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Insgesamt 1258 Bewertungen
Bewertung vom 22.05.2020
Ruschel, Adalbert;Hankofer, Sina Dorothea

Die Ausbildereignungsprüfung


ausgezeichnet

Mit die beste Literatur zur Prüfung laut Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) vor einer IHK

Zur Vorbereitung der landläufig "Ausbildereignungsprüfung" genannten 'Stress'-Situation vor der für gewöhnlich aus drei Mitgliedern bestehenden Prüfungskommission einer IHK ist dies mit das beste Buch, welches mir in die Finger gefallen ist.

Praxisnah, sauber strukturiert, ausreichend Theorie, um allfällige mündliche Fragen der Kommissionsmitglieder am Ende des praktischen Übungsteils beantworten zu können.

Im vierten Teil viele Fragen (samt korrekter Lösungen im Anhang) aus dem schriftlichen Teil der Prüfung. Wobei zu Beginn dieses Teils auch "Empfehlungen zur Bearbeitung schriftlicher Prüfungsaufgaben" gegeben werden. Ansonsten werden erwähnt: die verfügbare Prüfungszeit, die erlaubten Hilfsmittel, für mehrere thematisch organisierten Aufgabenstellungen die dazu gehörende Ausgangssituation etc.

In Teil 5 geht es dann um richtig gute Beispiele, wie der praktische Übungsteil erfolgreich absolviert werden kann. Einschliesslich Hinweisen auf eventuell mögliche Fragen der Prüfer am Ende des praktischen Prüfungsteils. Richtig gut sind die verschiedenen Beispiele, die im praktischen Teil vorgestellt/vorgeführt werden sollen. Wer also nicht weiß, was sie/er in diesem Teil präsentieren soll, hier findet er ausreichend Beispiele, die natürlich der eigenen Interessenslage oder dem Beruf des Prüflings entsprechend angepasst werden können. Es sind viele Möglichkeiten zu finden, die auch die Phantasie des Probanden, was denn im praktischen Teil gezeigt werden soll, anregen: "Anschließen eines Schutzkontaktsteckers", "Ausfüllen einer Banküberweisung", "Zubereitung eines Country-Salates unter Beachtung hygienischer Vorgaben", "Brechen [Falten] einer Serviette am Beispiel des stehenden Fächers" und so weiter und so fort.
Es muss also nicht das 2.798ste Mal sein, dass die korrekte Unterweisung im Gewindeschneiden zum Thema gemacht wird...

Ob die jeweilige Kammer derart ausführliche schriftliche 'Unterweisungsskizzen' zu Beginn des praktischen Teils der Prüfung vorgelegt bekommen will, wie diese im Buch beschrieben werden, das sollte vor der Prüfung bei der Kammer erfragt werden. Manche Kammern setzen diese Ausführlichkeit voraus, anderen Kammern sind mit weniger Umfang zufrieden. Zur Zeit (Mai 2020; Covid19) wird von einigen Kammern auf das Vorlegen solcher Unterlagen komplett verzichtet.

Was ebenfalls besonders bemerkenswert ist: die praktische Prüfung kann bekanntermassen auch als Präsentation durchgeführt werden. Die mittlere Katastrophe ist dann die Probandin/der Proband, die/der bei der Vorbereitung und Erstellung nur den Begriff 'Präsentation' im Sinn hatte. Die Kommission wird dann 15 oder 20 Minuten lang mit einer PowerPoint-Folienschlacht, bei der die auf einer mit Text überfrachteten Folie lesbaren Wörter auch noch eines nach dem anderen vorgelesen werden. Das Ganze möglichst noch mit vielen Animationen und wirren Folienübergängen garniert...
So eine Vorführung zeigt nur, dass der Prüfling lange genug mit PowerPoint gespielt hat. Sie zeigt nicht, worum es im praktischen Teil der AEVO-Prüfung geht. Worum es bei einer Präsentation während einer Prüfung überhaupt geht, das wird anhand verschiedener Beispiele (s.o.) auf 70 Seiten verdeutlicht.

Seinen registrierten Kunden bietet der Verlag auf seiner Internetseite zusätzlich ein Online-Training an.

Bewertung vom 19.05.2020
Edwards, Owen;Aronson, Steven M. L.

Peter Beard


ausgezeichnet

… aus Speeren und Pfeilen werden Kalaschnikows…
So eine Feststellung Peter Beards, die er 2006 in New York äusserte.
Nach dem Durchblättern dieses gewichtigen und grossformatigen Bildbandes, selbst schon nahezu ein Kunstwerk, muss man Peter Beards Feststellung uneingeschränkt zustimmen. Erschreckend, interessant, anklagend, aufklärend, teilweise erschreckend schön.
Das alles auf einmal ist dieses typische TASCHEN-Buch.

Als Ur-Enkel des Gründers der Nordamerikanischen Eisenbahngesellschaft Great Northern Railway brauchte er sich um sein materielles Wohlergehen sicher nie Gedanken oder gar Sorgen machen.
Peter Beard führte freundschaftliche Beziehungen zu Truman Capote, zu Blanca Pérez-Mora Macías und deren Ehemann Sir Michael Philip Jagger, besser bekannt als Bianca und Mick Jagger, mit Caroline Lee Radziwill, der Schwester von Jacqueline Kennedy Onassis.
Catherine Deneuve zwischen Mick Jagger und Andy Warhol, El Cordobés, Salvador Dalí, Pablo Picasso - die Aufstellung der Berühmtheiten, die er fotografierte, ist lang. Die Fotos zeigen diese Menschen in den eisten Fällen nicht ausdrücklich in Pose gesetzt. Sondern bei ihrem Schaffen, in Alltagssituationen etc.
Er, Peter Beard, begleitete zusammen mit Truman Capote die Rolling Stones während deren „Exile on Main Street“ Tour im Jahr 1972quer durch die USA. Mick Jagger sagte einmal über ihn „my dear friend Peter … was a visionary artist and photographer who wasn't afraid to take risks". Während seines Lebens in Afrika wurde Peter Beard auch mehrfach von Tieren schwer verletzt. Was seine Liebe zu dem ‚schwarzen Kontinent‘ aber keinen Abbruch tat.

Die Wiedergabe seiner Arbeit als Mode- und wenn man so möchte Promi-Fotograph stellt nicht das Hauptanliegen dieses Bandes dar. Es ist das künstlerische Schaffen des Peter Beard. Collagen zusammengesetzt aus Zeitungsschnipseln, Zeitungsausschnitten, in Kombination mit manchen seiner aufrüttelnden Fotos. Auszüge aus Tagebüchern, mit und ohne seine Skizzen, einige mit Blut betropft, andere mit Blut verschmiert, schöne Bilder, zum Nachdenken über Peter Beards Hauptanliegen anregend. Welches im Titel dieser Rezension steht. Nur eines von vielen möglichen Beispielen: auf einer Seite ist der Schatten eines Sportflugzeuges beim Überfliegen eines grossen Haufens ausgebleichter Knochen zu erkennen. Auf der Folgeseite wiederum der Rest eines wohl von anderen Wildtieren halb abgenagten toten Elefanten. Dem offensichtlich die Stoßzähne fehlen. Auf den Folgeseiten weitere halb verweste Kadaver von Elefanten, sinnlos abgeschossen…
Fotocollagen bestehend aus Teilen von Werbeaufnahmen und einem Fototeil, aufgenommen bei Lyndon B- Johnsons Amtseid nach der Ermordung von J. F. Kennedy, Jackie Kennedy neben ihm stehend. Auf derselben Collagen-Doppelseite , etwas entfernt, das verwischte Bild von Lee Harvey Oswald, ein identischer Colt mit dem, den Jack Ruby benutzte, um Oswald zu erschiessen.
Die Texte sind wie zumeist bei den Büchern aus dem TASCHEN-Verlag dreisprachig: englisch/deutsch/französisch. Ein Abriss über die Kinder- und Jugendzeit von Peter Beard, die Wiedergabe eines Gesprächs, welches Steven M- L. Aronson mit Peter Beard führte, ist zu lesen.
Ein Zitat aus dem Vorwort, welches Peter Beard schrieb:
„Als ich mich im August 1955 zum ersten Mal nach Ostafrika aufmachte, […] war es noch eine der absolut unberührten Regionen dieser Welt für wild lebende Tiere. Heute ist es ein touristenverseuchter Parkplatz.“

Was die Menschen der Natur, in dem Fall ganz Besonders der Natur Afrikas, was der Mensch dem Menschen anzutun bereit ist, das Buch, besser gesagt Peter Beard verdeutlicht es mit seinen Werken unmissverständlich.
Das schwere Kunstwerk von Bildband zeigt keine verpilcherisierte heile Welt à la ‚Gala‘, keine inszenierten Fotos aus dem Jetset-Dasein von ‚Rooooobert‘ und ähnlichen Zeitgenossen.

Seine Werke animieren zum Nachdenken darüber, ob dieses ‚Immer mehr, immer schneller, immer billiger‘ einen Sinn ergibt.

Bewertung vom 17.05.2020
Gieseke, Wolfram

Die ultimative QNAP NAS Bibel


ausgezeichnet

Der Autor schöpft aus dem Vollen!

Wolfram Gieseke hat bisher über 40 Bücher zu IT-Anwenderthemen veröffentlicht, Sei es Windows, sei es Office, Datenschutz, Android-Geräten, Windows Pannenhilfe oder sonstigen interessanten Themen. Schon von daher weiß der Autor, wie ein Buch geschrieben, getextet und auch illustriert wird.

So auch in diesem Werk: über die 'Network attached server', kurz die NAS-Geräte der taiwanesischen Firma 'Quality Network Appliance Provider', kurz QNAP ist auf den rund 350 Seiten so gut wie alles zu finden. Sei es die Analyse der anfangs verwirrenden Typenbezeichnungen, sei es der ideale Aufstellungsort, die Benutzeroberfläche der web-basierten Benutzeroberfläche, die RAID-Konfigurationsmöglichkeiten samt deren Vor- und Nachteilen, die richtige Backup-Strategie, Sicherheitsaspekte, Vergabe von Zugriffsrechten, eben alles.

Das Einzige, was ich vermisse, ist eine Art Tipp, welches der vielen angebotenen aktuellen QNAPS für den Heimgebrauch, die KMUs idealerweise geeignet sind. Aber selber denken war noch nie ein Fehler.

Auch wissenswerte Nebensächlichkeiten spart Wolfram Gieseke nicht aus. Beispiel auf Seite 29, Stichwort 'Wichtige Geräte ohne Gigabit-Ethernet?
"Eventuell unterstützen zentrale Geräte in Ihrem Netzwerk kein Gigabit-Ethernet, wie etwa ein vom Anbieter bereitgestelltes Kabelmodem oder eine ältere FRITZ!-Box. Wenn man diese nicht durch neuere Versionen austauschen kann oder will, muss man trotzdem nicht unbedingt auf ein schnelles Netzwerk verzichten. Auch hier hilft ein aktueller Switch mit schnellem Ethernet. Verbinden Sie diesen mit dem älteren Router, und schliessen Sie dann alle schnellen Geräte wie NAS und PCs direkt an den Switch an. So können diese Teilnehmer zumindest untereinander mit hoher Geschwindigkeit kommunizieren."

Dass nicht nur im kommerziellen Bereich mehr oder weniger viele PCs eingesetzt werden, sondern dass auch im privaten Bereich die Elektronik Einzug gehalten hat, sei es mit verschiedenen PCs, Notebooks, Tablets oder Smartphones ist Alltagswissen. Dass dieses ganze Elektronik-Sammelsurium zumindest teilweise auf dieselben Daten zugreifen sollen/wollen, dieser Wunsch lässt sich mit einem NAS recht einfach erfüllen.
Kommt das zur Wunscherfüllung einzusetzende Gerät aus Taiwan und heisst QNAP, dann hilft diese 'Bibel' zuverlässig, die anfänglichen Klippen zu umschiffen.

Bewertung vom 17.05.2020
Beckmann, Dietmar;Beckmann, Silvia

Glacier Express


ausgezeichnet

Ein feines Taschenbuch über alles, was es über DIE Zugreise an Interessantem zu wissen gibt

In dem Taschenbuch sind bei Weitem nicht nur schöne Bilder von Natur, Bergen und Seen, Bahnstrecken, Ortschaften, Hotel(bars), Brücken, Tunnels und Viadukten zu finden, Alle in Farbe, einige davon doppelseitig.

Vor allem die zweisprachigen Texte (deutsch, linke Seite in schwarzer Schriftfarbe; Englisch auf der rechten Seite in blau gedruckt) klären über vieles auf. Es wird nicht jedes Detail beschrieben. Ich habe zum Beispiel einen kleinen Plan über die sensationelle Streckenführung der Albula-Bahn mit ihren Spiraltunneln zur Überwindung des vom Zug zu erklimmenden Höhenunterschiedes vermisst. Wer diese Strecke mal befahren ist, besser gesagt geniessen durfte, kann sich kaum vorstellen, wie es um 1890 möglich war, ohne GPS, ohne Riesenbagger, hydraulischen Hilfsmitteln und so weiter, diese im Jahr 2008 zum Weltkulturerbe erklärte sensationell schöne Bahnlinie zu schaffen. Zwischenbemerkung: glücklicherweise fehlt in den Buch der Hinweis, dass alle zwei Jahre im Wechsel mit der Strecke Chur - Arosa die RhB Fahrten mit einem 'Cabrio-Zug' anbietet. Was bedeutet, dass hinter die Lok anstatt der üblichen Waggons für die Fahrgäste offene Güterwagen mit Holzbänken gehängt werden. Ein Erlebnis ohnegleichen!

Zurück zum Buch: technische Informationen über die Bahn, die Züge, die Loks, die Bauwerke. Vorschläge für Ausflüge wie den zum Gornergrat, nach Arosa oder Andermatt, über die Furka-Bergstrecke von Realp nach Oberwald, all das ist zu finden. Wie erwähnt, immer schön illustriert mit Farbaufnahmen.

An der einen oder anderen Stelle hat das Taschenbuch auch kleine Defizite. Im Kapitel über Chur ab Seite 98 wird zwar das Wappen des Kantons Graubünden erwähnt und auch beschrieben. Dummerweise fehlt hier aber eine Abbildung des Wappens.

Ansonsten gibt es über das Buch nichts zu meckern. Schön gemacht, informativ, klein genug, um es auf der Bahnreise dabei zu haben, Texte, die gut und auch schnell zu lesen sind. Denn mit Lesen sollte nicht allzu viel Zeit verbracht werden. Sonst verpasst man viel zu viel der schönen Schweiz, was es zu bewundern gibt.

Bewertung vom 16.05.2020
Die Reise deines Lebens

Die Reise deines Lebens


ausgezeichnet

Alle beschriebenen 245 Ziele aufzuzählen geht zu weit, es ist aber für jeden 'Geschmack' was dabei

Grossformatig, gewichtig, sehr schöne Farbfotos, sowohl von den Motiven als auch von der Wiedergabequalität her.

Wenn man sich es nur leisten könnte...

Wahrscheinlich wird der Grossteil derjenigen, die es sich leisten können, eher die Suite eines Kreuzfahrtschiffes oder, weil es schneller und noch elitärer ist, für 92.000,00 € pro Person einen Kreuzflug buchen. Damit auf der Weltreise per Schiff oder während der 20 Tage Keuzfluges keine Langeweile aufkommen kann und man wenigstens in Papierform mitbekommt, was man alles verpasst, empfiehlt es sich, dieses Buch trotz seines Formats und Gewichts mit zu nehmen.

Thematisch nach den (Teil-) Kontinenten unterteilt, werden die 245 Reiseziele geschildert. Teil-Kontinente steht hier, weil aus unerfindlichen Gründen Süd- und Mittelamerikareisen den ersten, Nordamerika dann als vorletzter Teil beschrieben wird. Was dem Inhalt des Buches jedoch keinen Abbruch tut.

Die einzelnen Ziele werden wie oben geschrieben mit sehr schönen Farbfotos illustriert beschrieben. Grossteils auch mit Vorschlägen für mehrtägige Touren, um das jeweilige Ziel nicht nur kurz zu sehen, sondern soweit in der angegebenen Zeit möglich, auch etwas kennen zu lernen. Die Reisetipps informieren über die ideale Reisezeit, die Planung und sie geben such Internetadressen an, unter denen weitergehende Informationen zu finden oder besorgt werden können. Besondere Unternehmungen wie 'Rodeln auf dem Vulkan', 'Wüstenwanderung auf dem Sinai', 'Die Aussicht auf dem vierthöchsten Gebäude der Welt genießen' oder 'An den Havasu Falls baden gehen' haben natürlich auch ihren Platz gefunden.
Das Werk trägt schließlich den Untertitel "245 spektakuläre Ziele weltweit".

Wer die Richtigkeit von Albert Einsteins Zitat
"Es gibt nur zwei Weisen die Welt zu betrachten: Entweder man glaubt, dass nichts auf der Welt ein Wunder sei, oder aber, dass es nichts als Wunder gibt."
überzeugen möchte, aber weder die Zeit noch die finanziellen Mittel hat, diese 245 Ziele zu bereisen, greift zu diesem Bild-/Textband in gewohnt hoher National Graphics-Qualität.

Bewertung vom 12.05.2020
Krämer, Felix

Peter Lindbergh. Untold Stories


ausgezeichnet

Der erste Eindruck irritiert…

Beim ersten Blick auf das Titelbild an kommen spontan die Gedanken auf: drei Frauen, alles in Grautönen gehalten, der Buchrücken in Schwarz - ist ja eine triste Angelegenheit.

Besonders einladend schauen mich die Frauen – eher Mädchen denn Frauen – auch nicht gerade an. Beginnen wir mit der Rechten: eher ausdruckslos, kühl, abweisend, emotionslos fixiert sie einen Punkt irgendwo links außerhalb des Bildes. Die junge Frau in der Mitte sieht mich wenigstens an, leicht geöffneter Mund, aber auch eher abweisender Blick und ebensolche Mundwinkel. Eine leichte Regung zeigt die linke junge Frau - auf den gleichen Fixpunkt blickend, aber der Gesichtsausdruck signalisiert eine positive Emotion.
Keine gestylten Haare, kein sichtbares Make-up – nur Frauen mit nonnenhaften Kopftüchern.
Im Hintergrund dominiert ein riesiges Rad einer Maschine, schroffer Gegensatz zu den Gesichtern – der Rest verschwindet undefiniert.

Beim Weiterblättern sieht man von einer kaum befahrenen Seitenstraße auf eine weitere Straße – nur ein Auto bewegt sich – die restlichen stehen am Straßenrand oder vor einem - nomen est omen – Desert Village Motel in einer trostlos anmutenden Gegend.
Und schon kommen Erinnerungen in den Sinn - Hitchcocks ‚Vögel‘ sieht man förmlich.

Es folgen Portraits, überrascht, verschlafen, enttäuscht, den Tränen nahe, verzweifelt, erotisch, lasziv, märchenhafte Szenen mit Nebelschwaden und Bedeutungslicht, schaurig-schöne Naturaufnahmen. Inszenierungen mit surrealen, skurrilen Posen.

Wir werden Augenzeuge einer nicht erwarteten persönlichen Nähe Peter Lindberghs zu seinen überwiegend weiblichen Models. Diese Nähe zeigt eine Vertrautheit zwischen den Akteuren, sie lässt vergessen, dass einen Kamera in der Nähe die ehrliche, ungeschminkten Wahrheiten und Stimmungen einfängt.

Lindberghs Frauen kommen nicht als hübsche Supermodels, nicht als unnahbare Ikonen rüber, sondern als Frauen in ihren individuellen natürlichen Schönheiten, in der Leichtigkeit eines zufälligen ungezwungenen Schnappschusses.

Lindberghs Auge sucht die Schönheit nicht als Endergebnis einer langen Styling-Sitzung um Mode in den Vordergrund zu spielen, sondern als Zeichen eines von innen kommenden, weiblich-menschlichen Wohlergehens – mit dem Recht, auch noch dem Kind in seinen Models einen Platz zu lassen.
Mode wird nicht zur Hauptsache, sondern zum gleichwertigen Partner zwischen Frau in ihrer natürlichen Schönheit und selbstbewussten Weiblichkeit.

Zurück zum Titel. Erst nach einigen Seiten machen die ‚nicht erzählten Geschichten‘ einen Sinn. Fast jede Seite fordert den Betrachter förmlich auf, sich eine Geschichte dazu auszudenken. Nach kurzer Zeit gelingt das dann recht gut. Manchmal sieht man auch die imaginären Sprechblasen.

Mir persönlich scheint die eine oder andere Aufnahme danebengegangen zu sein, nicht sonderlich gelungen. Manche Fotos erschienen eher als unnötiger Füller, deren Auswahl und Geschichte sich nur Peter Lindbergh erschloss.

Aber – selbst blättern ermuntert zur Suche nach eigenen Geschichten.

Die Bildseiten werden von einem Vorwort, einem rührenden Nachruf Wim Wenders und einem Interview mit dem Fotografen und Felix Krämer unterbrochen (alle Texte in Englisch). Wir finden sie wieder gegen Ende – wie gewohnt bei Taschen auch in Deutsch und Französisch, bereichert durch eine Zusammenstellung aller Bilder mit einer Kurzinformation.

Bewertung vom 12.05.2020
Ullrich, Volker

Acht Tage im Mai


ausgezeichnet

Pflichtlektüre für die, die politisch rechts bis ganz rechts außen sind... Für alle anderen auch!

Der Stil, in dem Volker Ulrich das Buch verfasst hat, macht es nicht schwer, die etwas mehr als 250 Seiten zu lesen. Alles, was er beschreibt, ist bestens recherchiert und kann dank der 37 Seiten umfassenden klein gedruckten Seiten mit Anmerkungen, Quellenverzeichnis, der umfangreichen Bibliographie, der Angabe von Fundstellen in Tagebüchern, Briefen und Erinnerungen überprüft werden. Damit ist es unmöglich und jeglicher Tatsache widersprechend zu behaupten "Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte." Wie sich Gauland im Jahr 2018 nicht entblödete zu behaupten.

Die acht Tage im Mai nach der totalen Kapitulation des Deutschen Reiches, die der Historiker aus allen möglichen Blickwinkeln betrachtet und beschreibt, sind ergreifend, erschütternd, informierend, aufklärend im Sinne der Wahrheitsfindung.

Heinrich Himmler hatte in der Tat die Hoffnung, sich auch nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches als zweiter Mann in der 'neuen' Regierung etablieren zu können. Zuvor hatte der Reichsführer SS bereits Versuche angeleiert, über den schwedischen Diplomaten und Vizepräsidenten des Schwedischen Roten Kreuzes, Graf Folke Bernadotte Verhandlungen mit Eisenhower eine Kapitulation der deutschen Streitkräfte im Westen führen zu können. Als 'Faustpfand' für diese von Himmler erhofften und von Eisenhower kategorisch abgelehnten Verhandlungen hatte der Reichsführer SS zigtausende von KZ-Häftlingen auf die Todesmärsche schicken lassen.

Hans Frank, der Schlächter von Polen, wurde am "[...]04. Mai 1945 von Leutnant Stein von der 7. US-Armee in Begleitung von zwei US-Soldaten und einem deutschen Polizeiwachtmeister im "Haus Bergfrieden" in Neuhaus am Schliersee [...] in gemütlicher Kaffeerunde" vorgefunden. (Seite 142f.)
"Gauleiter Hanke, der jeden, der zu fliehen versuchte hatte, standrechtlich hatte erschießen lassen, dachte gar nicht daran, nun selbst den »Heldentod« zu sterben. In der Nacht zum 6. Mai ließ er sich mit einem Fieseler Storch ausfliegen - von jener Rollbahn, die er unter entsetzlich hohen Opfern hatte errichten lassen." (Seite 188).
Diese Startbahn mitten in der 'Festung Breslau' kostete schätzungsweise 3.000 Menschen durch Bomben und sowjetische Tiefflieger das Leben.

Göring fühlte sich auch nach seiner Festsetzung noch als rechtmässiger Nachfolger des 'Führers' und gab sich auch als Kriegsverbrecher so. Speer begann gleich nach der Kapitulation an seiner Legende des Unschuldslammes, das von nichts wusste, zu stricken. Sehr erfolgreich zu stricken, sein Buch 'Erinnerungen' stand auf Platz 1 der Spiegel-Bestseller-Liste in den Jahren 1969 und 1970.

In dem Buch geht es aber nicht nur um die Nazi-Verbrecher. Ebenso um die 'normalen' Bürger, die die Bombennächte in Bunkern und Kellern überlebten. Es geht um Ausschnitte des Werdeganges von Willy Brandt, von Kurt Schumacher, Astrid Lindgren, Konrad Adenauer, Hannah Ahrendt, Walter Ulbricht, Erich Honecker, von Wernher von Braun, Familie Quandt und vielen weiteren Personen.

Diverse Schwarz-/Weiß-Aufnahmen dokumentieren einige Vorgänge und Situationen.

Die letzten drei Sätze im Epilog dieses Buches von Volker Ullrich müssen hier zitiert werden. Zu finden auf Seite 253. In Anbetracht des 'blinden Flecks' einiger politischer Institutionen, Demo-Mitläufern, NSU- und weiterer Attentate ist das unabdingbar:
"[...] es sollte noch dauern, bis die Demokratie [...] in der Bevölkerung der Westzone Wurzeln schlug. Man muss sich das Ausmaß der Verheerungen, der materiellen wie moralischen, vor Augen halten, um zu begreifen, wie unwahrscheinlich dies am 8. Mai 1945 erscheinen musste und welche Errungenschaft es bedeutet, heute in einem stabilen, freiheitlichen und friedlichen Land leben zu können. Vielleicht ist es an der Zeit, daran zu erinnern."

Es ist an der Zeit!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.05.2020
Mazzanti, Davide

Vespa


ausgezeichnet

DAS Buch zum VESPA-Kult

Mit 22 mal 26,5 Zentimeter (B*H) grossformatig, mit mehr als 350 Seiten Umfang recht dick, sehr gute Druckqualität, schöne Bilder, meist in Farbe. Technische Daten der verschiedenen Modelle, die zwischen 1948 und 2019 angeboten wurden, technische Zeichnungen verschiedener Neuerungen, die jeweils entwickelt wurden - soweit die 'technischen Daten' dieses Bild-/Textbandes.

Der Inhalt ist umfassend: die Drehgriffschaltung, die mittels einen System von starren Gestängen (!) zum Getriebe führt, die Vespa als Rennmaschine mit Stromlinienverkleidung samt Fahrer, der einen stromlinienförmigen Helm trägt. Die Vespa in den USA, in Asien, die Vespa im Film, in der Werbung. Kläglich gescheiterte Versuche anderer Hersteller bis hin zu Harley Davidson, an der Roller-Welle, die Vespa ausgelöst hat, teilzuhaben...

Wer sich in den Kult-Roller verguckt hat, wissen möchte, was den Kult verursacht oder sich einfach nur über 'seine' Vespa informieren will - zugreifen.

Und wer sich seinen Traum einer eigenen Vespa erfüllen möchte: ich habe noch nie eine derart be'vesperte' Stadt erlebt wie Triest. Dort die erträumte gebrauchte Vespa finden zu können ist sehr wahrscheinlich. Bis dahin muss eben dieses Buch ausreichen.

Bewertung vom 11.05.2020
Simms, Brendan

Hitler


ausgezeichnet

Bedenkenswert, nicht bedenklich. Der Ansatz, Hitlers Gedankenwelt zu verstehen.
Auch wer schon zahlreiche Biographien über Hitler gelesen hat, beispielsweise Ian Kershaws herausragende zwei Bände über Hitler, Joachim C. Fest’s Buch aus dem Jahr 1973, Sebastian Haffners „Anmerkungen zu Hitler“ von 1978 oder weniger bekannte Literatur wie das Buch von Eugene Davidson „Wie war Hitler möglich“ (1982), „Was niemand wissen wollte“ von Walter Laqueur 1984, „Wer war wer im Dritten Reich“ von Robert Wistrich, 1990 erschienen, wird in diesem erst 2019 erschienenen Buch von Brendan Simms neue Erkenntnisse gewinnen.

Der Überfall auf Polen im Jahr 1939, den Hitler befohlen hatte und dessen ‚Notwendigkeit‘ der deutschen Bevölkerung gegenüber mit Lügen begründet wurde, war bekanntermaßen der Auslöser des Zweiten Weltkrieges. Wobei sich das Deutsche Reich und Polen trotz aller Zwistigkeiten zwischen 1918 und 1938 durchaus angenähert hatten und der Überfall auf Polen umso überraschender kam. Auch das Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion war nicht durch permanente Feindseligkeit geprägt.
Im Gegenteil, die Sowjetunion lieferte Getreide, Metallerze, Öl und weitere wichtige Rohstoffe ins Deutsche Reich.
Der Autor beschreibt auch die Rollen der obersten Nazi-Führer (Göhring, Goebbels, Himmler, Bormann, Speer, Frank und viele Weitere), deren Machtkämpfe hinter den Kulissen, das Privatleben Hitlers mit der Liaison zu Geli Raubal, der Tochter seiner Halbschwester Angela, also seiner Nichte, zu Eva Braun. Die Gründe, weswegen Hitler nach dem Ende des seiner Ansicht nach nur zu gewinnenden Krieges auf jeden Fall den Volkswagen etablieren wollte – als Gegenstück zu dem US-amerikanischen Massenbewegungsmittel Auto, Stichwort ‚Ford‘.
Wer weiss schon, dass Hitler in seiner Bewunderung der USA Hamburg zu einer Stadt umgestalten wollte, die New York mitsamt seinem 1931 eröffneten Empire State Building bei Weitem übertreffen sollte?
Nicht nur dem, der jetzt diese verhängnisvollen Jahre in der Form anspricht „Aber, liebe Freunde, Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“, auch alle anderen, ganz besonders die, die derartigen Gedankengängen folgen, sollten, besser müssten dieses Buch lesen.