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holdesschaf

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Insgesamt 588 Bewertungen
Bewertung vom 20.11.2021
Mbue, Imbolo

Wie schön wir waren


gut

Konnte ich trotz des interessanten Themas nur wenig fesseln
Vor Jahrzehnten erlaubte die Regierung eines afrikanischen Landes der amerikanischen Ölfirma Pexton das Bohren nach Öl auf dem Land, das seit Generationen den Einwohnern des Dorfes Kosawa gehörte. Die Folgen wiegen schwer: Die Verschmutzung des Wassers und des Bodens durch Lecks an Pipelines und die Verpestung der Luft durch das Abfackeln der Gase machen die Menschen krank, immer wieder Sterben Kinder an den Folgen der Vergiftungen. Versprechungen der Ölfirma, die Lebensituation der Bevölkerung zu verbessern, werden nie eingehalten. So beginnt ein Kampf, der sich hinzieht und in dem alle Hoffnungen in die kluge, in sich gekehrte Thula gesetzt werden.

Das Buch hat mich thematisch sehr angesprochen, da man sich immer wieder vor Augen führen sollte, welche Folgen unser Konsumverhalten für die Bevölkerung und die Umwelt in ärmeren und ärmsten Ländern hat, nicht erst in der Gegenwart, sondern schon seit Jahrhunderten. Ich hatte sehr große Erwartungen an das Buch, welche leider nur zum Teil erfüllt wurden.

Es war sehr interessant etwas über die Denk- und Lebensweise der Menschen von Kosawa zu erfahren, ihre Bräuche, ihren Glauben an den großen Geist, der in jedem Einzelnen wohnt, das Hochhalten der Traditionen, die schon die Ahnen kannten. Schrecklich hingegen auf der anderen Seite die Ölfirma, die sich darum überhaupt nicht schert und aus reiner Profitgier den ganzen Landstrich vergiftet. Ebenso schrecklich das Verhalten der Regierung und eines machthungrigen Anführers, der sich kein bisschen für die Bevölkerung seines Landes interessiert. Imbolo Mbue hat da wirklich einen starken Konflikt als Thema gewählt.

Erzählt wird das Ganze aus Sicht verschiedener Menschen aus Kosawa, oft in ganz einfachen Gedanken und Sätzen. An der ein oder anderen Stelle habe ich mich gefragt, ob die Denkstrukturen wirklich so primitiv oder auch naiv sind. Natürlich führen die Leute im Buch ein sehr einfaches Leben nach alten Traditionen, nur glaube ich schon, dass auch sie die Folgen ihres Handelns besser abschätzen können. Jedenfalls wirkt alles etwas esoterisch, beinahe märchenhaft und ruhig. Emotionen kamen nur selten bis zu mir durch. Wegen der unterschiedlichen Perspektiven wiederholte sich das ein oder andere Detail auch. Zudem gab es viele Zeitsprünge, die Personen greifen in ihren Erzählungen oft mehrmals Ereignisse in ihrer Vergangenheit auf, die für mich das Ganze sehr in die Länge gezogen haben. Sehr schade eigentlich.

Mag sein, dass das beabsichtigt war, um den jahrelangen, ausweglosen Kampf zu verdeutlichen, das nützt aber nichts, wenn ich mich dann stellenweise zum Weiterlesen zwingen muss. Ich habe sehr lang für das Buch gebraucht, weil es mich bedingt durch die Erzählweise einfach nicht sehr gefesselt hat. Erst auf den letzten 100 Seiten wurde es dann etwas besser. Für die Länge der Vorgeschichte kam das Ende für mich dann auch etwas zu kurz. Dennoch nehme ich einiges aus der Geschichte mit, das mein Handeln beeinflussen kann, auch wenn der Traum von einer Welt ohne Macht- und Geldgier wohl ein solcher bleiben wird. Und trotz aller Längen konnte ich so manchen sehr weisen Satz in diesem Buch lesen.

Bewertung vom 20.11.2021
Balzano, Marco

Wenn ich wiederkomme


sehr gut

Was von der Familie übrigbleibt
Weil die Eltern arbeitslos sind und die Familie in Rumänien kaum genug zum Leben hat, verlässt Mutter Daniela eines Nachts ohne Abschied ihre Kinder und ihr Heimatdorf, um in Italien als Pflegekraft in einem Privathaushalt zu arbeiten. Das Geld, das sie sich schwer verdient, schickt sie nach Hause, damit Tochter Angelica studieren und Sohn Manuel in eine gute Schule gehen kann. Als auch der Vater im Ausland eine Arbeit findet, bleiben die beiden allein mit den Großeltern und jede Menge Verantwortung zurück. Das Verlassenwerden durch die Mutter lastet schwer, vor allem auf Manuel und die Kluft zwischen den Familienmitglieder wird immer größer. Dann passiert ein Unfall und Daniela muss entscheiden: Bleiben oder wiederkommen?

Das Thema dieses Romans ist ein hochaktuelles und wichtiges. Auch in Deutschland bedienen wir uns ausländischer Arbeitskräfte, die unsere Alten und Kranken pflegen, weil es hierzulande nicht genügend Personal gibt. Zu selten machen wir uns Gedanken darüber, was mit den Familien, vor allem den Kindern der Mütter passiert, die wir beschäftigen. Wie kommen sie ohne Mutter zurecht? Macht das Geld, das die Mütter schicken ihre Abwesenheit weniger schlimm? Was möchten die Kinder? Mit all diesen Fragen und Gedanken spielt der Autor in seinem Roman und konstruiert ein Einzelschicksal, dass uns aufmerksam macht auf die Probleme, die durch die reicheren Länder in den Familien der ärmeren entstehen.

Mit drei Erzählstimmen, Sohn, Mutter und Tochter, lässt er uns in die Köpfe der Betroffenen schauen. Es gelingt ihm gut, den Schreibstil an die jeweilige Person anzupassen, so dass man sich besser in sie hineinversetzen kann. Die Geschichte liest sich sehr flüssig und ich finde sie auch sehr fesselnd. Was mir allerdings gefehlt hat, sind Emotionen, die mich tief im Innersten berühren, so dass mich das Schicksal trifft, ich länger darüber nachdenke und mich verantwortlich fühle oder den unbändigen Willen verspüre, etwas zu verändern. Dennoch waren vor allem die Eindrücke, die uns Daniela zur Arbeit mit alten, verwirrten und senilen Menschen vermittelt hat, wichtig, um zu zeigen, was all jene täglich leisten, die die Pflege übernehmen, weil sie häufig nur zu gerne übersehen werden. 4 Sterne

Bewertung vom 20.11.2021
Turton, Stuart

Der Tod und das dunkle Meer


ausgezeichnet

Teuflische Verstrickungen auf hoher See
Schon bevor die Saardam, ein Schiff der Ostindienflotte, sich im Jahr 1634 auf den langen Weg von Batavia nach Amsterdam macht, steht die Fahrt unter düsteren Vorzeichen. Ein Aussätziger ohne Zunge verflucht das Schiff und geht in Flammen auf. Trotzdem legt das Schiff auf Geheiß des Generalgouverneurs, der mit seiner Frau Sara und der gemeinsamen Tochter reist, ab. Auch mit an Bord sind der Detektiv Sammy Pipps, den man in Ketten gelegt hat und sein treuer Begleiter Arent Hayes. Schon bald mehren sich mysteriöse Vorkommnisse, die nur dämonischen Ursprungs sein können. Arent und Sara tun sich zusammen, um den Fall zu lösen, bevor sich der Fluch des Aussätzigen erfüllt.

Stuart Turton legt hier einen bildgewaltigen, düsteren Roman vor, der nicht nur Züge eines Kriminalromans trägt, sondern ebenso als historischer Roman oder Mystery durchgeht. Auffällig gut sind seine Beschreibungen der Zustände auf dem Schiff, der rauhen See und der Mannschaft aus Matrosen und Musketieren, die alles andere als vertrauenerweckend wirken. An Bord herrscht zudem das Gesetz des Stärkeren, so dass es auch die ein oder andere brutale Szene gibt. Es gelingt Turton eine bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, die einem das Gefühl gibt, mittendrin statt nur dabei zu sein. Auch die Abgehobenheit und Machtgier einiger Charaktere schwingt überall mit.

Personen, die eine Rolle spielen, gibt es nicht wenige, so dauerte es etwas, bis ich einen Überblick über die Beteiligten hatte. Sehr schön war da die Möglichkeit im kleinen Personenverzeichnis nachzuschauen. Doch wenn man erstmal mit den Leuten vertraut ist, stört nichts mehr den Lesegenuss. Ein Plan des Schiffes sorgt dafür, dass man sich auf diesem besser zurechtfindet.

Die Spannung ist mal größer, mal zieht sich die Handlung auch etwas in die Länge, da die Ermittlungen eher schleppend anlaufen. Die Vorkommnisse auf der Saardam sind so mysteriös, dass man sich häufig fragt, ob es auf eine natürliche oder eine übernatürliche Lösung hinausläuft. Gelegenheiten zu kombienieren und mitzurätseln gibt es immer und mit der Zeit wird klar, dass nicht alle das Ziel der Reise erreichen werden. Gegen Ende spitzt sich die Lage immer mehr zu und man fiebert regelrecht dem Showdown entgegen.

Insgesamt waren es die sympathischen Ermittlercharaktere, die düstere Stimmung und das doch überraschende Ende, die das recht umfangreiche Buch zu einem tollen Leseerlebnis gemacht haben. Leseempfehlung und 5 Sterne

Bewertung vom 27.10.2021
Krien, Daniela

Der Brand


ausgezeichnet

Aufgeben oder weitermachen?
Rahel und Peter sind seit fast 25 Jahren verheiratet, haben den Zenit des Lebens schon etwas überschritten, die Kinder sind aus dem Haus. Eigentlich haben sie es sich schön eingerichtet, ihr Dasein. Doch seit einiger Zeit sind sie sich nicht mehr so nah, wie Rahel es sich wünschen würde. Steht ihre Ehe kurz vor dem Aus? Zu allem Überfluss brennt die gebuchte Alpenhütte für den präzise durchgeplanten Urlaub ab. Stattdessen geht es, weil eine Freundin Hilfe braucht, auf einen kleinen Hof in der Uckermarck. Drei Wochen lang nur Peter, Rahel und die Distanz zwischen ihnen.

Daniela Kriens Roman ist kein Spannungs- oder Liebesroman im engsten Sinne. Trotzdem zog es mich schon nach kurzer Zeit vollkommen in das Leben und die Ehe der beiden Protagonisten hinein. Aus der Sicht der doch recht lebenslustigen Psychologin Rahel erfahren wir so einiges, was in der Ehe bisher passiert ist. Oft geht es auch um die Arbeit von Peter, der als Uniprofessor sehr belesen ist und eher der ruhige Typ. Man merkt, dass die Prioriäten bei beiden in der Ehe etwas anders liegen. Dennoch hat man das Gefühl, die beiden verstehen sich und kennen sich in- und auswendig.

Aber es geht nicht nur um die Ehe der beiden, es geht auch um die Familie: ihre Eltern, ihre gemeinsamen Kinder und die Enkelkinder. Es geht darum, was der Mensch braucht, um sich wohlzufühlen, darum, mit der Veränderung und der Zukunft umzugehen, um die heutige Generation, um Treue, auch Sterben ist ein Thema. Daniela Krien hat meiner Meinung nach gut beobachtet und analysiert, denn was sie schreibt ist sehr realistisch und trifft in vielen auch kleinen Facetten genau ins Schwarze. Alles wirkt so alltäglich und realistisch, dass man sich irgendwo wiederfindet. Und dabei sind es die ruhigen Töne, die sie anschlägt, die mir persönlich das Gefühl gegeben haben, ich könnte eine ihrer Figuren sein. Das hat mich sehr fasziniert. Zudem nehme ich die Erkenntnis mit, dass es im Leben einfach so ist, dass manches gut ausgeht und anderes eben nicht. Manchmal haben wir Einfluss darauf und manchmal nicht. Trotzdem sollte man das Beste daraus machen.

Bewertung vom 25.10.2021
Lecoat, Jenny

Die Übersetzerin


sehr gut

Liebe in Zeiten des Krieges
Aus Angst vor den Nazis wanderte die österreichische Jüdin Hedy aus und lebt seitdem auf der Kanalinsel Jersey. Doch als die Deutschen auch diese in Beschlag nehmen sitzt Hedy in der Falle. Um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, bleibt ihr nichts anderes übrig, als eine Stelle als Übersetzerin beim Feind anzunehmen, wo sie stillen Widerstand leistet. So lernt sie auch den jungen Leutnant Kurt kennen und die beiden kommen sich näher. Doch die aufkeimende Liebe bringt nicht nur Hedy in Gefahr.

Die Autorin Jenny Lecoat, deren Großmutter selbst von den Inseln stammt, zeichnet mit ihrem Roman ein eindrucksvolles Bild von der Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg. Natürlich wurden schon unzählige Romane, die im Krieg spielen verfasst, das Schicksal der Kanalinseln und der dort lebenden Bevölkerung war mir bisher jedoch nicht bekannt. Es ist eine Geschichte voller Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Leids, aber auch leisen Widerstands, großer Gefühle und Hoffnung.

Die Gefühle ihrer Protagonisten sind eindrücklich, bewegend und lassen den Leser abtauchen in eine schockierende Zeit, die wir uns heute gar nicht wirklich vorstellen können. Dabei ist Lecoats Schreibstil ruhig, ihre Schilderungen mehr als fair gegenüber allen Beteiligten. Sie zeigt, das, was wichtig ist: Es gibt nicht nur Gut und Böse, es gibt immer etwas dazwischen, das je nach Situation mal zur einen, mal zur anderen Seite tendiert. Da ist der Deutsche Kurt, der eine Jüdin liebt, da ist Hedy die mit vielen Menschen Mitgefühl hat, da sind Deutsche wie Briten, die Menschen schlecht behandeln. Mich hat das nachhaltig beeindruckt.

Auch wenn ich wegen der Beklemmung einige Längen in der Erzählung wahrnahm, ist "Die Übersetzerin" ein wichtiger, wertvoller Roman, vielleicht gerade jetzt, in einer Zeit in der einige wieder verstärkt ihre Einzelinteressen im Vordergrund sehen, anstatt das große Ganze. Daher empfehle ich in gern und vergebe 4 Sterne.

PS: Leider hat - wie ich finde - der Verlag beim deutschen Titel keine gute Arbeit geleistet. Der Originaltitel "Hedy's War" ist sehr viel treffender. Auch das Titelbild passt nicht wirklich.

Bewertung vom 25.10.2021
Gier, Kerstin

Was man bei Licht nicht sehen kann / Vergissmeinnicht Bd.1


gut

Große Liebe, wenig neue Ideen
Bei einer Party wird der gutaussehende, etwas arrogante Quinn von einem blauhaarigen Mädchen angesprochen, das etwas über ihn zu wissen scheint. Doch noch bevor sie ihm ihr Wissen offenbaren kann, wird sie angegriffen. Quinn eilt zu Hilfe und wird bei der Flucht vor seltsamen Wesen von einem Auto angefahren und schwer verletzt. Als er im Krankenhaus wieder aufwacht, sieht er seltsame Dinge, die er sich nicht erklären kann. Matilda, ein kluges Mädchen, das schon lange für Quinn schwärmt, jedoch in einem streng gläubigen Elternhaus aufwächst und daher häufig von ihm geärgert wurde, will herausfinden, wie es um ihn steht. Quinns Mutter ist hocherfreut und plötzlich steht Matilda im Zimmer ihres Schwarms. Als phantasiebegabte Leserin von Fantasybüchern scheint sie Quinn die Einzige zu sein, die ihm helfen kann, seinen Erscheinungen auf den Grund zu gehen. Und dann wird es nicht nur zwischen den beiden magisch...

Seit der Edelstein-Trilogie hatte ich nichts mehr von Kerstin Gier gelesen, umso neugieriger war ich auf diese Geschichte. Viele der neuen Charaktere haben mir auf Anhieb gefallen, vor allem die beiden Protagonisten Quinn und Matilda, weil sie sich im Verlauf des Buches gut weiterentwickeln und natürlich auch näherkommen. Beides wirkte auf mich sehr glaubhaft. Einige Charaktere konnten mich hingegen überhaupt nicht überzeugen, nervten durch Weinerlichkeit oder die dümmliche Darstellung. Natürlich sollte das etwas Witz in die Geschichte bringen, war mir persönlich jedoch viel zu platt und auf dem Rücken vor allem der streng christlichen Gläubigkeit von Matildas Familie ausgetragen. Überhaupt fand ich den Aspekt der treuen Christen vollkommen unnötig für den Plot. Es hätte gereicht, wenn Matilda eben strenge Eltern gehabt hätte. Cousin und Cousine waren selbst für ein Jugendbuch vollkommen überzeichnet.

Die Idee der Geschichte beinhaltet eine magische Welt, die Saum genannt wird. Zu dieser hat nicht jeder Zugang, sondern es gibt Zustände, die das erlauben. Diesen Aspekt fand ich gut durchdacht und verständlich in den Plot eingebaut. Die Welt selbst hingegen, konnte ich mir nicht wirklich in bunten Farben ausmalen, wird sie doch nur dreimal beim Betreten etwas beschrieben. Das war mir zu dürftig, um wirklich darin eintauchen zu können. Zudem war mir die Ähnlichkeit zu bekannten Fantasygeschichten wie z.B. Harry Potter viel zu groß: Portale, die Wesen, die politische Stimmung des Saums, eine Prophezeiung über einen Auserwählten, die Saumbewohner, die unerkannt unter Menschen leben, das Gebäude des hohen Rates usw. Hier habe ich mehr Kreativität erwartet.

Obwohl der Schreibstil wie gewohnt flüssig und jugendlich frisch war, konnte mich dieser Band als Einführung zwar fesseln, aber nicht in fremde Welten entführen. Allein der Vollständigkeit halber und wegen der Liebesgeschichte werde ich aber auch die Folgebände lesen und hoffen, dass die Luft nach oben genutzt wird. Etwas enttäuschte 3 Sterne

Bewertung vom 25.10.2021
Hoghton, Anna

Aribella und die Feuermaske


ausgezeichnet

Fantasievolles Abenteuer im alten Venedig
Aribellas Mutter starb, als das Mädchen 3 Jahre alt war. Seither lebt sie mit ihrem Vater in ärmlichen Verhältnissen auf der Insel Burano. Ihre Zeit verbringt sie am liebsten mit ihrem Freund Theo, einem Fischerjungen. Doch seit geraumer Zeit gibt es immer weniger Fische. Als der Unruhestifter Gian Aribella und Theo belästigt, geschieht etwas Seltsames: Aus Aribellas Fingern schießt Feuer. Ist sie etwa eine Hexe? Weil Gian ihren Namen in das Löwenmaul am Dogenpalast steckt und ihr Vater verhaftet wird, flüchtet sie in Theos Boot. Schnell merkt sie, dass etwas in Venedig ganz und gar nicht stimmt. Geister greifen an. Ob der Fremde in der Gondel, der ihnen zu Hilfe eilt, mehr weiß?

Die Geschichte von Aribella hat mich sofort gefesselt und mich ins Venedig zur Zeit der Dogen gezogen. Der flüssige Schreibstil und die Beschreibungen der Kanäle, Inseln, Brücken und Gebäude sind wirklich toll und lassen den Leser tief in das Geschehen eintauchen. Das ganze Setting ist wirklich gut gewählt, etwas Neues und lässt alles noch magischer wirken. Aribella ist ein Mädchen, das sehr sympathisch ist, weil sie mitfühlend und freundlich auf andere eingeht, obwohl sie es selbst nicht immer leicht hat. Im Laufe der Geschichte gibt es viele magische Orte, fantastische Fähigkeiten und Wesen, herrliche Masken, böse Gegenspieler und überaschende Wendungen. Die Ideen der Autorin kennen kaum Grenzen. Dazu ist das Geschehen mal lustig, mal düster und man fiebert mit, ob es Aribella und ihren neuen Bekannten gelingt, Venedig und seine Bewohner vor noch unbekannten Mächten zu beschützen. Nicht nur für Kinder ein tolles Buch, sondern auch für alle Erwachsenen die fantastische Erzählungen mögen.

Bewertung vom 25.10.2021
Lühmann, Hannah

Auszeit


weniger gut

Mäßig interessant bis nervig
Henriette, Anfang 30 und seit langem mit ihrer Dissertation beschäftigt, ist schwanger von einem verheirateten Mann. Doch obwohl sie sich über die Schwangerschaft zunächst freut, lässt sie das Kind abtreiben und fällt anschließend in ein tiefes Loch. Um der Freundin eine Auszeit zu ermöglichen, nimmt Paula sie mit in eine einsam gelegene Hütte im Bayerischen Wald. Hier kann Henriette abschalten und gleichzeitig Ruhe für ihre Dissertation über Werwölfe finden. Und sich vielleicht darüber klar werden, was sie überhaupt möchte.

Die Thematik, welcher sich Hannah Lühmann widmet, fand ich ganz interessant. Was fühlt man so, nachdem man sich gegen ein Kind entschieden hat? Wie wird man damit fertig? Doch leider geht es darum nur begrenzt. Der Roman hat ohnehin nicht viele Seiten, doch in diesen geht es ausschließlich und andauernd nur darum, was Henriette will oder nicht will und dann doch wieder. Die Protagonistin ist sich eigentlich nie sicher, entscheidet nie richtig, ist nie zufrieden. Das Ganze trieft dann auch noch von Selbstmitleid und Neid auf andere, die sie nur oberflächlich betrachtet und gar nicht merkt, dass diese vielleicht auch mal einen Tiefpunkt haben könnten. Ohne ihre Freundin Paula, so hat man den Eindruck, wäre Henriette längst eingegangen oder auch mal aus sich herausgegangen.

Hannah Lühmann seziere "die Träume und Ängste einer Generation, die alles zu haben scheint, aber der sich das Glück doch immer entzieht" heißt es auf dem Umschlag. An manchen Stellen des Buches hat mich die Passivität und das "Kopf-in-den-Sand-Stecken" einfach nur genervt, fast wütend gemacht. Wie will eine Protagonistin, die nichts tun will, nichts wirklich kann und zu nichts wirklich Lust hat, an nichts Freude findet, aber anderen das Glück neidet bitte glücklich werden? Natürlich entdeckt sie zufällig einen Weg und dieser lässt meine Abneigung gegen die Protagonistin nur noch wachsen. Zu viel möchte ich nicht verraten, doch ist es nie gut, zu hoffen, dass ein anderer Mensch dafür sorgt, dass wir glücklich sind. Diese Verantwortung liegt in einem selbst. Daher kann ich mit dem Ende nichts anfangen und bleibe fassungslos zurück.

Der Schreibstil von Lühmann lässt sich ganz gut lesen, auch wenn die gewählte Art der Wiedergabe der wörtlichen Rede manchmal etwas störend war. Insgesamt trifft die Sprache aber die Stimmung recht gut.

Bewertung vom 18.10.2021
Haig, Matt

Evie und die Macht der Tiere


ausgezeichnet

Wenn deine Gabe zur Gefahr wird
Evie kann mit Tieren kommunizieren, doch ihr Vater möchte nicht, dass sie diese Gabe nutzt, weil andere ihr sowieso nicht glauben würden. Die Mutter starb als Evie noch klein war, sie weiß nicht viel von ihr und Gespräche mit ihrem Dad gestalten sich schwierig. Deswegen spricht Evie doch mit den Tieren und bringt sich dadurch in Gefahr. Denn es gibt Geheimnisse in der Familie, von denen sie keine Ahnung hat. Jemand ist hinter ihr her.

Die Idee hinter diesem Kinderbuch ist vielleicht nicht neu, aber toll umgesetzt. Evie ist ein etwas seltsames, doch sehr sympathisches Mädchen, dass sich mit den Tieren auseinandersetzt, als wären es Personen. Und das sind sie für Evie auch. Der Autor beschreibt sehr schön Evies Gedanken, Kinder können sich ganz gut in sie hineinversetzen. Zudem ist das Buch spannend, denn es gilt einige Geheimnisse um Evies Gabe zu lüften, was nicht nur das Mädchen in Gefahr bringt. Was die Tiere zu sagen haben, lässt Kinder aufhorchen. Die Botschaft, die unterschwellig vermittelt wird, ist wichtig. Wir müssen unseren Umgang mit Tier und Natur überdenken und alles tun, damit sie erhalten bleiben. Meiner Tochter und mir hat das Buch super gefallen. Die Illustrationen der Tiere sind wirklich beeindruckend, die Menschen haben uns hingegen nicht so gefallen. Vielleicht ist das sogar Absicht. Das Ende der Geschichte ist für Kinder etwas grausam, insgesamt ist die Geschichte jedoch so toll erzählt, dass ich gerne 5 Sterne vergebe.