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Ranke
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Remagen

Bewertungen

Insgesamt 76 Bewertungen
Bewertung vom 15.08.2023
Lehane, Dennis

Sekunden der Gnade


ausgezeichnet

Atem angehalten
Jules (17) ist verschwunden, am Vorabend der Rassenunruhen in Boston aus Anlass des Busing 1974.
Mary Pat, die wie die meisten Weissen von irischen Einwanderern abstammt, versucht ihre Tochter zu finden. Mary Pat lebt allein, der Sohn ist schon Drogen zum Opfer gefallen. Sie lebt in ärmsten Verhältnissen. Schlägereien, Drogen, Alkohol sind an der Tagesordnung.
Beim zweiten Lesen kam ich mit der Handlung gut zurecht. Etwas störten mich Dialoge, in denen bewusst unklar bleiben soll, worum es geht. "Du weisst schon..." usw. Ich verstehe das aber nicht.
Zunächst tat ich mich auch schwer, die vielen Protagonisten und ihre Nicknames auseinander zu halten.
Ich las das Buch dann ein zweites Mal und das hat sich wirklich gelohnt.
Das Buch ist spannend von vorne bis hinten uns zieht einen tief in den Rassismus hinein, der auch heute noch die USA und die Welt beherrscht.

Bewertung vom 15.08.2023
Robben, Jaap

Kontur eines Lebens


ausgezeichnet

Ergreifend und tieftraurig
Was für ein Buch, Jaap Robben versteht es, in allen Aspekten seines jüngsten Romans genau die richtigen Worte zu wählen. Ich habe es an einem Tag ausgelesen und bin wirklich sehr ergriffen.
Frieda, deren Mann Louis völlig überraschen gestorben ist, kommt in ein Seniorenheim. Allein schon der erste Tag und die erste Nacht im Heim sind so dicht und nachvollziehbar beschrieben, daß es mir richtig unter die Haut ging. Ihr einziger Sohn Tobias, der mit 48 zum ersten Mal Vater wird, kümmert sich rührend um die Mutter. Er versteht aber nicht, warum sie oft so abweisend oder undankbar auf ihn wirkt.
Er ist logischerweise auch sehr befremdet, dass die Mutter morgens unter der Dusche einen Pfleger schlägt, und zwar so, dass ihre Hand anschließend gebrochen ist.
Frieda liebt ihren Sohn und auch ihren verstorbenen Mann.
Aber sie kommt gedanklich von ihrer Jugendzeit Anfang der 60er Jahre nicht los. Völlig unerfahren verliebte sie sich damals in den wesentlich älteren und verheirateten Otto, einen sensiblen Mann.
Frieda wird schwanger, bemerkt es zunächst nicht, verdrängt es dann und wird als nicht mehr zu leugnen ist, von ihren Eltern vor die Lösung gestellt, Rauswurf, das Kind bei der Schwester auf dem Bauernhof bekommen oder im Nonnenkloster und es nach der Geburt zur Adoption freigeben. Ihr Arbeitgeber wirft sie hinaus.
Frieda entschliesst sich, völlig mittellos, das Kind zu bekommen.
Am Ende schließt sich der Kreis, ich möchte dem jetzt hier nicht vorgreifen.

Wie gesagt, der Roman ist sehr feinfühlig geschrieben, sprachlich gut umgesetzt, auch in der hier vorliegenden Übersetzung vom Niederländischen ins Deutsche.
Wirklich ein Ausnahmebuch.

Bewertung vom 16.07.2023
Mank, Ute

Elternhaus


ausgezeichnet

Geht nah
Das Elternhaus und alte Eltern, die nicht mehr alleine klar kommen, das kennt fast jeder. In diesem Buch ist es das Elternhaus von Sanne, Petra und Gitti, wobei Sanne die älteste Tochter ist. Sie wohnt in der Nähe und kümmert sich vorrangig um die Eltern. Hier spielt auch die Geschwisterrolle hinein. Die Älteste ist tonangebend. Sanne prescht etwas zu weit vor, und verfrachtet die Eltern , ohne das die das wünschen, in eine behindertengerechte Wohnung. Sie bekommt auch das alte schmale Häuschen. Sanne ist verheiratet, hat Mann, Haus und zwei Erwachsene Kinder. Petra, die mittlere Tochter, ist die Intellektuelle, wohnt weit weg, fühlte sich nur richtig dazugehörig und wird von Sanne nicht einmal über den Auszug der Eltern informiert. Petra ist alleinstehend und schwer beziehungsgestört. Gitti, die jüngste Tochter ist verheiratet ohne Kinder und steht etwas Rande des Geschehens.
Die Geschichte ist sehr tiefsinnig, was macht es mit den Eltern und Töchtern, wenn das Elternhaus plötzlich leer steht. Die Gedanken und Gefühle bei jeder einzelnen Tochter sind extrem vielschichtig. Keiner ist nur positiv oder negativ und in jedem einzelnen Leben wird das Unterste zuoberst gekehrt. Welche Bedeutung hat das "Elternhaus" für uns?

Bewertung vom 03.06.2023
Lüpkes, Sandra

Das Licht im Rücken


gut

Tolles Thema - Umsetzung etwas langatmig
"Das Licht im Rücken" ist das erste Buch, das ich von Sandra Lüpkes gelesen habe.
Sowohl der Einband und die vielen historischen Fotos im Buchinnern, als auch der Klappentext haben viel versprochen.
Die Erfindung der Leica, also der Leitz-Kamera, von Oskar Barnack, die Geschichte der Familie Leitz in Wetzlar und der Leitz-Werke in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und die Geschichte der fiktiven Familie Gabriel und dem Haus der Präsente werden dargestellt und miteinander verwoben. Der Einfluss der Nazis auf das Leben der Akteure wird intensiv dargelegt.
Obwohl der Inhalt des Buches sehr gut recherchiert ist und auch die Weiterentwicklung der mobilen Kamera wirklich toll dargestellt ist, empfand ich die ganze Story sehr langatmig. Die Charaktere waren mir zu wenig empathisch. Die Erzählform Präsens hat auch nicht unbedingt zur Verbesserung beigetragen.
Schade, irgendwie fehlte mir was. Kein richtiger Roman aber auch kein richtiges Sachbuch.

Bewertung vom 03.05.2023
Brauer, Antonia

Das Mädchen im Zitronenhain


sehr gut

Urlaubslektüre
Wie der Titel so schön ist auch das Cover. Die Lust auf Sonne, See, Zitrone und Urlaub werden geweckt.
Die Story handelt von Vicki, aufgewachsen im Krieg in München und Freising, die sich schon während ihrer Kindheit und Jugend durch besondere Pfiffigkeit und Organisationstalent auszeichnet. Sie ist willemstark und ehrgeizig und studiert in den 50er Jahren in München als eine der ersten Frauen Kunst und Design. Bei einem Kostümwettbewerb gewinnt sie mit ihrer Freundin eine Reise ins Hotel Fasano am Gardasee. Damit nicht genug, sie verliebt sich dort in Antonio, den Sohn des Hoteliers vom Grand-Hotel. Es folgt eine Liebesgeschichte, mit Höhen und Tiefen.
Eigentlich war die Figur der Vicki recht schillernd angelegt, dieser Eindruck flacht im Laufe der Zeit aber ab. Die Geschichte verliert dadurch an Dynamik.
Was ich aber als richtig problematisch empfinde, sind die Zeitspanne zwischen den einzelnen Kapiteln. Am Beginn des Buches ist das kein Problem, denn die Sprünge zwischen Kindheit und Studienbeginn von Vicki sind schlüssig.
Im späteren Verlauf, macht Toni ihr irgendwann einen Heiratsantrag und einige Seiten später erneut. Da geht es ein oder zwei Jahre zurück. Da hat man auch schonmal übers Heiraten gesprochen. Rücksprünge von nur ein oder zwei Jahren sind verwirrend. Da hätte ich mir mehr Stringenz gewünscht.
Alles in allem eine nette Urlaubslektüre, die mir etwas zu wenig Tiefgang hat.

Bewertung vom 29.03.2023
Martin, Noah

Florentia - Im Glanz der Medici


ausgezeichnet

Geschichte wird lebendig
Schöner Historienroman, der das Leben in Florenz in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts eindringlich beleuchtet. Die Familie Medici, die die Geschicke der Stadt lenkt, das Werden berühmter Maler wie Sandro Botticelli und Leonardo da Vinci, all das lernt man kennen. Liebe und Intrigen kommen nicht zu kurz. Das ganze wirkt gut recherchiert und fast alle Personen, die im Buch vorkommen, haben real existiert.
Sehr gut finde ich die Auflistung der wichtigsten Akteure vorne im Buch. So kann man immer wieder nachschauen, wer wer ist.
Ein schönes Buch, in dem die Geschichte einer großen Epoche zum Leben erweckt wird. So kann man auch als Nicht-Historiker diese spannende Zeit miterleben.
Das Cover mit einem Ausschnitt aus einem berühmten zeitgenössischen Gemälde rundet den gut zu lesenden Roman ab.
Ein empfehlenswertes Buch, gerne auch als Urlaubslektüre.

Bewertung vom 13.03.2023
Gastmann, Dennis

Dalee


ausgezeichnet

Ergreifend
Der neue Roman von Dennis Gastmann mit dem Titel "Dalee" ist nach einem der beiden Hauptdarsteller benannt, einem grossen grauen Arbeitselefanten.
Das wunderschöne blaue Cover zeigt Dalee und den Elefantenführer Bellini, ein Junge, der die Familientradition fortführt, beim Schwimmen im Ozean.
Der Roman ist sehr poetisch geschrieben aus der Sicht von Bellini über seinen Elefanten.
Erzählt wird vom Familienleben mit Eltern und jüngerem Bruder. Es geht auf einem rostigen Seelenverkäufer, in dessen Bauch eine Gruppe von Arbeitselefanten mit ihren Führern tagelang hausen, auf eine Insel, auf der noch keine Elefanten heimisch sind. Bellini verbringt die Reise mit seiner Mutter und dem Bruder und den anderen mitreisenden Familien auf dem oberen Deck.
Allein schon die Beschreibung dieser Reise mit allem Dreck und Brutalität verlangte mir einiges ab.
Es folgt die erlebnisreiche Zeit auf der Insel. Wahnsinnig interessant finde ich, was ich über Elefanten und das Zusammenleben mit ihnen lernen konnte.
Die Erzählweise empfinde ich als etwas schwer lesbar, werde also das Buch noch ein zweites Mal lesen. Mir persönlich gingen die Beschreibungen der sozialen und hygienischen Zustände etwas zu nah.
Alles in allem ein atemberaubendes Buch.

Bewertung vom 25.02.2023
Boks, Aron

Nackt in die DDR. Mein Urgroßonkel Willi Sitte und was die ganze Geschichte mit mir zu tun hat


gut

Reise in die DDR-Kunstgeschichte
Das Cover wirkt sehr professionell mit dem dicken pinken Farbstreifen, der diagonal über ein Gemälde Sittes verläuft.
Die Idee, die hinter dem Buch steckt gefällt mir. Der junge Aron Boks (Jahrgang 1997, also aus der Postwendezeit) entdeckt, dass ein Gemälde seines Urgroßonkels Willi Sitte, sich noch in Familienbesitz befindet. Es handelt sich um das Werk "Die heilige Familie". Nach Befragung der älteren Familienmitglieder möchte Aron Bols weitere Nachforschungen über den Maler und dessen Werdegang in der DDR anstellen und begibt sich auf Recherchereisen, die ihn bis nach Italien führen. Es entsteht eine Biographie aus heutiger Sicht und mit vielen Aha-Effekten. Soweit ich das beurteilen kann, ist diese Biographie sehr gut recherchiert und in Einzelheiten dokumentiert. Viele Anmerkungen und Literaturhinweise runden das Werk ab.
Leider fehlt mir ein tabellarischer Lebenslauf, an dem man dich entlanghangeln kann. Und es fehlen mir ganz schmerzlich Abbildungen von Gemälden, historische Fotos und ein Werkverzeichnis. Leider fällt es mir extrem schwer, den trockenen Stoff ohne Abbildungen zu lesen.
Dazu kommt, daß mir persönlich die Bilder nicht zusagen, die ich mir im Internet herausgesucht habe. Das ist aber mein persönlicher Bilder-Geschmack.

Bewertung vom 31.10.2022
Berger, Jörg

Stachlige Eltern und Schwiegereltern


sehr gut

Lesenswert
Eltern hat jeder und ich frage mich, wie es ist ein entspannte Beziehung zwischen Kindern und Eltern/ Schwiegereltern zu haben?
Viele, die ich selber kenne oder über Freunde kennengelernt habe, sind wirklich ziemlich stachelig, wie das Cover deutlich zeigt. Sie kommen daher wie Stubengreuel.
Nun, alle Eltern waren auch mal Kind. Also eine lesenswerte Lektüre für alle Parteien.
Beim ersten Lesen hat mir die Gliederung in verschiedene Untergruppen gut gefallen. Das Lesen hat mich betroffen gemacht und sehr viel aufgewühlt. Ein Buch, in dem man sich wiederfindet. Es ist natürlich ein klein wenig einseitig, die Schuld bei den Eltern zu suchen. Andererseits erziehen sie die Kinder und nicht umgekehrt. Ein Buch für Betroffene und Interessierte.
Die christlichen Einwürfe erscheinen mir nicht unbedingt notwendig. Klar, ist interessant zu lesen und gerade das Gebot, Du sollst Vater und Mutter ehren, hat gesellschaftlich ein Tabuthema produziert.

Bewertung vom 15.09.2022
Storm, Andreas

Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1


ausgezeichnet

Spannender Krimi
Besondere Zutaten des Krimis haben mich in ihren Bann gezogen.
Bonn, Paris, Südfrankreich, dann Kunst, Kunstgeschichte, drei zeitliche Stränge, nämlich die NS-Zeit, die Nachkriegszeit und die moderne Zeit.
Alles ist verknüpft durch Beutekunst, Mord, Vertuschen, alte Bekannte, die plötzlich wieder auftauchen und die Familiengeschichte der Familie Lomberg, die nach und nach ans Licht kommt.
Das Buch liest sich gut, die Menge der Akteure ist übersichtlich und erklärt sich teilweise aus der Story. Lachen musste ich, weil die Familie Lomberg in den 60er Jahren in derselben Straße gewohnt hat, wie ich selber mehrere Jahre.
Ich mag das Cover ein in warme Rottöne getaucht Bahnsteig mit Decke aus Metallgerüst, von dem ich mir einbilde, es wäre der Bonner Hauptbahnhof.
Ich werde das Buch erneut lesen, um die Eindrücke zu vertiefen. Und Band 2 wird vorbestellt.