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Glüxklaus
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Franken

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Insgesamt 629 Bewertungen
Bewertung vom 13.11.2020
Colgan, Jenny

Wo dich das Leben anlächelt / Happy Ever After Bd.2 (eBook, ePUB)


sehr gut

Klassischer Colgan: unterhaltsam, aufmunternd und nebenher eine Liebeserklärung an die Kraft von Büchern

„Manche Entscheidungen trifft das Leben für uns, manche pirschen sich langsam an, aber bei manchen weiß man noch ganz genau, in welchem Moment man sie getroffen hat“.

Zoe trifft eine besondere, lebensverändernde Entscheidung: Sie steht nicht gerade auf der Sonnenseite des Lebens. Das Geld ist knapp und reicht kaum für die Wohnung, ihr vierjähriger Sohn Hari spricht nicht und Haris Vater entzieht sich seiner Verantwortung. Letzter Ausweg: ein, bzw. zwei neue Jobs. Die junge Frau zieht nach Schottland, übernimmt dort den fahrenden Buchladen, da Eigentümerin Nina demnächst in Mutterschutz gehen wird, außerdem betreut sie als Au-pair die drei Kinder eines Schlossbesitzers. Doch mit der für Schottland bekannten Postkartenidylle hat Zoes neues Leben anfangs überhaupt nichts gemeinsam.

Jenny Colgan schreibt flüssig, angenehm und klar. Ohne Umschweife versetzte ich mich dadurch sofort in Zoes Geschichte und ihr neues Leben hinein.

Eine ganze Menge Personen spielen in „Wo dich das Leben anlächelt“ entscheidende Rollen. Da ist natürlich zunächst Protagonistin Zoe. Es fällt leicht, sich mit der sympathischen, netten Frau zu identifizieren. Sie ist ein sehr sozialer, ruhiger, geduldiger Mensch, der stets für alle das Beste will und daher wollte ich als Leserin das auch für sie. Ihr neuer Arbeitgeber, der ungelenke Schlossher Ramsey wirkt zwar ähnlich unnahbar wie Mr Rochester aus Jane Eyre, aber trotzdem auf ganz andere Art. Seine verschlossene, zutiefst unglückliche Tochter Mary scheint verloren und steht im völligen Gegensatz zu ihrem Bruder dem aufgeweckten, fröhlichen, ständig plappernden Patrick. Und dann ist da auch noch Zoes stummer Sohn Hari, der Zoe solche Sorgen bereitet. Eine sehr vielfältige Mischung, die verschiedenen Charaktere des Romans. Für Colgan-Fans eine nette Überraschung, dass Nina und Surinder aus dem ersten Band der Reihe zwar keine Hauptrollen spielen, aber doch Gastauftritte haben und mit den Figuren verbunden sind.

Jenny Colgan steht für Eskapismus-Romane, „rosa“ Bücher zum Wegträumen, Frauen, die einen kompletten Neuanfang wagen, um ihr Glück zu finden. Genau darum geht es auch in „Happy Ever After- Wo dich das Leben anlächelt“. Anfangs lächelt das Leben Protagonistin Zoe sehr selten an, es streckt ihr vielmehr immer wieder die Zunge heraus. Manche Ereignisse, die ihr widerfahren, vor allem auch im Zusammenhang mit Mary, sind wirklich ziemlich traurig und bedrückend. Doch Zoe gibt nicht auf. Als Leser muss man da einfach mitgehen, ihr mit vollem Einsatz die Daumen drücken, dass für sie und die anderen alles gut wird, ganz im Sinne des märchenhaften „Happy Ever After“. Die Geschichte ist zwar vorhersehbar und wenig tiefgründig - Probleme klingen kurz an und werden dann viel zu schnell gelöst- aber genau das gehört einfach zu Jenny Colgan. Eine unterhaltsame, aufmunternde Gute- Laune- Geschichte voller positiver Energie. Und nebenher geht es immer wieder um besondere, manchmal magische Seelenretter: Bücher! Für Buchliebhaberinnen und alle, die sich nach sonnigen Happy Ends sehnen.

Bewertung vom 12.11.2020
McFarlane, Mhairi

Aller guten Dinge sind zwei


sehr gut

Von falschen Beziehungen und echten Gefühlen: britische Romantikkomödie zum Lesen

Aus heiterem Himmel wird Laurie von ihrem langjährigen Freund Dan verlassen. Sie versteht die Welt nicht mehr. Als sie mit Kanzleicasanova Jamie im Aufzug steckenbleibt, entwickeln die beiden einen Plan: Sie geben vor, ein Paar zu sein, um Dans Eifersucht zu wecken und Jamies Ruf und seine Aufstiegschancen in der Kanzlei zu verbessern. Schließlich gilt Laurie als äußerst integer und beliebt bei den Partnern. Doch Pläne sind dazu da, zunichte gemacht zu werden, vor allem wenn das Leben dazwischenfunkt...

Autorin Mhairi McFarlane pflegt einen locker-leichten, witzigen und angenehmen Schreibstil. Sie schildert klar und anschaulich Lauries Perspektive der Geschichte, rasch versetzte ich mich in Lauries Situation hinein und konnte mich recht gut mit der Figur identifizieren .

Mhairi Mc Farlane kennt sich aus mit Menschen, ihrem Verhalten, ihren Gefühlen, ihren Wünschen, ihren Beziehungen, ihren seelischen Verletzungen. Zwar sind ihre Figuren mitunter recht klischeebeladen und werden teilweise etwas oberflächlich und einseitig dargestellt, aber sehr oft erkennt man sich und andere auch wieder in den Charakteren, hat dabei das Gefühl, die Autorin beobachtet ihre Umgebung exakt und weiß genau, wovon sie schreibt. Bei ihren Protagonisten treten einige ziemlich tiefe, ehrliche, realistische Gefühle und erstaunlich treffende Beziehungs- und Verhaltensmuster auf. Mit Laurie, die so sympathisch, tief verletzt, authentisch und im Beruf sehr professionell rüberkommt, musste ich einfach mitfiebern und- leiden. Und unangenehme Charaktere wie Claire oder Michael gehören zu einem McFarlane-Roman immer dazu, ohne Gegenwind wäre die Geschichte ja auch langweilig.

Finden Laurie und Dan wieder zueinander? Kann eine Fake-Beziehung wirklich funktionieren?
Und kommt es für Laurie schließlich zum Happy End?
McFarlanes neuester Roman hat mich mitgenommen: Gefühlvoll, unterhaltsam und witzig wie eine typisch britische Liebeskomödie zum Lesen, Kino im Kopf. Am Ende wird zwar etwas dick aufgetragen, aber die große Liebe ist nun mal zweifelsohne sehr süß.

Bewertung vom 11.11.2020
Eich, Eva

Escape Room Adventskalender. Die drei unheimlichen Geschenke


ausgezeichnet

Abwechslungsreicher, motivierender und spannender Adventskalender für kleine Knobelfreunde

Kurz vor Weihnachten finden Toni und Luka drei merkwürdige Geschenke in ihrem Zimmer, in ihnen ist eine mysteriöse Nachricht vom Weihnachtsmann versteckt. Dieser wurde entführt und bittet die Geschwister um Hilfe. Die Spinne Melitta und Rentier Rudolph begleiten die Kinder auf ihrer abenteuerliche Suche. Was ist bloß genau passiert? Und wird es Toni und Luka gelingen, Weihnachten zu retten?
Um ans Ziel zu gelangen, müssen die Kinder einige knifflige Rätsel bewältigen, aber ohne die aktive Mithilfe der Leser geht es natürlich nicht. Da sind die grauen Zellen der Leser oft ganz schön gefordert. Wenn sie Toni und Luka nicht auf die richtige Spur bringen, werden die kleinen Helden mit ihrer Mission scheitern und der Geist von Weihnachten bleibt ihnen verwehrt.

Der kreative Rätseladventskalender ist in eine spannende, weihnachtliche Geschichte eingebunden. Diese ist kindgemäß und unterhaltsam formuliert und angenehm flüssig zu lesen. Es macht Spaß, die neugierige, aufgeweckte Toni und ihren zurückhaltenden, skeptischen Bruder Luka bei ihrem Abenteuer zu begleiten. Die lustigen, aber manchmal auch durchaus besinnlichen Illustrationen passen sehr gut zur Handlung. Da kommt rasch weihnachtliche Stimmung auf.

Ganz unterschiedliche Schwierigkeitsgrade haben die vielfältigen Rätsel - von recht einfach bis ziemlich verzwickt. Da finden sich Geheimschriften, unterschiedliche Bilderrätsel, Tüftel- und Wissensfragen, Rebusse, verschiedene Labyrinthe, Codes, Worträtsel und Rechenaufgaben. Hier ist sicherlich für jeden Geschmack etwas dabei. Der Altersempfehlung ab acht, neun Jahren würde ich zustimmen, meine neunjährige Tochter kam mit den Rätselaufgaben überwiegend alleine und selbstständig zurecht.
Der Kalender ist recht handlich und kompakt aufgemacht, im Querformat, etwas größer als DIN A 5.

Adventskalender, Rätselbuch und Weihnachtsgeschichte in einem: eine wirklich tolle Idee! Meine Tochter war durchgehend mit großer Freude dabei. Wie bei Adventskalendern üblich, lässt sich das Ganze eigentlich nur einmal lösen, es sei denn, man bearbeitet die Rätsel ganz vorsichtig mit Bleistift. Aber immerhin bleibt am Ende das Buch ganz und so die Geschichte komplett zum nochmal Lesen erhalten. Für uns eine besondere Schwierigkeit, die große Selbstbeherrschung erfordert, täglich nur ein Rätsel zu bearbeiten. Die Rätsel machen leider ganz schnell süchtig. Unterm Strich ein sehr motivierendes Buch voller Vorfreude: Kreativ, knifflig, eine schöne Herausforderung für Rätsel- und Weihnachtsfreunde. Uneingeschränkt empfehlenswert!

Bewertung vom 09.11.2020
Sandberg, Ellen

Die Schweigende (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Erschütternd

Kurz vor seinem Tod verspricht Imke ihrem Vater Jens, herauszufinden, was mit Peter geschah. Dabei hat sie keine Ahnung, wer Peter eigentlich ist. Sie beginnt zu recherchieren und stößt auf ein unfassbares Geheimnis aus der Vergangenheit ihrer Mutter. Währenddessen beginnt es in der Familie zu brodeln: Mutter Karin schafft es nicht, den Tod ihres Mannes zu verwinden und zwischen Imkes Schwestern Geli und Anne entbrennt ein erbitterter Streit ums Geld.

Ellen Sandberg schreibt gewohnt angenehm, unkompliziert und fesselnd. Binnen kürzester Zeit war ich von ihrer Geschichte vollkommen gebannt. Die Autorin erzählt abwechselnd aus der Sicht von Mutter Karin und ihren Töchtern Anne, Imke und Geli. Es geht dabei sowohl um deren aktuelle Situation als auch um Rückblenden aus Karins Jugend.

Wie auch in ihren früheren Romanen hat die Autorin einige sehr schwierige, unbequeme Charaktere konstruiert. Es fällt schwer, uneingeschränkt Sympathien für eine Figur zu empfinden. Die drei Schwestern Imke, Geli und Anne sind sehr unterschiedlich, obwohl sie doch in derselben Familie großgeworden sind. Anne beispielsweise wird als äußerst unangenehm beschrieben: geltungssüchtig, rachedurstig, rücksichtslos, aufbrausend, berechnend. Auch zu Mutter Karin, die alle von sich stößt, baute ich keine emotionale Verbindung auf. Erst nachdem ich ihre ganze Biographie kannte, wurden ihre Reaktionen für mich verständlicher und nachvollziehbarer. Ellen Sandberg schildert sehr anschaulich, wie Menschen zu dem werden, was sie sind, welchen Einfluss bestimmte unvorstellbar schreckliche Ereignisse, erlittene Traumata, auf das ganze Leben haben und wie diese sogar noch nachfolgende Generationen berühren können. Da sei ihr verziehen, dass manche Figuren recht einseitig dargestellt werden, dient das doch teilweise dazu, Mitgefühl für verlorene, zerstörte Seelen zu wecken. Und das haben diese dringend nötig.
Auch in „Die Schweigende“ tauchen Figuren aus vorherigen Büchern der Autorin auf, Manolis Lefteris oder die beliebte Kommissarin Gina Angelucci. Diese kleinen Gastvorstellungen gefallen mir als Fan gut.

Unvorstellbar! Schockierend! Grausam! Entsetzlich!
Leopold, ein Betroffener, bringt es auf den Punkt. „Manches kann man fast nicht erzählen. Dafür hat der Mensch keine Worte. Die müsste man erst erfinden. Worte für das, was die hier getan haben.“
Was Karin und andere Kinder unter dem Deckmantel der Nächstenliebe und Barmherzigkeit erleiden mussten, dafür gibt es wirklich keine Worte. Ich möchte gerne glauben, dass die Autorin das alles nur erfunden hat. Aber ich fürchte, dass es sich durchaus ähnlich zugetragen hat und dass die beschriebenen Zustände nicht rein fiktional, sondern leider realistisch sind.
Alle Menschen habe ihr Päckchen zu tragen, aber manche Päckchen sind so schwer, dass ich mich frage, wie es nur möglich ist, sie überhaupt zu schultern.
Unfassbar, wozu Menschen fähig sind, wenn erstmal eine Schwelle überschritten ist, wenn Gewalt und seelische Grausamkeit irgendwann Normalität werden und alle Hemmungen fallen...Zu oft sind es die Kinder, die schutzlos ausgeliefert sind, die keinen Fürsprecher, keine Lobby haben, die vergessen werden und die büßen müssen.
Ellen Sandbergs Roman schockiert, schont nicht, geht wirklich unter die Haut und wird mir noch sehr, sehr lange im Gedächtnis bleiben. Erschütternd, aber absolut lesenswert!

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.11.2020
Woolf, Julia

Marigolds Töchter


sehr gut

Ein Roman wie eine wärmende geblümte Sofadecke

„Was ist falsch am Jetzt?“

Marigold führt einen kleinen Lebensmittelladen in einem englischen Dorf, bei den Dorfbewohnern ist die ältere Frau sehr beliebt. Sie lebt mit ihrem Mann Dennis, ihrer Mutter Nan und Tochter Suze in einem Häuschen am Dorfrand. Als Tochter Daisys langjährige Beziehung mit dem Italiener Luca zerbricht, kehrt auch diese nach Hause in den Schoß der Familie zurück. Für so viele Bewohner ist das Haus eigentlich zu klein. Doch bald schon ist der beengte Platz nicht das einzige Problem. Marigold, auf die sich alle stets verlassen können, wird immer vergesslicher....

Julia Woolf schreibt klar und gut verständlich, der Roman liest sich flüssig. Durch die kurzen Sätze und die einfachen Satzstrukturen wirkt der Schreibstil schlicht, stellenweise fast naiv und einfältig. Dies passt recht gut, sowohl zu Marigolds einfacher, unkomplizierter Persönlichkeit als auch zu dem bodenständigen Dorf.

Im Mittelpunkt des Romans steht die liebenswerte, herzensgute Marigold, für ihre Familie und die Dorfgemeinschaft verlässlicher Fels in der Brandung. Sie ist durch ihr freundliches, positives Wesen bei allen beliebt. Dass ausgerechnet sie mit gesundheitlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, finden alle Beteiligten tragisch und ungerecht. Marigold ergänzt sich perfekt mit ihrem Ehemann Dennis, auch er ist ein unkomplizierter, positiver Charakter, der zufrieden in sich ruht und seine Frau über alles liebt. Probleme versucht er lieber zu verdrängen.
Mir hat Marigolds Mutter Nan sehr gut gefallen. Über ihr ewiges Genörgel, das sie eigentlich gar nicht so meint, und ihre sehr direkte Art musste ich mich oft amüsieren. Nans raues, harsches Verhalten nach außen steht im Widerspruch zu ihrem weichen inneren Kern. Nans Charakter finde ich glaubwürdig, mir sind auch im echten Leben schon ältere Damen ihres Kalibers begegnet. Im Gegensatz zu ihrer Großmutter bleiben Marigolds Töchter, vor allem Daisy, blass und langweilig. Dass bestimmte Charakterzuschreibungen ständig etwas plump wiederholt werden - so wird Suze mehrmals unverblümt als „egoistisch“ beschrieben - hat mich etwas gestört. Zum Glück schafft es Suze noch, alle zu überraschen.
Im Dorf leben zudem noch einige sehr spezielle, skurrile, aber auch klischeebeladene Charaktere, die Tratschtante Eileen zum Beispiel oder der gegen Maulwürfe kämpfende Commodore.

Gerade in schwierigen Zeiten, in denen uns gemeinsame Anstrengungen immer mehr entzweien, in denen Blockwartmentalität wieder weitverbreitet ist, Nachbarschaftshilfe mitunter mit Kontrolle der Regeleinhaltung gleichgesetzt wird und zum eigenen Schutz angeraten ist, sich selbst und die Mitmenschen als potentiell infektiös zu betrachten, ist Julia Woolfs Geschichte eine absolute Wohltat für die Seele. Ein ganzes Dorf hilft, rückt zusammen, versöhnt sich, konzentriert sich auf das Wesentliche, um einem Mitglied der Gemeinschaft zu helfen. Ein bisschen spießig zweifelsohne, aber genau die Art von Spießigkeit, nach der ich mich manchmal sehne, die altmodische geblümte Sofadecke, die angenehme Wärme verbreitet . Auch wenn die Handlung ein wenig kitschig anmutet, ist der Roman jetzt genau das Richtige. Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt, Solidarität das sind Werte, die immer goldrichtig sind und in schwierigen Situationen noch wichtiger werden.
Marigold hat zudem Recht, wenn sie immer wieder fragt: „Was ist falsch am Jetzt?“. Sorgen können wir uns immer machen, die Zukunft haben wir nicht in der Hand. Aber das Jetzt lässt sich in der Regel leichter schön gestalten und genießen, es ist real.
Ein trotz aller Traurigkeit zuversichtlicher, vielleicht etwas naiver und seichter, aber wunderschöner Roman, der uns daran erinnert, was eigentlich wichtig ist und was Nächstenliebe, Solidarität, Liebe und Zusammenhalt bewirken können.

Bewertung vom 02.11.2020
Stronk, Cally

Die Jagd beginnt! / Die Jagd nach dem magischen Detektivkoffer Bd.1


sehr gut

Aufregendes, geheimnisvolles und rätselhaftes Erstlese-Krimiabenteuer

Die Zwillinge Marie und Lukas bekommen von Tante Gundula zum Geburtstag erst einen geheimnisvollen Brief und dann ein mysteriöses Paket, das sie sich vom Zoll am Flughafen abholen müssen. Doch schon am Flughafen versuchen zwei Gauner das Paket zu stehlen. Zum Glück können Marie und Lukas das aber noch rechtzeitig verhindern. Zu Hause wartet die nächste Überraschung: Im Paket befindet sich ein Koffer mit äußerst merkwürdigem Inhalt, einem verstaubter Hut, einem uraltem Fernglas und einer Straßenkarte. Was hat es mit diesen alten Sachen bloß auf sich?

Autorin Cally Stronk schreibt klar, gut verständlich und kindgemäß. Die recht kurzen Sätze erleichtern Kindern ab sieben Jahren, Zweitklässlern, das Lesen. Die Schrift ist der Übersichtlichkeit und besseren Lesbarkeit wegen etwas größer gedruckt. Sehr gelungen finden meine Kinder und ich die bunten ausdrucksstarken Illustrationen. Die ansprechenden, witzigen Bilder sorgen für Abwechslung und Lebendigkeit. Schön auch, dass die Hauptfiguren anfangs vorgestellt werden.
Ein großes Plus sind die Rätsel, die Leser werden direkt aufgefordert, kleine Rätselfragen zu lösen, um Marie und Lukas zu helfen. Diese sind allerdings für die selbstständigen Leser vermutlich etwas zu leicht und wenig herausfordernd, meine fünfjährige Tochter bewältigte sie problemlos. Zum Vorlesen ist die Geschichte für Kinder ab fünf Jahren geeignet.

Marie und Lukas sind neugierige, aufgeweckte und abenteuerlustige Kinder, in die sich die Leser und Zuhörer sofort hineinversetzen können und mit denen sie gleich mitfiebern. Mit Theodor Topf und Doris Deckel bekommen es die Zwillinge mit zwei sehr unterschiedlichen, etwas tollpatschigen Ganoven zu tun, die trotz ihrer bösen Absicht auch ganz schön komisch und unterhaltsam wirken. Ein sehr seltsames Pärchen.

Insgesamt eine spannende aufregende Jagd nach dem Koffer, die meinen Kindern (neun, sechs und fünf Jahre alt) Spaß gemacht hat. Der kleinsten Tochter haben es vor allem die Bilderrätsel sehr angetan, die sie mit Begeisterung gelöst hat. Das Ende hingegen hat uns nicht überzeugt. Hier wird schon auf eine Fortsetzung hingearbeitet, abgeschlossen ist das Buch leider nicht. Der Schluss wirkt im Gegenteil irgendwie unfertig und abrupt.
Ein motivierendes Erstlesebuch mit turbulenter, spannender Geschichte und abwechslungsreichen einfachen Rätseln, aber schwachem Ende.

Bewertung vom 02.11.2020
Harmel, Kristin

Das letzte Licht des Tages


sehr gut

Packende, emotionale Geschichte mit etwas zu viel Dramatik

1940: Inès und Michel sind frisch verheiratet und leben auf Michels Weingut in der Champagne, gemeinsam mit dem Kellermeister Theo und dessen Frau Celine, die Inès freundlich, aber distanziert begegnet. Die junge Ehe verläuft nicht ohne Probleme, Inès fühlt sich nicht uneingeschränkt geliebt. Und als die Deutschen Frankreich besetzen, legt sich ein weiterer Schatten über aller Leben, Celine ist Halbjüdin und nun nicht mehr sicher. Michel unterstützt im Geheimen die Résistance und auch Inès muss sich für eine Seite entscheiden.
2019 reist die Amerikanerin Liz nach dem Scheitern ihrer Ehe mit ihrer Großmutter Edith in die Champagne. Edith hat eine besondere Verbindung zu der Gegend, das spürt Liz. Doch Edith schweigt beharrlich über die wahren Beweggründe, die sie zu dieser Reise veranlasst haben.

„Das Licht des Tages“ liest sich einfach, unkompliziert und flüssig. Kristin Harmels Schreibstil macht es dem Leser leicht, sofort einen Bezug zur Geschichte und den handelnden Personen aufzubauen. Abwechselnd wird die Perspektive von Inès und Celine während des Krieges geschildert und die von Liz im Jahre 2019. Diese derzeit populäre und übliche Erzählweise sorgt für Abwechslung. Die Kapitel lassen sich wie Einzelteile zu einem Ganzen zusammensetzen, das erst zum Schluss stimmig und komplett wird.
Das Cover mit dem Bild einer Weinrebe spielt auf den Ort des Geschehens, die Champagne an, den Beginn der einzelnen Kapitel ziert jeweils eine Traube. Für mich hätte es die kleinen Bilder allerdings nicht unbedingt gebraucht, sie wirken etwas kitschig. Auch der Klappentext ist meiner Ansicht nach nicht hundertprozentig gelungen, verrät er doch zuviel und lenkt so die Erwartungen der Leser recht stark.

Kristin Harmel erzählt hauptsächlich von den drei Frauen Celine, Inès und Liz. Während Liz und Celine fast blass und undeutlich erscheinen, wird Inès ganz klar und ausführlich gezeichnet. Sie ist eine sehr emotionale Frau, die sich nach Liebe und Anerkennung sehnt und die durch unglückliche Umstände in eine Situation getrieben wird, die nicht gut ausgehen kann. Inès macht Fehler, reagiert spontan und wird dabei von ihren Gefühlen bestimmt. Sie ist nicht perfekt, sondern menschlich und nahbar. Die Menschlichkeit, diese Ecken und Kanten hätte ich mir für die anderen Figuren auch gewünscht. Einige andere Charaktere sind schwer fassbar, wirken etwas verschwommen, undifferenziert oder zu schwarz-weiß.

Was für eine dramatische mitreißende Geschichte! Am Ende war ich ziemlich mitgenommen und schockiert von den Ereignissen. An manchen Stellen wirkte die Handlung allerdings fast etwas zu dramatisch, zu konstruiert. Zuviele Zufälle machen einige Aspekte doch etwas unglaubwürdig.
Nebenher wird wiederholt auch die Champagnerherstellung thematisiert. Informativ, aber mitunter etwas langatmig.
Kristin Harmel hat den Zwiespalt, die Zwickmühle, in die Menschen ganz unvermittelt geraten können, sehr anschaulich und eindringlich dargestellt. Manchmal ist es nicht immer so einfach und klar, wie es aussieht und kein Mensch kann so leicht aus seiner Haut und unabhängig von seinen Gefühlen agieren, das stellt die Autorin sehr ein- und nachdrücklich dar.
Ein emotionsgeladener Roman über Schuld, Liebe, verletzte Gefühle, Verrat und Schicksal, vielleicht etwas zu sehr auf Effekt und Sensation gemacht, aber durchaus unterhaltsam und packend.

Bewertung vom 30.10.2020
Greiner, Lena;Padtberg-Kruse, Carola

Unser Mathelehrer unterrichtet von draußen - damit er dabei rauchen kann!


sehr gut

Lehreranekdoten von ziemlich komisch bis extrem merkwürdig - unterhaltsamer kleiner Lesesnack für zwischendurch

Wer kennt sie nicht die Geschichten über eine besondere und uns allen aus eigener Erfahrung gut bekannte Berufsgruppe, die Lehrer?
Die Autoren Lena Greiner und Carola Padberg riefen SPIEGEL-Leser auf, ihnen Anekdoten aus ihren Klassenzimmern zu schicken.
„Schule ist wie Sitcom“ schrieb daraufhin eine Schülerin und die eingesandten Storys beweisen eindeutig, dass sie Recht hat. „Unser Mathelehrer unterrichtet von draußen, damit er dabei rauchen kann“ widmet sich verrückten Lehreraktionen, schrägen Aufgabenstellungen an Schüler, expliziten merkwürdigen Unterrichtsstunden, fiesen Lehrersprüchen, wichtigen Schulrechtsfragen, sehr individuellen Spleens von Pädagogen, der Charakterisierung besonderer Lehrertypen, Pech und Pannen im Unterricht, Null-Bock-Lehrern und anonymen geheimen Lehrergeständnissen.
Da erfährt man in flüssiger, flotter Erzählweise u.a. von einer kafkaverabscheuenden Deutschlehrerin, einem Religionslehrer, der sich mit Hilfe stinkender Schuhe Gehör verschaffen will, zahlengläubigen Lateinlehrern und Ultraschall-Störgeräuschsendern als Disziplinierungsmaßnahme.
Es wird dabei mehr als einmal deutlich: „Die Kontrolle - vor allem über sich selbst- eben nicht zu verlieren, ist die große Kunst des Lehrerberufs.“

Ziemlich absurd, bizarr, merkwürdig, skurril und befremdlich, was es da zu lesen gibt. Meist witzig - Humor ist ja immer auch ein bisschen Geschmacksache- manchmal zum Kopf schütteln, aber auch etwas nachdenklich stimmend.
„Lehrer sind großartiges Comedy-Material. Man kann sie so herrlich zu Klischees formen. Und sie haben eine enorme Gestaltungsfreiheit in ihrem Beruf, dass daraus manchmal sehr wundersame Persönlichkeiten erwachsen“ bringt es der Comedian und Ex-Lehrer Johannes Schröder auf den Punkt.

Eine unterhaltsame Sammlung an Anekdoten, nicht unbedingt am Stück zu lesen, sondern eher immer mal wieder zur Auflockerung zwischendurch zu genießen. Ein kleiner literarischer Snack für die Kaffeepause oder zur Verbesserung der Grundstimmung an anderen stillen, ruhigen Örtchen. Prädikat ziemlich komisch.