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Glüxklaus
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Franken

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Insgesamt 629 Bewertungen
Bewertung vom 20.10.2020
Schendel, Katharina

Ein Mord kommt selten allein - Provinzkrimi (MP3-Download)


sehr gut

Kurzweiliger, humorvoller cosy Krimi mit kauzigen Figuren

Willkommen in Hummelstich! Einem hoffnungslos überaltertem Dorf mit zu wenig Taufen, viel zu vielen Beerdigungen und allerhand seltsamen, verschrobenen Bewohnern. Bei der Beerdigung von Henrietta von Eichhorn taucht im Ort überraschend die exzentrische Bea von Maarstein, eine gute Freundin der Verstorbenen, auf und behauptet, die Tote sei keines natürlichen Todes gestorben, sondern ermordet worden. Sie versucht, den Dorfpolizisten Sven Grüneis von ihrer Theorie zu überzeugen und setzt alles daran, Henriettas Mörder zu finden. Und leider, leider enthält der Titel des Hörbuchs viel Wahres: Ein Mord kommt selten allein.....

Katharina Schendel schreibt gut verständlich, lebendig und äußerst witzig. Besonders gut gefallen hat mir ein witzig-verspieltes Detail: in den Kapitelüberschriften ist immer die Nummerierung des Kapitels mit eingearbeitet, so lautet z.B. die Überschrift von Kapitel zwei „Zwei schräge Vögel“ und der Titel des dritten Kapitels „Drei mörderische Gedanken“.
Sprecherin Gabriele Blum hat hörbar viel Freude am Vorlesen, liest gut betont, abwechslungsreich, mitreißend und mit angenehmer Stimme. Ihr unterhaltsamer Vortrag macht Spaß und sorgte für einen schnellen, unkomplizierten Einstieg in die Geschichte.

Hummelstich ist wirklich ein besonderes Dorf mit vielen originellen, unkonventionellen, kauzigen und skurrilen Einwohnern. Da tummeln sich gruselige, lichtscheue und habgierige Bestatter, Ortsvorsteher mit Geschichts- und Geschichtenvorliebe, passionierte Gourmetfriseure, Wirtsleute mit Sinn für Geheimnisse, Arzt-Apotheker mit Spieltrieb und statistisch betrachtet eineinhalb Säuglinge und ein halber Polizist. Sehr sympathisch ist der halbe Polizist und Teilzeitlandwirt Sven Grüneis, der sich auf intensiver Brautschau befindet. Hauptsächlich bestimmt natürlich eine spezielle Person die Handlung entscheidend: die sehr exotische Bea von Maarstein mit ihrem tierischen Begleiter Dr. Jekyll und ihrem aufsehenerregenden Bücherbus, die in ihrem Leben schon so viel gesehen hat und ganz schön weit rumgekommen ist. Sie präsentiert sich leidenschaftlich und scharfsinnig. Wenn sie sich einmal festgebissen hat, wird man sie so schnell nicht wieder los. Ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Hobbydetektivin.

In Hummelstich geht es etwas anders zu als anderswo- vom häufigen Sterben abgesehen- meistens deutlich gemütlicher. Traditionen wie das Mopsrennen sind hier wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens und werden noch ganz groß geschrieben. Mir machte es Spaß, Hummelstich, einen Besuch abzustatten, ich fühlte mich dort sofort wohl. Und natürlich interessierte es mich brennend, ob denn Henrietta wirklich ermordet wurde und wer der verantwortliche Täter ist. Ganz schön aufregend und spannend, was da alles an dunklen und weniger dunklen, aber trotzdem äußerst interessanten Geheimnissen der Dorfbewohner ans Licht kommt. Ein kurzweiliger, witziger Wohlfühlkrimi mit schrulligen originellen Figuren, Situationskomik und rätselhaftem Mordfall. Ich würde gerne noch einmal gedanklichen Kurzurlaub in Hummelstich machen und bin schon sehr neugierig auf die nächsten Leichen im und oberhalb des Kellers.

Bewertung vom 16.10.2020
Ribeiro, Larissa;Rodrigues, André;Desgualdo, Paula

Im Dschungel wird gewählt


ausgezeichnet

Demokratie kindgemäß, motivierend und sehr interessant vermittelt

Ziemlich unverschämt, was sich der Löwe da geleistet hat: Er hat doch tatsächlich den Fluss umgeleitet und sich direkt vor seiner Höhle ein Schwimmbad gebaut. Das ist zu viel, finden die Dschungelbewohner, sie beschließen mit vereinten Kräften gegen den Löwen vorzugehen. Doch eine gemeinsame Demonstration vor dem Schwimmbad des Löwen, lässt diesen völlig kalt. So einer darf nicht mehr König des Dschungel sein, da sind sich die Tiere schnell einig und entscheiden sich für die Wahl eines neuen Dschungelpräsidenten. Einige Kandidaten z.B. der Affe, die Schlange oder das Faultier möchten das Amt gerne übernehmen. Wie wird die Wahl wohl ausgehen?

Die brasilianischen Autoren André Rodrigues, Larissa Ribeiro, Paula Desgualdo und Pedro Markun schreiben klar, kindgemäß und gut verständlich. Einige, den Lesern nicht bekannte, Fremdwörter werden nachvollziehbar und treffend erklärt, im Anhang findet sich ein zusammenfassendes Glossar mit den wichtigsten Begriffen.
Sehr gelungen auch die Illustrationen: farbenprächtig, dekorativ, originell und motivierend.
Die Aufmachung des Bilderbuchs überzeugt ebenso. Das Buch wurde klimaneutral hergestellt, das Papier wirkt naturbelassen und unbeschichtet. Dadurch ist das Buch allerdings nicht besonders halt- und belastbar, die Kanten zeigen relativ bald Abnutzungserscheinungen. Die Geschichte ist für Kinder ab fünf Jahren geeignet, diese werden das Buch vermutlich nicht ganz so strapazieren wie jüngere Kinder. Aber auch ältere Kinder werden durchaus noch Spaß an der Geschichte haben, meine neunjährige Tochter hat die Handlung mit großem Interesse verfolgt und konnte den Ausgang der Wahl kaum erwarten.

Phantasievolle, besondere und ansprechende Figuren haben sich die Verfasser überlegt. Anschaulich wird gezeigt, dass die Tiere in diesem konkreten Fall ganz unterschiedliche, individuelle Interessen haben. Jedes Tier verfolgt ein anderes Ziel, eine andere Politik, eine andere Vorgehensweise. Die Leser können, wie Wähler, für sich entscheiden, welches Tier sie am überzeugendsten finden.

Was ist Demokratie? Wie funktionieren demokratische Wahlen? Was macht einen guten Präsidenten aus? Diese Themen sind zweifelsohne nicht besonders aufregend für Kinder. „Im Dschungel wird gewählt“ schafft es erstaunlicherweise trotzdem, bei Kindern für diese eher trockenen Themen Begeisterung zu wecken. Demokratie wird hier spannend und sehr konkret - fast wie ein Wahlkrimi für Kinder- aufbereitet. Meine Kinder haben alle mitgefiebert, wer denn nun letztendlich die Wahl gewinnt. Die Entstehungsgeschichte des Werks ist nicht alltäglich: In Workshops haben Kinder im Alter von vier bis elf Jahren in Brasilien Dschungeltiere gespielt und eine Wahl abgehalten. Diese Treffen dienten den Autoren als Anregung für dieses Buch. Ein Buch von Kindern inspiriert, für Kinder. Unterhaltsam, motivierend, packend und informativ. Alles andere als abstrakt und theoretisch, einfach sehr nah dran an der Zielgruppe. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Buch sinnvoll in der Grundschule und im Kindergarten eingesetzt werden und Kindern ein grundlegendes Verständnis von Demokratie vermitteln kann. Absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 16.10.2020
Lapinski, L. D.

Öffne den Koffer und spring hinein! / Strangeworlds Bd.1


sehr gut

Magische Reisen in fremde Welten: phantasievolle, faszinierende Geschichte

„Orte, an denen sich die Magie sammelt, hat es in unserer Welt schon immer gegeben. Wenn man genau hinschaut, sieht man sie. (..) Und manchmal, nur manchmal entdeckt man die Magie in einem Geschäft“.

Flick zieht mit ihren Eltern und dem Babybruder Freddy aus der Stadt ins Grüne nach Little Wyverns. Bei einer ersten Erkundung des Ortes wird sie wie magisch von einem Laden angezogen, dem Reisebüro Strangeworlds. Als sie ihn betritt, fallen ihr sofort die Unmengen alter Koffer auf. Auch der Inhaber des Geschäfts Jonathan Mercator wirkt ungewöhnlich, nicht zuletzt weil er eigentlich noch ein Kind ist. Das Reisebüro vermittelt keine normalen Flugreisen oder Kreuzfahrten. Die Reisen, die man hier buchen kann, beginnen in einem Koffer und führen in magische Welten irgendwo ins Multiversum. Dass Flick nicht ohne Grund in den Laden gekommen ist, wird sie bald erfahren....

Zunächst sticht die außergewöhnlich schöne Aufmachung des Buchs ins Auge. Das Cover erinnert an einen alten Koffer, wie Aufkleber glänzen darauf kleine Bilder von exotischen Reisezielen. Die Seiten sind auf alt gemacht, scheinen schon etwas angegraut. Das passt alles ganz prima zur Geschichte. Auch der Sprachstil der Autorin hat mich überzeugt. Sie schreibt klar, gut verständlich, nicht modern, sondern zeitlos, erzählt einfach auf eine „schöne“ Weise. Diese Sprache schafft eine beeindruckende Atmosphäre.

Flick ist ein nettes Mädchen, das es nicht leicht hat. Bisher lebte Flick in einer beengten Wohnung in der Stadt, sie muss viel Verantwortung übernehmen, ihre Eltern im Haushalt unterstützen und sich oft um den kleinen Bruder kümmern. Mehr als verständlich, dass sie da manchmal gerne aus dem Alltag ausbrechen möchte, um Zeit und Ruhe für sich zu haben. Noch ahnt Flick nicht, dass sie über besondere Fähigkeiten verfügt. Damit muss sie noch umgehen lernen.
Anders Jonathan Mercator, eine sehr ungewöhnliche Figur, ein Kind noch, das zu schnell erwachsen werden musste, geprägt vom Verlust der Eltern und dem speziellen Umfeld, in dem es aufgewachsen ist. Ein sehr nachdenklicher, vielschichtiger und ernster Charakter.

Was für eine wundervolle phantastische Idee! Magische Welten, ein Multiversum, das man bereisen kann, indem man in Koffer steigt. L.D. Lapinski hat sich zweifelsohne ein bemerkenswertes Setting ausgedacht. Die Geschichte beginnt sehr stark, ohne Umschweife taucht der Leser in dieses atmosphärische Abenteuer ein.
Leider gelang es der Autorin nicht durchgehend, mich bei der Stange zu halten. Zwar haben mich so manche gehaltvolle, tiefsinnige Gespräche der Figuren im Mittelteil überzeugt, berührt und beeindruckt, trotzdem empfand ich einige Szenen als ziemlich langatmig und langweilig. Richtige Spannung kommt für mich erst zum Schluss auf. Am Ende bleiben einige offene Fragen und Rätsel stehen, die in der Fortsetzung hoffentlich noch thematisiert werden.
Ein einfallsreiches, interessantes besonderes und tiefgründiges Kinderbuch voller Magie und Phantasie für Jungen und Mädchen ab zehn Jahren, das aber nicht sein gesamtes Potential ausschöpft. Die Chancen stehen gut, dass das in der Fortsetzung noch geschehen wird.

Bewertung vom 15.10.2020
Schmidt, Heike Eva

Fee wider Willen / Bazilla Bd.1


sehr gut

Feenflügel statt Vampirzähne: aufregende, humorvolle Abenteuer einer Fee wider Willen

Bazilla kann ihren zehnten Geburtstag kaum erwarten. Dann nämlich wird sie endlich eine richtige Vampirin. Klar, dass sie zusammen mit ihrer Familie und den Bewohnern der Burg Morchelfels eine riesige Party steigen lassen will. Doch dann kommt alles anders. Statt der Vampirzähne wachsen Bazilla zarte Flügel. Die schreckliche Befürchtung wird zur Gewissheit: Bazilla ist keine Vampirin, sondern eine Fee. Und damit nicht genug, nun soll sie auch noch auf ein Feen-Internat gehen. Das kann ja heiter werden....

Heike Eva Schmidt schreibt gut verständlich, kindgemäß und flüssig. Ihre Wortschöpfungen wie „feeflixt“ oder „Feegeben und Feegessen“ sowie Bazillas lustige Schimpfwörter sorgten bei meinen Kindern immer wieder für Erheiterung.
Angela Gstalters aussagekräftige, schöne Bilder illustrieren die Geschichte sehr passend. Flederhamster Elvis z.B. sieht einfach zum Knuddeln aus. Eine gute Idee auch, dass manche Seiten auf dunklem Papier gedruckt sind, wenn es z.B. in der Geschichte Nacht und dunkel wird. Zum Selberlesen ist die Geschichte für achtjährige Kinder geeignet, vorlesen lässt sie sich auch schon Sechsjährigen. Vermutlich werden sich eher Mädchen als Jungen für Bazilla interessieren, aber ganz so „rosa“ wie das Cover ist die Handlung dennoch nicht.

Bazilla ist eine überaus originelle und ungewöhnliche Figur. Sie möchte so gerne Vampirin sein, wird aber Fee. Ein Unterschied wie Tag und Nacht zwischen den eher derben Vampiren und den feinsinnigen Feen! Klar, dass Bazilla erst einmal Probleme hat, sich in ihrer neuen Rolle zurechtzufinden, bisher hatte sie ja nie Kontakt zu Feen. Zum Glück trifft die umtriebige, aufgeweckte, sehr direkte Bazilla im Feen-Internat sofort auf Molly, die sie trotz der Unterschiede gleich in ihr Herz schließt. Molly hat im Gegensatz zu anderen Feen wie Philomene keine Vorurteile und geht ganz offen und tolerant auf Bazilla zu. Heimlicher Star des Abenteuers ist Flederhamster Elvis, der zwar sehr oft schläft, aber durchaus auch das Zeug zum Superhelden hat.

Wird es Bazilla schaffen, sich in der Feenwelt zurechtzufinden? Und gelingt es ihr, die anderen Feen für sich zu gewinnen?
Eine aufregende Zeit erlebt sie im Feen-Internat. Meine Kinder haben sehr mit der Fee wider Willen gefiebert und viel über ihre Tritte in fast jedes Fettnäpfchen gelacht.
Eine phantasievolle Geschichte über unerfüllte Wünsche, neue Identitäten, Vorurteile, Empathie und Freundschaft mit liebenswerter und völlig feenuntypischer Hauptfigur für Feen- und Vampirfans. Nach dem stimmigen Ende sind wir jedenfalls schon neugierig, wie es in der Fortsetzung mit Bazilla und ihren Mitschülern weitergehen wird.

Bewertung vom 15.10.2020
Katzenberger, Daniela

Die Katze kocht! (eBook, ePUB)


sehr gut

Das Auge isst mit: alltagstaugliche Gerichte, raffiniert verfeinert und ansprechend präsentiert

Daniela Katzenberger ist zweifelsohne ein Original, aber sicher nicht unbedingt für ihre besondere Kochkunst bekannt. Umso neugieriger war ich auf ihr erstes Kochbuch.
In einem humorvollen Vorwort beschreibt sie ihr Verhältnis zum Essen und Kochen: einfach und nicht aufwendig mit klaren Angaben und ohne Schnickschnack soll es sein und schmecken muss es natürlich. Die Kapitel „Einfach und lecker“, „Mama Iris kocht- und die kann das richtig gut“, „Schnell mal schlank“, „Süße Sauereien“, „Meine Prinzessin hat Geburtstag“, „Katze kocht für Kätzchen“, „Katze kocht für Kater“, „Weihnachen ist, wenn Mama kocht“, „TV-Snacks zum Knuspern und Knabbern“, „Pretty Woman Food für Haut und Seele“ und „Working Mom Food to Go“ werden jeweils mit einem kurzen, persönlichen Text eingeleitet. Hier erfährt man allerhand über Danielas Würz- und Geschmacksvorlieben und ihre Art zu kochen, ein „Küchenegoist“ ist sie. Daniela Katzenberger schreibt schlicht, klar, sehr direkt und dabei ziemlich humorvoll und unterhaltsam.

Besonders gelungen sind die wunderbaren, großen Bilder der Gerichte. Manchmal ziemlich glitzernd, pink und verspielt, mitunter jenseits des guten Geschmacks, aber insgesamt machen sie einfach trotzdem große Lust. Da möchte man am liebsten gleich loskochen und natürlich -essen. Das Auge isst hier immer mit.

Gleich das erste Rezept, das ich ausprobiert habe, hat ziemlich eingeschlagen. Zugegeben, Rührei ist an sich nicht die größte kulinarische Herausforderung. Da kann man nicht viel falsch machen. Danielas Rezept macht aber alles und noch mehr richtig, in Kombination mit Kirschtomaten und Feta eröffnete mir simples Rührei vollkommen neue Möglichkeiten. Ich hätte nicht gedacht, dass Rührei so gut, würzig und raffiniert schmecken kann.

Prima gefallen haben mir zudem die Garnierungsideen. Da wird selbst Tomate-Mozzarella oder Rohkost zum Kunstwerk. Manche Ideen lassen sich sicher gut übernehmen, wenn man z.B. fürs Kindergartenbüffet etwas beisteuern soll.

Vor mehr als zwanzig Jahren habe ich das Spinatkochbuch einer anderen sehr bekannten Werbeikone geschenkt bekommen. Zunächst habe ich damit nicht viel anfangen können, aber erstaunlicherweise haben sich manche Rezepte daraus durchsetzen können. Ich koche und genieße sie immer noch und immer wieder gerne. Ich kann mir vorstellen, dass auch in „Die Katze kocht“ einige solcher Dauerbrenner vertreten sind, die ich immer wieder mit Vergnügen zubereiten werde. Zudem werde ich mir definitiv immer mal wieder Anregungen holen, wie ich Gerichte anrichte und garniere, wenn z.B. Gäste kommen. Meine Erwartungen hat das Kochbuch auf alle Fälle übertroffen, eine Mischung aus Klassikern und modernen Gerichten. Ein Buch mit alltagstauglichen Rezepten, ideal geeignet auch für Anfänger und ungeübte Köche, zum immer wieder Anschauen und Inspirieren lassen.

Bewertung vom 14.10.2020
Läckberg, Camilla

Wings of Silver. Die Rache einer Frau endet nie / Golden Cage Bd.2 (eBook, ePUB)


gut

Fayes Rachefeldzug geht in die nächste Runde: spannend, aber ohne Tiefe

Faye lebt mit ihrer Tochter Julienne und ihrer Mutter nun in Italien. Davon darf niemand wissen, hat sie doch Juliennes Ermordung vorgetäuscht und Exmann Jack sitzt als ihr Mörder in Haft. Fayes Firma „Revenge“ läuft bestens und wirft viel Gewinn ab. Aber schlagartig scheint alles aus dem Ruder zu laufen: Jack ist aus dem Gefängnis geflohen und plant mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, sich an Faye zu rächen. Außerdem versucht ein Unbekannter Mehrheitseigner von Fayes Unternehmen zu werden. Das riecht nach großer Gefahr für die junge Frau. Ausgerechnet jetzt lernt sie David kennen, nach langer Zeit der erste Mann, für den sich Faye ernsthaft interessiert.

Camilla Läckberg erzählt flüssig und klar. Sie beschreibt aktuelle Entwicklungen in der dritten Person und Rückblenden in Ich-Form aus Fayes Sicht. Eine lebendige und abwechslungsreiche Gestaltung!

Faye hat mehr als ein Päckchen zu tragen. Sie hat in ihrem Leben zahllose schlimme, leidvolle Erfahrungen machen müssen, doch hat sie sich dadurch nicht brechen lassen. Im Gegenteil sie hat sich zu einer starken,selbstbewussten, aber auch skrupellosen Frau entwickelt, die über Leichen geht, um das zu schützen, was ihr lieb ist. Ein faszinierender, starker Charakter, aber nicht unbedingt sympathisch. Überaus unsympathisch auch der Bösewicht wie er im Buche steht, Exmann Jack, und sein früherer Kompagnon Hendrik. Im Laufe des Romans tauchen immer weitere Frauen auf, die unter der Tyrannei ihrer Männer leiden. Eine Beziehung zwischen mehreren betrogenen Frauen kann sich extrem effektiv und produktiv gestalten, das zeigt die Autorin erneut sehr anschaulich. Insgesamt sind mir Läckbergs Figuren allerdings leider zu einseitig, zu schwarz-weiß, dargestellt.

Wer möchte Faye ihre Firma wegnehmen? Wird Faye die Bedrohung für ihr Unternehmen aufhalten können? Wann taucht Jack auf und was hat er vor? Und findet Faye weitere Verbündete? Durchaus spannend Läckbergs Thriller. Allerdings empfinde ich die Handlung als insgesamt viel zu sehr auf Effekt konstruiert: zu viel lauter Krawall, zu viel Sex, zu wenig Tiefe. Ein Roman zum Verschlingen an einem Stück, aber danach bleibt wenig davon im Gedächtnis. Camilla Läckberg, die ich als Autorin sehr schätze, kann meiner Meinung nach viel mehr. Ich hoffe sehr, dass sie sich in Zukunft wieder intensiver auf die Fjällbacka-Krimis mit Erika Falck und Patrick Hedström konzentriert, die beiden sind mir deutlich sympathischer als Faye.

Bewertung vom 12.10.2020
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Funkenmord / Kommissar Kluftinger Bd.11


sehr gut

Klufti kann auch Cold Case

Kommissar Kluftinger lässt der Mord an der Lehrerin Karin Kruse vor 35 Jahren einfach keine Ruhe. Er hat dem damals zu Unrecht Verurteilten, Harald Mendler, kurz vor seinem Tod noch versprochen, den wahren Mörder zu finden. Also setzt er alles daran, diesen „Cold Case“ endlich aufzuklären. Keine einfache Aufgabe für Klufti, der mit Luzia Beer eine neue junge Kollegin und Nachfolgerin für Eugen Strobel ins Team einarbeiten muss. Nebenher gilt es auch noch eine weitere berufliche Herausforderung zu meistern, Polizeipräsidentin Birte Dombrowski wurde versetzt, Klufti muss ad interim für sie einspringen. Außerdem sorgt sich der Kommissar um seine Frau Erika, die ungewöhnlich antriebslos wirkt. Ganz schön viele Baustellen....

Volker Klüpfel und Michael Kobr schreiben wie gewohnt direkt, angenehm und sehr unterhaltsam. Dank des klaren, amüsanten Schreibstils findet der Leser sofort einen unkomplizierten Einstieg ins Geschehen.

Schön, wieder nach Altusried und Kempten zurückzukehren und in die Welt des Allgäuer Kommissars einzutauchen. Kommissar Adalbert Ignazius Kluftinger ist und bleibt ein Original. So unbeholfen und plump wie scharfsinnig und sympathisch, ihn muss man einfach mögen. Seine gepflegte Feindschaft zu Doktor Langhammer, seine Leidenschaft für Kässpatzen, seine Begeisterung für das Enkelkind, sein kreatives Fremdsprachentalent: Kluftinger ist Kult. Da verzeihe ich gerne, dass manche Verhaltensweisen des originellen Ermittlers stark überzeichnet und übertrieben rüberkommen. Auch das zeichnet diese unverwechselbare Figur aus.
Natürlich erfreut Doktor Martin Langhammer auch diesmal wieder mit diversen bizarren Auftritten. Und Richards Maiers Engagement, nach Eugen Strobls tragischen Tod mehr Zuhausegefühl und Zusammenhalt in die Diensstelle zu bringen und seine typisch maierschen Reaktionen sorgen ebenso für viele komische Momente und haben großen Unterhaltungswert. Selbstverständlich sind auch Erika, die sich diesmal recht trübsinnig gibt, Kluftingers Eltern, Sohn Markus und Familie, Sekretärin Sandy Henske und die Kriminaler Roland Hefele, Willi Renn und Georg Böhm wieder mit von der Partie. Ebenso erlebt Ex-Chef Dietmar Lodenbacher ein Comeback.

Klassische Kluftingerfälle bauen in der Regel nach und nach Spannung auf und entfalten gegen Ende erst ihr volles Potential. Am Anfang wird meist Kluftingers Alltag ausgiebig thematisiert, sein aktueller Fall gerät dabei in den Hintergrund. Aber im Laufe der Geschichte nimmt auch der Kriminalfall immer mehr Fahrt auf und zum Schluss platzt man fast vor Neugier. So auch hier: Wer ermordete denn nun wirklich Karin Kruse?
Insgesamt ein solider, packender Fall, wie üblich nicht außergewöhnlich spektakulär und effektvoll, aber durchaus interessant und für Kluftinger gerade richtig. Die Auflösung ist logisch, durchdacht, gut nachvollziehbar und dabei nicht unbedingt vorhersehbar. Und endlich, endlich, endlich wird auch das große Geheimnis um Kluftis Enkelkind gelüftet.
Das, was die Kluftiromane eigentlich ausmacht, herrlich komische Alltagssituationen, skurrile Dialoge und absurde Verhaltensweisen, kommt auch im neuesten Werk nicht zu kurz: Klufti sortiert Wäsche, Klufti goes WhatsApp, Klufti besucht einen Thermomixverkaufsabend oder nimmt an ungewöhnlichen Aktionen zum Teambuildung teil. Und auch ein erneuter Kässpatzengate darf nicht fehlen. Da reiht sich ein witziger Moment an den nächsten, ein echtes Lesevergnügen. Und dass mit den Autoren manchmal die Pferde durchgehen, wenn Klufti denglische Mails an seinen japanischen Freund oder Briefe und Reden formuliert, ist bekannt. Ein wenig überdrehter Klamauk gehört einfach auch zu jedem Kluftiband dazu.
Insgesamt zwar nicht der beste, aber ein sehr guter Roman aus der Reihe. Unterhaltsam, lustig und zum Ende hin ganz schön aufregend. Ich bin jetzt jedenfalls noch ein kleines bisschen mehr zum Kluftifan geworden. So geht es mir immer, wenn ich einen netten Menschen noch besser kennenlerne.

Bewertung vom 09.10.2020
Ackermann, Anja

Eine Hühnerschaukel für Rosa


ausgezeichnet

Wohlfühlbilderbuch mit drolligen Figuren und großer Überraschung

Hermine wohnt mit ihren Hühnern in einer alten Villa. Da gibt es immer etwas zu reparieren. Dummerweise verschwinden manchmal auch wie von Geisterhand Schrauben, die Hermine dringend braucht. Als der Postbote ein großes Paket bringt, sind alle gefiederten Bewohner ganz schön gespannt, was da wohl drin sein mag. Ein Spiegel? Eine Lampe? Ein Bett für die Hühner? Huhn Rosa wünscht sich unbedingt eine Hühnerschaukel. Ob sie die wohl bekommen wird?

Anja Ackermann schreibt lebendig, abwechslungsreich und gut verständlich. Die Geschichte ist zum Vorlesen für junge Zuhörer ab drei Jahren geeignet. Nadine Reitz hübsche, bunte, detaillierte Bilder geben die wesentliche Handlung sehr prägnant und anschaulich wieder und machen großen Spaß.

Drollig sind sie, diese Hühner und Mitbewohner von Hermine. Jedes Huhn hat sein eigene Vorstellung, was man braucht, um das Leben noch angenehmer zu machen. Alle Hühner sind durchaus verschieden: Amelie tanzt gerne, Finchen ist ängstlich, Frida mags kuschelig. Nur Rosa ist noch ein bisschen anders und huhnuntypischer, hat sie doch tatsächlich Panik vor Regenwürmern.
Mit „Frauchen“ Hermine habe die Hühner eine sehr nette, engagierte und verständnisvolle Hühnerhalterin. Es wirkt fast so, als wären die Hühner Hermines Familie.

In dieser idyllischen Villa möchten wir auch gerne leben. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Und aufregend gehts da auch zu: Was ist denn nun in dem Paket? Diese Frage hat meine Mitleser brennend interessiert. Ein nettes, lustiges, sehr gemütliches Wohlfühlbilderbuch zum immer wieder Anschauen, das zeigt, dass Pläne dazu da sind, sie zu ändern. Manchmal findet man dabei viel bessere Lösungen. Man muss nur flexibel und kreativ sein...

Bewertung vom 07.10.2020
Baier, Hiltrud

Tage mit Ida


ausgezeichnet

Ruhiger, melancholischer Roman mitten aus dem Leben, der mit authentischen Figuren überzeugt

Susanne steckt gerade in einer Krise. Ehemann Udo hat eine neue Stellung, arbeitet nun unter der Woche in München und wenn er die Wochenenden zu Hause in Kirchheim an der Teck verbringt, zeigt er sich desinteressiert und es kommt häufig zu Streit. Außerdem leidet Susannes Mutter an Demenz und erkennt ihre eigene Tochter nicht mehr. Susanne flüchtet sich immer öfter in den Alkohol, um die Realität zu verdrängen. Ausgerechnet jetzt taucht eine fremde, merkwürdig anmutende Frau, Ida, im Café von Susannes Bruder Martin auf, in dem Susanne als Bedienung aushilft. Sie behauptet, die Halbschwester von Susannes Mutter zu sein.

Hiltrud Baier schreibt flüssig, klar und angenehm lesbar aus Susannes Perspektive und in Rückblicken aus der von Ida. So werden langsam immer mehr Umstände aus der Vergangenheit enthüllt, die zur aktuellen Entwicklung geführt haben. Diese Erzählweise sorgt für Abwechslung und Spannung.

Die Figuren in „Tage mit Ida“ überzeugen durch ihre Authentizität. Sie wirken sehr glaubwürdig und einfach „menschlich“. Susanne z.B. reagiert oft nicht rational und vernünftig, sondern aus dem Bauch heraus und kann dabei auch ziemlich ungerecht und verletzend werden. Während sie für Ida Verständnis hat, zeigt sie z.B. Udo gegenüber weniger Geduld und Nachsicht. Sie selbst ist durchaus verletzlich und manchmal schwach, das wird von Hiltrud Baier sehr eindrücklich ausgeführt.
Auch Ida hat ihre Ecken und Kanten und ist nicht unfehlbar. Sie wirkt sehr sympathisch und zurückhaltend. Ihr Werdegang, ihr Leben in Lappland, ihre Prägung durch die samische Kultur
-Exotik der anderen Art- machen sie zu einem sehr interessanten Charakter. Susannes Mutter Christel wird ebenso differenziert betrachtet. Während manche Figuren Probleme im Umgang mit ihr haben, hat sie sich für andere Personen wiederum sehr engagiert und mit Herzblut eingesetzt. Die Darstellung der mehrdimensionalen, ambivalente Figuren, die nicht eindeutig in „schwarz“ und „weiß“ einzuordnen sind, sondern auch „Graustufen“ haben, imponiert mir.

Im Laufe des Romans ergibt sich ein zunehmend komplettes Bild von der Handlung, aber auch von den einzelnen Charaktere, dadurch wird der Spannungsbogen hochgehalten. Die Geschichte endet schlussendlich stimmig und rund.
Hiltrud Baier beweist, dass es sich lohnt, Personen und Situationen intensiver zu betrachten, einen zweiten Blick auf sie zu riskieren und nicht vorschnell zu urteilen. Menschen machen Fehler, aber es ist nie zu spät, ihnen zu verzeihen. Wer sich selbst eigene Fehler ein- und zugesteht, wird es leichter haben, die Schwächen der anderen zu vergeben. Außerdem ist es wichtig und bereichernd, auch andere Sichtweisen anzunehmen. Denn oftmals machen verschiedene Perspektiven auf und individuelle Betrachtungsweisen eines Menschen diesen erst richtig aus.

Tage mit Ida“ ist ein leiser Roman mit ganz viel Menschlichkeit. Melancholisch, aber an keiner Stelle kitschig, eher „skandinavisch klar“. Ich habe Idas und Susannes Geschichte sehr genossen. Für mich ein authentischer, glaubwürdiger, ruhiger Roman, nicht auf Hochglanz poliert, sondern realistisch und einfach nah dran am und trief drin im Leben.

Bewertung vom 07.10.2020
Bertram, Rüdiger

Hilfe, mein Handy ist ein Superschurke! / Das Superschurken-Handy Bd.1


ausgezeichnet

Abgedreht-witzige Ganovenstory der etwas anderen Art

Franzi braucht ganz unbedingt ein Handy, davon ist sie überzeugt. Alle in der Klasse haben nämlich eins und chatten ständig miteinander in der WhatsApp-Gruppe. Nur Franzi bleibt außen vor, ist deshalb in der Klasse recht unbeliebt und hat keine Freunde. Als Franzi aufs Gymnasium wechselt, bekommt sie von ihren Eltern endlich das langersehnte Smartphone geschenkt. Allerdings findet Franzi schnell heraus, dass das neue Handy kein normales Handy ist. Es nennt sich Dandy Smart, kurz Dan, kann mit Franzi sprechen und hat allerhand verrückte Einfälle und jede Menge kriminelle Energie. Doof nur, dass Dans Arbeitsspeicher so klein ist und er in seinen kreativen Entfaltungsmöglichkeiten daher stark eingeschränkt ist. Natürlich hat Dan aber schon einen Plan: Franzi soll ihm einen speziellen, sehr teuren Superchip beschaffen und somit seine Speicherkapazität erhöhen. Dan ist aber nicht der einzige, der es auf den Superchip abgesehen hat. Auch die völlig überdrehte Lady Ballerina möchte den Chip unbedingt besitzen und schreckt vor nichts zurück, um ihn zu bekommen....

Autor Rüdiger Bertram ist nicht ohne Grund so bekannt und erfolgreich. Er schreibt flüssig, klar und ohne Zweifel sehr witzig. Jungen und Mädchen ab 8 Jahre können die Geschichte um Dan und Franzi schon selber lesen, jüngere haben beim Vorlesen Spaß. Besonders gelungen sind Ka Schmitz perfekt passende Illustrationen: kleine humorvolle Comics, die für Abwechslung, Motivation und gute Laune sorgen.

Ein Handy als Hauptfigur? Das gab es noch nie. Dan ist ein sehr origineller, phantasievoller Charakter, der es faustdick hinter den nicht vorhandenen Ohren hat. Dank seines permanenten Internetzugangs und ausgiebiger Hackingaktivitäten verfügt er über ziemlich viel sinnvolles, aber auch nutzloses Wissen. Klar dass er da ständig auf neue, abstruse Ideen kommt. Eine Freundschaft mit ihm entpuppt sich als nicht ganz ungefährlich. Franzi ist zum Glück recht bodenständig, vernünftig, bescheiden, gutmütig und sehr nett. Eigentlich wünscht sie sich nur eine echte Freundin. Mit ihr werden sich die Leser leicht identifizieren können. Franzis Eltern mit ihren herrlichen Bügel- und Transportspleens sind ebenfalls sehr angenehme und erfrischende Charaktere, denen das Wohl ihrer Tochter am Herzen liegt und die trotz der eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten alles tun, damit es ihr gut geht.
Die „Zicken“ Caprice und Konstanze wirken recht unsympathisch, aber vielleicht auch nur auf den ersten Blick.... Ein ziemlicher Knaller ist die völlig außer Rand und Band geratene, abgehobene und größenwahnsinnige Lady Ballerina. Merkwürdig und bizarr, aber irre komisch ihre absonderlichen Auftritte.

Wird Franzi den Superchip erbeuten oder kommt ihr Lady Ballerina zuvor? Völlig übertrieben, verrückt, extrem witzig, aber trotzdem superspannend, was Franzi erlebt.
Und bei all dem Witz und Humor ist in der ganzen Geschichte auch ein wenig Ernst enthalten. Muss denn wirklich jedes Kind ein Handy besitzen? Hat die virtuelle, digitale Realität im Internet viel mit der echten zu tun? Braucht jedes Kind Freundschaften in sozialen Netzwerken? Und was sind das eigentlich für Zeiten, in denen Kinder ohne Handy nichts gelten?
Ein total lustiges, skurriles Abenteuer mit unfreiwilliger Superheldin äh -schurkin und ihrer sehr speziellen androiden Unterstützung mit Ladekabel! Für alle, die auf Smartphones stehen oder sie ablehnen ;-). Auf Franzi und Dans nächstes Abenteuer freuen wir uns jedenfalls schon jetzt.