspricht, denn sie bedeutet doppeltes Mama-Glück. Ein sehr gelungener inklusiver Beitrag, der Jungen und Mädchen zeigt, wie vielfältig und bunt die Welt der Mamas ist.

Das Büchlein zaubert ein Lächeln auf die Lippen und vermittelt eine wunderschöne Botschaft, die jedes Kind bereits verinnerlicht hat: Meine Mama ist die Beste !

Bewertung vom 30.04.2023
Wilder Places - 30 Streifzüge durch ein wildes Deutschland

Wilder Places - 30 Streifzüge durch ein wildes Deutschland


ausgezeichnet

Wanderglück und purer Naturgenuss

Wo gibt es in Deutschland noch unberührte Natur die dazu verführt, von der gemütlichen Couch zu flüchten und mit Anlauf in die Wanderschuhe zu schlüpfen ? Wo springen munter die Bäche über die Steine, verwandeln schroffe Felstürme die Landschaft in märchenhafte Kulissen ? Wo zeigen Windflüchter den Wanderenden den Weg ? Und wo tanzen Irrlichter auf dem Moor ?

Alles Fragen, auf die es in diesem genialen Wanderführer eine ausführliche Antwort gibt. In kurzweiligen, aber dennoch sehr informativen und nachgehbaren Wegbeschreibungen baut sich das Wilde, das Ursprüngliche direkt vor unserer Haustür auf und lädt die Wandernden dazu ein, mit jedem Schritt die Zivilisation ein Stück weit mehr hinter sich zu lassen, die Sorgen in den Boden abzugeben und unvergessliche Eindrücke mitzunehmen.

Einige der im Buch vorgestellten Routen bin ich bereits selbst gegangen (Wimbachklamm, Schönramer Filz, Entschenkopf, Gottesackerplateau, Wutachschlucht, Triberger Wasserfälle, Fehmarn) und kann die Touren von Herzen empfehlen. Es ist quasi Liebe auf den ersten Schritt, die voller Überraschungen und unerwarteter Entdeckungen steckt. Alle Touren sind magisch, zeigen die vielen Facetten unserer Landschaften und bringen uns wieder ins Gedächtnis, dass die Natur einfach das beste Rezept gegen Stress und Hektik ist.

Zwischen Gespensterwald, mystischen Mooren, tosenden Wasserfällen und Streckenabschnitten mit bewegter Vergangenheit gehen die Wandernden auf Tuchfühlung mit sich selbst, genießen die Waldeinsamkeit und lauschen den Geschichten, die das grüne Blätterdach leise rauschend erzählt. Vom hohen Norden bis hinunter in den Süden Deutschlands finden Wanderbegeisterte, je nach Fitness und Kondition, schnell die Lieblingstour.

Ein mehr als gelungener Wanderführer, der Wandern zum echten Naturerlebnis macht.

Bewertung vom 30.04.2023
Lost Places in Kroatien
Lux, Georg;Weichselbraun, Helmuth

Lost Places in Kroatien


gut

Vom Aufstieg und Fall einst prunkvoller Gebäude

Vergessen verlassen und gezeichnet vom Krieg - die Lost Places in Kroatien zeigen eindrucksvoll die Geschichte ihres Landes. Wo einst prunkvolle Lüster die Decke zierten, leicht bekleidete Damen für das leibliche Wohl zuständig waren, weiche Kissen und Decken die Tourist:innen in einen ruhigen Schlaf gebettet haben oder leckerer Likör für den sprichwörtlich guten Geschmack ein Markenzeichen war, ragen Ruinen, Bunkeranlagen und Festungen wie Mahnmale in den blauen Himmel.

Sie alle erzählen die wechselvolle Geschichte eines Landes, das sich immer wieder neu erfinden musste, um zum Urlaubsparadies zu werden. Eindrucksvolle Bilder liefern einen mehr als nachhaltigen Blick in das Geschichtsbuch Kroatiens und lassen schon die ein oder andere Gänsehaut über die Arme kriechen. Die schaurig schöne Umgebung ist Heimat von verlassenen Dörfern und Städten, in denen schon lange kein Leben mehr pulsiert. Gerippe von Vergnügungstempel und Hotels recken sich mahnend in den Himmel und erzählen leise ächzend von Misswirtschaft und anderen Geheimnissen. Mächtige Festungsmauern, gebogene Schienen und andere verfallene Zeugen vergangener Epochen sind Mahnmale glückloser Zeiten und bieten Nervenkitzel pur.

Ich habe mit großem Interesse das Buch gelesen und mir die einzelnen verlassenen Orte angeschaut. Dabei habe ich aber leider feststellen müssen, dass ich einige der im Buch befindlichen Lost Places bereits aus dem Buch ""Lost Places in der Alpen-Adria-Region" kenne. Die Bilder sind die gleichen, die Texte wurde etwas angepasst, aber trotzdem finde ich es ein wenig ärgerlich, dass sich hier bereits Bekanntes zwischen neue Empfehlungen mit morbiden Charme "schleicht".

Das trübt für mich den Lesepsaß und ich vergebe daher neutrale 3 Sternchen

Bewertung vom 30.04.2023
Abenteuer Heimat

Abenteuer Heimat


ausgezeichnet

Nur wer das Abenteuer wagt, wird neue Welten entdecken

Seit Corona haben viele von uns in sich das Abenteuer-Gen wiederentdeckt und herausgefunden, dass unsere Heimat ein echtes Füllhorn an Abenteuern ist. Meist unmittelbar vor der Haustür fangen die aufregenden Entdeckungen an, die in den letzten Jahren zwischen Hektik, Alltagsstress und Fernweh einfach mit Nichtbeachtung gestraft worden sind.

Im Buch "Abenteuer Heimat" erzählen 10 abenteuerlustige Autor;innen von ihren Erlebnissen, die randvoll mit Adrenalin, unvergesslichen Momenten und außergewöhnlichen Erlebnissen sind.

Schloss Neuschwanstein, an und für sich ein Magnet für Tourist:innen aus aller Welt, wird im Sonnenaufgang noch märchenhafter, wenn der Tag vom Läuten der Kuhglocken auf der Weide im wahrsten Sinne des Wortes eingeläutet wird. Myriaden von Sternen erhellen den Nachthimmel und laden zum Träumen ein und der Bulli wird zum heißgeliebten Transportmittel während der Auszeit. Ob in der Atta-Höhle auch ein Höhlengeist wohnt ? Der Käse jedenfalls schmeckt wunderbar - ich durfte ihn bereits selbst kosten. Wie schläft es sich im Schlafstrandkorb, wenn das Rauschen der Wellen zum Wiegenlied wird? Und hält das Eis auf der Spree während der Fahrradtour ?

Die Berichte sind alle sehr fesselnd und mitreißend geschrieben,, stecken voller Energie und Dankbarkeit für das Erlebte und wecken die Abenteuerlust der Leser:innen - die Füße wollen einfach nicht still halten, drängen von alleine in die Wanderschuhe, die Sitzhöcker rutschen unruhig auf dem Stuhl hin und her und wollen unbedingt auf den Fahrradsattel und aus den Seiten dringt das Plätschern des Wassers, um mit dem SUP mal die Perspektive zu wechseln und bereits liebgewonnene Ansichten vom Wasser aus mit anderen Augen zu sehen.

Unvorhergesehenes verwandelt Bekanntes in echte Aha-und Wow-Erlebnisse, Überraschendes macht den Weg zum Abenteuertrip und am Ende steht die Erkenntnis, dass das Abenteuerland direkt vor der Haustür liegt. Es genügt nur ein Schritt und schon beginnen die Extreme. Wadenzwickertouren, wunderbare Orte und inspirierende Landschaften inklusive.

Bewertung vom 29.04.2023
Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof
Schmidt, Cassian

Schau- und Sichtungsgarten Hermannshof


ausgezeichnet

Einen Garten zu pflanzen bedeutet an Morgen zu glauben (Audrey Hepburn)

Dieses wunderbare Buch ist ein Fest für die Sinne, Balsam für die Seele und ein echter Augenschmaus für alle Gartenliebhaber:innen. Eine Einladung, an das Morgen zu glauben und die Biodiversität mit ihren komplexen Spielregeln immer wieder neu zu entdecken, zu erforschen und an die klimatischen Veränderungen anzupassen.

Jede einzelne Seite zeigt eine neue Wunderkammer aus dem Reich der Blüten, Stauden und Gräser. Blumenteppiche wie aus 1001 Nacht, florale Regenbögen, sowie harmonisch abgestimmte Farbkonzepte in der Steppen- & Präriepflanzung zeigen die verschwenderische Schönheit der Natur und ihre unermessliche Vielfalt. Auch seltene Pflanzen und Gehölze sind in diesem kleinen Paradies zu finden und bringen eine interessante Struktur in die private Gartenanlage.

Das Buch lebt von den grandiosen Aufnahmen, die wie wunderschöne Landschaftsgemälde wirken. Die begleitenden Sachtexte und Bildunterschriften sind informativ und leicht verständlich verfasst, geben den Leser:innen einen fundierten Einblick in die Geschichte des Hermannshof und erläutern die Bepflanzung. Reizvolle Gräser, duftige Blüten, lauschige Ecken und eine wundervolle Atmosphäre laden zum Spaziergang ein - zuerst literarisch mit diesem Buch und dann persönlich beim nächsten Ausflug in den Odenwald.

Bewertung vom 29.04.2023
Und trotzdem leben wir
Küpper, Michaela

Und trotzdem leben wir


gut

Nicht aufgeben, sondern immer weiter gehen...auch wenn es manchmal schwer fällt

Auch wenn die erlösende Nachricht, dass der Krieg zu Ende ist, für allgemeines Aufatmen sorgt, beginnt für alle der schwierige Teil, um zurück zur Normalität zu gelangen. Zwischen Trümmern, Ruinen und der Hoffnung, dass die Zukunft besser wird, suchen Geflüchtete ein neues Zuhause. Gerrit Mann hat gelernt sich durchzuboxen und jeder Widrigkeit ins Auge zu blicken. In ihrem ihrem Haus finden viele Menschen Unterschlupf und so kommt es, dass auch Eva bei Gerrit ein neues Zuhause findet. Auch Emil Radek wohnt mit seiner Mutter bei Manns und er weiß, wie sich durch Tauschhandel und manches, nicht ganz so legales, Geschäft der Teller besser füllen lässt, wie mit den Rationen der Lebensmittelmarken. Das Haus der Manns wird zu einem Umschlagplatz für Trauer, Hoffnungen und unvorhergesehenen Ereignissen...


Bisher habe ich alle Roman von Michaela Küpper regelrecht verschlungen, denn sie weiß ihre Leser;innen mit einer sehr aktribischen Recherche und einer authentischen Schilderung der Szenerie zu begeistern. Mit "Und trotzdem leben wir" ist es ihr aber leider nicht so ganz gelungen, an die bisherige sehr gute Qualität ihrer Romane anzuknüpfen.

Ganz zu Beginn gibt es eine Schlüsselszene, die für Spannung und Rätselraten sorgt, doch geht die Autorin im Verlauf des Buches nicht weiter darauf ein und löst die Ereignisse erst ganz zum Schluss auf. Der Schreibstil ist gewohnt flüssig und gut zu lesen, aber mir fehlen die Emotionen, die mich an die Figuren binden. Die Erzählung ist an machen Stellen einfach zu nüchtern und sachlich, sodass mich das Gelesene nicht wirklich berührt.

Alle weiblichen Figuren versuchen den Überlebenskampf, den Hunger und die Not unmittelbar nach dem Krieg darzustellen, aber es gelingt ihnen nicht wirklich. Küpper zeigt zwar auf, dass sich die Stellung der Frau nach dem Krieg wieder wandelt - im Krieg waren sie alle gut genug, um die fehlende Arbeitskraft der Männer zu ersetzen, nach dem Krieg sollen wieder zurück ins Klischee Kinder, Küche, Kirche und dagegen lehnen sie sich auf. Hier hätte ich mir mehr Einfühlungsvermögen gewünscht, um den Mut der Frauen, für ihre Rechte einzustehen, auch wirklich spüren zu können.

Auch Emil bleibt recht blass, obwohl er recht pfiffig ist und es faustdick hinter den Ohren hat. Er hat es wirklich drauf, wenn es darum geht, begehrte Ware zu organisieren und gegen dringend benötigte Lebensmittel zu tauschen. Sein Einfallsreichtum ist schier unerschöpflich und kennt keine Grenzen

Alles in allem berichtet dieser Roman über das Leben von Kriegswitwen, Heimkehrern und Versehrten, aber er bleibt weit hinter meinen Erwartungen zurück. Ich weiß, das kann die Autorin besser - daher neutrale 3 Sternchen.

Bewertung vom 25.04.2023
Soden, Kristine von

"Ob die Möwen manchmal an mich denken?"


ausgezeichnet

Als der Badeurlaub baden ging

Unter der Schreckensherrschaft der Braunhemden hat sich nicht nur das Bild in den Städten und Dörfern gewandelt, auch der Tourismus war von den völkischen Ideologien betroffen. Doch wie sah der Alltag an den weißen Stränden der Ostseeküste aus, als der Wind eindeutig die falsche Richtung eingeschlagen hat ?

Dieser bisher wenig bekannten Frage widmet sich Kristine von Soden und lässt ihre Leser;innen hinter die schützen Sandburgen blicken, die nicht nur den Wohlfühlbereich der Badegäste als Territorium abstecken, sondern auch sinnbildlich für die Ausgrenzung der jüdischen Besucher;innen der Urlaubsorte stehen.

Doch nicht erst mit dem immer härteren Durchgreifen des braunen Sumpfes wird der weiße Ostseestrand "gesäubert", schon lange vorher bahnen sich erste Vorboten des "Bäder-Antisemitismus" den Weg an die Küste. Die Autorin zeichnet ein erschreckendes und sehr nachdenklich stimmendes Bild der damaligen Zeit und belegt mit Transkriptionen, Originalaufnahmen und Ablichtungen von Werbeanzeigen, wie sich der Sinneswandel Stück für Stück vollzogen hat, um anschließend mit stolzgeschwellter Brust verkünden zu können, dass nicht nur die Strände, sondern auch die Hotels und Pensionen "Judenrein" sind.

Dabei dürfen wir gemeinsam mit Käthe Kollwitz, Asta Nielsen, Else Lasker-Schüler u. a die Sommerfrische gneißen, die aber zunehmend von aufziehenden dunklen (braunen) Wolken getrübt wird. Die deutschnationale Bewegung und die antisemitisch-rassistischen Gedanken brechen sich wie die Wellen am Spülsaum und überschwemmen regelrecht die Ostseebäder. Immer häufiger ist zu lesen, dass jüdische Badegäste unerwünscht sind und nicht nur auf den Sandburgen die Hakenkreuzfahne gehisst wird.

Der Titel des Buches ist einem Zitat von Asta Nielsen entnommen und im Verlauf des Buches wird den Leser,innen erst die melancholische und zugleich erschreckende Bedeutung bewusst. Kristine von Soden hat hervorragend recherchiert und Fakten ans Tageslicht gebracht, die bisher gut zwischen den weißen Sandkörnern der Ostseestrände vergraben gewesen sind.

Eine seht nachdenklich stimmende und aufrüttelnde Lektüre, die lange in Erinnerung bleibt.

Bewertung vom 24.04.2023
Unangepasst
Braun, Ursel

Unangepasst


ausgezeichnet

Kleider machen Leute, aber der Charakter macht den Menschen

Ursel Braun gelingt eine einzigartige Kombination in ihrem Buch, denn sie vereint sieben Porträts grandioser Frauen (u. a Frida Kahlo, Tamara de Lempicka, Josephine Baker) zu eine kurzweiligen und äußerst interessanten Lektüre, die den Fokus nicht auf das bereits Bekannte, sondern auf einen neuen Blickwinkel legt. Dabei ermöglicht die Schreibende ihren Leser;innen einen Blick in den Kleiderschrank der Künstlerinnen und zeigt so, dass die Kleidung der Frauen eben nicht dem Zweck und der Alltagstauglichkeit unterliegt, sondern von ihnen als nonverbale Kommunikation genutzt und zu einer Art Mittel zur Selbstdarstellung wird.

Kleidung wird hier gezielt eingesetzt , um ein Understatement abzugeben und der breiten Öffentlichkeit mitzuteilen, dass Frau sich nicht in das gesellschaftliche Korsett zwängen lässt, sondern sich frei und - wie der Titel beschreibt - unangepasst durchs Leben bewegt.

Unvergessen ist das Bananenröckchen von Josephine Baker, das bei näherem Betrachten so gar nicht erotisch ist, sondern mit Widerhaken versehen eine ganz andere Bedeutung bekommt. Die opulenten Trachten von Frida Kahlo sind schützender Kokon und Ausdruck des absoluten Überlebenswillen zugleich, während Luise Nevelson mit ihrer Kleidung eine Art kunstvolle Collage erschafft.

Die Lebensgeschichten der Künstlerinnen sind aufregenden und spannend erzählt und unterscheiden sich gänzlich von dem, was bisher veröffentlicht worden ist. Denn hier liegt eindeutig der Fokus auf dem Weg zum Sein, fernab aller Konventionen und Rollenmuster. Ein Leben voller Träume, die es zu verwirklichen gilt, sei es mit Rebellion oder auf den Flügeln der Liebe. Ein Buch, das vom immer wieder Aufstehen und Weitergehen erzählt, auch wenn die ersten Schritte nach dem Hinfallen schmerzhafter sind als erwartet.

Absolut lesenswert !

Bewertung vom 24.04.2023
Inselgeister
Ohle, Bent

Inselgeister


ausgezeichnet

Die Geister, die ich rief

Über Amrum scheint ein Fluch zu liegen, denn mit der ersten Fähre landen nicht nur Tourist:innen, sondern auch ein Toter auf der Insel an. Doch er ist nicht eines natürlichen Todes gestorben, sondern wurde Opfer eines feigen Giftanschlags. Das ist längst nicht alles, denn eine Entführung hält die Insel in Atem. Auf den ersten Blick zwei unterschiedliche Fälle, aber beim genaueren Hinsehen stellt Nils Petersen fest, dass mehr dahinter steckt. Doch je tiefer er gräbt, desto gefährlicher wird es....


"Inselgeister" von Bent Ohle beschwört die Geister der Vergangenheit herauf und ist von der erste Seite an ein absolutes Krimi-Highlight. Es gelingt dem Auto nämlich, die Inselidylle ins Gegenteil umzuwandeln und zwischen Dünengras und Wellenglitzern die Gespenster der Vergangenheit ans Licht zu zerren. Dabei verbindet der Schreibende wahrhaftige Ereignisse mit Geschehnissen, die seiner Fantasie entspringen zu einer neuen Realität, die einen sehr aufregenden Einblick in ein Stück deutsch-deutscher Geschichte geben.

Seine Figuren bewegen sich sicher auf dem von Ohle geschaffenen Parkett , sind dabei sehr authentisch und glaubwürdig und vermitteln der Leserschaft, warum sie so handeln, wie sie handeln . Immer präsent - die erdrückenden Geheimnisse, die die Charaktere mit sich tragen und die wie Ungeziefer aus jeder Ecke und jedem Winkel ihnen nachkriechen. Es gelingt dem Schreibenden, seine Leser:innen vollkommen in die Handlung miteinzubeziehen und ihnen zu zeigen, was für ein immenser Antreiber Schmerz sein kann, der die Grenze zwischen Recht und Unrecht, Schuld und Sühne vollkommen verschwinden lässt.

Nils Petersen ist immer mittendrin und wirkt wie ein Lotse in einem dramatischen und packenden Fall, der nicht nur den Leser.innen einiges abverlangt. Faszinierende Fakten, präzise beobachtet, geben dem Plot genau die richtige Würze, um den komplexen, ja fast schon tragischen Krimi immer wieder mit Spannung zu füttern. Bent Ohle legt den Finger immer wieder in die Wunde, aber gerade so, dass es genug weh tut, um bei seinen Ermittlungen ans Ziel zu kommen.

Ein genialer, spannender und erkenntnisreicher Krimi, der von Seite eins an regelrecht süchtig macht.

Bewertung vom 23.04.2023
Verlockungen Elsässer Art
Crayon, Suzanne

Verlockungen Elsässer Art


sehr gut

Ist tatsächlich gegen alles ein Kraut gewachsen ?

Zugegeben, die Ruine der mittelalterlichen Engelsburg ist schon schön anzuschauen, aber der Anblick wird dann doch durch die Leiche gestört, die da wie hindrapiert liegt. Schnell steht fest, dass es der Souvenirladenbesitzer ist, dem der Lebenshauch entwichen ist. Aber warum ausgerechnet er ? Ist er mit seinen "Heilkünsten" irgendwem auf die Füße gestiegen ? Jean Paul Rapp hat da so seine eigenen Theorien, die er zu gerne bestätigt wissen will. Aber da ist ja auch noch Rimbout, der als Offizieller ermitteln darf und eine ganz andere Meinung vertritt. Davon lässt sich Rapp natürlich nicht abhalten und ermittel wieder auf eigene Faust....


Suzanne Crayon entführt wieder ins schöne Elsass und weckt Sehnsüchte nach einer Auszeit, die aber hoffentlich wirklich zum Chillen gedacht ist und nicht wie bei Rapp mit einem Mord gekrönt wird. Dabei lässt sie den Ex-Ermittler wieder ganz tief in den menschlichen Abgründen wühlen und macht auch nicht davor Halt, den Fall für Rapp mit sehr persönlichem Bezug zu gestalten.

Denn Rapp muss erfahren, dass ausgerechnet seine Ex-Frau eine Kundin des Opfers ist. Dieser hat es sich als selbsternannter Heiler zur Aufgabe gemacht, Menschen in Not das Geld aus der Tasche zu ziehen und sie mit seinen Mixturen regelrecht an ihn zu binden, da sie süchtig machende Substanzen enthalten. Ein heikles Thema, das Crayon hier anführt, denn zwischen Naturheilkunde und Nepp liegt ein schmaler Grat, der von vielen dazu benutzt wird, um Hilfesuchende bis aufs letzte Hemd auszunehmen und ihnen das Blaue vom Himmel zu versprechen.

Der Fall baut sich gut auf, lässt aber manchmal des gewisse Quäntchen Spannung vermissen, um wirklich mit Eifer bei der Stange zu bleiben. Es gibt viele Möglichkeiten eigene Ermittlungen anzustellen, die auch manchmal ins Nichts führen. Der Zwist und der Hahnenkampf zwischen Rapp und Rimbout sind zwar recht amüsant, aber auf Dauer doch eher ermüdend zu lesen.

Rapp macht viele Alleingänge, die ihn hier und da auch mal an seine Grenzen bringen. Er verliert jedoch nie das Ziel aus den Augen und hört nicht eher auf, bis er das letzte Mosaiksteinchen gefundenen und die Wahrheit ans Licht gebracht hat.