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Leseigel
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Villingen

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Insgesamt 1080 Bewertungen
Bewertung vom 06.02.2022
Aydemir, Fatma

Dschinns


ausgezeichnet

Eine bewegende Geschichte, die zum Nachdenken anregt
Hüseyin stirbt in dem Moment, in dem sich sein Lebenstraum erfüllt - eine Wohnung in Istanbul. Seine Frau Emine und die vier Kinder machen sich von Deutschland aus auf den Weg in die Türkei zur Beerdigung.
Der Tod des Ehemanns und Vaters bedeutet eine tiefe Zäsur und führt dazu, dass sich alle Beteiligten mit ihrem bisherigen Leben auseinander setzen.
Der jüngste Sohn Ümit, ein Teenager, muss sich mit seiner sexuellen Orientierung beschäftigen.
Die älteste Tochter Sevda kann ihren Eltern und besonders der Mutter nicht verzeihen, dass man sie in ein Leben gedrängt hat, das sie nicht wollte.
Peri ist die Vorzeigetochter, die studiert. Längst hat sie sich ihren Eltern entfremdet und ist auf der Suche nach der eigenen Identität.
Der älteste Sohn Hakan fühlt sich als Versager und hat alles getan, um den Vater nicht zu enttäuschen und darüber seine eigene Persönlichkeit verloren.
Emine ist nie in Deutschland angekommen. Sie findet Halt in der Religion. Sie und Hüseyin haben sich auseinandergelebt und sie kann sich dennoch ein Leben ohne ihn nicht vorstellen.
Auf den ersten Blick erscheint das Buch , die Geschichte einer typischen Gastarbeiterfamilie zu erzählen, wie sie zu tausenden in den 60ziger Jahren nach Deutschland gekommen sind . Das stimmt nur für den Teil, wenn es sich um die Vorurteile handelt, mit denen Menschen mit Migrationshintergrund konfrontiert werden.
Besonders Hakan leidet darunter, dass er mit dem Etikett dumm, gewaltbereit und Drogen abgestempelt wird. Wie soll er mit dieser Bürde den Erwartungen des Vaters gerecht werden ?
Nachdrücklich berührt hat mich Sevdas Schicksal. Ihr Vater holt sie erst mit 13 nach Deutschland. Sie besucht keine Schule und wird mit 18 zur Heirat gedrängt. Trotz der widrigen Umstände emanzipiert sie sich und sucht ihren eigenen Weg.
Darüber hinaus gibt es Gemeinsamkeiten mit jeder beliebigen Familie. Hüseyin arbeite hart, um die Familie zu versorgen. Gleichzeitig verzichtet er auf alle Annehmlichkeiten, um Geld zu sparen, damit er seinen Traum verwirklichen kann. Leben und sich ausruhen will er , wenn er in Rente ist. Doch dazu kommt es nicht mehr.
Ich glaube, wenn wir ehrlich sind, trifft diese Beschreibung auf viele von uns mehr oder weniger zu. Und versuchen wir nicht auch, der Welt da draußen ein bestimmtes, von uns entworfenes Bild zu zeigen und neigen dazu, Dinge, die uns nicht passend erscheinen, zu ignorieren und aus unserem Gedächtnis zu streichen ?
Insoweit hält die Autorin uns allen einen Spiegel vor. Gleichzeitig ist der Roman brillant geschrieben, fesselnd und unterhaltsam

Bewertung vom 31.01.2022
Neiss, Eva

Das Leben in unseren Händen


ausgezeichnet

Jedes Leben zählt
Hannah und Ada Rosenbaum, in letzter Minute der Vernichtungsmaschinerie der Nazis entkommen, könnten unterschiedlicher nicht sein.

1939 landen sie in New York . Hannah ist ausgebildete Krankenschwester und träumt davon , Ärztin zu werden. Liebe ? Nein, danke !

Die schöne Ada erhofft sich eine vorteilhafte Ehe. Liebe ? Muss nicht unbedingt sein. Ein Hindernis gilt es noch zu überwinden. Ada ist schwanger. Das Kind kommt zu früh auf die Welt und soll , den damaligen Gegebenheiten geschuldet, sterben und damit aus Adas Leben verschwinden.

Durch Zufall lernt Hannah, die ihre Nichte von der ersten Minute an liebt, Martin A. Couney kennen, der sich gegen die herrschende Meinung stemmt und versucht, so viele Frühchen zu retten. Da Ada ihr Kind weiterhin ablehnt, muss Hannah eine folgenschwere Entscheidung treffen mit all ihren Licht- und Schattenseiten.

Die Geschichte beginnt auf Ellis Island, wo sich schon viele Auswanderträume erfüllt oder zerplatzt sind. Schnell wird klar, Amerika ist nicht nur das Gelobte Land, wie es sich viele ersehnen. Die jüdischen Flüchtlinge werden zum Teil misstrauisch beäugt, denn auch Amerikaner sind nicht frei von Vorurteilen.

Ada und Hannah müssen nun ihren neuen Platz im Leben finden.

Ada war mir nicht sympathisch. Zu oberflächlich, zu Ich bezogen, zu sehr auf ihren Vorteil bedacht und sie ignoriert zu meinem Unverständnis ihre Tochter vollkommen. Hannah dagegen ist sehr empathisch, stets bemüht, es allen recht zu machen, auch wenn sie eigene Bedürfnisse und Wünsche zurückstellen muss. daher ist es keine Überraschung, dass sie zur Lebensretterin von Adas Tochter wird. Während Ada im Licht zu stehen scheint, ist Hannahs Weg steinig. Sie beginnt die Ausbildung zur Ärztin und sieht sich mit den weltweit herrschenden Voreingenommenheit gegen Frauen, die besser hinter dem Kochtopf bleiben sollen, konfrontiert.

Auch die Liebe ist kompliziert. Da ist zum einen Aaron, ein Flüchtling wie sie, dem sie schon auf Ellis Island begegnet ist, der aber eine feste Bindung ablehnt. An ihrem Arbeitsplatz trifft Hannah den sympathischen Arzt Nathan, der sie in ihrem Berufswunsch bestärkt und ein verlässlicher Freund ist.

Die Autorin hat mir mit ihrem Buch den Blick in eine mir bis dahin unbekannte Welt ermöglicht. Ich kannte nur die funkelnde Fassade Amerikas und war abwechselnd wütend und traurig wegen der Schwierigkeiten auf Hannahs Weg.

Was mich erschüttert hat, war der Umgang mit den Frühgeborenen - nicht nur in Amerika -, die man einfach sterben lässt. Meine Bewunderung gilt Männern wie Couney, die sich auf ihrem Weg nicht beirren lassen.

Die Autorin hat ein sehr einfühlsames Buch geschrieben, das mich bewegt und zugleich gut unterhalten hat.

Bewertung vom 29.01.2022
Weiß, Sabine

Gold und Ehre


ausgezeichnet

Fein gewobener Geschichtsteppich aus der Zeit der großen niederländischen Baumeister
Die Autorin beginnt ihre Geschichte in Amsterdam im Jahr 1650 mit dem Marsch des Prinzen von Oranien auf die Stadt. Das war der Beginn einer langen Auseinandersetzung darum, wer das Sagen in den Niederlanden hat. Immer wieder gewährt die Autorin Einblicke in die politischen Ereignisse und die Intrigen, durch die die verschiedenen Gruppierungen versuchen, Einfluss auf die politischen Verhältnisse zu nehmen. Samuel, Benjamins Onkel, leiht mir dafür seine Augen und Ohren und teilt mit mir seine Bemühungen als vermögender Kaufmann die Anerkennung der alten adligen höfischen Kreise zu erlangen.

Benjamin ist neben Daan der Sohn des Baumeisters Michiel, der sich bemüht, einen Platz in der städtischen Verwaltung zu bekommen. Da ist es nicht von Vorteil, dass Benjamin, ein ebenfalls ideenreicher und guter Baumeister, durch einige ungeschickte Aktionen unangenehm auffällt. Sein Vater schickt ihn als Strafe nach Hamburg.

Nun lerne ich zusammen mit ihm das Hamburg der damaligen Zeit kennen, das Benjamin im Vergleich zu Amsterdam eher rückständig erscheint. Tatsache ist, dass es damals eine rege Bautätigkeit in der Stadt gab. So wird gerade der Hamburger Michel gebaut und das Millerntor schaut seiner Vollendung entgegen.

Was mir uneingeschränkt gut gefallen hat, nicht nur lerne ich das städtebauliche Gesicht Hamburgs kennen, ich erfahre zudem sehr viel über die gesellschaftlichen und sozialen Umstände. Besonders abstoßend empfand ich die Situation im Werk-und Zuchthaus, in das vor allem arme Frauen und Kinder eingewiesen wurden. Diese erschreckenden Einblicke verdanke ich Lucia, die sich aufgrund einer Intrige und der Tatsache, eine Frau und Waise zu sein, dort wieder findet.

Durch Zufall hat sich ihr Weg mit dem von Benjamin gekreuzt. Benjamin fühlt sich zu dem intelligenten und selbstbewussten Mädchen hingezogen, die die Zuneigung erwidert. Leider scheint eine Heirat durch den Standesunterschied nicht möglich.

Was wären Städte wie Hamburg und Amsterdam ohne die Seefahrt ! Diesen Aspekt der damaligen Zeit bringt mir Theo, Benjamins Cousin, näher, der als Schiffsarzt die Meere bereist. Mit ihm begleite ich einen Sklaventransport, nehme an einer blutigen Seeschlacht teil und finde mich in Nieuw Amsterdam wieder.

Das sind nur einige Begebenheiten aus der Vielzahl von Ereignissen des Romans. Zusammen ergeben sie ein farbiges und anschauliches Tableau der damaligen Zeit. Dabei wurde ich sehr gut unterhalten und habe nebenbei einiges gelernt, angefangen von den damaligen politischen Verhältnissen bis hin zu Bauweise auf sumpfigen Gelände.

Bewertung vom 25.01.2022
Schiewe, Ulf

Die Mission des Kreuzritters (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Gelungene Mischung aus Fiktion und Historie
Königstochter Melisende, die es tatsächlich gab, soll aus Staatsräson einen Mann heiraten, der alles verkörpert, was sie ablehnt und der aus seiner abschätzigen Meinung über Frauen kein Hehl macht.

Um der Heirat zu entgehen, flieht Melisende und wird dadurch gegen ihren Willen zum Spielball der rivalisierenden Gruppierungen im Heiligen Land. Retter aus höchster Not ist der Tempelritter Raol, den es leider nie gegeben hat.

Raol verkörpert das, was man sich unter einem vorbildlichen Ritter vorstellt. Sein Leben war nicht einfach. Auf dem Schlachtfeld wurde er schwer verwundet. Dennoch ist nicht Rache die Triebfeder für sein Handeln. Töten ist notwendig, um das eigene Leben und das von Schutzbefohlenen zu retten. Er sieht die Rolle der Christen im Heiligen Land nicht verklärt und auch sein Verhältnis zu Gott ist nicht so ungetrübt, wie man es von einem Tempelritter erwarten würde. Und er sieht gut aus, was für den Fortgang der Geschichte nicht hinderlich ist. Raol und Melisende kommen sich entgegen aller Konventionen und Standesunterschiede näher.

Wer jetzt gelangweilt abwinkt, weil er keine Liebesgeschichten mag, liegt mit seiner Einschätzung völlig falsch.

Ja, es gibt eine kurze Liebesepisode, aber wer bis zu diesem Punkt des Romans gelesen hat, hat einen wilden Parforceritt mit Intrigen, Überfällen, blutigen Kämpfen und interessanten Einblicken in die damaligen machtpolitischen Verhältnissen im Heiligen Land hinter sich.

Ich war ganz froh über diesen Moment der Entspannung und habe Melisende diese Glückserfahrung von Herzen gegönnt.

Was mir am Roman neben der packenden Handlung ganz besonders gefallen hat, war der Erzählstil. Der Autor kann mit Worten sehr lebendige Bilder malen, so dass ich glaubte meine Umgebung zu riechen, zu schmecken und zu hören. Ein sehr anschauliches Beispiel ist die Beschreibung des Jerusalemer Basars .

Mich hat das Buch völlig für sich eingenommen. Es war geschichtlich interessant. Es gab einen guten Spannungsbogen. Raol war eine sympathische Figur, die mir ein wenig Herzklopfen beschert hat und Melisende entwickelt sich zu einer Frau, der man zutraut, ein Königreich zu regieren.

Bewertung vom 25.01.2022
Dicken, Dania

Die Seele des Bösen - Blutiger Hass / Sadie Scott Bd.19 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Hybris
Den Whitmans geht es gut. Libby genießt ihr Studentenleben und die damit verbundenen Freiheiten. Spontan entschließt sie sich zusammen mit Kieran , die San Francisco Pride zu besuchen. Aus einem Tag der Lebensfreude wird ein Tag der Trauer. Mitglieder der White Front richten ein Blutbad an. Glücklicherweise können die meisten Attentäter verhaftet werden.

Alle atmen erleichtert auf bis zu dem Tag, an dem Sadies Welt auseinanderzubrechen droht. Entkommene Gesinnungsgenossen versuchen mit einer Geiselnahme in der Uni, die Libby besucht, die Inhaftierten freizupressen. Dazu ist jedes Mittel recht. Menschliche Grundwerte werden außer Kraft gesetzt.

Dieses Mal schenkt mir die Autorin von der ersten Seite an ein Wechselbad der Gefühle aus atemloser Spannung und scheinbarer Ruhe.

Allein der Anschlag auf die Parade war schon sehr emotional. Doch gerade als ich glaubte, es würde sich entspannen, geschieht die nächste unbegreifliche Tat - die Geiselnahme auf dem Unigelände. Das hat mich doppelt betroffen gemacht, weil fast zeitgleich der Amoklauf an der Heidelberger Uni in den Nachrichten war.

Meiner Ansicht nach schildert die Autorin die verzweifelte Situation der Geiseln und die fieberhaften Versuche des FBI, das Leid zu beenden, sehr realistisch bis hin zu dem Kompetenzgerangel, ob Sadie, die nicht mehr zum FBI gehört, an den Verhandlungen beteiligt werden darf.

Die Geiselnehmer selbst strotzen nur so vor Selbstgefälligkeit. Mit ihrer menschenverachtenden Hass gegenüber jedem, der nicht ihrem Weltbild entspricht, stellen sie sich selbst außerhalb der menschlichen Gemeinschaft.

Als ich bereits dachte, die Handlung könne nicht mehr an Dramatik gewinnen, belehrt mich die Autorin wie so oft eines besseren.

Leider sind die Verbrecher trotz ihrer Verblendung intelligent und haben eine weitere Möglichkeit ersonnen, die den Erfolg ihres Unternehmens garantieren soll und bringen Sadie damit an die Grenzen dessen, was sie emotional ertragen kann.

Ich war im Verlaufe der Handlung oft so wütend und fühlte mich gleichzeitig so hilflos. Und ja, ich habe heftige Rachegefühle entwickelt, was für mich der beste Beweis ist, wie packend und realistisch geschrieben der Thriller ist.

Bewertung vom 18.01.2022
Fuchs, Katharina

Unser kostbares Leben


ausgezeichnet

Die 70ziger Jahre werden lebendig
Die beiden besten Freundinnen Minka und Caro wachsen behütet und privilegiert in der aufstrebenden Industriestadt Mainheim auf Minka ist die Tochter des Bürgermeisters, Carolas Vater ist der Direktor der ansässigen Schokoladenfabrik.

Claire ist Kriegswaise und eine der Boatpeople, die von Deutschland aufgenommen wurde. Sie kommt ins Mainheimer Waisenhaus und wird später von Caros Familie adoptiert.

So wie sich die Mädchen weiter entwickeln, verändert sich auch ihre Umwelt und die Umweltschäden sind überall sichtbar.

Caro beginnt in der Redaktion der Frankfurter Rundschau ein Volontariat. Minka fängt ein Soziologiestudium an und wohnt im Hüttendorf im Königsfelder Wald, eine Protestcamp gegen den geplanten Autobahnausbau. Claire beginnt eine vielversprechende Wissenschaftskariere.

Jede lebt ihr Leben und doch bleiben die gemeinsamen Wurzeln. Als Caro ihren Verdacht, dass unerlaubte Versuche mit Psychopharmaka an Jugendlichen durchgeführt wurden, bestätigt sieht, versucht sie den Betroffenen Gerechtigkeit zu verschaffen - zusammen mit den Freundinnen aus Kindertagen.

Ich bin nur wenig älter als die beiden Freundinnen Minka und Caro. Somit war der Roman neben der berührenden und spannenden Geschichte der Mädchen auch ein Eintauchen in meine Erinnerungen. Plötzlich war alles wieder da : Hawaitoast, Mark Spitz, Petra Kelley, Großdemos. Deshalb besteht ein nicht unwesentlicher Reiz des Buches gerade in den Gemeinsamkeiten. Zeitweise hatte ich das Gefühl, die Autorin erzählt meine Geschichte.

Für mich von besonderem Interesse waren die Ereignisse im Hüttendorf und die Beschreibung des Lebens dort. Das war Neuland für mich und hat mich stark beeindruckt.

Tief berührt hat mich Claires Schicksal. Ich habe sie für ihre Stärke bewundert und habe mich gefreut, dass sie trotz der ganzen Widrigkeiten ihren Platz im Leben gefunden hat

Der Autorin gelingt es hervorragend, die damaligen Zeit lebendig werden zu lassen. Vieles ist heute gar nicht mehr vorstellbar wie ungeklärtes Abwasser einfach in einen Fluss einzuleiten. Es hat sich zum Glück vieles geändert .

Für mich war der Roman unglaublich schön zu lesen. Zum einen konnte ich in Erinnerungen schwelgen - gute und schlechte. Zum anderen hat mich die Handlung sehr kurzweilig unterhalten und die Figuren waren so lebensecht geschildert, dass ich das Gefühl hatte, sie zu

Bewertung vom 16.01.2022
Dützer, Volker

Die Ungerächten


ausgezeichnet

Eine Geschichte von Opfern und Tätern

April 1945 Der Krieg ist verloren. Die Besiegten fürchten zu recht das Urteil der Sieger und versuchen, alle Beweise zu vernichten . So schicken die Schergen des Todes die KZ-Häftlinge aus Sachsenhausen auf einen letzten Todesmarsch, darunter Pawel, seine Schwester und seinen Vater . Schwester und Vater überleben nicht und Pawel schwört Vergeltung.

Hannah Bloch , die Hitlers Tötungsmaschinerie entkommen ist, lebt nun in Frankfurt und scheint ein kleines Stück vom Glück zu haben. Sie arbeitet für die Amerikaner und hilft beim Aufspüren von Nazi-Verbrechern. In Scott hat sie eine neue Liebe gefunden. Als die Einheit aufgelöst wird, kehrt Scott in die USA zurück. Hannah bleibt zurück, weil sie die Verantwortlichen für die Euthanasie-Morde finden und den staatlichen Verfolgungsbehörden übergeben will. Doch die Ratten haben längst ihre Schlupflöcher ausgemacht und sind erfolgreich dabei, sich der irdischen Gerechtigkeit zu entziehen.

Hannah geht zurück nach Köln. Dort hofft sie alte Weggefährten ausfindig zu machen. Auch Pawel verschlägt es dorthin. Er ist mehr den je entschlossen, Rache an allen Deutschen zu üben. Er glaubt in Hannah eine Verbündete erkannt zu haben und Hannah fühlt sich durchaus von ihm angezogen.

Dem Autor ist es gelungen, ein mit vielen Emotionen belastetes Thema dem Leser in unterhaltsamer und zum Nachdenken anregender Form nahe zu bringen.

Zum einen schildert er in anschaulicher Weise die Zustände kurz nach Kriegsende. Wie erging es den Opfern des Naziterrors ? Was geschah mit den Tätern ? Wie kann man in einer zerstörten Stadt überleben ?

Hannah möchte ihre Peiniger der staatlichen Justiz zuführen. Leider muss sie erkennen, dass ein nicht kleiner Teil der Verbrecher wieder fest im Sattel sitzt. Auch die Siegermächte scheinen kein großes Interesse an der Verfolgung der Schuldigen zu haben. Gibt das Versagen der Justiz und das erlittene Leid der Opfer das Recht, selbst zu strafen ? Eine Entscheidung, die jeder für sich treffen muss.

Der Roman ist nicht immer leichte Kost, auch wenn es heitere Passagen gibt. Hannah trifft ihre alte Freundin Ruth wieder und beide sind im Schmugglergeschäft aktiv, das Kreativität verlangt.

Besonders wütend hat mich die Unterstützung der katholischen Kirche von Nazigrößen zur Flucht ins Ausland gemacht. In meinen Augen ein Verrat an allen Opfern des Unrechtsregimes.

Ich kann den Roman nur jedem empfehlen, der sich für deutsche Nachkriegsgeschichte interessiert. In meinen Augen gibt das gut recherchierte Buch einen bewegenden und vielgestaltigen Einblick in die damaligen Verhältnisse.

Bewertung vom 14.01.2022
Frennstedt, Tina

Das gebrannte Kind / Cold Case Bd.3


sehr gut

Tödliches Feuer
Ein Feuerteufel treibt sein Unwesen. Scheinbar wahllos sucht er seine Opfer aus. Bereits 4 Todesopfer sind zu beklagen .

Tess, Leiter der Cold Case Abteilung, ahnt bereits, dass sie wohl zu den Ermittlungen hinzugezogen wird. Was sie zuerst als unerwünschte Störung ihrer eigentlichen Arbeit empfindet, erweist sich als neue Spur in einem ihrer Cold Cases, der sie emotional besonders belastet. Führt der neue Fall zur Lösung des alten ? Zeugen müssen befragt werden, Indizien neu bewertet. Und tatsächlich scheint es ein verbindendes Element der Fälle zu geben. Nur die Schlussfolgerungen daraus sind nicht das, was Tess glauben will.

Wenn man der Autorin etwas nicht absprechen kann, dann dass sie mitreißend erzählt.

Der Leser wird gleich mit mehreren Handlungssträngen konfrontiert, bei denen nicht klar ist, welcher die Haupthandlung bestimmen wird.

Da ist der Mord an dem Mädchen Jenny, bei dem Tess annimmt, dass der falsche verurteilt wurde. Der Ex-Mann von Tess neuer Lebenspartnerin entpuppt sich als aggressiv und bedroht sie. In Tess Haus wird eingebrochen. Und dann noch die Brandserie. Mir schwirrte etwas der Kopf ob der vielen Möglichkeiten.

Schließlich konzentriert sich die Handlung auf die aktuellen Brände und eine ungeklärten Feuersbrunst zur Verdeckung eines Mordes.

Gut gefallen haben mir die Vernehmungen der Tatbeteiligten und wie sich nach und nach ein Muster ergibt. Das war anschaulich geschrieben, überzeugend und logisch.

Was den Spannungsbogen dann eher flach hielt, es war weit vor Ende des Buches klar, wer der Täter im aktuellen Fall ist. Interessant fand ich wie Tess mit der Lösung umgeht. Das gleicht einige Schwächen den Täter betreffend wieder aus.

Die Lösung des alten Falles hat mich eher befremdet und auch geärgert, weil die entscheidende Information erst auf den letzten Seiten offenbart wird und ich als Leser keine Chance hatte, die Lösung auch nur zu erahnen.

Zusätzlich lässt mich der Krimi mit einigen unbefriedigenden losen Enden zurück .

Ich habe lange überlegt, ob ich das Buch loben oder verdammen soll und habe mich für das Lob entschieden. Die Autorin kann einfach unfassbar gut erzählen. Ich habe es zeitweise kaum erwarten können, weiter zu lesen und die Ermittlungen zum aktuellen Fall haben mich vollkommen in ihren Bann gezogen. Dafür zolle ich der Autorin Anerkennung und auch dafür, dass ich trotz einiger Schwächen sehr gut unterhalten wurde.