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dorli
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Insgesamt 894 Bewertungen
Bewertung vom 15.12.2015
Albrecht, Ilja

Kalter Zorn / Kiran Mendelsohn Bd.2


sehr gut

In einer Waldhütte nahe Xanten wird die amerikanische Austauschschülerin Patricia Masterson tot aufgefunden. Sie wurde gefoltert und brutal ermordet. Da es in den USA zwei ungelöste Mordfälle mit deutlichen Parallelen zu dem hiesigen Mord gibt, fliegt BKA-Ermittler Kiran Mendelsohn nach Washington, um dem Täter gemeinsam mit den US-Behörden auf die Spur zu kommen. Kurze Zeit später geschieht in Deutschland ein weiterer Mord…

„Kalter Zorn“ ist bereits der zweite Fall für das Ermittlerteam rund um den Profiler Kiran Mendelsohn – für mich war dieser Einsatz der erste, den ich mit den BKA-Ermittlern erleben durfte. Auch ohne Kenntnis des vorhergehenden Bandes war ich schnell mit den Akteuren vertraut und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass mir für das Verständnis dieses Thrillers wichtige Informationen fehlen würden.

Ilja Albrecht erzählt die Geschichte von der ersten Seite an spannend und fesselnd, ruckzuck ist man mittendrin im Geschehen und geht mit einem BKA-Team des Bereichs Internationale Koordination und Beamten des FBI auf Verbrecherjagd. Interessant und detailliert wird beschrieben, wie die Ermittler bekannte Merkmale wie Tatorte, Tathergang, Opfertyp, Spuren etc. analysieren und dann daraus ein Täterprofil erstellen.

Doch trotz einiger guter Ergebnisse kommen die Ermittler nicht wirklich voran – Ilja Albrecht schickt hier einen ausgebufften Täter ins Rennen, der Kiran und Co. mit seinem Handeln immer wieder überrascht und herausfordert. Er kontaktiert die Ermittler via Internet-Chat, ändert seine Vorgehensweise und verwischt damit das klare Bild, das die Fallanalytiker sich von ihm gemacht haben.

Am Ende muss Kiran erkennen, dass er trotz aller Sorgfalt einen wichtigen Aspekt nicht in seine Überlegungen zum Täterprofil einbezogen hat – ein Punkt im Handlungsverlauf, der mir sehr gut gefallen hat, da es den Thriller echter und glaubwürdiger macht, wenn auch ein erfahrener Ermittler nicht durchweg fehlerlos handelt.

Nach einem dramatischen Showdown befassen sich die letzten Kapitel des Buches mit dem Täter, seinem Hintergrund, seiner Entwicklung und den Umständen, die ihn zum Mörder gemacht haben.

„Kalter Zorn“ ist ein tiefgründiger Thriller, der mir ein paar sehr spannende Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 09.12.2015
Mützlitz, Henning

Im Schatten der Hanse


sehr gut

In seinem historischen Roman „Im Schatten der Hanse“ entführt Henning Mützlitz den Leser in das Jahr 1376 nach Lübeck und wartet mit einer spannend erzählten Geschichte auf - schnell war ich mittendrin in einer Welt aus Abenteuer, Intrigen und Verrat, Missgunst und Mord.

Genauso düster und bedrohlich wie das Cover andeutet, ist es um die derzeitige Situation des 21-jährigen Kaufmannssohn Jacob Wallersen bestellt. Vater und älterer Bruder sind kurz nacheinander verstorben - plötzlich steht Jacob als Familienoberhaupt da und soll die Geschäfte führen, obwohl er keine Ahnung vom Fernhandel hat. Damit nicht genug, von Schulden, Überfällen und dem Verlust wertvoller Frachten in die Enge getrieben, versinkt Jacob in einem Strudel aus dunklen Machenschaften und lässt sich mit zwielichtigem Gesindel ein.
Jacob wirkt überfordert, verzweifelt und hilflos – kein Wunder, der junge Mann wurde auf seine gewichtige Aufgabe nicht vorbereitet. Mutter und Schwester stellen nur Forderungen und bieten keinerlei Rückhalt. Als Leser leidet man mit Jacob. Und man ärgert sich gleichzeitig über ihn, weil er Entscheidungen trifft, die seine sowieso schon prekäre Lage noch verschlimmern.

Zur gleichen Zeit kämpft das Waisenmädchen Svanja Kristofson in Reval um Leib und Leben – ihr Dasein als Straßenkind ist absolut kein Zuckerschlecken. Von miesen Gestalten bedroht und bedrängt, gelingt es ihr, sich in einem Fass mit Zobelpelzen zu verstecken…
Svan war für mich ganz eindeutig der „Star“ in dieser Geschichte. Das gewiefte Mädchen weiß sich in jeder Situation zu helfen, kann sich blitzschnell auf neue Gegebenheiten einstellen und entsprechend handeln.

Ebenfalls in Reval: Matthäus Gerwald. Matt ist Steuermann auf der „Stolzer Jacob“, einer Kogge, die zur Flotte der Wallersen gehört. Die „Stolzer Jacob“ soll eine Ladung Zobelpelze nach Lübeck bringen – das sich in einem Fass neben den Pelzen auch noch die kleine Svan befindet, bemerkt zunächst niemand. Die Fahrt nach Lübeck endet jäh, als die Kogge vor Gotland von Piraten gekapert wird…

Die Beschreibung der Geschehnisse und Handlungsorte ist Henning Mützlitz sehr gut gelungen, so dass man schnell von der mittelalterlichen Atmosphäre eingefangen wird und einen guten Einblick in diese zum Teil äußerst grausame Zeit erhält.

Auch wenn Jacob und die Schieflage seines Familienunternehmens im Mittelpunkt der Handlung stehen, erlebt man einen großen Teil der Geschichte aus den Perspektiven von Svan und Matt und bekommt so einen Eindruck von dem rauen und gefährlichen Leben auf See und kann einen kleinen Blick in die Welt der Piraten werfen.

„Im Schatten der Hanse“ lässt sich angenehm zügig lesen und hat mir ein paar spannende, unterhaltsame Lesestunden beschert. Auch wenn am Ende der Geschichte einige Fragen offen bleiben, hat es mir Spaß gemacht, die Akteure durch diese für sie aufregende und gefährliche Zeit zu begleiten.

Bewertung vom 08.12.2015
Rößner, Susanne

Diridari


ausgezeichnet

Rosenheim im Februar. Brigitte Gebauer hat ihre Freundin Miriam Dahl als vermisst gemeldet. Um seiner Schwester einen Gefallen zu tun, sieht Hauptkommissar Martin Sauerwein sich gemeinsam mit seiner Kollegin Eva Neunhoeffer in der Wohnung der Vermissten um. Schnell steht fest, Miriam wurde entführt! Sauerwein übergibt den Fall an die zuständige Vermisstenstelle.
Zeitsprung. Es ist Spätsommer. Eine mysteriöse Einbruchserie hält die Rosenheimer in Atem. Sauerwein und seine Kollegen übernehmen die Ermittlungen und erleben eine Überraschung…

„Diridari“ ist nach „Fangermandl“ der zweite Fall mit dem sympathischen Team rund um Hauptkommissar Martin Sauerwein, dieser Krimi ist aber auch ohne Kenntnis des ersten Bandes bestens verständlich.

Susanne Rößner hat mich auch mit „Diridari“ von der ersten bis zur letzten Seite fest im Griff gehabt. Das Buch lässt sich angenehm zügig lesen, Spannung wird schnell aufgebaut und bleibt durchgehend auf einem hohen Level. Zahlreiche im Handlungsverlauf auftauchende Fragen sowie einige unerwartete Wendungen haben mir viel Platz zum Miträtseln und Mitgrübeln über Täter, Motive, Zusammenhänge und Hintergründe gegeben.

Sauerwein und sein Team unterstützen die Kollegen des Einbruchsdezernats bei der Aufklärung der Einbruchserie. Was anfangs nach einem Routinefall für die Rosenheimer Kommissare aussieht, entwickelt sich schnell zu einer verzwickten Angelegenheit. Für die größte Verwirrung sorgen dabei an unterschiedlichen Tatorten gefundene Fingerabdrücke - diese Fingerabdrücke dürfte es dort eigentlich nicht geben, denn sie gehören zu einem Mann, der angeblich vor einigen Monaten bei einen Schiffsunglück um Leben gekommen ist.

Sehr spannend sind auch die Geschehnisse in dem Handlungsstrang um die entführte Miriam. Miriam leidet nach Monaten der Gefangenschaft am sogenannten Stockholm-Syndrom. Nach anfänglich großer Angst baut sie eine positive Beziehung zu ihrem Entführer auf. Sie empfindet Sympathie für ihn, fühlt sich zu ihm hingezogen, möchte sogar bei ihm bleiben.

Nicht nur die zwei anscheinend voneinander unabhängigen Handlungsstränge, auch die Vielzahl an Personen, die unterschiedlichen Schauplätze und die diversen Nebenhandlungen bereichern das Geschehen - überall passiert etwas, aber trotz der Fülle an Details gelingt es mühelos, den Überblick über den Handlungsablauf zu behalten, weil alles sehr gut durchdacht ist und sich nach und nach schlüssig miteinander verbindet.

Die gesamte Handlung ist nicht nur vielschichtig, sondern auch realitätsnah. Die Spurensuche wirkt durch den Wechsel von Erfolgen und Fehlschlägen echt und glaubwürdig. Außerdem ist man nicht nur bei den Ermittlungen dabei, sondern erlebt auch alles andere, was die Akteure beschäftigt, sehr intensiv mit. So macht Sauerwein nicht nur der knifflige Fall Probleme. Das ungebührliche Verhalten vom Kollegen Max Hansen gegenüber Eva nimmt unerträgliche Ausmaße an, so dass Sauerwein eingreifen muss. Und auch in seinem persönlichen Bereich hat der Hauptkommissar wichtige Entscheidungen zu treffen.

„Diridari“ hat mich durchweg begeistert. Die stets fesselnde Handlung und die ausdrucksstarken Figuren bieten spannende Unterhaltung und lassen zu keiner Zeit Langeweile aufkommen.

Bewertung vom 07.12.2015
Friewald, Gerlinde

Schuldfrei


ausgezeichnet

Wien. Rechtspsychologe und Profiler Nick Stein muss seinen Urlaub abbrechen - ein grausiger Leichenfund in einer alten Villa erfordert seine sofortige Rückkehr nach Wien…

„Schuldfrei“ ist nach „Faltenfrei“ der zweite Fall für Nick Stein - wieder hat mich Gerlinde Friewald mit einer mitreißend erzählten Geschichte und einem gut durchdachten Handlungsverlauf rundum begeistert. Die Autorin versteht es hervorragend, den Leser einzufangen und die Spannung schon nach wenigen Seiten auf ein hohes Level zu katapultieren. Gleich in der Einstiegsszene ist es mir eiskalt den Rücken runter gelaufen: Sechs Menschen wurden grausam gefoltert und anschließend gekreuzigt. Eine an einem Kreuz hängende Frau erzählt von dem Geschehen um sich herum, kurz darauf stirbt sie.

Im Folgenden geht man mit dem Sonderermittler des BKA und seinem Team auf Spurensuche. Obwohl die Ermittlungen nach dem Fund der Leichen auf Hochtouren laufen, scheint eine Lösung des Falls in weiter Ferne zu liegen – lange Zeit ist die Identität der Opfer unklar. Und selbst als alle Namen bekannt sind und feststeht, dass es mit dem ehemaligen Kinderheim Rotherburg eine Verbindung zwischen den Toten gibt, bleiben die Hintergründe zu der Tat weiterhin im Dunklen.

Die Beschreibungen der Schauplätze sind Gerlinde Friewald bestens gelungen. Die Handlung ist vielschichtig und auch die Akteure werden allesamt interessant und facettenreich präsentiert.
Besonders Nick hat mich begeistert, weil er nicht auf eine Aufklärung um jeden Preis aus ist, sondern ein hervorragendes Gespür dafür hat, wie viel er den Menschen mit seinen Fragen zumuten kann.
Auch Nicks Assistentin Sam spielt die ihr zugedachte Rolle wieder ganz ausgezeichnet. Ich mag ihre schroffe, direkte Art sehr gerne. Eine toughe Frau, die nicht mit derben Ausdrücken geizt und das Herz am rechten Fleck hat.

„Schuldfrei“ ist ein fesselnder, angenehm zügig zu lesender Krimi, der mir ein paar spannende Lesestunden beschert hat.

Bewertung vom 24.11.2015
Schier, Petra

Die Bastardtochter


ausgezeichnet

Koblenz, 1362. Die schöne Enneleyn kann ihr Glück kaum fassen, als der Ritter Guntram von Eggern um ihre Hand anhält. Kaum verheiratet, zeigt Guntram jedoch sein wahres Gesicht und macht seiner jungen Frau das Leben zur Hölle. Enneleyn schweigt und lässt alle in dem Glauben, dass sie glücklich und zufrieden ist…

In ihrem historischen Roman „Die Bastardtochter“ entführt Petra Schier den Leser in das 14. Jahrhundert nach Koblenz und erzählt eine spannende Geschichte voller Leid und Liebe.

Dieser dritte Teil der Kreuztrilogie kann auch ohne Kenntnis der vorherigen Bände gelesen werden, da die für das Verständnis wichtigen Hintergründe von der Autorin geschickt in die laufende Handlung eingeflochten wurden.

Nachdem es in „Die Eifelgräfin“ um Elisabeth und Johann und in „Die Gewürzhändlerin“ um Luzia und Martin ging, steht diesmal Johanns uneheliche Tochter Enneleyn und ihre Ehe mit dem gewalttätigen Guntram im Mittelpunkt des Geschehens.

Petra Schier schreibt fesselnd und mitreißend. Die Akteure werden alle lebendig und bildhaft dargestellt und man kann bestens mit ihnen mitfühlen und mitfiebern.

Das gilt besonders für Enneleyn. Die Beweggründe für ihr Schweigen und das stumme Ertragen aller Erniedrigungen und Prügel sind einleuchtend, denn sie lebt in einer Zeit, in der es normal war, dass ein Mann seine Frau geschlagen hat. Verstehen will man ihr Geheimhalten der wahren Zustände und ihre Schauspielerei dennoch nicht und möchte sie am liebsten wachrütteln, damit sie ihren Vater, ihre Stiefmutter oder zumindest eine Freundin einweiht. Doch die junge Frau ist zu stolz, denkt nur an die Familienehre und will ihren Vater nicht enttäuschen. Nur dem aus Mailand zurückgekehrten Anton gelingt es, hinter ihre sorgfältig aufgebaute Fassade zu blicken, doch Enneleyn will seine Hilfe nicht.

Auch Bösewicht Guntram ist Petra Schier hervorragend gelungen. Ein echter Mistkerl, über dessen Machenschaften man sich ein ums andere Mal aufregen kann. Er ist sehr talentiert, wenn es darum geht, seine Mitmenschen an der Nase herumzuführen. Alle sehen in ihn den Ehrenmann, der nur das Beste für seine Frau will. Doch das Gegenteil ist der Fall, er ist eiskalt, brutal, berechnend und drangsaliert Enneleyn wo es nur geht. Das Ziel, das Guntram mit seinem miesen Verhalten verfolgt, bleibt bis zum Schluss unklar und ist um einiges umfassender als „nur“ die häusliche Gewalt.

Das der Trilogie den Titel gebende Kreuz spielt natürlich auch in diesem Band wieder eine Rolle und bringt einen Hauch von Magie in die Geschichte. Das Kruzifix, das schon seit über zweihundert Jahren im Besitz der Familien von Küneburg, Bongert und Wied ist, pulsiert, als wäre es lebendig. Es summt und sirrt und kann zornig pfeifen. Es leuchtet in unterschiedlichen Farben und strahlt Wärme aus. Es scheint zu wissen, was die Menschen denken und fühlen, erkennt das Böse und warnt vor Gefahr.

In einer Nebenhandlung lernt man Wulfhard de Berge kennen. Der Fernhändler aus Konstantinopel wirkt undurchsichtig und verschlossen. Schnell wird klar, dass er auf der Suche nach dem Kruzifix ist – doch ob er es ehrlich meint oder gefährlich ist, bleibt zunächst offen.

Eine Nebenfigur, die ich sofort in mein Herz geschlossen habe, ist Palmiro. Der freche Straßenjunge aus Mailand kommt mit Anton nach Koblenz und bringt mit seinem Witz eine große Portion Leichtigkeit in das Geschehen.

„Die Bastardtochter“ lässt sich angenehm zügig lesen und hat mir unterhaltsame Lesestunden beschert. Es war sehr spannend, Enneleyn kennenzulernen, sie auf ihrem Weg durch die schwere Zeit zu begleiten und Kummer und Furcht aber auch Momente des Glücks mit ihr zu teilen.

Bewertung vom 17.11.2015
Minck, Lotte

Tote Hippe an der Strippe


ausgezeichnet

Lorettas Chef Dennis sitzt mächtig in der Patsche. Er wird von einer zwielichtigen Bande massiv bedroht und erpresst. Die Gauner wollen ihm sein Callcenter abluchsen und das derzeitige Personal durch professionelle Damen ersetzen, die die Anrufer der Hotline in einen Puff locken sollen. Klar, dass Loretta und ihre Freunde nicht zögern und Dennis zu Hilfe eilen…

Auch in ihrem fünften Abenteuer laufen Loretta & Co. wieder zur Höchstform auf. Diesmal mutet Lotte Minck ihren Protagonisten einiges zu – es wird brandgefährlich für die Ermittlertruppe, denn es gilt, einer gewalttätigen Bande das Handwerk zu legen. Bärbel und Frank und später auch Loretta ermitteln diesmal verdeckt und begeben sich getarnt in die Höhle des Löwen. Ein grandioses Schauspiel! Doch dann läuft die ganze Sache aus dem Ruder und es geht den Helden ganz böse an den Kragen.

Lotte Minck wartet wieder mit einer großen Portion Wortwitz und Situationskomik auf. Der Humor ist wie immer frisch und natürlich und wirkt zu keiner Zeit aufgesetzt. Die Akteure versprühen mit ihren Eigenheiten ganz viel gute Laune. Neben Loretta ist es wieder einmal Frank, der mich mit seiner lässigen Art und seinem Ruhrpottslang besonders begeistert hat.

Großes Lob auch an die Umschlaggestaltung – die herrlich detailreiche Illustration von Ommo Wille stimmt ganz wunderbar auf den Inhalt dieser Krimödie ein.

„Tote Hippe an der Strippe“ ist eine tolle Verknüpfung von Spannung und Humor – es hat wieder großen Spaß gemacht, mit Loretta und ihren Freunden auf Verbrecherjagd zu gehen.

Bewertung vom 15.11.2015
Mannhardt, Bernd

Tide, Tat & Tod


sehr gut

Dithmarschen. Franz Xaver Stegmayer - Ex-Boxer und mittlerweile recht erfolgloser Krimiautor - wird von seinem Verleger auf Recherchereise nach Norddeutschland geschickt. Doch die raue Natur, die salzige Luft und überhaupt das ganze Leben an Deich und Wattenmeer ist ganz und gar nicht Franz Xavers Welt. Er stolpert „…ideen- oder orientierungslos in der Küstenpampa umher…“, immer auf der Suche nach Inspiration für einen spannenden Regionalkrimi. Doch diese will sich partout nicht einstellen. Um die Langeweile zu überbrücken und die Neugierde zu befriedigen, erkundet er dennoch die unliebsame Gegend…

Bernd Mannhardt hat wenig Mitleid mit seiner Hauptfigur und lässt den Urbayern Stegmayer mit all den Eigenarten und Besonderheiten kämpfen, die die norddeutsche Küstenlandschaft zu bieten hat. Franz Xaver fühlt sich strafversetzt und schreibt gefrustet einen Brief an seinen Verleger.

Ich habe mich über Franz Xavers Erlebnisse und noch mehr über den griesgrämigen Ton, mit dem er von diesen Erlebnissen erzählt, durchweg gut amüsiert. Gefehlt hat mir dagegen in diesem als Küsten-Krimi angepriesenen Buch die Krimihandlung. Die ist wenig bis gar nicht vorhanden.

Der Clou waren für mich ganz eindeutig die recht zahlreichen Fußnoten. Herausgeber, Lektor, Übersetzer und viele andere quatschen dem ständig lamentierenden Stegmayer immer wieder dazwischen. Die Anmerkungen und Kommentare sind amüsant und verleihen der Geschichte eine gute Portion Schwung.
Das ständige Hin- und Herwechseln zwischen eigentlichem Text und Fußnoten war ein wenig gewöhnungsbedürftig, hat mich aber nach ein paar Seiten des Einlesens nicht mehr gestört.

„Tide, Tat und Tod“ hat mir insgesamt gut gefallen. Nicht der Krimi, den ich erwartet hatte. Dennoch haben mich der knurrige Franz Xaver Stegmayer und besonders die zahlreichen Stimmen aus dem Hintergrund sehr gut unterhalten.

Bewertung vom 12.11.2015
Billingham, Mark

Die Scherben der Wahrheit


ausgezeichnet

London. Paul Hopwood wird mitten in der Nacht an einer Bushaltestelle von einem Auto erfasst und stirbt. Ein Unfall, dessen zufälliges Opfer Paul wurde – so die einhellige Meinung. Als Pauls schwangere Frau Helen unbekannte Nummern auf Pauls Handy entdeckt, beginnt sie nachzuforschen und stößt schnell auf Ungereimtheiten, die den Unfall in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen…

Mark Billingham beginnt „Die Scherben der Wahrheit“ an dem Abend des Unfalls. Der Initiationsritus einer Jugendgang. Schüsse aus einem Chevrolet. Die Fahrerin eines BMW verliert die Kontrolle über ihr Fahrzeug.

Dann dreht der Autor die Zeit um drei Wochen zurück und stellt dem Leser Paul und die weiteren Hauptfiguren vor. Man lernt die Akteure und ihr Umfeld gut kennen und bekommt schnell den Eindruck, dass Paul in dubiose Geschäfte verwickelt ist.
Ich bin ein großer Fan von ausführlichen Beschreibungen und detaillierten Schilderungen und war daher ganz begeistert, wie viel Zeit Mark Billingham sich nimmt, seine Protagonisten und ihre jeweiligen Lebensumstände darzustellen. Es gibt keine klare Trennung zwischen gut und böse, meine Sympathien und Abneigungen wechseln ständig.

Helen stolpert bei ihren Nachforschungen über immer mehr von Pauls Heimlichkeiten. Mit jedem weiteren aufgedeckten Puzzleteil wird ihr Bild von ihm verschwommener und sie hat das Gefühl, mit einem Fremden zusammen gelebt zu haben.

Besonders intensiv beschreibt Mark Billingham die Mitglieder der Gang. Das Milieu, in dem sie sich bewegen. Ihre Hierarchie, ihre Loyalität zueinander. Man erfährt, wie jeder Einzelne tickt, lernt die Eigenheiten und Macken, die Interessen und Ziele, die Probleme und Geheimnisse kennen. Dieser Part wird von Theo erzählt. Theo wird von Mark Billingham super dargestellt – man merkt an seinem Verhalten, wie jung und unsicher er ist. Er geht nicht mit der Kälte vor, wie die anderen Bandenmitglieder. Theo war der Schütze in der Unfallnacht und er hat große Angst, denn seine Kumpane, die mit ihm in dem Chevrolet gesessen haben, werden einer nach dem anderen ermordet.

Die Geschichte ist in mehrere Handlungsstränge aufgeteilt, die sich nach und nach zu einem großen Ganzen verbinden. Mark Billingham hat den Roman mit einigen Überraschungen und Wendungen gespickt, so dass die Handlung immer wieder neuen Schwung bekommt und bis zum Schluss spannend bleibt. Am Ende steht eine Auflösung, mit der ich nicht gerechnet habe.

„Die Scherben der Wahrheit“ ist ein ausgefeilter, gut durchdachter Roman, der mich von der ersten bis zur letzen Seite fest im Griff gehabt hat – eine Geschichte, die mich mit ihrer spannenden Spurensuche prima unterhalten hat.

Bewertung vom 12.11.2015
Voß, Harry

Gefangen in Abadonien


ausgezeichnet

Die 6-jährige Hanna kann stundenlang den Geschichten ihres 15-jährigen Bruders Alex lauschen. Eines Nachmittags verschwindet Hanna plötzlich von einem Spielplatz, während Alex ganz vertieft eine Geschichte in sein Notizbuch schreibt. Verzweifelt macht Alex sich auf die Suche nach seiner Schwester, nicht ahnend, dass dieser Tag, der schon so merkwürdig begonnen hatte, für ihn noch einige aufregende und unvergessliche Momente bereithält…

Zur gleichen Zeit in Abadonien. Akio und Silva wollen ihre jüngeren Geschwister aus den Fängen von Bluträubern befreien. Die beiden Kinder wurden entführt, weil sie goldenes Blut haben, das zur Fütterung des bösen Molochs gebraucht wird. In der Moloch-Höhle angekommen, trennen Silva und Akio sich auf der Suche nach dem Ungeheuer und Silva verirrt sich in den zahlreichen Gängen. Als sie durch einen Höhlenausgang an Tageslicht gelangt, steht sie plötzlich vor Alex…

Ich mag Geschichten, in denen der ganz normale Alltag plötzlich durch etwas Unerklärliches aus den Fugen gerät. Und genau das passiert Alex in „Gefangen in Abadonien“ – er landet in einer Welt, die er sich selbst ausgedacht hat.

Für Alex beginnt eine abenteuerliche Reise. Es gilt, gefahrenvollen Situationen zu meistern und einige Hindernisse zu überwinden. Alex wächst an den Aufgaben und stellt sich schließlich mutig der Herausforderung, den Moloch zu besiegen und Abadonien zu retten.

Immer an Alex Seite: Silva. Silva hat mir mit ihrer draufgängerischen Art außerordentlich gut gefallen. Sie ist mutig, hat eine Menge Kampfgeist und einen starken Willen. Sie hat das Ziel, ihren Bruder zu befreien, fest im Blick und lässt sich durch nichts und niemanden davon abbringen. Außerdem findet sie immer einen Weg, um Alex anzuspornen.

Im Verlauf des Geschehens gibt es immer wieder Ereignisse, die sich an die Geschichten der Bibel anlehnen – mir hat diese Verbindung von Fantasy-Handlung und christlichem Glauben sehr gut gefallen. Die Verknüpfungen ermuntern den Leser, über das Erzählte nachzudenken.
Außerdem hat Harry Voß seine Geschichte mit einigen Überraschungen und Wendungen gespickt, so dass das Abenteuer immer wieder neuen Schwung bekommt und bis zum Ende spannend bleibt.

Der Ausflug nach Abadonien hat mir großen Spaß gemacht. Eine fesselnde Geschichte, die sich angenehm flott lesen lässt und auch erwachsene Leser zu begeistern vermag.

Bewertung vom 11.11.2015
Wendelken, Barbara

Die stille Braut / Nola van Heerden & Renke Nordmann Bd.2


ausgezeichnet

Martinsfehn im Februar. In der Freizeitanlage am Kreihenmeer finden Gemeindearbeiter die aufgebahrte Leiche einer jungen Frau. Schnell steht die Identität der Toten fest: es handelt sich um die vor 4 Jahren aus einem Internat für Gehörlose verschwundene Leona Sieverding. Oberkommissarin Nola van Heerden von der Kripo Leer macht sich auf die Suche nach Täter und Hintergründen und stößt dabei auf ein Netz aus Lügen und Geheimnissen…

„Die stille Braut“ ist bereits der zweite Fall für Nola van Heerden und ihren Kollegen Renke Nordmann - für mich war dieser Einsatz in dem fiktiven Dorf Martinsfehn der erste, den ich mit den beiden sympathischen Ermittlern erleben durfte. Auch ohne Kenntnis des vorhergehenden Bandes habe ich die beiden Kommissare gut kennengelernt und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass mir wichtige Informationen fehlen würden.

Barbara Wendelken hat mir mit „Die stille Braut“ alles geboten, was für mich zu einem fesselnden Krimi dazugehört. Eine flüssig und spannend erzählte Geschichte, die mich ruckzuck ins Geschehen gezogen hat, deren Spannungskurve durch eine vielschichtige und abwechslungsreiche Handlung stets auf einem hohen Niveau bleibt, die schlüssig aufgebaut ist und die mir durch zahlreiche offene Fragen und unerwartete Wendungen viel Platz zum Miträtseln und Mitgrübeln über Zusammenhänge, Motive und Täter gegeben hat.

Die Beschreibungen der Schauplätze sind bestens gelungen und auch die Akteure werden allesamt interessant und vielschichtig präsentiert. Man lernt die handelnden Personen durchweg gut kennen und erlebt alles, was den Einzelnen beschäftigt, sehr intensiv mit. Ich habe jedem seine Probleme geglaubt und konnte das jeweilige Verhalten sehr gut nachvollziehen.

Außerordentlich gut hat mir gefallen, dass die Autorin unterschiedliche Nebenfiguren zu Wort kommen lässt, die aus ihrer Sicht von den Ereignissen in Martinsfehn berichten.
So wundert sich Blumenhändlerin Annerose, dass ihr Lebensgefährte Hanno ständig zu seinem Bruder muss und geht der Sache nach, während Meta Schoon täglich das undurchsichtige Geschehen auf dem Nachbargrundstück von ihrem Bodenfenster aus beobachtet. Und Kneipier Charlie macht sich so seine Gedanken über seine Gäste.

Barbara Wendelken versteht es ausgezeichnet, den Leser an der Nase herumzuführen. Irgendwie scheint jeder der zahlreichen Akteure etwas zu verbergen zu haben. Geschickt lenkt die Autorin meinen Blick von einem Verdächtigen zum nächsten und ich jage jeder neuen Fährte hinterher, nur um dann doch wieder in einer Sackgasse zu landen.

Zwischenmenschliche Beziehungen und private Angelegenheiten der Ermittler fügen sich ohne aufgesetzt zu wirken in den Verlauf der Handlung ein, lockern die eigentliche Krimihandlung auf und machen das gesamte Geschehen noch authentischer.
Besonders Renke schleppt eine große Last mit sich herum. Nicht nur der Verlust von Ehefrau und Tochter vor einigen Jahren macht ihm noch schwer zu schaffen, auch der Gedanke, in dem Entführungsfall Leona Sierverding vor 4 Jahren etwas Entscheidendes übersehen zu haben, so dass der Verbleib von Leona nie geklärt werden konnte, lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Und dass Nola sich zu dem neuen Rechtsmediziner hingezogen fühlt, gefällt ihm ganz und gar nicht.

„Die stille Braut“ ist ein fesselnder, angenehm zügig zu lesender Krimi, der von der ersten bis zur letzten Seite spannende Unterhaltung bietet. Absolute Leseempfehlung.

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