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Aischa

Bewertungen

Insgesamt 569 Bewertungen
Bewertung vom 22.03.2018
Marly, Michelle

Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.5


sehr gut

Der Roman erzählt die Entstehungsgeschichte des wohl bekanntesten Parfums der Welt, Chanel No 5.
Wir begleiten die Selfmade-Millionärin Gabrielle "Coco" Chanel, erfahren nach einem kurzen Rückblick in ihre von Armut geprägte Kindheit, wie sie trotz immensen Erfolgs ihres Modeimperiums in die Pariser Gesellschaft aufgrund ihrer nicht standesgemäßen Herkunft stigmatisiert blieb. Marly konzentriert sich in ihrer Geschichte auf die kurze Zeit von 1919 - 1922, vom Tod Cocos großer Liebe Arthur "Boy" Capel bis zur Herstellung des berühmten Parfums, das sie als Hommage an ihre Liebe zu ihm entwickelte.
Der Leser lernt unterschiedlichste Facetten Cocos kennen, sie wird als ehrgeizige und disziplinierte Geschäftsfrau mit kreativen Ideen fürs Marketing beschrieben, ihre Verletzlichkeit und ihre zahlreichen Liebschaften zeigen andere Seiten ihres Charakters.
Der Roman ist reich an unterhaltsamen Anekdoten, nicht immer ist klar, was real war und was eher aus dem reichen Schatz der Legenden stammt, die Coco fleißig erfunden und immer weiter ausgeschmückt hat. Aber das ist auch nicht nötig, schließlich ist das Buch mehr Liebesroman denn Biografie.
Ein Anhang zu den wichtigsten im Roman vorkommenden realen Persönlichkeiten ist eine schöne Ergänzung.
Ich habe die Geschichte gerne gelesen, sie hat mir für mich bis dato unbekannte Seiten der prominenten Modeschöpferin näher gebracht.

Bewertung vom 22.03.2018
Wingate, Lisa

Libellenschwestern


ausgezeichnet

Was für ein Roman! Was für eine Geschichte, nein - was für eine brutale, erschreckende, grausame Realität!
Denn die Geschichte, die Lisa Wingate in wunderbarer Weise erzählt, ist leider keine reine Fiktion, sondern basiert auf Tatsachen. Georgia Tann und ihre Tennessee Children´s Home Society haben zwischen 1920 und 1950 geschätzte 5.000 Babies und Kinder verkauft. Viele waren keine Waisenkinder, sondern sind zuvor von Geburtsstationen der Krankenhäuser oder aus Hinterhöfen entführt worden. Regelrechter Menschenhandel also, und das in den USA bis Mitte des 20. Jahrhunderts!
Der Roman verbindet zwei Handlungsstränge, einmal zu der Zeit, als die unfassbaren Machenschaften der Adoptionsvermittlung passierten, und dann in der Jetztzeit, als die Protagonistin Avery sich auf Spurensuche in die Vergangenheit begibt und ein Familiengeheimnis zu Tage bringt, das mit den Adoptionen zusammen hängt.
Die Story ist sehr vielschichtig, es geht um unmenschliche Verbrechen, aber auch darum, was eine Kinderseele auszuhalten vermag. Es geht um familiäre Verbundenheit, Geschwisterliebe und die Fragen, was zu einer glücklichen Kindheit gehört und ob es auch angebracht sein kann, seiner Familie nicht immer alles zu verraten.
Die Autorin beherrscht das Spiel mit leisen Tönen, es wird vieles nur angedeutet, die Spannung manchmal durch Weglassen statt durch ein zu Viel an Details erzeugt. Und doch lässt sie uns tief in die Gefühle der kleinen und großen Protagonisten eintauchen, so tief, dass mir das Auftauchen schwer viel. Denn es ist nicht angenehm, sich am Ende nicht mit einem "ist ja bloß eine Geschichte" zurücklehnen zu können. Nein, es ist schwere Kost, die sich hinter dem zarten Einband mit der filigranen Libelle verbirgt. Nicht leicht zu verdauen, aber es bleibt die Hoffnung, dass dieser Roman noch viele weitere Leser erreicht, Leser, die das Buch nicht einfach zur Seite legen, sondern die Geschichte weiter erzählen. Denn ein Recht haben die Kinder von damals sicher: Das Recht, nicht einfach vergessen zu werden!

Bewertung vom 22.03.2018
Weisz, Lea

Die Bärenführerin


weniger gut

Eines gleich vorweg: Dies ist der erste Teil einer Reihe. Wer das vorliegende Buch als eigenständigen Roman lesen möchte, wird wohl nach dem abrupten Ende mit sehr vielen unbeantworteten Fragen da stehen. Zumindest ging es mir so.
Aber zurück zum Anfang: Die Erzählung liest sich recht flüssig, die kurzen Kapitel sind handwerklich gut geschrieben. Einziger Kritikpunkt hier: Es finden sich manchmal Formulierungen in den Dialogen, die Mitte des 14. Jahrhunderts noch nicht gebräuchlich gewesen sein dürften. Aber darüber kann man sicherlich hinwegsehen, die Geschichte soll ja in erster Linie unterhalten. Allerdings habe ich aufgrund des Klappentextes etwas komplett anderes erwartet, als ich dann zwischen den Buchdeckeln entdeckt habe. Die Handlung spielt zwar im Mittelalter, aber die Charaktere könnten auch ohne allzu große Änderungen in die Jetztzeit übertragen werden. Vom mittelalterlichen Alltag erfährt man als Leser nur wenig. Für meinen Geschmack zu wenig, ich würde das Buch auch weniger als Historienroman denn als Märchen für Erwachsene einordnen. Und das ist mein zweiter großer Kritikpunkt: Lea Weisz kann zwar gut schreiben, die Sprache ist bildhaft und sie versteht es durchaus, Spannung aufzubauen. Aber dieser Roman enthält für mich zu viel unrealistische Fiktion. Ich möchte mir bei einem Historienroman zumindest vorstellen können, dass sich alles so zugetragen haben könnte. Und das ist hier einfach nicht der Fall. Auf Agnes`besondere Verbundenheit zu Tieren wird ja auf dem Buchrücken hingewiesen, aber dass sie mal eben zu einem ihr völlig fremden Löwen in den Käfig steigt, ihn füttert und am Bauch krault, das ist mir einfach zu viel. Es gäbe mehr Beispiele dieser Art, aber ich möchte nicht unnötig spoilern.
Dennoch, wer die Geschichte eher märchenhaft auffasst, eine LIebesgeschichte mit Spannung und Dramatik mag und gerne Reihen liest wird sicher auf seine Kosten kommen.

Bewertung vom 13.03.2018
Greiner, Margret

Margaret Stonborough-Wittgenstein


ausgezeichnet

"Ich werde gebraucht, also bin ich." Dieses Lebensmotto spiegelt sicher gut wieder, was Margaret Stonborough-Wittgenstein Zeit ihres Lebens wichtig war.
Die jüngste Tochter des reichen Stahlmagnaten Karl Wittgenstein auf ihre Hilfsbereitschaft zu reduzieren würde ihrer starken und vielfältigen Persönlichkeit jedoch nicht gerecht.
Margret Greiner zeichnet in der vorliegenden Biografie ein umfassendes Psychogramm, von der schon als Kind nicht auf den Mund gefallenen "Gretl", über die junge Kunstmäzenin, Studentin der Mathematik bis hin zur älteren Dame, die es nicht lassen kann, nach ihrer persönlichen Einschätzung gute Ehen im Bekanntenkreis anzubahnen und wenig aussichtsreiche schon im Vorfeld zu verhindern.
Bei Ihrer eigenen Beziehung zum New Yorker Fabrikanten Jerome Stonborough hat sie leider kein so glückliches Händchen: Nach 18 Jahren Ehe und unzähligen Umzügen trennt sich das Paar räumlich, bleibt aber weiterhin verheiratet. Den späteren Selbstmord ihres Noch-Ehemannes verkraftet Margaret ebenso wie die Suizide drei ihrer fünf Brüder. Auch der Verlust einen Großteils ihres Vermögens durch den Börsencrash 1929 oder der "Anschluss" Österreichs durch die Nationalsozialisten kann die starke Frau nicht wirklich beugen.
Die Autorin schildert das erlebnisreiche Leben Margarets umfangreich, verliert sich aber nie in unwichtigen Details. Der Leser lernt Elternhaus und die sieben Geschwister kennen, aber stets im Bezug zu Margaret. Kursiv gedruckte Originalzitate bringen Authentizität in den Text, historische Fotos sind eine willkommene Ergänzung. Eine Zeittafel sowie Stammbäume der Wittgensteins und Stonboroughs runden diese wirklich gelungene und empfehlenswerte Biografie ab.
Für Kenner des Verlags Kremayr und Scheriau fast überflüssig zu erwähnen: Auch die Gestaltung des Buchs steht dem Inhalt in nichts zurück, edler Einband und liebevolle Details bei den Überschriften machen diese Publikation zu einem kleinen Schatz für Bibliophile. Für alle, die sich für die spannende Lebenslinie einer bemerkenswerten Frau interessieren: kaufen und lesen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.03.2018
Constantine, Liv

Dein Leben gegen meins


gut

Zuallererst eine Warnung: Wer sich wirklich von der Geschichte überraschen lassen möchte, sollte den Klappentext besser nicht lesen, hier wird leider schon ein Teil des Twists verraten.
Das Schwesternpaar, das sich hinter dem Autorenpseudonym verbirgt, schildert eine nicht sonderlich neue Story: Amber, eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen möchte sich einen reichen, attraktiven Mann angeln. Blöd nur, dass dieser bereits verheiratet ist und seine bildschöne Frau Daphne geradezu vergöttert. Zwei Töchter scheinen die Familienidylle perfekt zu machen.
Aber natürlich ist nicht alles so wie es scheint - aber auch ich möchte hier nicht zu viel verraten.
Der Schreibstil des Romans ist solide, gut gemacht, die Geschichte liest sich sehr flüssig. Dennoch war ich nach den ersten Kapiteln etwas gelangweilt. Denn einerseits werden manche Aspekte einfach zu oft wiederholt und in aller Breite ausführlichst geschildert. Und andererseits wimmelt das Buch nur so von Klischees und Stereotypen. Da hätte ich mir mehr Ecken und Kanten der einzelnen Charaktere gewünscht. Vieles ist auch nur oberflächlich beschrieben. Zwar kann man sich die einzelnen Situationen und Szenen sehr gut vorstellen, die Autorinnen verstehen sprachlich ihr Handwerk. Was mir jedoch fehlt, sind tiefergehende Analysen der Protagonisten, wie wurden sie zu der Person, die wir nun erleben?
Mir kommt der Roman ein wenig vor wie ein Plot aus "Denver-Clan", nur mit weniger Akteuren. Glanz, Glamour, die Guten gegen die Bösen ...
Hat man den ersten Teil, der ausschließlich aus Ambers Sicht erzählt wird, geschafft, wird man als Leser belohnt: Die Erzählperspektive Daphnes bringt einen wirklichen Twist, und die Geschichte nimmt wieder an Fahrt auf.
Mein Fazit: Wer ein paar Stunden netter Unterhaltung sucht, Spannung ohne Blutvergießen, und sich auch an Schwarz-Weiß-Malerei nicht weiter stört, der wird das Buch genießen. Mir persönlich ist "nette Unterhaltung" hier etwas zu wenig.

Bewertung vom 09.03.2018
Sullivan, J. Courtney

All die Jahre


gut

Im Mittelpunkt des Familienromans stehen die ungleichen Schwestern Nora und Theresa, die als junge Frauen aus einem armen irischen Dorf in die USA auswandern, um dort ihr Glück zu finden.
Die Erzählung springt zwischen den zeitlichen Hauptebenen der 1950er Jahre kurz nach der Immigration, den folgenden Jahren samt Familiengründung und Heranwachsen der Kinder und der Gegenwart, in der ein Sohn ums Leben kommt.
Zentrales Thema des Romans ist die Sprachlosigkeit der Familie. Nora kehrt Probleme lieber unter den Teppich statt sie auszudiskutieren, es gibt viele Tabus und Geheimnisse. Ihre Unfähigkeit zur offenen Kommunikation gibt sie an ihre Kinder weiter, dies führt zu vielen Missverständnissen und großen Spannungen untereinander. Dieser Aspekt ist sehr gut in die Geschichte eingewoben, man kann als Leser die verschiedenen Sichtweisen gut nachvollziehen, die sich dadurch ergeben, dass nicht jeder alles weiß.
Gut gefallen hat mir die Beschreibung der Auswanderung, mit welchen Ängsten und Hoffnungen sich die Schwestern auf die lange Schiffsreise begeben haben und wie der Zusammenhalt innerhalb der irischen Communities in den amerikanischen Städten war. Auch die Gesellschaft der 50er Jahre, die Spannung zwischen religiösen Tabus und beginnendem sexuellen Aufbruch werden anschaulich dargestellt. Der ausführlichen Recherche der Autorin ist es zu verdanken, dass der Leser auch detaillierte Einblicke in das Leben eines Nonnenklosters erhält.
Allerdings ist der Roman für meinen Geschmack zu sehr mit Themen überfrachtet. Es geht um den Einfluss der katholischen Kirche auf die Moralvorstellungen der Gläubigen, um sexuellen Missbrauch durch Priester, um Homosexualität, Alkoholismus, Jugendkriminalität, ungewollte Schwangerschaft, künstliche Befruchtung, Auswanderung oder das Leben im Kloster. Alles wichtige Themen, die sich gut für die Form eines Romans eignen, aber in dieser Ballung war es mir einfach zu viel.
Außerdem hätte ich mir bei der Darstellung der Charaktere mehr Einsicht in deren Gefühlswelt gewünscht, das kam oft etwas zu kurz. Und so bleibe ich am Ende auch mit sehr vielen offenen Fragen zurück, mehr als mir lieb ist.
So bleibe ich mit dem Gefühl zurück, es müsste eine Fortsetzung geben.

Bewertung vom 05.03.2018
Krcmárová, Rhea

Böhmen ist der Ozean


ausgezeichnet

Was für ein Buch: sprachgewaltig, tiefsinnig, beeindruckend! Gemeinsam ist allen Erzählungen das Thema Wasser, oft tauchen Wassergeister und Götter der slawischen Mythologie auf. Die Sprache zog mich wie in einem Strudel in die Geschichten, es war ein intensives Abtauchen in eine mir unbekannte Welt. Aber die Geschichten handeln nur oberflächlich von Wassermännern und Nixen.
Rhea Krčmářová erzählt von den Studentenverbrennungen als Reaktion auf die Niederschlagung des Prager Frühlings. Sie schildert, wie bereits Kinder lernen, mit den Bespitzelungen umzugehen, wie Familien und Freundschaften nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zerbrechen. Wir erfahren vom Sprachverlust Ausgewanderter, von der Suche nach der Identität zwischen alter und neuer Heimat.
Dabei mutet sie dem Leser einiges zu. Ich musste mich nicht nur mit den Grundzügen der slawischen Götter und Fabelwesen vertraut machen, sondern auch so manche Bedeutung eines nicht erklärten tschechischen Ausdrucks nachschlagen. Keine leichte Kost also, aber gehaltvoll und nachhaltig.
Die poetische Sprache wechselt von zarten, gefühlvollen Bildern zu sturmflutartigen Beschreibungen, es ist alles dabei, nur keine Langeweile.
Nicht zuletzt ist das Buch auch gestalterisch eine Perle: Der Schutzumschlag, auf dem sich die Meerjungfrau erst auf den zweiten Blick entdecken lässt, ist eine gelungene optische Umsetzung des Wasserthemas. Das hochwertige Papier des Einbands lädt mit seinen Rillen und Falten auch die Finger des Lesers zum Erkunden ein.
Fazit: Außen wie innen außergewöhnlich gut. Kein Buch "to go", sondern anspruchsvolle Literatur für alle, die sich Zeit dafür nehmen.

Bewertung vom 28.02.2018
Kagge, Erling

Stille


sehr gut

Schöne Momente kann man durch zu viele Worte leider auch zerstören. Dies schildert Autor Kagge in einem seiner 33 Essays über die Stille sehr anschaulich. Die Buchlektüre hat mir einige schöne Momente beschert - nun stehe ich also vor der Herausforderung, diesem Buch mit einer angemessen knappen Rezension gerecht zu werden.
"Stille" ist einerseits ein Sachbuch, ein Ratgeber, aber andererseits erzählt Kagge so viel von persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen, dass ich mich manchmal wie in einem Roman wähnte. Kagge ist Verleger und Abenteurer, er war am Südpol und in den Abwasserkanälen New Yorks. Seine Geschichten geben erstaunliche Denkanstöße und verzaubern gleichermaßen. Es geht in ihnen um Langeweile, um Schärfung der Wahrnehmung durch Reduzierung von Sinneseindrücken, um den Zusammenhang zwischen Lärm und Lebensqualität. Es geht um die eigene Stille, die für jeden von uns anders ist.
Das Buch ist sehr reduziert, mit knappen Kapiteln in klarer Sprache, wenigen, ästhetischen Bildern. Bereits beim Lesen stellt sich Ruhe ein.
Lediglich für ein paar Binsenweisheiten wie etwa den Tipp, doch einfach mal ein paar Tage für niemanden erreichbar zu sein (kein Smartphone, Laptop ...), ziehe ich einen Stern ab. Insgesamt ein sehr besonderes, sehr empfehlenswertes Leseerlebnis.

Bewertung vom 26.02.2018
Rapoport, Daniel H.

Anteil des Redens an der Affenwerdung des Menschen


schlecht

Der Klappentext verspricht witzige und klare Beobachtungen zu unseren Sprachgewohnheiten, Autor Rapoport selbst hofft auf das Erklugen des Lesers anhand seiner Essays. Ich war diesbezüglich zum einen enttäuscht, konnte ich den Texten doch weder etwas Amüsantes, noch wirklich Verständliches entnehmen. Zum anderen dürfte ich als Leserin auch eine Enttäuschung für den Autor darstellen, denn wirklich schlauer bin ich durch die Lektüre nicht geworden.
Die Enttäuschung habe ich zum Teil mir selbst zuzuschreiben: Verführt durch Werbung des Verlags und die humorvolle Gestaltung des Covers hatte ich eher lustige Geschichten à la Bastian Sick erwartet. Bekommen habe ich kompliziert dargebrachte Theorien, eine enorm unklare Sprache, die mir weniger die behandelten Sachverhalte als eine deutliche Selbstverliebtheit des Autors vermittelt hat. So schreibt er etwa "Sprache bleibt die große Liebe meines Lebens" - bei der überdurchschnittlich häufigen Verwendung des Wortes "eigentlich" wie auch von Füllwörtern wie "nun ja" oder "ähm" bleibt das für mich leider ein Lippenbekenntnis. Auch Rapoports "Ich hoffe, ich bin wirklich klar verstanden" ist, was mich betrifft, ein frommer Wunsch.
Auch fühle ich mich nicht als "der liebgewonnene Leser", sondern empfinde den Autor seiner Leserschaft gegenüber eher lieblos. Vielfaches Namedropping mir völlig unbekannter Philosophen (Horkheimer, Austin, Quine, Davidson, Frege) wirkt auf mich ebenso überheblich wie die Aufforderung, ich solle doch den Hirsch-Factor googeln. Hier hätte ich mir vom Naturwissenschaftler, der das Publizieren gewohnt ist, hilfreiche Fußnoten gewünscht.
Was denkt sich der Autor dabei, ein Verb wie transmogrifizieren ohne Erläuterung zu verwenden? Dass seine Leser samt und sonders World-of-Worcraft-Spieler sind?
Ich muss gestehen, dass ich mich derart mühsam durch das Buch gekämpft habe und dass ich so sehr mit der Sprache gehadert habe, dass ich mich kaum auf den Inhalt konzentrieren konnte. Auch wiederholtes Lesen ganzer Abschnitte hat mir selten zu wirklichem Verständnis verholfen. Und das ist mein größter Kritikpunkt: Wenn Rapoport nicht nur selbstverliebt seine Ansichten zum besten geben möchte, sondern mit seiner Kritik auch Änderungen in unserer Gesellschaft bewirken will, dann sollte er doch möglichst verständlich schreiben. Eine der wenigen Aussagen, die mir klar geworden sind, ist, dass Medien die Wahrnehmung der Massen synchronisieren. Diese Ansicht teile ich, beim Großteil des Buchs kann ich ehrlicherweise nicht sagen, wie ich dazu stehe, da ich es - trotz abgeschlossenen naturwissenschaftlichen Studium - schlichtweg nicht verstanden habe.