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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2106 Bewertungen
Bewertung vom 04.05.2023
Greengrass, Jessie

Und dann verschwand die Zeit


sehr gut

Das hoch gelegene Haus

Und dann verschwand die Zeit ist ein ergreifender Roman der britischen Autorin Jessie Greengrass. Der Originaltitel The High House ist aber besser. Dabei ist kein Hochhaus gemeint, sondern ein Haus, das hoch gelegen ist und daher den Protagonisten dieses Romans Schutz bietet.
Der Roman ist sehr figurengetrieben. Im High House leben zusammen und sehr isoliert die Geschwister Caro und ihr viel jüngerer Halbbruder Pauly sowie Sally und ihr Großvater „Grandy“. Sie sind wie alle in England vom extremen Wetter und Hochwasser bedroht. Das Buch ist auch darin britisch, dass andere Länder nicht betrachtet werden. Wenn London überflutet wird, sind anderer Länder vermutlich längst versunken.

Es sind sehr sympathische Figuren, aber auch mit ihren Eigenheiten. Caro ist sehr sensibel, Pauly erlebt alles sehr intensiv und Sally ist nicht selten schlecht gelaunt, da sie einen großen Teil der Verantwortung übernimmt. Meine Lieblingsfigur war der gütige Grandy. Aber eigentlich mochte ich alle, sogar sehr.

Das Buch konzentriert sich lange darauf, wie die kleine Gruppe als Gemeinschaft zusammenlebt und auf das Warten auf das kommende steigende Wasser.
Das Buch ist reich an Bildern, die vor dem inneren Auge des Lesers entstehen und an Metaphern.

Ich fühlte mich von dem Buch emotional angesprochen.

Bewertung vom 29.04.2023
Crilly, Jane

Der Gärtner von Wimbledon


sehr gut

Die englische Schriftstellerin Jane Crilly hat mit Der Gärtner von Wimbledon (Originaltitel: The Head Gardener of Wimbledon) ein warmherziges, sympathisches Buch geschrieben.
Eine etwas verpeilte Zeitungskolumnistin bekommt den Auftrag über den Gärtner Henry Evans eine Artikel zu schreiben. Im Gespräch wird dann ins Jahr 1938 gesprungen als Henry 14 Jahre alt war und seine Jugend wird geschildert. Zentral dabei ist seine Freundschaft und Liebe zu der selbstbewussten Rose. Eine Liebesgeschichte!

Der Kampaverlag gestaltet das Buch mit einem leicht altmodischen Charme, der zur Sprache der Autorin passt. Das zusammen erzeugt viel Stimmung.

Bewertung vom 28.04.2023
Allnoch, Mareike

Where the Fireflies Dance / Lake Louise Bd.2


sehr gut

Where the Fireflies Dance ist der zweite und letzte Teil der Lake Louise-Reihe, die in Alberta nahe den Rock Mountains handelt und somit einen überaus reizvollen und interessanten Schauplatz hat. Die Umgebung verleiht dem Buch eine eigene Atmosphäre.
Die Ausgangsposition ist zunächst eine ernste. Nell ist traumatisiert, weil ihr Bruder Luke in den Wäldern bei einem Unfall schwer verletzt wurde. Der Unfallbeteiligte hat Fahrerflucht begangen und Luke sitzt nun im Rollstuhl.
Dann taucht Caleb auf, der bei der Ferienhausvermietung anfängt zu arbeiten. Doch Caleb hat ein Geheimnis und sucht Nells Nähe nicht ohne Grund.
Es gibt auch ein paar Kapitel, die aus Calebs Sicht erzählt werden, aber die meiste Zeit ist man nahe dran an Nells fragiler, emotionaler Lage.

Nun ist die Story nicht ganz neu, aber das macht nichts. Der Roman lässt sich gut lesen, die Umgebung kann man sich gut vorstellen und auch die restlichen Figuren sind sympathisch. Insgesamt hat mir das Buch besser gefallen als erwartet.

Bewertung vom 28.04.2023
Zelazny, Roger

Straße nach überallhin


ausgezeichnet

Roger Zelazny war ein erfolgreicher Science Fiction Autor, dessen Name heutzutage nicht mehr so bekannt ist. Gut, dass der Piper Verlag nun einen seiner Romane neu rausbringt.
Straße nach überallhin hat eine lebhafte Handlung und einen ungewöhnlichen, experimentellen Ansatz.
Erzählt wird in zwei wechselnden Ebenen. Die mit 1 gekennzeichneten Abschnitte zeigen linear erzählt die Handlung um den Protagonisten Red.
In 2 wechseln die Figuren. Das ist ungewöhnlich und nicht alles ist immer sofort zu verstehen. Es gibt aber einige originelle Einfälle. Meiner Meinung nach lebt das Buch mehr von der Struktur als von den eindimensionalen Figuren und der Handlung.

Erwähnenswert ist das Nachwort von Uwe Anton, indem er den Schriftsteller, sein Leben und sein Werk vorstellt.

Bewertung vom 28.04.2023
Stanisic, Sasa

Wolf


ausgezeichnet

Träume vom Wolf

Wolf von Sasa Stanisic ist ein gutes Jugendbuch, das besonders als Hörbuchversion gut funktioniert. Dazu trägt auch bei, dass der Autor den Text selbst liest. Er geht so mit, dass man als Zuhörer auch mitgerissen wird.

Der junge Kemi muss ins Ferienlager, dabei hat er nicht viel für Wald und Natur übrig. Seine ablehnende Haltung kann er aber nicht durchgängig durchhalten. Schließlich gilt es , sich mit den Mitschülern zu arrangieren, was nicht immer leicht ist.
Doch es bleiben die immer wiederkehrende Träume von einem Wolf.

Das Buch ist wohl für Kids von 11 bis 14 Jahre, aber auch erwachsene Leser können sich problemlos einfühlen. Solche Emotionen, Überlegungen und Zweifel, wie der junge Erzähler hat, hat wohl jeder mal gehabt und es wird leicht, sich zu identifizieren.

Sasa Stanisic, einst Gewinner des Deutschen Buchpreis, ist ein intelligenter Autor und schafft es, mitfühlend zu schreiben und diese Empathie auch zu vermitteln. Vielleicht das beste Jugendbuch des Jahres.

Bewertung vom 27.04.2023
Oswald, Georg M.

In unseren Kreisen (eBook, ePUB)


sehr gut

Die Erbschaft

Eine Familie, Tatjana, Nikolai und Marie, erben von der exzentrischen Tante Rosa eine große Villa und viel Geld. das bedeutet für sie erhebliche Veränderungen. Georg M. Oswald zeigt geschickt, was das für sie bedeutet. Man sieht, wie sehr sie in einer Blase leben.
Die Figuren sind interessant, bleiben aber auch im vordergründigen stecken, z.B. Tante Rose war vor allen exzentrisch, aber nicht unbedingt glaubwürdig. Die junge Familie hatte aber meine Sympathien. Vermutlich geht es bei ihnen nicht zu sehr in die Tiefe, damit man sich leichter mit ihnen identifizieren kann.
Am meisten überzeugt mich, dass Oswald seinen Roman mit einem eigenständigen Ton versehen hat. Von meiner Seite aus also eine Empfehlung.

Bewertung vom 26.04.2023
Wellershaus, Elisabeth

Wo die Fremde beginnt (eBook, PDF)


gut

Über Identität in der fragilen Gegenwart

Wo die Fremde beginnt ist beim C.H.Beck-Verlag erschienen und dieses Jahr für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert.
Die Autorin Elisabeth Wellerhaus nutzt stark eigene Erfahrungen, zitiert aber auch gezielt andere Autorinnen wie Daniela Dröscher, Alice Hasters u.a.
Kapitelweise handelt Elisabeth Wellerhaus Themen wie Stadt, Arbeit, Familie etc. ab.
Es gab in den letzten Monaten viele starke Sachbücher, die leider nicht nominiert wurden, aber dieses Buch ist auch keine schlechte Wahl.

Bewertung vom 26.04.2023
Seethaler, Robert

Das Café ohne Namen


ausgezeichnet

Zentrum der Welt

Das Café ohne Namen heißt der neue Roman von Robert Seethaler, den ich schon mehrfach mit Begeisterung gelesen habe. Das Feld, Der letzte Satz, Ein ganzes Leben. Das waren großartige Romane und Das Café ohne Namen fügt sich da sehr gut ein.
Seethaler betrachtet dabei, wie die Menschen die Nachkriegszeit in Wien bewältigen. Derr Protagonist Robert Simon eröffnet 1966 ei gutgehendes Café, nur einen Namen hat es nicht.
Trotzdem wird das Café für ihn, seine Angestellte Mila und die Gäste zum Zentrum der Welt.
Eine Reihe von Figuren werden betrachtet, zum Beispiel der Ringer René, der Maler und Schwerenöter Mischa, Rose Gebhartl, Heide, der Angeber Arnie, ein Fleischermeister und weitere.
Und eines Tages taucht die junge Jascha auf, in die Robert sich verliebt. Doch die junge Frau trägt erhebliche Probleme mit sich herum.
Auch manchen der anderen Figuren folgt man über Jahre hinweg. Das ist wirklich gut gemacht. Man spürt die Routine des erfahrenen Autors.

Durch die Szenen im Café erhält man ein Porträt einer Generation.

Bewertung vom 26.04.2023
Schubert, Helga

Der heutige Tag


ausgezeichnet

Helga Schubert beweist in Der heutige Tag - Stundenbuch der Liebe nochmals eindrücklich, dass ihr Gewinn des Ingeborg Bachmann-Preis kein Einzel- oder Zufallstreffer war.
Sie schreibt großartig, hat Ausdruck und einen eleganten Stil.
Die 80jährige Helga Schubert beschreibt Zusammenleben mit ihrem älteren Ehemann, den sie pflegt. Hinzu kommen Passagen der Erinnerung an Zeiten der Vergangenheit.
Es ist ein Buch des Alltags. Dramatisches wird zugunsten Tiefe und Wahrhaftigkeit ausgespart.

Das Hörbuch wird von Ruth Reinecke gelesen. Eine Qualität der Sprecherin ist, dass man beim Zuhören vergisst, das nicht Helga Schubert selber den Text liest. So sehr geht Ruth Reinecke in der Rolle auf.

Bewertung vom 24.04.2023
Janesch, Sabrina

Sibir


ausgezeichnet

Die Rückkehr der Stimmen

Sabrina Janesch ist eine interessante Autorin und ihr Roman Sibir lockt schon mit dem gut gemalten Cover. Die Handlung geht von der Gegenwart aus, wirft jedoch schnell einen Blick in die Vergangenheit. Es geht viel um das Thema Herkunft und der Bedeutung der Vergangenheit.
Es gibt zwei Hauptfiguren: Josef Ambacher und seine Tochter Leila.
Es wird Josefs Geschichte geschildert, der als 10jähriges Kind mit seiner Familie nach Sibirien kam und später nach Mühlheim in Niedersachsen gelangte. Auch die Geschichte der Tochter Leila nimmt viel Raum ein.
Sabrina Janesch macht wirklich beeindruckende Beschreibungen.

Es ist ein konzentrierter,dennoch angenehmer Erzählton mit ein wenig Melancholie versetzt.
Man kommt schnell in die Geschichte hinein., Das liegt auch daran, dass die Figuren lebensecht wirken und man schnell Anteil an ihnen und ihrer Geschichte nimmt.