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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2103 Bewertungen
Bewertung vom 07.06.2023
Usami, Rin

Idol in Flammen


sehr gut

Die Wirkung des J-Pop

Idol in Flammen ist ein relativ kurzer Roman, der zeigt, wie intensiv das Verhalten von Popstars auf ihre Fans wirken kann.

Rin Usami zeigt die Welt des J-Pop und die Bedeutung der Idole.
Die Ich-Erzählerin Akari, die noch Schülerin ist, erzählt von ihren Gefühlen in dieser Hinsicht. Sie will in der Masse der jubelnden Masse der Fans verschwinden, teil davon sein.
Wenn ihr Idol Masaki aus dem Musikbusiness aussteigen will, stellt sich für Akari die Frage nach ihrer eigenen Identität.

Ich fand das interessant, blieb aber auch sehr distanziert. Ich könnte mir vorstellen, dass das Buch auf der Protagonistin ungefähr gleichaltrige Leser mehr wirkt.
Man merkt aber sofort, dass die Autorin das Thema ernst nimmt und ihren Roman sorgfältig geschrieben hat.

Die japanische Schriftstellerin Rin Usami ist noch jung und das Buch ist in erster Linie für ihre Generation geschrieben. Es bleibt abzuwarten, was von ihr noch kommen wird und hoffentlich wird sie dann auch wieder in Deutsch übersetzt.

Bewertung vom 05.06.2023
Lewis, Shady

Auf dem Nullmeridian


ausgezeichnet

London - Kairo

Der ägyptische Autor Shady Lewis gibt seiner Hauptfigur eigene Erfahrungen mit. Der Icherzähler ist als Christ in Ägypten aufgewachsen, immigrierte nach London und arbeitete im öffentlichen Dienst.

Auf Wunsch seines Freundes Aime soll der Protagonist den Leichnam eines Syrers in Empfang nehmen und der Beerdigung zuführen.

Immer wieder gehen seine Erinnerungen in die Kindheit zurück. Eine Sehnsucht nach Kairo ist ihm geblieben. Die zeitlichen Wechsel funktionieren gut und bereichern das Buch.

Die Themen Flüchtlinge, Identität und Fremdheit durchziehen dieses kluge Buch.
Viel wird auch über Wahrnehmung erzählt. Es gibt einige hervorragende Dialoge.
Es ist ein sehr interessantes Buch!

Bewertung vom 02.06.2023
Mei-Fung Chung, Maxine

What Women Want (eBook, ePUB)


gut

Maxine Mei-Fung Chung ist eine erfahrene Psychotherapeutin.
Es handelt sich nicht um einen Roman sondern um Berichte über Fälle, die die Autorin in ihren Therapiesitzungen mit 7 verschiedenen Frauen dokumentiert hat.
Der Untertitel Sieben Geschichten über Begehren, Macht und Liebe trifft es ziemlich genau.

Das spürt man schon beim ersten Fall mit Terri und ihren Beziehungsproblemen, dem Konflikt mit der Mutter und unklare sexuelle Orientierung. Terri such nach Selbstbestimmung.
In den weiteren Fällen wollen die Frauen etwas anderes, aber dennoch sind die Fälle vergleichbar.

Ein wenig schreibt Maxine Mei-Fung Chung in der Tradition der Fallstudien von Oliver Sacks, natürlich ohne dessen Niveau zu erreichen.

Bewertung vom 01.06.2023
Dicker, Joël

Die Affäre Alaska Sanders


gut

Gahalowood und Goldman

Von Joel Dicker hat mir sein Roman Das Verschwinden der Stephanie Mailer ausgesprochen gut gefunden, doch inzwischen frage ich mich, ob der Schriftsteller nicht doch etwas überbewertet ist.

Das neue Buch ist offenbar die Fortsetzung von Die Wahrheit über Harry Quebert. Wer dieses Buch nicht kennt, hat einen echten Nachteil. Man versteht zahlreiche Anspielungen nicht. Für mich hat das den Roman mehr oder weniger ruiniert.
Aber davon abgesehen findet man zahlreiche gute Passagen, auch wenn der Roman etwas zu lang ist.

Den Krimiplot kann man als mittel spannend einstufen. Verzwickt genug ist er. Sergeant Perry Gahalowood ermittelte im Fall der ermordeten, 22jährigen Alaska Sanders.
Doch Jahre später gibt es Hinweise, dass die Auflösung damals doch nicht stimmte.
Dann gibt es Abschnitte mit dem Schriftsteller Marcus Goldmann, das alte Ego von Joel Dicker.
Gahalowood und Goldman versuchen, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.
Es wird viel in den Zeiten herum gesprungen (1999, 2010, dann wieder 1987), das kann manchmal den Lesefluss stören.

Wieder sind Geheimnisse und der Blick hinter dem Schein Joel Dickers großes Thema.
Joel Dicker mischt ein Spiel mit Fiktion und vorgeblicher Autobiografie mit einem Kriminalfall und erreicht damit seinen eigenwilligen, auf amerikanisch getrimmten Stil.

Bewertung vom 01.06.2023
Geschke, Linus

Die Verborgenen (eBook, ePUB)


gut

Ein geheimnisvolles Du

Psychothriller gibt es viele. Einige brillante, viele durchschnittlich. Also muss man schon etwas besonderes bieten, wenn man mit einem neuen Thriller aufwartet. Linus Geschke ist ambitioniert und versucht einiges, z.B. ein Geheimnis, dass er sehr lange im Buch bewahrt und Zeitsprüngen sowie wechselnde Erzählformen in den Kapiteln, ebenso wechseln die Erzählperspektiven, man begegnet den Gedanken verschiedener Figuren. Das sind vor allen ein geheimnisvolle Du und die Mitglieder einer Familie, dem Ehepaar Franziska und Sven sowie ihre Tochter Tabea.
Leider wirkt es, so wie Geschke es macht, doch zu konstruiert, nahezu aufgesetzt. Das die Figuren so schwach sind, fügt dieser Erzähltechnik ein weiteres Problem zu. Durch den Tod einer 17jährigen kommt ein wenig Spannung auf.

Im zweiten Buchteil kommen noch Figuren hinzu. Marco und Lydia. Das belebt den Roman noch einmal.

Leider muss man sagen, dass der Roman sprachlich nur durchschnittlich gemacht ist.
Dafür gelingt es dem Autor immerhin, einen Spannungsmoment lange aufrecht zu erhalten.

Bewertung vom 01.06.2023
Kashiwai, Hisashi

Das Restaurant der verlorenen Rezepte / Die Food Detectives von Kyoto Bd.1


sehr gut

Ein geheimes Restaurant in Kyoto

Das Restaurant der verlorenen Rezepte ist natürlich kein Kriminalrom,doch trotzdem ist das Detektivgespann (Nagare Kamokawa und Koishi, Vater und Tochter) in 6 Episoden der Vergangenheit auf der Spur, und das mit kulinarischen Mitteln. Sie haben ein Restaurant in Kyoto, aber sie ermitteln auch geschickt.
Jeweils gilt es, ein Gericht zu kochen, an das sich ihre Klienten aus der Vergangenheit erinnern und vermissen.
Es ist geradezu ein Feuerwerk an interessanten japanischen Gerichten, die hier präsentiert werden.
Hisahi Kashiwai macht detaillierte Beschreibungen, nicht nur vom Essen.
In jedem der sechs Abschnitte wird eine neue Figur eingeführt. Der Aufbau ist jedes m al vergleichbar. Nicht selten ist ein melancholisches Element dabei spürbar, denn alle suchen nach etwas Besonderen aus der Vergangenheit.
Die sechs Episoden sind eigentlich gleichwertig, aber mein Favorit ist der letzte Fall.
Das Buch soll auch als Serie in Japan verfilmt worden sein. Die Serie würde ich gerne mal sehen.

Bewertung vom 28.05.2023
Leidenfrost, Lucia

Wir verlassenen Kinder


sehr gut

Ein sterbendes Dorf. Zurück bleiben Kinder mit wenigen Erwachsenen, die meisten sind Alte.
Die Gründe werden nicht direkt erklärt. Es wird nur gesagt, dass die Eltern versuchen sich woanders ein neues Leben aufzubauen.
Die Kindergemeinschaft entwickelt sich schließlich in eine neue Richtung.Sie schließen sich eng zusammen, als Wir werden sie aber auch gnadenlos.

Erzählt wird teilweise im Kollektiv. Das hat in der zeitgenössischen Literatur auch eine Tradition. Man denkt gleich an Jeffrey Eugenides Virgin Suiicides.
.
Ab und zu kommen auch mal die Stimmen der Erwachsenen zu Wort, z.B. Briefe der Eltern an die Kinder. Es sind immer kurze Kapitel. Das prägt das Buch mit. Leider bekommen die Kind so als Individuen kein Profil. Einzige Ausnahme ist die junge Mila. Bei den Passagen mit ihr, wirkt das Buch manchmal wie ein Jugendbuch, denn ihre Emotionen kommen an.

Überwiegend ist es ein Buch mit düsterer Atmosphäre!
Wir verlassenen Kinder ist ein interessantes Buch, doch teilweise bleibt man ratlos zurück.Es ist aber auch ein Roman, der einen nachdenklich werden lässt.

Bewertung vom 24.05.2023
Greer, Andrew Sean

Happy End


gut

Das war etwas zu wenig

Happy end ist der zweite Roman von Andrew Sean Greer über den schwulen, amerikanischen Schriftsteller Arthur Weniger (Less).

Viele Passagen haben etwas übertriebenes, fast schon Klamauk. Allerdings ist der Humor nie laut. Manche Szenen haben dann eine ganz besondere Komik.
Überzeugend der Blick auf den Literaturbetrieb, indem Arthur mal mehr, mal weniger erfolgreich mitmischt, z.B. als Jurymitglied oder als Interviewer.
Arthur Weniger ist zurückhaltend, der Typ sympathischer Verlierer. Erzähler des Romans ist sein Lebenspartner Freddy.

Für mich ist Happy end, im Original Less is Lost, ein teilweise witziger Roman, den man lesen kann, aber nicht unbedingt muss.

Bewertung vom 20.05.2023
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum (eBook, ePUB)


sehr gut

Exzellente Romanbiografien

Wie die amerikanische Schriftstellerin Marie Benedict ihre Romanbioigrafien schreibt ist interessant. Ihr erster Roman dieser Art war Frau Einstein und der war schon etwas besonderes.
Marie Benedicts Romane lesen sich wie reine Romane, folgen aber genau den historischen Fakten berühmter Frauen.
Die einzige Frau im Raum ist Band 4 der Reihe Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte und handelt von der Schauspielerin Hedy Lamarr.
Sie begann 1933 am Wiener Theater. Als Jüdin floh sie schließlich 1937 nach Hollywood und drehte erfolgreiche Filme. Ich mochte z.B. schon immer den romantischen Film Come Live with me, de sie an der Seite von James Stewart spielte.
Sie war eine überaus selbstbewusste Frau und Schauspielerin.

Dass durchgängig aus der Perspektive Hedys und ihrer Gedankengänge erzählt wird, bestimmt den Roman und seine Wirkung.

Neben dem historischen Kontext ist auch der Einblick in diese Zeit in Hollywood spannend.
Frau Einstein bleibt mein Favorit unter den Romanbiografien der letzten Jahre, aber Die Frau im Schatten ist ebenfalls ein mehr als gelungenes Werk.

Bewertung vom 20.05.2023
Read, Shelley

So weit der Fluss uns trägt


ausgezeichnet

Kraftvoll geschrieben

So weit der Fluss uns trägt ist ein ruhig erzählter, wundervoller Roman über eine Frau in Colorado Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts.
Die Erzählerin Victoria Nash erschafft einen Ton der Zeit und die Beschreibungen der Umgebung tragen zur Atmosphäre bei. Die Autorin Shelley Read errichtet ihrer Heimat ein liebevolles Porträt.
Victoria erlebt früh im Leben große Liebe, aber auch Verluste. Das prägt ihr Leben.
Das Lesegefühl erinnert tatsächlich an das von Der Gesang der Flusskrebse. Es ist aber ein ganz anderer Kontext, doch bei beiden Büchern geht um starke, junge Frauen, die ihren Weg alleine gehen müssen. Hinzu kommt der mitreißende Einsatz der Natur.

Das Buch wird sehr von der Erzählstimme getragen. Erst spät im Buch gibt es mal eine Änderung der Perspektive, aber auch das passt genau in die Handlung.

Ein kraftvolles Buch!