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easymarkt3
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Insgesamt 864 Bewertungen
Bewertung vom 12.01.2023
Geiger, Arno

Das glückliche Geheimnis


gut

Ein Doppelleben – erzählt mit großer Offenheit.
Dieses ‚glückliche‘ Geheimnis zu lüften, erfordert Mut. Respekt habe ich vor dem in diesem Buch Erzählten. Diese Autobiographie, mit vielen Aspekten der eigenen Familiengeschichte gespickt, aber auch bereichert mit Gedankengängen zu den Funden aus Altpapier-Containern aus über 25 Jahren, dokumentiert die unmittelbar greifbare Angst als Schriftsteller ohne Selbstvertrauen vor der Zukunft bis weit hinaus zum sehr erfolgreichen Romanautor, der jetzt auf der Suche nach einem neuen Geheimnis ist. Die Wortwahl ist überlegt, treffend gewählt, ohne sentimentale Schnörkel, dafür in seinen bildlichen Vergleichen klar begreifbar und überzeugend schlüssig in seiner Argumentation. Die tiefgehenden Inhalte regen zum Nachdenken an, sogar zum Überdenken der eigenen Konventionen. Das Cover zeigt die Rückansicht eines Mannes in Hut und T-Shirt, coloriert in warmen, sommerlichen Tonabstufungen – auch künstlerisch sehr ansprechend in der gewählten Technik.

Bewertung vom 11.01.2023
Köhlmeier, Michael

Frankie


gut

Wendepunkte im Leben von Jugendlichen
Ein 14-jähriger Gymnasiast Frank aus Wien steht im Mittelpunkt. Seine berufstätige, ihm gegenüber liebevolle Mutter wirkt ängstlich gegenüber ihrem eigenartigen, sturen, kriminellen Vater, der nach 18 Jahren aus dem Gefängnis kommt, mittlerweile 71 Jahre alt. Viele detailreiche Überlegungen des Jungen zu fast alltäglichen Dingen, geschwängert von österreichischer Wortwahl, lassen den Roman relativ spannungslos daher fließen, jedoch mit einem für mich überraschenden Ende. Wie können Menschen wie der despotische Großvater Jugendliche wie Frank in die bösartige, negative Richtung beeinflussen? Welche Rolle spielt die Abwesenheit eines biologischen Vaters im Leben junger Menschen? Solche Fragen zu Verantwortung und auch Schuld treten bei mir auf. Dieser sehr detaillierte, beschreibende Schreibstil wirkt etwas ermüdend auf mich. Das Cover zeigt den Waldrand der Autobahnraststätte mit dem gestohlenen PKW, dem Ort der Konfrontation mit dem Damenrevolver – dem eigentlichen Wendepunkt von Frank – passend gewählt.

Bewertung vom 10.01.2023
Ahrnstedt, Simona

The Things we left unsaid. Unsere Herzen auf dem Spiel


sehr gut

Gegensätze ziehen sich an wie bei Magneten: Hier Jacob Grim, Bankchef, neununddreißig Jahre alt, fühlt sich, als wäre er hundert nach seiner Scheidung mit psychischem Zusammenbruch selbst nach zehn Jahren noch. Jetzt sehr introvertiert, sehr zurückgezogen lebend trifft er auf die Nachtclubkönigin von Stockholm, die Unternehmerin Kate Ekberg, siebenundzwanzig Jahre alt, von einer sexuellen Aura umgeben und die einen Kredit eine Viertelmillion Kronen braucht. Die Konstruktion solch diverser Lebenswelten gelingt hier vollkommen, und mit Ubbe Widerström, einem ehemaligen Spieler der Nationalmannschaft, einem üblen Kriminellen, steigt die Spannung im Zusammenspiel all dieser gegenteiligen Kräfte. Alkoholismus, ungewollten, brutalen Kinky-Sex, Erpressung, körperliche und psychische Gewalt z.B. sind Themenbereiche, die zu gegenseitigem Austausch von Traumata führen. Gemeinsam werden neue positive Erinnerungen erschaffen für Kate und Jacob, die ihre Unterschiede wie Tag und Nacht, Feuer und Wasser oder Nord und Süd in nicht nur körperlicher Hinsicht beim Sex überwinden, sondern durch Offenheit, Ehrlichkeit und Vertrauen zueinander sehr romantisch finden, geschildert in einem sehr einfühlsamen Schreibstil, sehr angenehm und packend zu lesen.

Bewertung vom 08.01.2023
Gieselmann, Dirk

Der Inselmann


sehr gut

Ein Außenseiter auf seiner abgeschiedenen, vergessenen Insel – ein trauriges Porträt.
Berührend in seiner aussagekräftigen, bildreichen Wortwahl, zart in seiner detaillierten Beschreibung von kindlichen Kleinigkeiten, die in ihrer Wiederholung als Erinnerung im Erwachsenenalter des Inselmannes subtil an passender Textstelle immer wieder auftauchen - so wird ein fein gewebter Strang gezogen durch das recht einsame, traurige Leben eines schwachen, verträumten, schüchternen, armen, jedoch fantasiereichen Jungen, der den täglichen Anforderungen gegenüber den Eltern, der Schule, als Erwachsener scheinbar nicht gerecht werden kann. Dieser Hans Rohleder findet auf dieser an sich unbewohnten Insel sein geliebtes Zuhause, beschrieben in einem zarten, fast liebevoll berührenden Sprachstil. Die klare Beschreibung der Eltern, des Fährmanns, der Burg und auch ihr Zusammenleben mit Freunden in der Stadt spiegelt ein authentisches Bild wider in Armut, Einsamkeit und Angst. Ein berührendes Leseerlebnis!

Bewertung vom 07.01.2023
Nesbø, Jo

Blutmond / Harry Hole Bd.13


ausgezeichnet

Spannung mit Toxoplasmose bis zum bitteren Ende.
Frauen und Männer sind schließlich tot, aber auf dem verschlungenen, rätselhaften Weg der Aufklärung erfährt man sehr viel Wissenschaftliches über den Blutmond, über die Lewy-Körper- Demenz, über Toxoplasma-gondii Parasiten, über den Schleim von Mount-Kautar-Schnecken, über einen Ratten-Laugenwurm und über ihre jeweiligen Wirkungsweisen bis zum langsamen, qualvollen Tod. Die heldenhaften, scheinbar nimmermüden Charaktere im ganzen Polizeiapparat und dem der privaten Ermittler wie Harry Hole mit seinen Leuten sind in ihren Dialogen kreativ, menschlich, sympathisch, natürlich im Gegensatz zu dem sehr intelligenten Serienmörder, seinen teils üblen, kriminellen Opfern. Bis zum Schluss dieses spannenden Plots nimmt der Leser teil an Überlegungen zu mutierten Parasiten wie unter Kollegen der Mikrobiologie oder Parasitologie, äußerst interessant. Sämtliche Handlungsstränge werden sinnvoll und aufschlussreich bis zum Ende geschnürt. Ein Lesegenuss!

Bewertung vom 05.01.2023
Engel, Henrike

Ein Leben für das Recht auf Liebe / Die Hafenärztin Bd.3


sehr gut

Hamburg um 1911 – eine verruchte Opiumhöhle?
Geschichtliches über die deutsche Kolonie Tsingtau rund um 1911 erfährt der Leser des einstmaligen deutschen Kaiserreiches mit dem großen Freihafen Hamburg, rund um die Schmuckstraße mit ihren Bordells, Spielhallen, Garküchen, Gerüchen auch nach Opium und nach Kriminalität. Zwischen der chinesischen Bevölkerung in Hamburg als Umschlaghafen für Opium, Morphium und Heroin neben Menschenschmuggel agiert die Hafenärztin Anne weiterhin mitten in der spannenden Gefahrenzone, verursacht durch ihren Vater und den flüchtigen Frauenmörder Joachim von Stetten. Weiterhin ist ihr Charakter stark, mutig, ohne Angst und wachsam, gepaart mit einer neue Liebe. Interessante polizeiliche Verfahren wie die ‚Wiener Folie‘ zum Festhalten von Fingerabdrücken oder chemische Analysenverfahren werden eingeflochten in die lebhaft beschriebene, vorbildliche Polizeiarbeit rund um das unermüdliche Team um Kommissar Berthold Rheydt, jetzt mit neu entfachter Liebe. Insgesamt ein authentisch gewobener Plot mit viel Liebe, Tot, Arbeit und Sommerhitze.

Bewertung vom 03.01.2023
Sayram, Iris

Für euch (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine liebevoll geschriebene Autobiographie
In scheinbar schonungsloser Offenheit wird eine Familie porträtiert aus dem Blickwinkel der Tochter, die in einem Kölner Milieu aufwächst, geprägt von Geldnot und Mangel an Beständigkeit, Sicherheit und einem geregelten Leben, jedoch mit Liebe und Wärme am Rande der Gesellschaft. Über den Weg von Bildung und viel Freiheit in ihren Entscheidungen findet diese Tochter Iris heraus aus ihrem Zwiespalt aus Verdrängung und Scheinwelt. Sie schreibt über die bedingungslose Liebe ihrer Mutter, die wirklich alles unermüdlich für ihre Familie unternimmt, um aus diesen prekären Lebensverhältnissen herauszukommen. Mit einem türkischen Vater, der nie in Deutschland richtig angekommen ist und einer Mutter, der selbstloseste, aufopferndste Mensch, führt Iris quasi ein gestörtes Doppelleben, in dem sie gesellschaftlichen Anschluss und Anerkennung sucht statt sich still zurückzuziehen – mutig, selbstbewusst und zäh. Das Cover ist nicht sehr ansprechend und aussagekräftig gewählt.

Bewertung vom 02.01.2023
Izquierdo, Andreas

Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3


ausgezeichnet

Berliner Lokalkolorit in den Goldenen Zwanzigern – spannend!
In lebendiger, zeitgeschichtlicher Kulisse der wirren Weimarer Republik entfaltet sich ein dramatisches, harsches Szenarium mit drei charakterlich sehr unterschiedlichen, sehr sympathischen Hauptakteuren, die zu 100% füreinander einstehen seit der Jugendzeit im westpreußischen Thorn in Band 1 von 3. Verpackt in spannende Historie vermittelt das Buch einen authentischen, lebendigen Eindruck vom Alltagsleben der Bevölkerung – arm wie reich – mit fortschreitender Geldentwertung, Ausbeutung und Kriminalität, der aufstrebenden Entwicklung der Filmindustrie in Babelsberg als Gegenpol zu der doch insgesamt sehr düsteren, beklemmenden, überwältigenden Krisenstimmung. Neben dekadenter Vergnügungssucht und perversen Sexszenen gibt es auch einige beschauliche, berührende Momente. Ein sehr empfehlenswertes Leseerlebnis!

Bewertung vom 31.12.2022
Ægisdóttir, Eva Björg

Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1


ausgezeichnet

Psychologisch geschickt ermittelt – spannend.
Ein düsteres Ambiente zeichnet sich im gesamten Verlauf der Aufklärung eines Mordes auf, der bei den polizeilichen Recherchen durch die neue Kollegin Elma aus Reykjavik scheibchenweise mit viel Feingefühl aufgeblättert wird, insgesamt subtil und dadurch natürlich spannungsgeladen. Trotz widrigem Wetter mit viel Regen, winterlicher Dunkelheit und Kälte wird das Leben des ersten Opfers Elisabet seit ihrer sehr traurigen, bedrohlichen Kindheit in nahvollziehbarer, schlüssiger Manier rekonstruiert. Bei den polizeilichen Umfragen entsteht ein Gesamtbild des eher dörflichen Zusammenlebens in Akranes in der Nähe von Reykjavik, wobei selbst die sympathischen Ermittler gegen ihre eigenen zwischenmenschlichen Probleme zu kämpfen haben. Alle Beteiligten kommen sehr menschlich, realistisch in ihrer Diversität rüber. Reichlich negative Charaktere werden jedoch überflügelt von warmherzigen, fürsorglichen Gemeindemitgliedern, was anfangs durch die hohe Anzahl an Beteiligten etwas verwirrend ist zu verarbeiten. Probleme wie Mobbing im kindlichen Alltag, das Aufwachsen ohne Freunde neben schwerwiegenden Verfehlungen Erwachsener schwingen sich gewichtig durch diesen Krimi.

Bewertung vom 30.12.2022
Aicher, Petra

Die Prinzregentenmorde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.1


sehr gut

Eine Tote aus der Isar – ein spektakulärer beruflicher Anfang für Fräulein Anna.
Historische Vorgänge im Vorfeld des 1. Weltkriegs sind verwoben in einem Krimi mit bayrischem Ambiente. Die sehr verschiedenen Hauptakteure beschäftigen sich in ihrem beruflichen Umfeld mit Morden und ihrer Aufklärung: Anna Zech, 19 Jahre alt, vom Lande, wissbegierig, naiv, pflichtbewusst, aus bescheidenen Verhältnissen aus kinderreicher Familie, verantwortungsbewusst, Obduktionsassistentin in der Gerichtsmedizin München. Ihr Gegenpart ist Friedrich von Weynand alias Fritz Nachtwey, Inhaber des Münchner Generalanzeigers, mimt zum Spass den Klatschreporter und schreibt unzensierte, sarkastische, verruchte Artikel aus seinem adeligen Milieu. Er kämpft gegen eine Leere in seinem Leben, in seiner Ehe an in einer Welt des schönen Scheins, die sich so sehr überlebt hat, dass sie die eigenen Regeln der Aristokratie nicht mehr versteht – sehr im Gegensatz zu Annas Alltag. Aus diesem Gegensatz der Charaktere entwickelt sich ein spannungsgeladener Kriminalfall, liebevoll drapiert mit weiteren, lebendig skizzierten Figuren aus verschiedenen Milieus der Zeit vor 1914.