Benutzer
Benutzername: 
smartie11
Wohnort: 
In Niedersachsen
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 933 Bewertungen
Bewertung vom 26.04.2019
Brand, Christine

Blind / Milla Nova ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Ein ganz besonderer Krimi – mit vielen Twists und tollen Charakteren

Meine Meinung:
An diesem Krimi hat mich schon die Grundidee fasziniert: Ein Blinder Mann meint, am Telefon Zeuge eines Verbrechens geworden zu sein – und niemand glaubt ihm! So ergeht es Nathaniel, der eigentlich nur mit Hilfe der App „BeMyEyes“ wissen wollte, welches Hemd das Richtige ist, und dann mit anhören muss, wie die ihm fremde Carole in ihrer Wohnung vermeintlich überfallen wird. Hieraus entspinnt Christine Brand ganz gekonnt eine wahrlich meisterhaft erzählte Kriminalgeschichte, die insbesondere im ersten Drittel davon lebt, dass man sich als Leser selbst fragt, was wohl wirklich vorgefallen ist, und dass man Nathaniel dabei begleitet, immer neue Versuche zu unternehmen, der unbekannten Carol zu helfen. Dass er dabei immer wieder auf unüberwindbare Hürden und Unglauben trifft, und dabei doch immer hartnäckig bleibt, macht ihn von Anfang an durch und durch sympathisch. Gleichzeitig erlaubt die Autorin damit auch uns „sehenden“ Lesern, ein Gespür dafür zu bekommen, mit welchen großen Herausforderungen blinde Menschen zu kämpfen haben – und das tagtäglich!

Besonders gut gefallen hat es mir, dass ich beim Lesen zunächst selbst an Nathaniels Theorie zu zweifeln begonnen habe und im Folgenden dann immer wieder neue Theorien auf- und Vermutungen angestellt habe, wer oder was hinter dem Ganzen stecken könnte. Dazu liefert uns die Autorin gleich auch noch einen zweiten, parallelen Kriminalfall, bei dem es um eine unerklärliche Häufung von HIV-Ansteckungen geht. An zwei Stellen war ich mir regelrecht sicher, dass ich den Plot durchschaut hätte – und dachte mir: „wirklich guter Krimi, aber ich bin doch dahinter gekommen“. Am Ende konnte ich aber nur sagen: „Pustekuchen!“, denn Christine Brand präsentiert zum spannenden Finale eine Auflösung, für die sie retrograd betrachtet zwar schon den ein oder anderen Hinweis im Verlauf der Geschichte gestreut hat, die mich dann aber doch wunderbar überrascht hat. Ein rundum gelungenes „who dun it“-Vergnügen also!

Zu dieser außergewöhnlichen Geschichte, die mich stellenweise an Alfred Hitchcocks Meisterwerk „Das Fenster zum Hof“ erinnert hat, gesellt sich noch ein bunter Strauß schillernder Charaktere. Angeführt natürlich von Nathaniel, flankiert von einer erfrischend neugierigen Journalistin Milla Nova und einer patenten Nachbarin Veronica. Doch mein heimlicher Held war Nathaniels Blindenhündin, die stets bemüht, manchmal aber auch etwas übereifrig und / oder tapsig daher kam. Ein tolles Gespann!

FAZIT:
Eine intelligente Story, tolle Twists in der Handlung und ein paar wunderbare Charaktere. Ein perfekter „who-dun-it“-Krimi!

Bewertung vom 11.04.2019
Kuwabara, Taku

Quin Zaza - Die letzten Drachenfänger / Quin Zaza Bd.1


gut

Fabelhafte Zeichnungen und eine faszinierende Grundidee – aber die Story konnte mich nicht überzeugen

„So ein Drache ist ein fliegender Schatz“ (S. 73)

Meine Meinung:
Als Manga-Neuling musste ich mich erst mal an den Aufbau gewöhnen. Zwar wusste ich, dass man die Mangas "hinten" anfängt zu lesen, aber mit der Reihenfolge der Bildfelder hatte ich zuerst so meine Probleme. Bis ich dann die Erklärung hinten (also im "Deutschen" vorne!) gefunden habe. Dann ging es leichter.

Zuerst möchte ich gerne etwas zu den Zeichnungen sagen – von denen war ich von Anfang an und bis zum Schluss absolut begeistert! Teilweise sind das schon kleine Kunstwerke und die Atmosphäre, die diese Schwarz-Weiß-Bilder schaffen, ist wirklich beeindruckend. Durch schnelle Abfolgen und die unterschiedlichsten Perspektiven ergeben sich im Verlauf der Geschichte immer wieder sehr spannende und actionreiche Sequenzen. Auch die Darstellung der Drachen hier, die vom Aussehen alle sehr individuell sind und teilweise wenig von der klassischen „Drachen-Vorstellung“ haben, fand ich sehr überzeugend und innovativ. Das hat mir wirklich richtig, richtig gut gefallen!

Was mich leider nicht überzeugen konnte, war die Story an sich. „Ein halbes Jahrzehnt nachdem die Suche nach den begehrten Drachen begann, ist die Quin Zaza eines der letzten aktiven Fangschiffe. Ihre Besatzung verkauf Fleisch, Öl und Innereien, streicht Belohnungen ein und lässt sich von allerlei Umständen in alle Himmelsrichtungen treiben, stets auf der Suche nach Drachen im Wolkenmeer.“ (S. 62/63). Diese Grundidee fand ich wahnsinnig faszinierend und meines Erachtens hat die Idee auch eine ganze Menge Potenzial. Doch für meinen Geschmack hat sich über den gesamten Verlauf des Buches keine durchgehende Story ergeben. Vielmehr sind es fünf kleine Episoden, die eher locker zusammenhängen. Immer wieder gibt es zwischendurch interessante Ansätze (wie z.B. das Töten eines extrem wertvollen Drachen oder auch der sagenumwobene Lichtdrache), die dann im Weiteren Verlauf aber nicht weiter aufgegriffen werden. Dafür hatte ich an vielen Stellen das Gefühl, dass die Geschichte „springt“ und zwischendurch ein paar Bilder und Erklärungen fehlen. Darüber hinaus hat mich das ständige Essen und „Gekoche“ dann irgendwann einfach nur noch genervt.

Auch die Charakterdarstellung und -entwicklung konnte mich leider nicht überzeugen. Ähnlich wie bei der Story haben einige Charaktere Potenzial für „mehr“, wie etwa die latent geheimnisvolle Vannabell oder auch der etwas großkotzig und auf mich manchmal ein bisschen phlegmatisch wirkende Mika. Ich hätte mir hier ein bisschen mehr „drum herum“ gewünscht – über die Charaktere und auch die Welt im Ganzen. Hier wird immer nur ein bisschen angedeutet und der Leser neugierig gemacht – und das war es dann aber auch schon. Schade!

FAZIT:
Wahnsinnig tolle Zeichnungen mit einer leider extrem schwachen Story – hier wurde viel Potenzial verschenkt.

Bewertung vom 08.04.2019
Hoffman, Jilliane

Nemesis / C.J. Townsend Bd.4


ausgezeichnet

„Manchmal musst du einen Pakt mit dem Teufel schließen, um seine Diener dranzukriegen.“ (S. 92) – ein verdammt guter Thriller!

“Sie erahnte die schier unglaubliche Größe des Monsters, das sie ausgegraben hatte, und sie spürte, wie sie innerlich schwankte, vor Furcht bebte: Sie war die Armee. Niemand sonst würde ihr zu Hilfe kommen.“ (S. 414)

Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass dies mein erster Thriller der US-Bestsellerautorin Jilliane Hoffman war, aber nun habe ich mir fest vorgenommen, auch noch ihre anderen Bücher zu lesen. „Nemesis“ ist der vierte Band der „C. J. Townsend“-Reihe (nach 1. Cupido, 2. Morpheus, 3. Argus) und hier werden viele Fäden aus den vorausgegangenen Bänden aufgenommen – dennoch hatte ich als „Neuling“ keine Schwierigkeiten, in die Handlung hineinzufinden und mit den Charakteren warm zu werden.

Nach einem unheilschwangeren Prolog, der mich als Leser nicht Gutes erahnen lässt, beginnt die Geschichte im Prinzip mit dem Auffinden einer kopflosen Frauenleiche. Ein klassischer Thrillerstart also. Besonders mach dieses Buch vor allem die aus der breiten Masse der Ermittler herausragende Protagonistin, die 48jährige stellvertretende Oberstaatsanwältin C. J. Townsend. Das, was sie in ihrem Leben schon alles durchmachen musste, ist schon sehr hart. Immer wieder durch Flashbacks und Panikattacken gebeutelt, steht sie selbst mehr als einmal vor einem Abgrund – und sie ergreift Mittel und Wege, die durchaus überraschend sind. So nimmt der Plot eine Wendung, den ich in keinster Weise vorhergesehen hatte, der mir aber sehr gut gefallen hat. Ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen, so sehr hat mich die Story gefesselt und so unklar war mir der Ausgang, den am Ende alles nehmen wird. Es geht hier um menschliche Dramen, seelische Abgründe (die wirklich zutiefst verstörend sind) und die nicht immer einfach zu beantwortende, ethische Frage nach der Grenze zwischen Gut und Böse, und danach, welche Mittel ein Zweck heiligen kann.

Neben dem schockierenden Thriller-Plot gewährt uns die Autorin aber auch tiefe Einblicke in die Seele und das Privatleben von C.J., wo der lange Zeit und schon fast abgeschriebene, und doch unterschwellig noch immer so drängende Wunsch, eine Kind zu haben, ebenfalls eine ganz neue Wendung nimmt. Hierdurch ergibt sich für mich ein sehr stimmiges Gesamtkonzept und eine hohe Charaktertiefe und -plastizität.

Ein schockierendes Beispiel aus der realen Welt zitiert Jilliane Hoffman auch noch: den Fall „Jeffrey Eppstein“ - der einem die traurigen Abgründe mancher Superreichen in unserer Welt vor Augen führt.

Ich bin begeistert von diesem Thriller und freue mich schon jetzt darauf, auch noch die drei vorangegangenen Bände zu lesen!

FAZIT:
Schockierend, bewegend und absolut fesselnd – ein absolutes Thriller-Highlight!

Bewertung vom 03.04.2019
Held, Max

Im Auge der Python / Wild Claws Bd.1


ausgezeichnet

Gefahr in den Everglades - ein starkes Abenteuer mit sehr viel Spannung und toller Atmosphäre

„Die Everglades wirkten wie ein schier unerschöpflicher Pool mannigfaltigen Lebens. Und doch war dieses reichhaltige Ökosystem gefährdet.“ (S. 45)

Unsere Meinung:
Nicht nur meine Jungs (7 & 10), sondern auch ich (ü40) liebe gute Abenteuergeschichten für Kids und Jugendliche. Da hat mich „Wild Claws – Im Auge der Python“ natürlich sofort gereizt! Bereits die allerersten Seiten sind wahnsinnig spannend – nahezu zum Atem anhalten – als sich die alte Mrs Carwinkle, aufgeschreckt durch ein merkwürdiges Geräusch, mit ihrer Flinte bewaffnet durch die schwüle Schwärze der totenstillen Nacht einer unbekannten Gefahr stellt. Von da ab waren wir voll und ganz gefesselt von der abenteuerlichen Story in der unglaublich faszinierenden Umgebung der Everglades in Südflorida. Hier ist die Natur noch ein wahres Wunderwerk und so wie sie sein sollte: wild und unberechenbar. Hier finden wir (nicht nur) Wolfsspinnen und Skorpione, Diamantklapperschlangen und Alligatoren. Allein diese Begegnungen bescheren uns bei m Lesen durchaus eine Gänsehaut, insbesondere da sich das Verhalten der Tiere auf eine ganz unnatürliche Art zu verändern scheint. So gleicht das Lesen schon selbst einem kleinen Abenteuer und man kann ganz wunderbar in dieser Geschichte versinken.

Die Seiten sind beim Lesen regelrecht dahingeflogen, während wir Jack, Logan und Charlotte bei diesem Abenteuer begleitet haben. Währe es nach meinen Jungs gegangen, hätten wir das Buch in einem Rutsch gelesen, so spannend war es – und das bis ganz zum Schluss! Neben der überzeugenden Story und der geheimnisvollen Atmosphäre haben uns insbesondere auch die Charaktere sehr gut gefallen. Meine Jungs konnten sich sofort mit Jack und Logan (beide 12) identifizieren (und waren ein bisschen neidisch darauf, wie sie mit dem Propellerboot „Scorpion“ durch die Gegend brausen), während mein persönlicher Liebling die etwas undurchsichtige, aber pfiffige und taffe Charlotte (13) war. Einen passenden Antagonisten hält Autor Max Held (alias Christian Gailus) selbstverständlich auch bereit (mehr sei hier noch nicht verraten).

Dieses Buch weiß aber nicht nur sehr gut zu unterhalten, denn ganz nebenbei vermittelt es auch viel Wissenswertes rund um das faszinierende Naturwunder der Everglades mit ihrer einzigartigen Fauna (allein 350 Vogelarten) und Flora (1100 Pflanzenarten) und ist ein Apell an den Umwelt- und Tierschutz. Genau so sollte ein modernes Kinder- und Jugendbuch sein!

FAZIT:
Spannend, lehrreich und ein wahrlich atemberaubendes Setting – ein absolut tolles Abenteuer!

Bewertung vom 03.04.2019
Hainer, Lukas

Das weiße Herz / Das dunkle Herz Bd.2


sehr gut

Eine beeindruckende Fortsetzung mit Tiefgang - teils surreal und anspruchsvoll zu lesen

„Ich weiß nicht viel über das dunkle Herz, und selbst von dem, was ich geglaubt habe zu wissen, scheint manches nicht wahr zu sein. Eines aber weiß ich: Wohin es auch vordringt, schlägt es Wurzeln, und auch die kleinste Wurzel kann ausreichen, damit die Saat des Bösen aufgeht, sei es heute oder erst in vielen Jahren.“ (S. 186)

Meine Meinung:
„Das weiße Herz“ ist der Folgeband von „Das dunkle Herz“ und meiner Meinung nach sollte man den ersten Band für das grundlegende Verständnis der Geschichte zwingend zuvor gelesen haben.

Die Handlung schließt relativ nahtlos an die Ereignisse des ersten Bandes an und dankenswerter Weise hat Lukas Hainer eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Geschehnisse vorangestellt. So hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, wieder in die Geschichte hineinzufinden. Anders als im ersten Teil spielt „Das weiße Herz“ die meiste Zeit in unserer Welt, so dass das gesamte Buch für meinen Geschmack doch eine andere Grundstimmung hat als sein Vorgänger. Dieser bestach noch durch seine durchgehend surreale Welt mit den unerklärlichen, mystischen Vorgängen und einem ganz eigenen Mikrokosmos mir einer bunt zusammengewürfelten kleinen Gruppe Menschen. Im „Weißen Herz“ nutzt Lukas Hainer nun schnelle Ortswechsel und aktuelle gesellschaftliche Themen, um seiner Geschichte Spannung, Tempo und Gewicht zu verleihen. Selbstverständlich blitzen zwischendurch immer wieder mysteriöse Handlungsfragmente aus Band eins auf, was oft für eine extrem surreale Atmosphäre sorgt, und es gibt ein „Wiederlesen“ mit vielen bekannten Charakteren. So bin ich der Story gespannt gefolgt und konnte tief in dieses Buch versinken. Stellenweise verlangt die Geschichte aber ein sehr aufmerksames, konzentriertes Lesen, um den Ausführungen und Erklärungen auch wirklich folgen zu können. So ist „Das weiße Herz“ eine fesselnde, aber eben auch keine einfache Lektüre.

Am Ende schafft es Lukas Hainer, seinen zweiteiligen Zyklus insgesamt zu einem überzeugenden Schluss zu bringen, der viele (aber eben auch nicht alle) beim Lesen entstandenen Fragen beantwortet. Es ist ein Finale, dass ich mir etwas anders gewünscht hätte und das mich ein bisschen melancholisch zurückgelassen hat, aber in sich doch stimmig ist. In Anbetracht der vielen aktuellen gesellschaftlichen und politischen Themen, die mal mehr, mal weniger deutlich mitschwingen, wäre ein „Rundum-Happy-End“ wohl auch gar nicht passend gewesen. Denn neben einer packenden und bewegenden Story geht es hier auch um Aspekte wie etwa Radikalismus, Umweltverschmutzung, Vereinsamung, „Containern“ oder auch eine erstaunlich offene Systemkritik an der Türkei („Mit christlichen Werten schmückte man sich gerne, bis die Flüchtlinge im eigenen Land ankamen, und der Tierschutz war so lange gut, bis er zu höheren Preisen im Supermarkt führte.“ - S. 202). Top aktuell – wie man leider feststellen muss. Dazu wirft Lukas Hainer die philosophische Frage nach der Grenze zwischen Gut und Böse auf, die (nicht nur) in diesem Buch stellenweise nicht trennscharf zu ziehen ist.

Ein Zitat aus dem Buch beschreibt sowohl diese fiktive als auch unsere reale Welt erschreckend einfach: „Die Welt kann noch heilen, und es muss schnell gehen, denn bald ist es vorbei.“ (S. 320)

FAZIT:
Keine leichte Lesekost, aber durchaus überzeugend und packend erzählt – und mit erschreckenden Parallelen zu unserer heutigen Gesellschaft.

Bewertung vom 27.03.2019
Dabos, Christelle

Die Verlobten des Winters / Die Spiegelreisende Bd.1


sehr gut

Denver-Clan auf Extasy - eine wahrlich fantastische Welt mit extremen Charakteren

„Wenn ihr mir folgt, werdet ihr den ersten Winter nicht überstehen.“ (S. 109)

Meine Meinung:
Über dieses Buch hatte ich schon einige sehr euphorische Meinungen gelesen, Vergleiche mit „Harry Potter“ gab es da, oder auch Stimmen wie „Auf Anhieb ein Klassiker.“ Da stand es für mich schnell fest, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss!

Mein persönliches „Leseerlebnis“ hat über die gesamte Länge von rd. 530 Seiten aber stark variiert. Am Anfang war ich sehr schnell angefixt von der faszinierenden und phantastischen Grundidee dieses Buches. Ein zerstörter Erdball – und die Menschen leben nun auf 21 großen und 186 kleinen Fragmenten (genannt „Archen“), die wie in einem kleinen, eigenen Universum als Trabanten um den heißen Rest der Erde kreisen. Diese Archen weisen ganz unterschiedliche Lebensbedingungen auf und so haben sich auf ihnen Familienclans mit ganz besonderen Fähigkeiten entwickelt. Ein echt spannender Evolutionsgedanke!

Die Protagonistin Ophelia ist ein wahrlich besonderer Charakter. Unscheinbar, tollpatschig aber absolut liebenswert und mit zwei phänomenalen Fähigkeiten gesegnet: Sie kann Dinge „lesen“ (über Berührung von Gegenständen etwas über die Vorbesitzer erfahren) und durch Spiegel reisen. Wenn das mal nicht praktisch ist! Doch schnell wird Ophelia aus ihrer Komfortzone auf der Arche Anima herauskatapultiert, denn sie soll den ihr noch unbekannten Thorn von der Arche Pol heiraten. Dieser entpuppt sich aber schnell als anscheinend dauer-miesepetriges Ekelpaket, das von den Hochzeitsplänen genauso wenig begeistert ist wie Ophelia. Es folgt eine schon fast überstürzte Abreise zur Arche Pol, auf der nicht nur die klimatischen Bedingungen extrem lebensfeindlich sind und wo nicht wirklich so ist, wie es zu sein scheint…

Bis kurz nach der Ankunft auf Pol haben mich die Geschichte und das wirklich außergewöhnliche „Universum“ dieser Geschichte regelrecht gefesselt. Im Folgenden fehlte mir dann aber eine spannende Rahmengeschichte. Es ging über viele Seiten hinweg „nur“ um die Entdeckung der – zugegebener maßen – sehr faszinierenden Welt auf Pol und die Einführung weiterer, durchaus sehr schillernder Charaktere dort. Dennoch hat mir hier im Mittelteil eine stringente Storyline gefehlt. Hätte ich hier eine Bewertung abgeben müssen, wären es wohl mit Mühe und Not grade mal 3 Sterne geworden. Ab den ca. letzten 150 Seiten war ich dann aber doch noch voll und ganz in der Geschichte angekommen. Ab hier haben mich die Verschwörungen, Intrigen, Ränkespiele und das latent immer mitschwingende Misstrauen sowie die allgegenwärtige Gefahr regelrecht gefesselt, so dass mich das Buch am Ende doch durchaus zu überzeugen wusste.

Auch wenn die Storyline für meinen Geschmack deutlich ausbaufähig bleibt, hat dieses Buch zwei sehr große Stärken, die es aus der literarischen Masse herausstechen lassen. Zum einen ist das die unglaublich faszinierende Welt mit ihren verschiedenen Archen und zum anderen sind das die absolut schillernden Außnahmecharaktere. Allen voran natürlich Ophelia und ihr „Verlobter“ Thorn, dessen wahres ich selbst Ophelia ein Rätsel ist („Dabei hatte sie nicht die leiseste Ahnung, wer er wirklich war: ein ungehobelter Bär? Ein wichtiger Staatsbeamter? Ein ruchloser Mörder? Ein Mann der Pflicht? Ein seit seiner Geburt entehrter Bastard? Das waren zu viele Facetten für einen einzelnen Mann, und sie wusste nicht, welche davon sie bald heiraten würde.“ - S. 162). Neben diesen beiden gibt es ein gutes Dutzend weiterer unglaublich starker, größtenteils sehr rätselhafter Charaktere, wie etwa der Botschafter Archibald (der Hobby-Deflorateur), der undurchschaubare Kavalier (auch wenn er so aussehen mag – keinesfalls die Unschuld in Person!) oder auch die Dame Berenilde, ein weiteres Fixum in dieser Geschichte, über deren Absichten man nur rätseln kann. Eine so heterogene Ansammlung außergewöhnlicher Charaktere findet man selten

Bewertung vom 27.03.2019
Kennedy, A. L.

Onkel Stan und Dan und das ungeheuerlich ungewöhnliche Abenteuer / Onkel Stan und Dan Bd.2


ausgezeichnet

Ein herzerwärmendes Plädoyer, ungewöhnlich zu sein – mit viel Humor und tollen Illustrationen

„Erinnert euch, wer ihr seid! Erinnert euch an eure Ungewöhnlichkeit!“ (S. 187)

Unsere Meinung:
Schon das witzige Cover hat uns neugierig gemacht auf dieses Buch – und bereits nach dem ersten Kapitel hatten wir die ersten Lachtränchen in den Augenwinkeln. A.L.Kennedy nimmt uns mit in die heile und wunderbare Welt des ungewöhnlichen Onkel Dan und seiner Lama-Farm, ganz in der Nähe des kleinen Örtchens Pandrumdroochit, in dem es ganz viele zufriedene und glückliche Einwohner gibt – und auch noch eine Sockentauschbörse! Onkel Dan tätschelt gerne Wellen, hängt kopfüber von Ästen, wirft mit Marmeladenbroten und hat schon als Junge beschlossen hat, sich nie in einen Erwachsenen zu verwandeln. Sein bester Freund Dan ist kein kleiner, knuffiger, sprechender, aber schüchterner Dachs, der für sein Leben gern Piratenhüte trägt und tanzt. Heiler kann eine kleine Welt eigentlich gar nicht sein – doch dann taucht wie aus dem Nichts der „weltberühmte Ungewöhnlichkeitsspezialist“ Dr. P´Krall auf. Allergisch gegen Glück und gute Laune, dafür ausgestattet mit einer aufgemalten Frisur und bösen Socken, hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen von ihrer Ungewöhnlichkeit zu heilen.

Hieraus entspinnt sich eine Geschichte voller phantastischer Ideen, überbordendem Humor, mal mehr, mal weniger feinem Sprachwitz und vor allem: voller wunderbar schräger Charaktere! Hier begegnen uns u.a. das „wirklich tapfere“ Lama Bert, geplagt von diversen Ängsten (z.B. vor Dienstagen und langen Rechenaufgaben – EMERGENCIA!), das Lama Ginalollobrigida, das jedem Schminktipp-Instagram-It-Girl den Rang ablaufen würde, eine (oder mehrere?) Blume namens Liese, ein berühmter Junge mit Tweed-Gesicht und ein kleiner, liebenswerter Geist, deren Namen geheim ist, die man aber Invisigirl nenne darf. Dazu gibt es noch Haar aus der Dose, einen Weltverband der Spinnen und die schockierende Erkenntnis, dass Isaac Newton der Apfel nur auf den Kopf gefallen ist, weil Peer Dachs mit einem Roller gegen den Apfelbaum gefahren ist. Hört sich das nach jeder Menge Spaß, bester Unterhaltung und unzähligen Glucksern, Lachern und Brüllern an? Jepp, genau das ist es, was die Autorin ihren kleinen (und großen!) Lesern hier beschert!

Dazu gibt es noch einen dramatischen und spannenden Wettlauf gegen die Zeit, ein Finale, bei dem es einem warm ums Herz wird, und ganz, ganz viele wunderbare Illustrationen von Gemma Correll, die schon beim Betrachten das Zwerchfell zum vibrieren bringen. Wir haben wirklich selten so viel und herzhaft gelacht!

Diese Geschichte ist aber nicht nur ein wunderbarer Lesespaß, denn sie bringt zwischen den Zeilen auch eine gehörige Portion Tiefgang mit. Es ist eine Geschichte von Spaß und Glück und Fröhlichkeit. Eine Geschichte von Freundschaft, Mut und Zusammenhalt. Denn wenn Lama Bert es schafft, seine ärgsten Ängste zu überwinden, schaffst Du das auch!

Letztendlich ist diese Geschichte ein herzerwärmendes Plädoyer, ungewöhnlich zu sein – Sei Du selbst!

FAZIT:
Hier gibt es jede Menge Spaß, Spannung und beste Unterhaltung mit Tiefgang - Ein Lesespaß par excellence!

Bewertung vom 27.03.2019
Oppermann, Swantje

Saligia


ausgezeichnet

Die Macht der Todsünden - Eine spannende Story mit faszinierender Grundidee und kantigen Charakteren

„Hatte die Wahrheit ein Verfallsdatum? Möglicherweise gab es einen Punkt, an dem sie schlecht wurde. Wie abgestandene Milch, an der man sich nur noch den Magen verderben konnte.“ (S. 227)

Meine Meinung:
Schon die Grundidee zu dieser Story hat mich extrem gereizt: Es gibt ganz besondere Menschen (sogenannte Saligia), die eine der sieben Todsünden in sich tragen: Hochmut (Superbia), Habgier (Avaritia), Wollust (Luxuria), Neid (Invidia), Völlerei (Gula), Zorn (Ira) und Trägheit (Acedia). Diese Saligia werden getrieben von ihrem Laster, doch bescheren diese Laster ihren Trägern auch ganz besondere, oftmals extrem überraschende Kräfte…

Die Geschichte beginnt in der britischen Kleinstadt Parsons End, wo Keira Venin (von ihren Mitschülern nur „Creepy Keira“ genannt) ihr trübes Außenseiterleben lebt („Sie hasste diese Stadt. Sie hasste ihre Kräfte. Sie hasste ihr Leben. Hassen, hassen, hassen. Das war alles, was Keira konnte.“ - S. 13). Was genau mit ihr los ist, weiß Keira auch nicht. Sie weiß nur, dass sie anders ist als alle anderen. Bis zu dem Tag an dem der sympathische Sonnyboy Elliot mit seinem Aston Martin bei ihr vorfährt…

In die Geschichte hineinzufinden ist mir sehr leicht gefallen, auch wenn Keira keine typische Protagonistin ist und ich eine Weile brauchte, um mit ihr warm zu werden. Doch diese außergewöhnliche Grundidee um die sieben Todsünden hat mich gleich an die Story gefesselt und spätestens als Keira mit Elliot an der Canterbury School of Excellence angekommen ist, kam eine wunderbar geheimnisvolle Atmosphäre hinzu. Dass dort eine Schülerin scheinbar spurlos verschwunden ist, sorgt dazu noch für ein passendes Krimi-Feeling. So entspinnt sich im Folgenden eine Geschichte, in der eine Frage nach der anderen aufgeworfen wird und in der die vielen verschiedenen Saligia mich mit ihren ungeahnten Fähigkeiten immer wieder überrascht haben. Bis zum Schluss bleibt die Spannung hier auf hohem Niveau und die Geschichte mündet in einer Auflösung, die ich in keinster Weise vorhergeahnt habe. Am Ende ist die ganze Story in sich rund, ohne dass Swantje Oppermann es sich nehmen lassen würde, ihre Leser mit ein, zwei kleinen Cliff-Hangern auf eine Fortsetzung hoffen zu lassen.

FAZIT:
Diese fesselnde Story besticht durch ihre außergewöhnliche Grundidee und die kantigen Charaktere. Tolle Leseunterhaltung!

Bewertung vom 27.03.2019
Polk, C. L.

Die Spur der Toten / Witchmark Bd.1


ausgezeichnet

außergewöhnlich, fesselnd, intelligent, überraschend und gesellschaftskritisch – ein Top-Debut!


„Menschen lügen, Doktor. Sie flunkern. Sie lassen Dinge aus. Sie glätten Angelegenheiten, indem sie sie vereinfachen.“ (S. 85)


Meine Meinung:

Die Geschichte beginnt wie ein klassischer Kriminalroman: Ein Sterbender wird in ein Krankenhaus gebracht, behauptet mit seinen letzten Atemzügen, vergiftet worden zu sein, und stirbt dem Arzt dann unter den Händen weg. Wenn da nicht die Gabe der Magie wäre, sich abzeichnende Auren und Hexenmale. Das ist ein Start ganz nach meinem Geschmack und schnell wird klar, dass C. L. Polk hier ein Debut vorgelegt hat, dass sich nicht in ein bestimmtes Genre pressen lassen möchte.


Gespannt bin ich eingetaucht in eine Welt voller Geheimnisse, die mich stellenweise an das viktorianische London, dann auch wieder an eine aufstrebende amerikanische Industriestadt der 20er Jahre erinnert hat. Hier gibt es Kutschen & Grammophone, aber auch aetherbetriebene Geräte, wie z.B. Schnellkessel und Kaffeegurgler, was dem Ganzen einen steampunkartigen Anstrich verliehen hat. Dazu kommt ein faszinierendes Magiesystem, in denen wenige Magiebegabte als Spitze der Gesellschaft die höchsten Ämter bekleiden während andere Magiebegabte ausgebeutet – oder sogar als Verrückte in Sanatorien weggeschlossen werden. Fürwahr ein ganz eigenes, mich vollkommen überzeugendes Setting mit einer wunderbaren Grundatmosphäre.

Dazu hat die Autorin mit Dr. Miles Singer einen tollen, außergewöhnlichen und mir zutiefst sympathischen Protagonisten geschaffen, der deutlich aus der breiten Masse der „Standard-Protagonisten“ heraussticht. Ihm zur Seite steht der geheimnisvolle Tristan Hunter, ein sagenumwobener Amaranthine, der sich selbst als „Eitel. Hochmütig, arrogant, leicht gelangweilt, anfällig für Unfug.“ (S. 90) beschreibt, und den ich genauso wie Miles von Beginn an mochte. Die beiden sorgen (nicht nur) für ein wunderbares Charakterspiel und haben mich stellenweise an Sherlock Holmes und Dr. Watson erinnert. Aber auch eine starke Frau hat C. L. Polk mit Dame Grace Hensley im Programm, was das „Trio“ aus meiner Lesersicht perfekt abrundet.

Also: Setting: top! Charaktere: top! Und die Story an sich? Absolut gelungen! Ein waschechter Kriminalfall mit vielen Phantastik-Elementen und einer überzeugenden sowie intelligenten Grundidee. Bis zum Schluss steigert sich die Spannung kontinuierlich, um in einem überraschenden, dramatischen und mitreißenden Finale eine schockierende Auflösung zu bieten. Zu dieser fesselnden Unterhaltung gesellen sich noch ein guter Schuss Gesellschaftskritik und ethische Fragestellungen, die diesem Werk zusätzlich noch eine gute Portion Tiefgang verleihen.



FAZIT:
Ein bärenstarkes Debut, das mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt und vollkommen überzeugt hat!