Benutzer
Benutzername: 
smartie11
Wohnort: 
In Niedersachsen
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 919 Bewertungen
Bewertung vom 31.01.2019
Pearson, Mary E.

Der Klang der Täuschung / Die Chroniken der Hoffnung Bd.1


ausgezeichnet

Ein überzeugender Genre-Mix mit interessantem Charakterspiel und einer dichten Atmosphäre


„Ich befand mich im schwerelosen Fall zwischen den Welten, zwischen Eidesschwüren und blinder Furcht, zwischen Treue und Gerechtigkeit – zwischen Liebe und Verachtung.“ (S. 478)

Meine Meinung:
„Der Klang der Täuschung“ ist der erste Band einer neuen Dilogie von Bestsellerautorin Mary E. Pearson, der in der gleichen Welt wie „Die Chroniken der Verbliebenen“ spielt. Ein paar Jahre sind seitdem vergangen und einige Protagonisten von damals tauchen auch hier am Rande wieder auf. Dennoch ist „Der Klang der Täuschung“ ein eigenständiges Werk, dass man auch sehr gut lesen, verstehen und genießen kann, wenn man die „Verbliebenen“ nicht kennt – so wie ich.

Für mich war es also ein unvoreingenommener Start in diese versehrte Welt, die noch immer von dem verheerenden Krieg gezeichnet ist, der auch bei den Menschen seine Spuren hinterlassen hat. Eine kleine Gruppe von Rahtan („versage niemals!“), Leibgarde der Königin aus Venda, wird in einer geheimen Mission ausgesandt, um den Kriegstreiber Illarion aufzuspüren und der Gerichtsbarkeit zuzuführen. Die Führung übernimmt hierbei die Soldatin Kazimyrah („Kazi“), die in ihren 17 Lebensjahren schon sehr viel Leid und Ungerechtigkeit ertragen musste. „Vollwaise, Straßengöre, Herausforderin einer Königin, Rahtan“ – so beschreibt Kazi sich selbst, „Schattenmädchen“ riefen sie Viele, „Zehn“ lautete ihr hart erkämpfter Spitzname. Kazi ist eine Protagonistin ganz nach meinem Geschmack: absolut tough, straight und doch mit einem großen Herzen für die Armen und Schwachen. Durch einen Erzählstrang aus Kazis Sicht lässt uns die Autorin schon früh sehr tief in Kazis Seele blicken, was sie als Figur unglaublich plastisch und authentisch macht. Kazi mochte ich vom Start weg.

Anders erging es mir mit dem zweiten Protagonisten, Jase Ballenger, dem Partrei von Torsfeste. Ähnlich wie Kazi fand ich ihn zu Beginn eher unsympathisch, doch genau wie Kazi lernte auch ich als Leser im Verlauf der Geschichte, sein Handeln und seine Beweggründe besser zu verstehen, so dass auch er mir über die Zeit wirklich sympathisch wurde. Und hier liegt auch bereits eine der ganz großen Stärken dieses Romans – im Zusammenspiel und in der Entwicklung der beiden sehr heterogenen Hauptcharaktere. Jase hat starke Wurzeln, auf die er sich stets verlassen kann, während Kazi nahezu wurzellos ist und ihr damit der Halt fehlt, anderen Menschen wirklich vertrauen zu können. Dies ist Mary E. Pearson in Summe für meinen Geschmack hervorragend gelungen. Die Wechselwirkung zwischen beiden lässt sich mit folgendem Zitat wunderbar beschreiben:

„Wir tänzelten umeinander herum, einen Schritt vorwärts, einen zurück, umkreisten uns, übernahmen abwechselnd die Führung und versuchten zu erraten, wie die nächste Bewegung aussehen würde. Er traute mir genauso wenig wie ich ihm.“ (S. 88)

Die Geschichte selbst hatte mich schnell gepackt und bis zur letzten Seite nicht mehr losgelassen, auf der die Autorin noch einen „gemeinen“ Cliff-Hanger parat hält. Auch wenn die Grundidee und das Leitmotiv dieser Geschichte nicht außergewöhnlich sind, fand ich doch die Welt und ihre Beschreibung, sowie die Geschichte, die hinter allem zu stehen scheint, sehr faszinierend, fesselnd und extrem atmosphärisch. Zwischen Fantasy und Romantasy schimmert immer wieder ein anderes Genre durch, das ich hier noch nicht verraten möchte. Ich denke mal, dass die Autorin in folgenden Bänden hier noch mehr Hinweise streuen wird…

Alles in allem eine wunderbar unterhaltsame und fesselnde Lektüre, von der ich noch folgendes Zitat gerne nachwirken lassen möchte:

„Wir können nicht immer unsere eigenen Maßstäbe anlegen, wenn wir die Welt von anderen betrachten.“ (S. 349)

FAZIT:
Für alle Fans der „Verbliebenen“ ein absolutes Muss! Für Neueinsteiger eine fesselnde und extrem atmosphärische Fantasy-Lektüre.

Bewertung vom 31.01.2019
Doyle, Catherine

Das Geheimnis von Arranmore / Sturmwächter Bd.1


ausgezeichnet

Ein spannendes & phantastisches Abenteuer – und eine Geschichte über Mut, (Selbst-)Vertrauen, Tradition und Familie

„Solange es jemanden gibt, der sich an dich erinnert, bist du nicht verloren und auch deine Geschichte nicht.“ (S. 191)


Meine Meinung:
Fionn und seine große Schwester Tara sollen die Ferien bei ihrem Großvater Malachy Boyle auf der Insel Arranmore verbringen. Zusammen mit den beiden Geschwistern kommen wir als Leser auf dieser rauen, sturmumtosten Insel in der Irischen See an. Ein wahrlich tolles und extrem atmosphärisches Setting für eine Abenteuergeschichte, das sich Catherine Doyle hier erdacht hat.

Sehr schnell nimmt die Geschichte ihren Lauf, denn schon bald merkt Fionn, dass Arranmore eine ganz besondere Insel ist, durchwirkt von einer ganz speziellen Magie, die auf den vor Jahrhunderten ausgefochtenen Kampf zweier Zauberer zurück geht. Aber nicht nur die Insel hat ein Geheimnis, sondern auch Opa Malachy, der von den anderen Inselbewohnern ehrfurchtsvoll „Der Sturmwächter“ genannt wird. So hat es keine 30 Seiten gedauert, bis mich die Geschichte voll und ganz in ihren Bann gezogen hat. Zusammen mit Fionn erkunden wir das Geheimnis der Insel, wandeln auf den Spuren vergangener Zeiten und werden dabei unweigerlich immer tiefer mit hineingesogen in dieses phantastische Abenteuer. Dabei erleben wir als Leser uralte Geschichten, Wetterphänomene & -gewalten, Zeitsprünge und dramatische Familiengeheimnisse. Spannender kann eine Geschichte kaum sein, und oben drauf gibt es auch noch einige wirklich dramatische und tief bewegende Szenen. Wahrlich ein Buch, das ich kaum noch aus der Hand legen mochte!

Aber das Buch fesselt und fasziniert nicht nur durch seine unglaublich fantasievolle und spannende Geschichte, sondern auch durch die liebevoll und lebendig gezeichneten Charaktere. Sei es der bodenständige Fionn selbst, der im Verlauf eine erstaunliche Entwicklung durchmacht und über sich selbst hinauswächst, der liebenswerte alte Malachy oder auch die quirlige Shelby. Selbstverständlich dürfen hier auch zweifelhafte Gestalten nicht fehlen, wie etwa der schleimige Bartley Beasley (mit seiner „posttraumatischen Ponystörung“) oder der geheimnisvolle Ivan. Hier findet wohl Jeder einen Charakter, den er mag!

Last but not least möchte ich noch den wunderbaren Schreibstil der Autorin erwähnen, der mich immer wieder begeistert hat. Oft ist er wunderbar humorvoll („Willst Du eine Meeresschildkröte darstellen oder hast du schlimme Bauchschmerzen? Ich kann´s nicht erkennen. Grunz einmal für die Schildkröte, zweimal für Lebensmittelvergiftung.“ - S. 121), stellenweise regelrecht poetisch („Das Meer toste, Wassertropfen fuhren per Anhalter mit dem Wind, und er schmeckte die Gischt auf der Zunge.“ - S. 43) und manchmal atemberaubend tiefgründig:

„Dein Kopf ist noch völlig leer. (…) Fang an, ihn zu füllen, Junge. Darin liegt deine größte Verantwortung. Ein Leben voller atemlosem Staunen zu führen, sodass du, wenn es allmählich verblasst, immer noch den Schatten des Glücks in dir spürst und das köstliche Gefühl, am lautesten gelacht, am tiefsten geliebt und furchtlos gelebt zu haben, selbst wenn die Einzelheiten zerrinnen.“ Malachy Boyle zu Fionn (S. 294)


FAZIT:
Ein begeisterndes, fesselndes, stürmisches und stellenweise bewegendes Abenteuer. Einfach ganz wunderbar!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.01.2019
Bell, Alex

Reise ins Eisland / Der Polarbären-Entdeckerclub Bd.1


ausgezeichnet

Ein phantastisches Abenteuer voller Überraschungen und Gefahren in der Eiswüste



Meine Meinung:

Schon das zauberhafte Cover und die vielversprechende Kurzbeschreibung haben mich extrem neugierig gemacht auf diesen Abenteuerroman für junge (und auch ältere!) Leser. Gespannt habe ich angefangen zu lesen und war schon nach wenigen Seiten regelrecht gefesselt. Die Idee der ehrenwerten Entdeckerclubs (von denen es hier gleich mehrere gibt), deren Mitglieder zu Expeditionen aufbrechen, um allerhand Neues und unbekannte Lebewesen zu entdecken und zu erforschen, gefällt mir außerordentlich gut. Schnell nimmt die Geschichte um die toughe Stella Starflake Pearl und ihren besten Freund Beanie an Fahrt auf und so startet die Expedition Richtung Eisland. Natürlich lassen die ersten unvorhergesehenen Komplikationen nicht lange auf sich warten und ratzfatz ist die kleine Gruppe der Jungentdecker (Stella, Beanie, Ethan und Shay) im ewigen Eis ganz auf sich allein gestellt (so viel verrät ja auch schon die Kurzbeschreibung). So entspinnt sich ein Abenteuer, in dem die jungen Forscher lernen müssen, sich gegenseitig zu vertrauen, sich aufeinander zu verlassen und füreinander da zu sein. Denn ohne einen absoluten Zusammenhalt wird es wohl unmöglich werden, den Weg zurück zu finden. Selbstverständlich machen die vier Kids ihren beiden Entdeckerclubs alle Ehre und stoßen auf ihrem Weg durch das lebensfeindliche Eisland auf allerhand Gefahren und mannigfaltige, bis dato unbekannte Lebensformen – von klitzekleinen Frostelfen, winzigen Pinguinfamilien, über aggressives Gemüse bis hin zu den sagenumrankten und furchterregenden Yetis! Und auch über Stellas eigene Vergangenheit wird es etwas sehr Überraschendes zu lesen geben!



Spannung, Tempo, Action und Abwechslung bleiben über das gesamte Buch hinweg auf hohem Niveau, so dass ich es beim Lesen kaum aus der Hand legen mochte. Besonders die unglaublich fantasievollen Begegnungen haben mich hierbei immer wieder zum Staunen gebracht. Stellenweise erinnerte mich die Geschichte an Klassiker wie den „Goldenen Kompass“, an „Alice im Wunderland“ oder auch die wunderbaren Bücher von Jules Verne. Doch niemals wirkte die Geschichte auch nur ansatzweise kopiert auf mich, denn Autorin Alex Bell hat hier eine ganz eigene, sehr überzeugende Geschichte erschaffen!



FAZIT:

Ein unglaubliches Abenteuer voller Wunder, fantastischer Wesen und Orte, Gefahren und Herausforderungen. Einfach klasse!

Bewertung vom 05.12.2018
Kalpenstein, Friedrich

Gruppentherapie


sehr gut

Eine wunderbare Komödie zum lesen – auch ohne Herbert & Hans

„Irgendwann landete jeder beim Schlager“

Meine Meinung:
Ben Valdern führt ein anstrengendes Doppelleben: unter der Woche als strebsamer Architekt in der Firma des Vaters seiner Freundin, am Wochenende als Stimmungskanone „Benny Biber“ auf der Bühne des UNIVERSUM auf Malle. Kein Wunder, dass das schlaucht und auf Dauer nicht gut gehen kann…

Friedrich Kalpenstein ist mir von der großartigen „Herbert & Hans“-Reihe ein Begriff, deren Bücher ich regelmäßig mit großer Begeisterung verschlinge. In „Gruppentherapie“ beweist er erneut ein treffsicheres Händchen für wunderbar humorvolle Unterhaltung, auch ohne Herbert & Hans. Locker, flockig geht es auf der Bühne des UNIVERSUM los, was beim Lesen sofort für die passende Grundstimmung sorgt. Ben alias „Benny“ ist – nein, kein Typ wie Du und ich – aber auf jeden Fall ein absoluter Kumpeltyp, der mir von Beginn an durch und durch sympathisch war. Schnell merkt man, in welche Zwickmühle er sich da – mehr aus Zufall als geplant – hineinmanövriert hat: Zwischen Architekt und Schlagersänger, zwischen München und Mallorca, zwischen High- und Partysociety, zwischen Eva und Clarissa - zwischen Ben Valdern und Benni Bieber halt. Humorvolle Szenen und allerlei Unpässlichkeiten sind da also reichlich vorprogrammiert. Die Auswahl der Anzüge beim Herrenausstatter hatte z.B. schon etwas Loriot-haftes an sich („50 shades of grey“). Und wenn dann auch noch Clarissas Schwester Tina mit ins Spiel kommt, bringt das sogar den Party-Benny aus dem Takt. Dies alles als Leser mitzuverfolgen macht einfach nur Spaß, auch wenn Benny mir stellenweise schon richtig Leid getan hat.

Als „Herbert & Hans“-Fan hat mir doch ein klitzekleines Bisschen der dort stetig herrschende verbale Schlagabtausch gefehlt, aber mit Produzent und Kumpel Sascha hat Friedrich Kalpenstein auch seinem Benny einen echten Freund an die Seite gestellt. Reichlich weitere schräge Charaktere gibt es selbstverständlich auch hier wieder dazu – vom Schlagersternchen „Bibi Bordell“, über Szene-Wirt Kalle bis hin zum schmierigen Patriarchen ist die volle Bandbreite mit dabei.

Letztlich hat mich das Buch über seine volle, kurzweilige Länge hinweg wunderbar unterhalten und mich mehr als einmal an die typisch deutschen Filmkomödien á la „Der bewegte Mann“ oder auch „Lammbock“ erinnert.

p.s.: Multitalent Friedrich Kalpenstein hat zu seinem Buch gleich noch den passenden Soundtrack mit Benny Bibers Hits herausgebracht – passender Weise unter dem Pseudonym „Ben Valdern“!

FAZIT:
Friedrich Kalpenstein ist immer ein Garant für beste Leseunterhaltung mit viel Humor und schrägen Typen!

Bewertung vom 05.12.2018
Rother, Stephan M.

Ein Reif von Silber und Gold / Die Königs-Chroniken Bd.3


ausgezeichnet

Vom Ende und vom Neuanfang – das beeindruckende Finale eines intelligenten Fantasy-Epos


„Die vergessenen Götter zürnen. Und ihr Zorn hat geweckt, was in einem Schlaf lag, der seit der Zeit der Alten währte.“ (S. 272)

„Die Menschen womöglich konnten nicht Bestand haben, wenn sie nicht endlich anfingen zu lernen.“ (S. 342)

Meine Meinung:
Normalerweise stelle ich meinen Rezensionen gerne ein Zitat aus dem Buch voran, so wie ich es hier auch getan habe. Doch diesmal ist mir die Auswahl unglaublich schwer gefallen, denn Stephan Rother besitzt die Gabe, beeindruckend und bildgewaltig mit Worten und Sprache umzugehen und gleichzeitig tiefgründige Gedanken zu transportieren und im Geist des Lesers nachhallen zu lassen („Wahrheit ist das, worauf sich die Menschen einigen, dass es die Wahrheit ist.“ - S. 201).

Doch zunächst erst einmal zur Geschichte selbst: Sie knüpft (recht) nahtlos an die Geschehnisse des zweiten Bandes an. Obgleich es der Autor erneut scheinbar mühelos schafft, seine Leser abzuholen und die vorangegangenen Ereignisse noch mal Revue passieren zu lassen, kann ich nur jedem dringend anraten, zuvor die beiden ersten Bände gelesen zu haben. So ist es ein Leichtes, sofort wieder in die Geschichte hineinzufinden und wieder mit den Protagonisten vertraut zu sein. Sölva, Leyken und Pol bilden erneut das Dreigestirn, das die Geschicke dieser Welt in ihren Händen hält. Jede Figur hat ihren eigenen Platz, ihren eigenen Auftrag (auch wenn sie sich dessen zu Beginn selbst noch nicht bewusst sind) – und doch hängt Alles mit Allem zusammen, wie der Erzähler seit Band 1 so oft betont hat. Stephan Rother wäre nicht Stephan Rother, wenn er am Ende dieses Versprechen nicht einlösen würde – und seinen Lesern und Leserinnen auf eindrucksvolle Art und Weise beweist, wie sehr hier wirklich Alles mit Allem zusammenhängt. Auf diesem letzten Reiseabschnitt nimmt sich Rother viel Zeit, über das „große Ganze“ zu sinnieren. Es sind die Zusammenhänge, die in diesem Buch die gewichtigste Rolle einnehmen. Ganz nebenbei wirft Rother dabei Schlaglichter auf surreale Szenen, wie etwa im hohen Norden, wo sich der tapfere Bjorne Seelensaugern, Säbelzähnen, Winterwölfen und Schaudermännern zu erwehren hat. Große und verheerende Schlachten – weit mehr als eine – werden im „Vorbeigang“ skizziert, ohne doch dabei ins Detail zu gehen und sich in Einzelheiten zu verlieren. Hierbei gelingt es dem Autor immer wieder, phantastische Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen, wie beispielsweise im Raum der Machinista auf der heiligen Esche. Darüber hinaus gibt es gleich mehrere Figuren, die im Lauf der Geschichte eine ganz besondere, überraschende Rolle offenbaren, wie etwa die Zofe Nala.

Mit abnehmender Restseitenzahl habe ich immer mehr gezittert und mich gefragt, wie der Autor dieses epochale Werk auf den wenigen noch verbleibenden Seiten noch zu einem Ende führen will. Noch viel mehr habe ich mich allerdings gefragt, ob eine solche Geschichte überhaupt ein Ende finden kann. Doch im letzten, nur sieben Seiten umfassenden Kapitel, gelingt Rother ein Geniestreich. Ich habe selten ein finales Kapitel gelesen, das mehr Erklärungen, schon fast philosophische Gedankengänge enthalten hat, wie es hier der Fall ist. Und so möchte ich den Autor selbst ein letztes Mal zitieren: „Warum hört es auf? Warum hört es auf, in dem Moment, in dem es beginnt?“ (S. 374)

So ist diese im wahrsten Sinne des Wortes phantastische Geschichte zugleich eine Parabel für die Welt, in der wir leben. Sie ist ein Plädoyer dafür, sich selbst keine Grenzen zu setzen – und erstrecht keine Grenzen setzen zu lassen. Denn Du bist der Held der Geschichte, die Du selber schreibst…

FAZIT:
Die Krönung der unglaublich atmosphärischen, fast schon epischen Fantasy Trilogie auf internationalem Niveau.

Bewertung vom 03.12.2018
King, Stephen

Erhebung


ausgezeichnet

Von der Leichtigkeit des Seins - ein ungewöhnlicher, aber ganz besonderer „King“

Meine Meinung:
Scott Kerry hat zwei Probleme, ein großes und ein kleines. Zum einen nimmt er ab, kontinuierlich, aber seine kräftige Statur bleibt dennoch immer gleich. Zum anderen nervt es ihn, dass die Hunde seiner Nachbarinnen ihr Geschäft immer wieder auf seinem Rasen verrichten.

So entspinnt sich eine Geschichte, die ganz ohne brachialen Horror, finstere Gestalten oder Mord und Totschlag auskommt. Es ist eher – insbesondere für Stephen King - eine Geschichte der leisen Töne. Und dennoch ist dies eine Geschichte, die mich von Beginn an in ihren Bann gezogen hat. Scott ist ein ganz normaler Durchschnittstyp in einer ganz normalen US-Kleinstadt – und so war er mir von Anfang an sympathisch. Das, was dieses Buch zu einem echten „King“ macht, ist das Rätsel um Scotts unaufhaltbar voranschreitenden Gewichtsverlust, das selbst seinen Arzt und Freund Dr. Bob vor ein absolutes Rätsel stellt. In dem Maße, in dem Scott immer „weniger Mensch“ wird, wird er gleichzeitig auch zu einem ganz neuen Menschen, der seine kleine Stadt von Grund auf verändert und in kürzester Zeit echte Freunde, ja vielleicht könnte man sogar sagen eine Ersatzfamilie findet. Es ist eine Geschichte, die fasziniert, fesselt und zugleich berührt – fast schon eine Art moderner Weihnachtsgeschichte. Am Ende liefert King nicht auf alles eine Antwort. Aber muss er das denn überhaupt? Denn diese Geschichte funktioniert und berührt ganz hervorragend, auch ohne Antworten auf alle Fragen! Ein paar Rätsel wird es auf dieser Welt halt immer geben…

David Nathan spricht dieses Hörbuch mal wieder ganz fantastisch. Seine markante Stimme, die er auch Jonny Depp und anderen Hollywood-Stars leiht, passt sehr gut zu Scott. Seine Art zu lesen, sein Tempo und die Betonungen machen dieses Höchbuch zu einem Hörgenuss.

FAZIT:
Kein Horror, eher ein bisschen Mystery. Kein typischer King, aber ein sehr guter King. Auf jeden Fall eine fesselnde Novelle für 3 gemütliche Stunden!

Bewertung vom 03.12.2018
Parsons, Kelly

Unter dem Messer


gut

Ein Medizin-Thriller mit spannender Grundidee, aber leider auch einigen Längen

„Es war, als wäre sein Gram eine dichte, giftige Flüssigkeit, in der er zu ertrinken drohte und in der er hilflos und krank herumgewirbelt wurde.“ (S. 13)

Meine Meinung
Der US-Amerikaner Kelly Parsons ist Urologe mit Abschlüssen an der Stanford University, der University of Pennsylvania und der Johns Hopkins University of Baltimore. Wenn er also über Medizinisches schreibt, weiß er ganz genau, worüber er da schreibt. Nach seinem Debut „Auf ewig Dein“ legt er mit „Unter dem Messer“ nun seinen zweiten Medizin-Thriller vor.

Die Grundidee seiner Story ist ebenso faszinierend wie zugleich verstörend. Die Kurzbeschreibung verrät ja schon, um was für eine folgenschwere technologische Neuerung es hier geht. Nach einem sehr spannenden und zunächst auch rätselhaften Start, der mich leicht in die Geschichte hat hineinfinden lassen, flacht der Spannungsbogen allerdings gleich sehr schnell wieder ab. Parsons nutzt den Mittelteil seines Buches eher zur Charakterentwicklung und Beschreibung von allerlei medizinischen Themen. Hier hätte es mehr Story-Entwicklung sein dürfen. Es ist zwar alles durchaus interessant zu lesen und man merkt schnell, dass der Autor über profunde medizinische Fachkenntnisse verfügt, aber insgesamt fehlt es diesem Thriller über weite Strecken an Tempo und einem intakten Spannungsbogen. Selbst nach einem kleinen Spannungs-Intermezzo im Rahmen einer OP reißt der Thriller-Faden erstmal wieder ab und Parsons beschäftigt sich wieder mit seinen Charakteren und deren Zusammenspiel. Eine gekonnte und tiefgründige Charakterentwicklung ist an sich zwar etwas Anspruchsvolles und kann ein Buch ungemein bereichern, aber nicht in einem Thriller, wenn es zu Lasten von Spannung und Tempo geht – so wie hier. Erschwerend kommt noch hinzu, dass ich im Verlauf des ganzen Buches mit keinem einzigen Charakter so richtig warm geworden bin.

Zum Ende hin, auf den ca. letzten 70 Seiten, reißt Parsons dann auf einmal das Steuer komplett herum – und es wird nochmal so richtig spannend. Hierbei überschlagen sich die Ereignisse regelrecht! Im Gegensatz zu den ersten 400 Seiten sind die die Kapitel zuletzt nur noch so dahingeflogen und ich mochte gar nicht mehr aufhören mit dem Lesen. Das Ende ist dann – nunja, sagen wir mal „sehr amerikanisch“. Aber es wurden alle offenen Fragen geklärt und ich konnte das Buch mit einem zufriedenen Gefühl beenden.

Alles in allem ist das ein Buch, das mich nicht ganz überzeugen konnte. Für meinen persönlichen Geschmack hätte es gut 100-150 Seiten weniger haben dürfen, da mir die medizinischen Ausführungen und insbesondere auch die Beschäftigung mit den einzelnen Charakteren zu breiten Raum für einen Thriller eingenommen haben.

FAZIT:
Ein Buch mit starker Grundidee, einem fesselnden Beginn und einem extrem spannenden und temporeichen Finale. Dazwischen leider aber auch mit vielen Längen.

Bewertung vom 03.12.2018

Spiele-Comic Noir: Loup-Garou


ausgezeichnet

Super-spannend, extrem atmosphärisch und durchaus herausfordernd – ein fantastisches Comic-Spielabenteuer!

Zum Thema Spielcomic:
Pegasus Spiele ist eine sehr überzeugende Innovation gelungen: Spiele-Comics als Weiterentwicklung der Spielbücher, die ihre Wurzeln in den 1970´er Jahren haben. Ähnlich wie die artverwandten Pen-&-Paper-Rollenspiele á la „D&D – Dungeons & Dragons“ oder auch „DSA – Das schwarze Auge“ liegt der Fokus bei Spielbüchern darauf, den Fortgang der Geschichte durch eigene Entscheidungen aktiv zu beeinflussen („willst Du links herum gehen, lies weiter bei 306, gehst Du rechts herum lies 357“). Hieraus ergibt sich eine Vielzahl von möglichen Verläufen der Geschichten, so dass man ein Spielbuch durchaus mehrmals lesen kann, ohne dass es langweilig wird und selbst zum aktiven Held der Geschichte wird.

Zum Inhalt:
Du bist Eoras, der Gehilfe des alten Magiers Thedocred. Auf einem nächtlichen Besuch im tief verschneiten Wald wirst Du von einem Werwolf angegriffen. Glücklicher Weise kommst Du mit Deinem Leben davon, aber als Du zurückkehrst musst Du feststellen, dass dein Meister spurlos verschwunden ist. In dem ansonsten so beschaulichen Dorf Weissendorn geschehen zutiefst beunruhigende Dinge... Dein ganz persönliches Abenteuer beginnt!

Meine Meinung:
Dies ist mittlerweile mein dritter Spiele-Comic aus dem Pegasus!-Verlag und ich muss sagen, dass ich dieses Format liebe! Wie immer ist auch dieses Buch sehr liebevoll gestaltet (handliches, geprägtes Hardcover, Lesebändchen, Drehscheibe und Heldenbogen) und ich war erneut überrascht, wie viel langanhaltenden Spielspaß man mit dem auf den ersten Blick eher dünn anmutenden Buch haben kann. Mit 326 Sprungpunkten und verschiedenen möglichen Wegen durch das Abenteuer ergeben sich mehrere Stunden intensiver Spielspaß.

Wie bei einem konventionellen Rollenspiel gibt es auch hier einen Charakterbogen, auf dem die verschiedenen Eigenschaften des Helden festgehalten und Gegenstände eingetragen werden. Dieser befindet sich am Ende des Buches, kann aber auch von der Verlagshompage herunter geladen werden. Das Kampfsystem ist recht einfach und das zentrale Element ist eine sehr gelungene Drehscheibe als Pendant zum traditionellen Würfel (man kann aber auch einen klassischen Würfel benutzen). Die Kämpfe steigern sich im Verlauf des Abenteuers sehr schnell, sind teilweise durchaus herausfordernd, aber machbar. Daher sollte man einen besonderen Augenmerk auf die Weiterentwicklung und auch die Ausrüstung seines Charakters legen (Es gibt immer mal wieder Gelegenheiten, an Waffen, Tränke und / oder Rüstungsteile zu kommen – also fleißig Gold einsammeln!).

Folgendes hat mir an diesem Spiele-Comic besonders gut gefallen:
(+) erstaunlich langer Spielspaß
(+) eine absolut unterhaltsame Story
(+) sehr gelungene Atmosphäre und abwechslungsreiche Settings (Dörfer, Läger,…)
(+) viele Rätsel – die meisten ganz schön knackig (keine Sorge: zur Not kommt man aber auch ohne die passende Lösung weiter)
(+) man muss immer die Augen aufhalten, um Gegenstände und (oft sehr gut) versteckte Sprungpunkt-Zahlen zu finden
(+) mehrere Charakter-Spezialisierungsmöglichkeiten für echtes Rollenspiel-Feeling
(+) es gibt verschiedene Händler, bei denen man seinen Charakter ausrüsten kann
(+) der wohl dosiert aufblitzende Humor (wie etwa ein Bild von Garfield bei Sprungpunkt 123)
(+) hoher Anreiz, das Buch gleich nochmal durchzuspielen
(+) last but not least: wunderbares Artwork mit wirklich tollen Bildern!

FAZIT:
Bester Lese- und Spielspaß viel viele Stunden guter Unterhaltung! Eine absolute Leseempfehlung von mir!

Bewertung vom 21.11.2018
Ulrich, Heike

Jenseits des Nordlichts


ausgezeichnet

Ein sehr atmosphärischer Mystery-Thriller mit toller Grundidee

„Der Moment der Magie ist so zerbrechlich und gleicht einer Schneeflocke, die ins Feuer fällt.“ (S. 143)

Meine Meinung:
Auf der Hochzeitsreise von Theresa und Hagen passiert auf Island ein Unglück: Nach einer spontanen nächtlichen Fototour wird Theresa bewusstlos und schon vollkommen unterkühlt aufgefunden. Zurück in Deutschland muss Theresa feststellen, dass dieser Unfall nicht folgenlos geblieben ist. Die Spurensuche führt sie dabei weit zurück in die Vergangenheit...

Autorin und Schauspielerin Heike Ulrich weiß, wie man Atmosphäre und Spannung schafft! Ein geheimnisvoller Prolog, der in das Jahr 1614 zurück reicht, sowie der mysteriöse Unfall Theresas reichen ihr aus, um eine spannende Story zu entwickeln, die mich von Beginn an gepackt hat. Dabei kommt sie ohne große Effekthascherei oder brutale Action aus – hier fesselt die Geschichte selbst! Gemeinsam mit Theresa, die mir von Beginn an sympathisch war, begibt man sich als Leser auf eine Spurensuche, die einem Puzzle gleicht. Stück für Stück ergeben sich neue Erkenntnisse, doch erst ganz zum Schluss fügen sich alle Teile nahtlos in ein großes Gesamtbild ein und geben eine Lösung preis, die für mich absolut überraschend, aber im Nachhinein dennoch voll und ganz nachvollziehbar war. Hinzu kommt noch eine faszinierende Grundidee, über die ich hier nichts schreiben kann, ohne zu viel zu verraten.

Neben der überzeugenden Story und den erfrischend „normalen“ Charakteren, die auch mit Beziehungs- und Alltagsthemen zu kämpfen haben, haben mir insbesondere auch die Schauplätze gefallen. Neben Island, das per se ja immer eine tolle Kulisse abgibt, spielen in der Geschichte das ehemalige Kloster Welver und das Schloss Corvey an der Weser, ein ehemals bedeutendes karolingisches Kloster, das über eine der wertvollsten Bibliotheken des Landes verfügt, eine zentrale Rolle. Hier beweist Heike Ulrich – ähnlich wie Dan Brown - ein wirklich geschicktes Händchen für sehr atmosphärische, kirchliche Schauplätze.

FAZIT:
Spannend von der ersten bis zur letzten Seite – ein überzeugender Mysterythriller mit atmosphärischen Schauplätzen.