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Xirxe
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Hannover
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Bewertungen

Insgesamt 876 Bewertungen
Bewertung vom 21.07.2014
Gordon, David

Mystery Girl


sehr gut

Endlich gibt es mal wieder einen neuen Krimihelden auf dem Markt (wobei Held eindeutig übertrieben ist), der ebenso wie seine MitstreiterInnen weitestgehend klischeefrei daherkommt. Eigentlich ist er, Sam Kronberg, nämlich ein Loser. Seit Jahren schreibt er Bücher, die kein Mensch lesen will und schlägt sich trotz seines Studiums mit Aushilfsjobs durch, was ihn jedoch keineswegs verdrießt. Doch als seine über alles geliebte Frau Lala ihm erklärt, dass sie ihn aufgrund seiner 'Antriebslosigkeit' verlässt (er ist der Mann, er sollte das Geld nach Hause bringen, nicht sie!), heuert er als Assistenzdetektiv bei Solar Lonsky an, einem unglaublich intelligenten wie auch unglaublich fetten Paranoiker. Sein erster Fall scheint sich für Sam ganz gut zu entwickeln, bis sich die von ihm zu überwachende Frau von einem Balkon in den Tod stürzt...
Wer an Krimis die (vermeintliche) Realitätsbezogenheit schätzt, wird mit diesem Buch nicht glücklich werden. Sowohl der Großteil der Figuren wie auch die dargestellten Milieus wirken derart überzogen, dass sich viele wohl kaum vorstellen können, dass so etwas tatsächlich existiert, wie beispielsweise das Filmpublikum einer besonderen Erstaufführung: "...eine krude Mischung aus einer Dungeon-and-Dragons-Convention, der Dreißigjahrfeier der High Times und einem Gipfeltreffen von Black-Metal-Clans." Kampfszenen arten mehr oder weniger in Gemetzel aus (amputierte Finger, die in Nasen gesteckt werden) und die zur Zeit überall vorkommenden, beliebten Erotikszenen grenzen hier schon eher an Pornographie. Dazu kommen eine Menge ungewöhnlicher Situationen, die sich hier nur schwierig wiedergeben lassen (und mich beim Lesen immer wieder grinsen ließen) und ein wirklich äusserst mysteriöser Todesfall. Kurzum: Das Buch ist schräg, schrill, komisch, eklig, er- und aufregend - mir hat's gefallen ;-)

Bewertung vom 16.07.2014
Jones, Lloyd

Mister Pip


sehr gut

Bougainville, eine kleine Insel im pazifischen Ozean, deren Name ich bisher eher mit der ebenfalls nach ihrem Namensgeber benannten Pflanze Bougainvillea in Verbindung brachte, ist der Schauplatz dieses Romans, der sich vor dem realen Hintergrund des dortigen, von der Weltöffentlichkeit fast unbemerkten Bürgerkrieges abspielt. Tausende von Menschen starben damals, darunter viele Zivilisten, unter anderem auch infolge der Blockade, die das Eiland von sämlichen Lieferungen incl. Lebensmittel und Medikamente abriegelte.
Auch Mathilda, ein 'dünnes vierzehnjähriges Ding', spürt die Auswirkungen. Von ihrem Vater, der in Australien arbeitet, bekommen sie und ihre Mutter keine Nachrichten mehr und alle Ausländer verlassen nach und nach die Insel, so auch ihre Lehrerin. Lediglich der etwas schrullige Mr. Watts mit seiner einheimischen Frau Grace bleiben und nach einiger Zeit bietet er sich als Lehrer für die verbliebenen Kinder an. Sein 'Hauptprojekt' ist das tägliche Vorlesen eines Kapitels aus 'Große Erwartungen' von Charles Dickens, dem 'größten Roman des größten englischen Schriftstellers aus dem 19. Jahrhundert'. Nicht nur Mathilda ist begeistert, doch für sie wird der Waisenjunge Pip, die Hauptfigur, zu einem richtigen Freund und sie lernt zum ersten Mal in ihrem Leben eine neue Welt kennen - sehr zum Missfallen ihrer gottesfürchtigen Mutter. Doch es bleibt nicht bei den verhältnismäßig kleinen Unstimmigkeiten: Der Bürgerkrieg rückt in ihrem Dorf ein in Form einer Gruppe von Soldaten...
Jones beschreibt im Namen der 14jährigen Mathilda in bedachtsamer und aufmerksamer Form, was Literatur im Menschen bewirken kann: Wie die Phantasie sich Bahn bricht, fiktive Gestalten immer realere Formen annehmen im Guten wie im Schlechten und dass das Zurückziehen in seine eigene Gedankenwelt dennoch Kraft, Hoffnung und Trost geben kann - gerade in schlimmen Zeiten. Ein schönes Buch, das zum Lesen animiert - und besonders zum Lesen der 'Großen Erwartungen' ;-)

Bewertung vom 13.07.2014
Weiler, Jan

Drachensaat


ausgezeichnet

Dem Anderssein in dieser Gesellschaft wird häufig mit Ignoranz, Gleichgültigkeit und manchmal auch mit Bösartigkeit und Gewalttätigkeiten begegnet, was den Meisten wohl bewusst ist. Doch was soll's? Man selbst ist ja glücklicherweise nicht davon berührt. Und die Betroffenen halten still - noch. Was passieren könnte, wenn sie dies einmal nicht mehr tun, schildert Jan Weiler in seinem Roman bzw. Hörspiel Drachensaat. Vier Personen, die aufgrund ihrer Handlungen außerhalb der Gesellschaft stehen, finden sich in einer Klinik wieder, in der sie nach dem Wunsch des Psychotherapeuten Zens sich klarmachen sollen, dass nicht sie, sondern die Gesellschaft das Problem ist. Seine Behandlung funktioniert - doch völlig anders als von ihm geplant.
Ich kenne das Buch nicht, fand aber die Darstellung als Hörspiel (keine Lesung!) sehr gelungen. Die Charaktere ebenso wie die kleineren Rollen sind wunderbar besetzt, nicht zuletzt auch Jan Weiler als Erzähler Bernhard Schade, einer der Patienten. Ab ungefähr der Mitte des Buches spielen auch die Medien eine nicht unwichtige Rolle, deren Artikel von verschiedenen Personen vorgetragen werden. Diese Beiträge gehen direkt ineinander über, sodass man sofort erkennt, wie völlig gegensätzlich ein und derselbe Sachverhalt dargestellt werden kann.
Ein wirkliche empfehlenswerte 'Hörlektüre', das alles bietet: Ein durchaus ernstes Thema, das durch (nicht übertriebene) Überzeichnung auch amüsant und bis zum Ende spannend ist. Und vielleicht nimmt man die nächsten Nachrichten etwas skeptischer zur Kenntnis...

Bewertung vom 13.07.2014
Gavalda, Anna

Nur wer fällt, lernt fliegen


gut

Billie, die von ganz ganz unten kommt, hat in ihrer Kindheit und Jugend wohl schon mehr Härten und Grausamkeiten kennengelernt, als viele Menschen in ihrem ganzen Leben. Völlig lieblos aufgewachsen in Armut und Verwahrlosung, ohne jedes Interesse von Seiten ihrer (Stief-)Eltern, die dem Alkohol zugeneigter waren als ihren Kindern. Immerhin geht sie mehr oder weniger regelmäßig zur Schule, wo sie trotz ihrer Bemühungen schnell zur Außenseiterin wird. Doch dann muss sie ein Theaterprojekt zusammen mit Frank umsetzen, der ebenso wie sie ein Außenseiter ist, aber doch ganz anders. Und das ändert ihr beider Leben.
Erzählt wird dieses gemeinsame Leben von Billie während einer Nacht, in der sie zuvor Beide in eine Schlucht gestürzt sind und Frank offenbar schwerstverletzt und bewusstlos neben ihr liegt. Sie erzählt und ringt um Worte in der Hoffnung, Frank damit das Leben retten zu können.
Es ist eine in erster Linie wirklich schön erzählte Geschichte: Man nimmt teil und leidet mit Billie in ihren beschissenen Verhältnissen und hofft und wünscht sich, dass es ein gutes Ende nimmt. Doch für mein Empfinden herrscht zwischen dem Erzählten und dem eigentlichen Inhalt der Geschichte ein gewisser Missklang. Billies Bildung kann man wohl nur (nach ihrer eigenen Schilderung) als zurückgeblieben bezeichnen, doch ihr Erzählstil (auch wenn er herrlich schnoddrig daherkommt) wie auch ihre Wortwahl ist alles andere als verkümmert und stehen beide in einem merkwürdigen Widerspruch zueinander, was mich immer wieder befremdete und aus der Lektüre fallen ließ ;-) Auch der letzte Teil des Buches kam mir eher aufgesetzt vor: Für die eigentliche Geschichte war er nicht notwendig und diente lediglich als Grundlage für das (meiner Meinung) zu überzogene Happy End.
So schwanke ich zwischen drei und vier Sternen: Toll erzählt, aber für mich in einem bedauerlichen Missverhältnis zur eigentlichen Handlung.

4 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.07.2014
Canal, Anne

Der Grund


sehr gut

Laurits ist der Sohn eines vermögenden Paares, das in einer lieblosen Ehe miteinander verbunden ist. Sein Vater, dem Gefühle fremd zu sein scheinen, sieht für ihn eine Karriere als Mediziner vor; seiner Mutter gilt es in erster Linie, den Schein nach außen zu wahren, auch auf die Gefahr hin die eigenen Bedürfnisse vollständig zu leugnen. Als Laurits 18 Jahre alt wird, scheint seiner Aufnahme in die Musikhochschule nichts mehr im Wege zu stehen, doch die Prüfung verläuft anders als geplant und damit auch sein weiteres Leben. Als er Jahre später erfährt was damals wirklich geschah, muss er feststellen, dass seine ganze Existenz auf einer Lüge gründet.
'Der Grund' ist der Abriss eines Lebens, das geprägt ist von großen Enttäuschungen und den damit verbundenen Neuanfängen - Versuche, das Vergangene zu vergessen und damit hinter sich zu lassen. Doch Laurits muss immer wieder erleben, dass die Vergangenheit sich nicht einfach verdrängen lässt, sondern als Teil des eigenen Daseins akzeptiert werden muss - erst dann kann er tatsächlich einen neuen Abschnitt in seinem Leben beginnen.
Es ist eine sehr gefühlvolle und einerseits sehr genau beschriebene Geschichte, was Laurits Gefühlswelt betrifft. Andererseits werden viele Ereignisse nur angedeutet, so dass beim Lesen genügend Raum für die eigene Phantasie bleibt: Was geschah mit seiner Hand? Wo ist Pelle? Was machen seine Eltern? Man fühlt, leidet und 'lebt' mit Laurits mit und ist trotz eines mehr oder weniger offenen Endes voller Hoffnung, dass nun eine neue, gute Phase in seinem Leben beginnt. Schön!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.07.2014
Koch, Herman

Sommerhaus mit Swimmingpool


ausgezeichnet

Also ich kann nur hoffen, dass mein Hausarzt mit der Hauptfigur dieser Geschichte so gut wie nichts gemeinsam hat. Ansonsten hätte ich schon ein merkwürdiges Gefühl...
Hauptfigur ist Marc Schlosser, ein Hausarzt dessen PatientInnenkreis sich überwiegend aus Menschen mit sogenannten kreativen Berufen zusammensetzt: SchriftstellerInnen, MalerInnen, SchauspielerInnen undundund. Denn es ist bekannt, dass der Arzt sich der Verschreibung bestimmter aktivierender Medikamente gegenüber aufgeschlossen zeigt, deren Unterstützung gerade in schöpferischen Kreisen gerne willkommen geheissen wird. So findet auch der berühmte Schauspieler Ralph Meier seinen Weg in Marcs Praxis und schon nach kurzer Zeit sind die Familien der Beiden miteinander bekannt. Und wie der 'Zufall' es so will, verbringen sie gemeinsam einen Teil ihrer Ferien in einem Sommerhaus mit Swimmingpool. Doch Ralph hat so seine dunklen Seiten, die sich nicht zuletzt auch auf Marcs Familienleben auswirken...
Eigentlich ist die Sache von Beginn an klar: Dort der gute Hausarzt, da die chaotische, komplizierte und heuchlerische Künstlerschar - keine Frage, wem die Sympathien gehören. Doch das Bild wandelt sich und immer öfter stellt man sich die Frage, wer hier eigentlich wem etwas vormacht. Selbst als man sich sicher zu sein scheint wer wohin gehört, muss man feststellen, wieder völlig daneben gelegen zu haben.
Wie der Autor so gut wie jeden Mitwirkenden fast bis auf die Haut entlarvt und bloßstellt, ließ mich häufig erst laut lachen, das dann aber immer wieder in betroffenem Schlucken unterging. Denn es ist böseböseböse - aber gut ;-) Es ist eine toll erzählte Geschichte, die wirklich genial mit den Erwartungen der Zuhörenden spielt - ok, auf jeden Fall mit meinen. Und dazu noch kongenial vorgetragen von Johannes Steck, dem es richtig gut gelingt, den einzelnen Personen eine charakteristische Tonlage zu verleihen. Insbesondere Ralph fand ich äusserst überzeugend verkörpert.

Bewertung vom 01.07.2014
Jonasson, Jonas

Die Analphabetin, die rechnen konnte


gut

Die hochbegabte Südafrikanerin Nombeko, die mit 14 Jahren die Chefin des Latrinenbüros in Soweto wird, per Zufall an ein Vermögen in Form von Rohdiamanten gerät, kurz darauf von einem Weißen überfahren und daraufhin zu mehreren Jahren Frondiensten in dessen Haushalt verurteilt wird und in dieser Zeit beachtlichen Anteil am Bau mehrerer Atombomben aufweisen kann, ist die Hauptfigur dieser Geschichte. Wie sie sich aus ihren immer neuen misslichen Situationen (in die sie völlig unverschuldet gerät), stets wieder befreien kann, ist schräg und noch schräger. Da wird eine Atombombe quer über die Kontinente verschickt, ein Zwillingspaar Holger und Holger getauft und zu republikanischen Extremisten erzogen, ein König und ein Ministerpräsident entführt und Nombeko ist allzeit mit dabei bzw. darin verwickelt. Der Absurditäten ist kein Ende ;-)
Was im 'Hundertjährigen' noch einen Hauch von Realität hatte, ist in diesem Buch völlig auf die Spitze getrieben. Die Ereignisse überschlagen sich und eines ist unglaublicher als das andere. Mir ist das Alles ein bisschen zu viel des Guten, denn der Rahmen ist durchaus sehr realitätsnah. Die damaligen Geschehnisse nicht nur in Südafrika, nein, auch in USA, Europa usw. werden wahrheitsgetreu wiedergegeben, sodass sich Nombekos Geschichte dazu als besonders absurd darstellt. Etwas weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen :-)
Jonassons Sprache ist wie bei seinem ersten Buch gewohnt ironisch und indirekt, was die Absurditäten noch verstärkt. So traten bei mir ab ca. der Mitte des Buches gewisse 'Abnutzungserscheinungen' auf. Dennoch: Es ist eine amüsante, wirklich unglaubliche Geschichte, die sich lockerleicht an einem Wochenende weglesen lest.

26 von 29 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.06.2014
Nayeri, Dina

Ein Teelöffel Land und Meer


ausgezeichnet

Saba, ein elfjähriges Mädchen, hat auf einen Schlag ihre Zwillingsschwester Mahtab und ihre Mutter verloren - beide verschwunden. Obwohl man ihr immer wieder versichert, dass sie tot seien, ist Saba auch in den kommenden Jahren fest davon überzeugt, dass den Beiden die Flucht in die USA gelungen ist und sie dort das Leben führen, das Saba sich schon immer wünscht. Der christlichen Minderheit angehörend führen sie und ihr Vater ein zurückgezogenes Leben auf dem Land in einem kleinen Dorf, und trotz ihrer vermögenden Familie ist Saba auf's Engste mit den Menschen dort verbunden. Gemeinsam mit ihren beiden Freunden Reza, in den sie schon immer verliebt war, und der schönen Ponneh, ihrer besten Freundin und fast wie eine Schwester, wächst sie heran und erzählt ihnen immer wieder Geschichten aus dem Leben von Mahtab - ein Leben, wie Saba es gerne selbst führen würde. Wie besessen lernt sie (nicht nur) Englisch, liest nicht erlaubte Bücher aus den USA, hört und sieht verbotene Filme und Musik. Doch sie befindet sich im Iran nach der Revolution - und den Realitäten dieser Gesellschaft kann auch Saba nicht entfliehen.
Welch ein unglaublich schönes und reiches Land - reich an Geschichten, gutem Essen, Musik, Witz, Poesie und jahrtausende alter Kultur. Wenn, ja, wenn es die Mullahs nicht gäbe mit all ihren Gefolgsleuten, die den Bewohnern und bevorzugt den Bewohnerinnen im Namen Allahs das Leben schwer, wenn nicht sogar unerträglich machen. Dina Nayeri, selbst dort geboren und zehn Jahre gelebt, schildert das alltägliche Grauen, dass trotz aller Rückzugsversuche der Menschen in Geschichten und die kleinen Freuden des Lebens immer wieder mit purer Willkür und brachialer Gewalt über sie hereinbricht. Wie die VertreterInnen des iranischen Gottesstaates die kleinsten scheinbaren Vergehen mit gnadenloser Härte bestrafen. Und dennoch - die Menschen dort behalten ihre Lebensfreude bei.
Trotz des in großen Teilen bedrückenden Themas ist das Buch ungemein poetisch und macht deutlich, wie wichtig gerade in solchen Zeiten Freundschaft ist, aber auch das Erzählen von Ereignissen, (egal ob wahr oder falsch) und der Glaube daran. Und es zeigt, wie reich der Iran ungeachtet der lähmenden Verhältnisse nicht nur an Geschichten ist - welch ein wundervolles Land könnte es sein!
PS: Vielleicht könnte man in der nächsten Auflage ein Glossar mit all den herrlichen Ausdrücken anfügen? Das wäre eine wirkliche Bereicherung!

Bewertung vom 16.06.2014
Bannalec, Jean-Luc

Bretonische Brandung / Kommissar Dupin Bd.2


sehr gut

Wer sich auf seinen nächsten Bretagne-Urlaub einstimmen möchte und noch auf der Suche nach Ausflugszielen ist, sollte mal nach diesem Buch greifen. Zwar wird es als Krimi angeboten, doch immer wieder trat dieser angesichts der wirklich wunderschönen Beschreibungen der Glénan-Inseln für mich etwas ins Abseits.
Protagonist ist der bereits vor längerer Zeit aus Paris ins Finistère versetzte Kommissar Dupin, der noch vor Beendigung seines Frühstücks mit dem Fund dreier Leichen konfrontiert wird. Diese wurden an den Strand einer der vielen unbewohnten Inseln des Glénan-Archipels angespült, sodass sich Dupin widerwillig auf ein Boot begeben muss, um den Fundort in Augenschein zu nehmen. Was sich zu Beginn wie ein Unglücksfall ausnimmt, erweist sich jedoch nach den ersten Untersuchungen als ein Dreifachmord - mit mehr Spuren und Verdächtigen als es dem Kommissar lieb ist.
Wie schon zu Beginn angedeutet: Zeitweise wirkte der durchaus passable Krimi im Vergleich zu den geschilderten Landschaftsbeschreibungen fast wie eine Nebenhandlung - äußerst detailreich und mit viel Liebe zu dieser Gegend berichtet der unter Pseudonym schreibende Autor von Land (in diesem Fall Inseln) und Leuten. Mein Rat: Wer vorrangig einen Krimi sucht, sollte sich lieber eine andere Lektüre wählen. Alle Anderen erwartet eine unterhaltsame spannende und immer wieder auch amüsante Geschichte mit jeder Menge Informationen zu den Glénan-Inseln, die neugierig machen. Ich habe mich auf jeden Fall schon mal weiter informiert...

5 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.06.2014
Williams, John

Stoner


sehr gut

Stoner, der Protagonist dieses Buches, wirkt auf Aussenstehende zeit seines Lebens wie ein schüchterner und immer schrulliger werdendes Wesen, wobei fast niemand ahnt, zu welch leidenschaftlichen Gefühlen er fähig ist. Anfang des 20. Jahrhunderts aus den ärmsten Verhältnissen kommend, gelingt es ihm dank der Unterstützung seiner Eltern, englische Literatur zu studieren und eine Professorenstelle zu erhalten. Er heiratet die Frau die er liebt, doch diese ist aufgrund ihrer Erziehung nicht zu positiven Gefühlen fähig - es wird eine lieblose Ehe. Dennoch hadert Stoner nicht mit seinem Schicksal, sondern widmet sich voller Hingabe seiner kleinen Tochter Grace, deren Wesen ganz ihrem Vater gleichkommt. Als seine Frau beschließt, Grace seinem Einfluss zu entziehen, widersetzt er sich nicht und nimmt das Unausweichliche hin.
Immer wieder habe ich mich beim Lesen gefragt, was diesen Menschen so nachgiebig, 'weich' und ohne jeden Ehrgeiz sein lässt, während er andererseits bei anderen wenigen Dingen unnachgiebig auf seinen Prinzipien beharrt, auch wenn sie ihm zum Nachteil gereichen. So gut wie immer verzichtet er darauf seinen Willen durchzusetzen; Wut, Hass oder Ärger sind ihm fast gänzlich fremd, obwohl er dazu vermutlich jeden Grund hätte. Doch er nimmt sein Leben an wie es kommt, sieht die vermeintlichen Beweggründe Anderer hinter ihren Handlungen, auch wenn diese noch so ungerecht und verletztend für ihn sind, denn er ist voller Liebe. Der folgende Absatz, der sich im hinteren Teil des Buches befindet, macht dies vielleicht anschaulich:
"Auf die eine oder andere Weise hatte er sie (die Liebe) jedem Augenblick seines Lebens gegeben und sie vielleicht am reichlichsten gegeben, wenn ihm dies gar nicht bewusst gewesen war. Diese Leidenschaft war weder eine des Verstandes noch des Fleisches, sondern vielmehr eine Kraft, die beides umschloss, als wären sie zusammen nichts anderes als der Stoff, aus dem die Liebe ist, ihre ganz spezifische Substanz. Angesichts einer Frau, eines Gedichts sagte sie einfach: Sieh her! Ich lebe."
Ein Buch über einen Menschen voller Liebe, das einen dennoch etwas traurig zurücklässt - hätte ihn etwas weniger Liebe und ein klein bisschen Egoismus nicht mehr glückliche Momente erleben lassen? Ich weiss es nicht, aber etwas mehr von Stoners Wesen täte unserer Welt sicherlich gut!

12 von 13 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.