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easymarkt3
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Insgesamt 851 Bewertungen
Bewertung vom 08.01.2023
Gieselmann, Dirk

Der Inselmann


sehr gut

Ein Außenseiter auf seiner abgeschiedenen, vergessenen Insel – ein trauriges Porträt.
Berührend in seiner aussagekräftigen, bildreichen Wortwahl, zart in seiner detaillierten Beschreibung von kindlichen Kleinigkeiten, die in ihrer Wiederholung als Erinnerung im Erwachsenenalter des Inselmannes subtil an passender Textstelle immer wieder auftauchen - so wird ein fein gewebter Strang gezogen durch das recht einsame, traurige Leben eines schwachen, verträumten, schüchternen, armen, jedoch fantasiereichen Jungen, der den täglichen Anforderungen gegenüber den Eltern, der Schule, als Erwachsener scheinbar nicht gerecht werden kann. Dieser Hans Rohleder findet auf dieser an sich unbewohnten Insel sein geliebtes Zuhause, beschrieben in einem zarten, fast liebevoll berührenden Sprachstil. Die klare Beschreibung der Eltern, des Fährmanns, der Burg und auch ihr Zusammenleben mit Freunden in der Stadt spiegelt ein authentisches Bild wider in Armut, Einsamkeit und Angst. Ein berührendes Leseerlebnis!

Bewertung vom 07.01.2023
Nesbø, Jo

Blutmond / Harry Hole Bd.13


ausgezeichnet

Spannung mit Toxoplasmose bis zum bitteren Ende.
Frauen und Männer sind schließlich tot, aber auf dem verschlungenen, rätselhaften Weg der Aufklärung erfährt man sehr viel Wissenschaftliches über den Blutmond, über die Lewy-Körper- Demenz, über Toxoplasma-gondii Parasiten, über den Schleim von Mount-Kautar-Schnecken, über einen Ratten-Laugenwurm und über ihre jeweiligen Wirkungsweisen bis zum langsamen, qualvollen Tod. Die heldenhaften, scheinbar nimmermüden Charaktere im ganzen Polizeiapparat und dem der privaten Ermittler wie Harry Hole mit seinen Leuten sind in ihren Dialogen kreativ, menschlich, sympathisch, natürlich im Gegensatz zu dem sehr intelligenten Serienmörder, seinen teils üblen, kriminellen Opfern. Bis zum Schluss dieses spannenden Plots nimmt der Leser teil an Überlegungen zu mutierten Parasiten wie unter Kollegen der Mikrobiologie oder Parasitologie, äußerst interessant. Sämtliche Handlungsstränge werden sinnvoll und aufschlussreich bis zum Ende geschnürt. Ein Lesegenuss!

Bewertung vom 05.01.2023
Engel, Henrike

Ein Leben für das Recht auf Liebe / Die Hafenärztin Bd.3


sehr gut

Hamburg um 1911 – eine verruchte Opiumhöhle?
Geschichtliches über die deutsche Kolonie Tsingtau rund um 1911 erfährt der Leser des einstmaligen deutschen Kaiserreiches mit dem großen Freihafen Hamburg, rund um die Schmuckstraße mit ihren Bordells, Spielhallen, Garküchen, Gerüchen auch nach Opium und nach Kriminalität. Zwischen der chinesischen Bevölkerung in Hamburg als Umschlaghafen für Opium, Morphium und Heroin neben Menschenschmuggel agiert die Hafenärztin Anne weiterhin mitten in der spannenden Gefahrenzone, verursacht durch ihren Vater und den flüchtigen Frauenmörder Joachim von Stetten. Weiterhin ist ihr Charakter stark, mutig, ohne Angst und wachsam, gepaart mit einer neue Liebe. Interessante polizeiliche Verfahren wie die ‚Wiener Folie‘ zum Festhalten von Fingerabdrücken oder chemische Analysenverfahren werden eingeflochten in die lebhaft beschriebene, vorbildliche Polizeiarbeit rund um das unermüdliche Team um Kommissar Berthold Rheydt, jetzt mit neu entfachter Liebe. Insgesamt ein authentisch gewobener Plot mit viel Liebe, Tot, Arbeit und Sommerhitze.

Bewertung vom 03.01.2023
Sayram, Iris

Für euch (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine liebevoll geschriebene Autobiographie
In scheinbar schonungsloser Offenheit wird eine Familie porträtiert aus dem Blickwinkel der Tochter, die in einem Kölner Milieu aufwächst, geprägt von Geldnot und Mangel an Beständigkeit, Sicherheit und einem geregelten Leben, jedoch mit Liebe und Wärme am Rande der Gesellschaft. Über den Weg von Bildung und viel Freiheit in ihren Entscheidungen findet diese Tochter Iris heraus aus ihrem Zwiespalt aus Verdrängung und Scheinwelt. Sie schreibt über die bedingungslose Liebe ihrer Mutter, die wirklich alles unermüdlich für ihre Familie unternimmt, um aus diesen prekären Lebensverhältnissen herauszukommen. Mit einem türkischen Vater, der nie in Deutschland richtig angekommen ist und einer Mutter, der selbstloseste, aufopferndste Mensch, führt Iris quasi ein gestörtes Doppelleben, in dem sie gesellschaftlichen Anschluss und Anerkennung sucht statt sich still zurückzuziehen – mutig, selbstbewusst und zäh. Das Cover ist nicht sehr ansprechend und aussagekräftig gewählt.

Bewertung vom 02.01.2023
Izquierdo, Andreas

Labyrinth der Freiheit / Wege der Zeit Bd.3


ausgezeichnet

Berliner Lokalkolorit in den Goldenen Zwanzigern – spannend!
In lebendiger, zeitgeschichtlicher Kulisse der wirren Weimarer Republik entfaltet sich ein dramatisches, harsches Szenarium mit drei charakterlich sehr unterschiedlichen, sehr sympathischen Hauptakteuren, die zu 100% füreinander einstehen seit der Jugendzeit im westpreußischen Thorn in Band 1 von 3. Verpackt in spannende Historie vermittelt das Buch einen authentischen, lebendigen Eindruck vom Alltagsleben der Bevölkerung – arm wie reich – mit fortschreitender Geldentwertung, Ausbeutung und Kriminalität, der aufstrebenden Entwicklung der Filmindustrie in Babelsberg als Gegenpol zu der doch insgesamt sehr düsteren, beklemmenden, überwältigenden Krisenstimmung. Neben dekadenter Vergnügungssucht und perversen Sexszenen gibt es auch einige beschauliche, berührende Momente. Ein sehr empfehlenswertes Leseerlebnis!

Bewertung vom 31.12.2022
Ægisdóttir, Eva Björg

Verschwiegen / Mörderisches Island Bd.1


ausgezeichnet

Psychologisch geschickt ermittelt – spannend.
Ein düsteres Ambiente zeichnet sich im gesamten Verlauf der Aufklärung eines Mordes auf, der bei den polizeilichen Recherchen durch die neue Kollegin Elma aus Reykjavik scheibchenweise mit viel Feingefühl aufgeblättert wird, insgesamt subtil und dadurch natürlich spannungsgeladen. Trotz widrigem Wetter mit viel Regen, winterlicher Dunkelheit und Kälte wird das Leben des ersten Opfers Elisabet seit ihrer sehr traurigen, bedrohlichen Kindheit in nahvollziehbarer, schlüssiger Manier rekonstruiert. Bei den polizeilichen Umfragen entsteht ein Gesamtbild des eher dörflichen Zusammenlebens in Akranes in der Nähe von Reykjavik, wobei selbst die sympathischen Ermittler gegen ihre eigenen zwischenmenschlichen Probleme zu kämpfen haben. Alle Beteiligten kommen sehr menschlich, realistisch in ihrer Diversität rüber. Reichlich negative Charaktere werden jedoch überflügelt von warmherzigen, fürsorglichen Gemeindemitgliedern, was anfangs durch die hohe Anzahl an Beteiligten etwas verwirrend ist zu verarbeiten. Probleme wie Mobbing im kindlichen Alltag, das Aufwachsen ohne Freunde neben schwerwiegenden Verfehlungen Erwachsener schwingen sich gewichtig durch diesen Krimi.

Bewertung vom 30.12.2022
Aicher, Petra

Die Prinzregentenmorde / Fräulein Anna, Gerichtsmedizin Bd.1


sehr gut

Eine Tote aus der Isar – ein spektakulärer beruflicher Anfang für Fräulein Anna.
Historische Vorgänge im Vorfeld des 1. Weltkriegs sind verwoben in einem Krimi mit bayrischem Ambiente. Die sehr verschiedenen Hauptakteure beschäftigen sich in ihrem beruflichen Umfeld mit Morden und ihrer Aufklärung: Anna Zech, 19 Jahre alt, vom Lande, wissbegierig, naiv, pflichtbewusst, aus bescheidenen Verhältnissen aus kinderreicher Familie, verantwortungsbewusst, Obduktionsassistentin in der Gerichtsmedizin München. Ihr Gegenpart ist Friedrich von Weynand alias Fritz Nachtwey, Inhaber des Münchner Generalanzeigers, mimt zum Spass den Klatschreporter und schreibt unzensierte, sarkastische, verruchte Artikel aus seinem adeligen Milieu. Er kämpft gegen eine Leere in seinem Leben, in seiner Ehe an in einer Welt des schönen Scheins, die sich so sehr überlebt hat, dass sie die eigenen Regeln der Aristokratie nicht mehr versteht – sehr im Gegensatz zu Annas Alltag. Aus diesem Gegensatz der Charaktere entwickelt sich ein spannungsgeladener Kriminalfall, liebevoll drapiert mit weiteren, lebendig skizzierten Figuren aus verschiedenen Milieus der Zeit vor 1914.

Bewertung vom 27.12.2022
Krock, Jeanine

Darlington


ausgezeichnet

Happy End im Regency-Ambiente – immer verlockender Lesespaß!

Die Darlington-Schwestern, aus zwei hochentwickelten, sehr verschiedenen Kulturen wie Indien und Großbritannien stammend, bringen kreative Impulse ins Londoner Kulturleben der Regency-Epoche. Klar sticht der anstrengende Verhaltenskodex besonders für Frauen der gehobenen gesellschaftlichen Schichten hervor. Der Spannungsbogen hangelt sich straff entlang solcher damals gültigen Regeln, deren Bruch sehr schnell den guten Ruf ruinieren konnte, wie die verschiedenen wichtigen Figuren beiderlei Geschlechts sehr gut dokumentieren. Historische und politische Fakten sind geschickt eingeflochten. Interessant finde ich auch die Einbindung der Spieluhr Pakshee Baagh und das magische Agieren von Tiger und Vogel. Hilfreich ist auch das angehängte, mehrseitige Glossar. Insgesamt eine interessante, empfehlenswerte Romanze!

Bewertung vom 26.12.2022
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Der große Coup des Monsieur Lipaire / Die Unverbesserlichen Bd.1


gut

Ein Haufen unverbesserlicher Individualisten und ihr außergewöhnlicher Coup
Einzelgänger, Dilettanten aus verschiedenen Altersklassen und Gewerken versuchen ihr großes Glück an der malerischen Côte d'Azur im Touristikort Port Grimaud. Diese Gaunertruppe träumt vom großen Geld, findet schließlich jedoch eher Freundschaft. Das französische Savoir-Vivre und der Charme des Monsieur Lipaire ist Hauptbestandteil dieser Komödie rund um Zettel, auf denen Trésor d’Or steht. Etwas Licht in den anfangs festgestellten Tod von Monsieur Barral wird erst gegen Ende durch ein mysteriöses Phantom geliefert, was den Spannungsbogen besonders in der ersten Hälfte des Buches etwas durchhängen läßt. Die Dekadenz der Adligen, ihre Macht, Weine und ihre Gier nach Geld stehen im Kontrast zu diesen dilettantischen Alltagsfranzosen, alle insgesamt gut und überzeugend charakterisiert. Die Beschreibung und die Historie von Port Grimaud laden zum Besuch dieses malerischen Ortes ein, alles bewußt an der Realität ausgerichtet. Das Cover ist in sommerlichen Farben der Côte d'Azur gehalten – ansprechend warm.

Bewertung vom 16.12.2022
Schwartz, Dana

Anatomy (eBook, ePUB)


sehr gut

Das ‚Römische Fieber‘ im frühen 19. Jahrhundert der Medizin – spannend verpackt.
Aufschlussreich zu begreifen, dass sich hinter diesem Fieber die Malaria verbirgt, die zu Zeiten der Römer zum Untergang ihres Reiches geführt haben soll. Historisch interessant ist auch die Geschichte um die Auferstehungsmänner bzw. Leichenräuber, die in der frühen Geschichte der Anatomie so belegt ist. Jack Currer mit seinen 17 Jahren auf Friedhöfen von Edinburgh nachts unterwegs mit ausgegrabenen Leichen steht er stellvertretend für die unterste gesellschaftliche Schicht dieser Zeit. Miss Hazel Sinnett als Vertreterin der damaligen obersten Gesellschaftsschicht kommt insgesamt nicht authentisch herüber: Unvorstellbar wäre für mich ihre gemeinsamen nächtlichen Aktionen zusammen mit Jack. Ihr Interesse an Medizin kommt zwar gut beschrieben herüber, jedoch völlig unmöglich in den damaligen gesellschaftlichen Zwängen für Frauen. Die Ärzteschaft bedient sich insgesamt sehr krimineller Maßnahmen im Dienste der Wissenschaft – zu übertrieben? Trotz allem ein spannender Plot.