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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 765 Bewertungen
Bewertung vom 16.08.2016

Mathematisches Kabinett


gut

Die spielerische Seite der Mathematik

Heinz Haber war Moderator verschiedener naturwissenschaftlicher Sendungen und Autor zahlreicher populärwissenschaftlicher Bücher über Astronomie. Die Beiträge in „Mathematisches Kabinett“ erschienen ursprünglich in der Zeitschrift „Bild der Wissenschaft“.

Es geht primär um mathematische Knobeleien. Die Bildungsgesetze magischer Quadrate sind Thema des ersten Kapitels. In einem Kupferstich von Dürer ist ein magisches Quadrat mit erstaunlichen Symmetrien verborgen. Beim Spiel Solitaire sollte man sich dagegen nicht von Symmetrien leiten lassen. Das freie Anfangsfeld darf nicht in der Mitte des Spielfeldes liegen, sonst hat man verspielt.

Einige Rätsel sind bekannt, wenn man schon häufiger Bücher dieser Art gelesen hat. Dies gilt z.B. für logische Paradoxa wie „Alle Kreter sind Lügner“ (sagt ein Kreter) oder verwandte Paradoxa. Als Mitglied einer Klasse muss man vorsichtig sein, wenn man Aussagen über diese Klasse trifft. Anders, aber auch seltsam, geht es in der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu. Der Physiker Gamow hat berechnet, dass bei einer Gruppe von 24 Personen die Wahrscheinlichkeit mehr als 50% beträgt, dass zwei Personen davon am selben Tag Geburtstag haben.

Einen großen Raum nehmen, inspiriert von chinesischen Tans, Legeaufgaben ein. Unter anderem lassen sich die 64 Felder eines Schachbrettes durch raffinierte Schnitte so zerlegen und wieder zusammensetzen, dass (augenscheinlich) 65 Felder entstehen. Zu allen Aufgaben gibt es ausführliche Lösungen.

Bewertung vom 16.08.2016
Perutz, Leo

Der schwedische Reiter


ausgezeichnet

Ein grandioser Roman von einem genialen Schriftsteller

Mit dem Thema Identität haben sich in der Vergangenheit verschiedene Autoren beschäftigt, z.B. José Saramago in „Der Doppelgänger“, Ken Follett in „Der dritte Zwilling“ und in jüngster Zeit Daniel Kehlmann in „Ruhm“. Während es bei Saramago um die psychische Zerrissenheit seines Protagonisten Afonso geht, steht bei Follett die Ethik im Hinblick auf die Gentechnik im Fokus. Bei Daniel Kehlmann sind es die Errungenschaften der (perfekten?) Technik, die zu Identitätsproblemen führen können.

Alle drei genannten Werke haben ihre Stärken, jedoch fehlt die Faszination, die von der vertauschten Identität in „Der schwedische Reiter“ ausgeht. Leo Perutz vereinigt in diesem Roman verschiedene Genres. „Der schwedische Reiter“ ist ein historischer Roman mit dezent eingewobenen Elementen aus dem Genre fantastischer Roman. Er steckt voller Abenteuer, Tragik, Liebe und Schicksal und ist gleichzeitig ein Schelmenroman mit sozialkritischen Untertönen. Ein solches Spektrum findet man aktuell nur bei wenigen Autoren, so z.B. in „Der Schatten des Windes“ von Carlos Ruiz Zafón. Es ist ein Genuss, einen derart ausgereiften Roman zu lesen und es freut mich, dass viele Rezensenten das ähnlich sehen.

Perutz glänzt mit präzisen Beschreibungen und einem genialen Plot. Die Schicksale der beiden Protagonisten sind aufs Engste miteinander verknüpft. Es gibt im gesamten Verlauf niemanden, der die gesamten Ereignisse in ihrer Tragweite überblicken kann, außer dem Leser selbst. Die einzige Person, die mit objektiven Widersprüchen konfrontiert wird, die sie nie im Leben wird aufklären können, ist Tochter Maria Christine und die ist zum Zeitpunkt der Ereignisse noch ein kleines Mädchen. Die Szene, in der sie für den unbekannten Landstreicher betet, ist an Dramatik und Emotionalität nicht zu überbieten. Vielleicht sind dies die Gründe dafür, dass der Vorbericht ihren Lebenserinnerungen gewidmet ist.

Bewertung vom 16.08.2016
Perutz, Leo

Die dritte Kugel (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Rätselhaft, verschachtelt, mystisch, genial, … , Perutz

In diesem Erstlingswerk von Leo Perutz aus dem Jahre 1915 deutete sich bereits sein Stil an, der ihn zu einem der kreativsten Literaten des 20. Jahrhunderts machte. „Die dritte Kugel“ ist wohl durchdacht konstruiert und lässt bewusst Fragen offen.

Es handelt sich um einen Roman mit historischem Hintergrund. Figuren und Handlungen sind teilweise erfunden. Die Geschichte steckt, wie auch „Der schwedische Reiter“, voller Abenteuer, Tragik, Liebe und Schicksal. In beiden Romanen geht es um Identitäten, die in „Der schwedische Reiter“ aber raffinierter aufbereitet wurden.

Auch die Mystik kommt nicht zu kurz. Hierzu gehören der Pakt mit dem Teufel und das Geheimnis der drei Kugeln. Auch sind Traum, Vision und Realität nicht immer scharf zu trennen. Dies gilt insbesondere für die Querverbindungen der Metaebene in den Kapiteln „Der Wein des Doktor Cremonius“ und „Die dritte Kugel“ mit der Handlungsebene bei den Indios, die den größten Teil des Buches ausmacht.

Nicht alle Geheimnisse können gelüftet werden, was der Autor unnachahmlich in der Szene mit dem Alchimisten zum Ausdruck bringt. „Was lag auf des Bechers Grund?“ (18) ist eine Metapher für das Rätselhafte im Leben des Hauptmanns Glasäpflein. Hat die dritte Kugel ihren Weg gefunden? So wie der Mensch sich nicht selbst widerspruchsfrei entschlüsseln kann, bleibt auch in dem Roman ein Widerspruch enthalten, der nicht aufgelöst werden kann.

Der Roman bewegt sich auf mehreren Ebenen, wie es Perutz später in „Der Meister des jüngsten Tages“ und „St. Petri-Schnee“ perfektioniert hat. Autoren der Neuzeit, z.B. Daniel Kehlmann („Ruhm“), orientieren sich hinsichtlich der Art der Konstruktion an Perutz, ohne ihn jedoch literarisch zu erreichen. Als Leser darf man sich nicht daran stören, dass der Einstieg in die Geschichte etwas beschwerlich ist (gilt auch für andere Romane von Perutz). Belohnt wird der Leser durch erstklassige Literatur, die in der heutigen Zeit ihresgleichen sucht.

Bewertung vom 15.08.2016
Steinbeck, John

Tortilla Flat


sehr gut

Lebenskünstler in Monterey

John Steinbeck gehört zu den größten amerikanischen Schriftstellern (1962 Nobelpreis für Literatur). „Tortilla Flat“, 1935 erschienen, ist sein erster bekannter Roman. Er ist einfacher strukturiert als z.B. „Jenseits von Eden“, versprüht aber einen Charme, der die Leser in ihren Bann ziehen kann.

Die Geschichte spielt in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg in Monterey (Kalifornien) und handelt von Danny und einer Clique von Tagedieben, deren Gedanken stets um Wein, Weib und die Organisation der nächsten Mahlzeit kreisen. Es sind echte Lebenskünstler, die nicht die Zeit damit verschwenden, viel über die Zukunft nachzudenken.

Monterey ist ein wunderschönes kleines Küstenstädtchen an der Pazifikküste, in dem stets die Sonne scheint. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die Protagonisten ihr (objektiv gesehen schwieriges) Leben leicht nehmen. Der Humor und die Leichtigkeit des Seins überwiegen in dem Roman. Es fehlt das resignative Element der Tagträumer, wie Wilhelm Genazino es in seine Werke einbaut.

Steinbeck beschäftigt sich in seinen Romanen mit Randgruppen, er beschreibt originelle Typen. Wer seine Werke nicht kennt, findet in diesem Schelmenroman einen leichten Einstieg. In „Tortilla Flat“ sind Parallelen zu seinem zehn Jahre später erschienen Roman „Die Straße der Ölsardinen“ erkennbar. Beide Romane sind auch heute noch zu empfehlen.

Bewertung vom 15.08.2016
Lambeck, Martin

Irrt die Physik? (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Paraphänomene aus dem Blickwinkel der Physik

Esoterik und alternative Medizin stellen für die heutige Wissenschaft eine Herausforderung dar. Wenn ihre zentralen Aussagen richtig sind, muss die Physik in Teilbereichen falsch oder unvollständig sein. Physiker Martin Lambeck, Professor an der TU Berlin, sieht eine wichtige Aufgabe darin, diesen alternativen Lehren auf den Grund zu gehen.

Er erläutert auf wenigen Seiten, dafür sehr verständlich, Grundlagen der Physik (Atomlehre, Vierkräftelehre) und beschreibt deren Grenzen. Paraphänomene sind eine Herausforderung für den Physiker, da zur Erklärung diese Grenzen überschritten werden müssen. In der Vergangenheit ist das Grundgerüst der Physik mehrfach erweitert worden (Röntgenstrahlung, Radioaktivität, Strahlung Schwarzer Körper). Die Physik ist ein offenes System.

Lambeck begnügt sich mit dem Existenznachweis von Paraphänomenen, der zugehörige Erklärungsmechanismus (Theorie) kann später gesucht werden. Da die Physik keine Allzuständigkeit hat, reduziert er seine Untersuchungen auf rein physikalische Fragen, z.B. die Überbrückung des leeren Raumes bei der Telepathie. Für die Auswertung der Experimente werden statistische Testverfahren eingesetzt.

Inhaltlich setzt sich der Autor mit Homöophatie, Anthroposophie, Wünschelrute, Pendel, Erdstrahlen und anderen alternativen Verfahren auseinander. Er schlägt verfahrensbezogen individuelle Testverfahren zum Nachweis der Phänomene vor. Lambeck zweifelt nicht daran, dass homöopathische Ärzte erfolgreiche Therapien durchführen, die Frage ist, ob die Erfolge durch hochpotenzierte Medikamente (D30) zustande kommen.

Es gibt heute mehr Bücher über Esoterik, als solche, die sachlich und kritisch darüber berichten. Es ist für den Bürger schwer bis unmöglich, die Spreu vom Weizen zu trennen. Lambecks Ausführungen sind sachlich, anschaulich und plausibel. Sein Umgang mit alternativen Lehren ist fair. Er leistet mit diesem Buch einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 14.08.2016
Whitman, Walt

Grashalme


sehr gut

Eine Hymne auf das Leben

Richard Bucke, Freund des Schriftstellers Walt Whitman, beschreibt ihn in [1] als „seltsam ruhig und beherrscht“. Er war gelassen, angenehm im Umgang und naturverbunden. Auf andere Menschen wirkte er anziehend.

Kern von Whitmans Aussagen ist, dass das „Alltägliche das Allergroßartigste“ ist und dass das „Außergewöhnliche in allen seinen Ausprägungen in keiner Weise besser, schöner oder kostbarer ist als das Übliche und dass das, was wir wirklich brauchen, nicht irgendein ferner Besitz ist … sondern offene Augen und Herzen, um zu sehen und zu fühlen, was da ist“. Buckes Charakterisierung in [1] deckt sich mit dem, was Whitman in den Grashalmen ausdrückt.

Den Geist des jungen Amerika beschreibt Whitman in „Pioniere!“. Seine Ode „An die Staaten“ ist ein Aufruf zum zivilen Ungehorsam. Am besten gefallen hat mir der „Gesang von mir selbst“. Hier schreibt er über das Leben, über Liebe, Lust und Leidenschaft. Das Wunder der Natur kommt in diesen Zeilen facettenreich zum Ausdruck. „Ich glaube ein Grashalm ist nicht geringer als das Tagewerk der Sterne“.

Whitman schreibt kaum wohl strukturierte Gedichte. Aber seine Verse sind voller Leben. Er ist ein würdiger Botschafter für das ursprüngliche Amerika. Der Fokus liegt bei ihm auf dem Inhalt und nicht auf der Form. Seine Zuversicht hat mit seinen persönlichen Erfahrungen zu tun [1]. „Ich weiß, dass ich nicht verlöschen werde wie eines Kindes Feuerreif, der nachts mit glühendem Stock durch die Luft geschlagen wird“.

[1] Richard Bucke: „Kosmisches Bewusstsein“, S. 186-198

Bewertung vom 14.08.2016
Haase; Mauksch

Spaß mit Mathe


sehr gut

Denksportaufgaben

Das Buch enthält 137 mathematische Denksportaufgaben, verteilt auf 7 Kapitel, darunter ein Kapitel mit historischen Rätseln von Newton, Euler, Gauß, Goldbach und anderen großen Denkern der Menschheitsgeschichte. Die Lösungen einschließlich Lösungswege sind angegeben. Die Kenntnis der höheren Mathematik ist für das Lösen der Rätsel nicht erforderlich.

Es handelt sich um ein reines Aufgabenbuch ohne Vorwort, Einleitung, Nachwort und Stichwortregister. Als belebendes Element sind einige Weisheiten großer Geister eingestreut, z.B. von Kronecker "Wir Mathematiker sind die wahren Dichter, nur müssen wir das, was unsere Phantasie schafft, noch beweisen."

Da Denksportaufgaben zeitlos sind und das Buch für wenig Geld zu haben ist, kann ich es Rätselfreunden trotz des Alters empfehlen.

Bewertung vom 14.08.2016
Lütz, Manfred

BLUFF!


schlecht

Subjektive Welten – Objektive Welt

Leben wir, wie Truman Burbank in „Die Truman Show“, in einer Scheinwelt? Wird uns eine Welt vorgegaukelt, die nicht der Realität entspricht? Manfred Lütz beschreibt Täuschungen in der Naturwissenschaft, in der Psychotherapie, in sozialen Netzwerken, in Medien, Werbung, Finanz- und Gesundheitswelt. Auch esoterische Ersatzreligionen werden untersucht.

Autor Lütz bezieht sich u.a. auf den Psychotherapeuten und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Ihm dürfte dessen These bekannt sein, dass es keine absolute Wirklichkeit gibt, sondern nur subjektive, zum Teil völlig widersprüchliche Auffassungen über die Wirklichkeit, von denen naiv angenommen wird, dass sie der „wirklichen“ Welt entsprechen. Es geht nicht um Wahrheit, sondern um Nützlichkeit.

Für den Bereich der Psychotherapie beschreibt Lütz diese relative Sicht auch anschaulich. Er nimmt sich und die Welt nicht allzu ernst und plaudert in einem lockeren Stil. Dieser positive Eindruck schwindet im Laufe des Buches. Seine Kritik an den Thesen von Richard Dawkins lässt allmählich erahnen, was die eigentliche Zielsetzung dieses Buches ist. Der Schein hört auf, wenn es um Religion geht. Er will den Lesern die Scheinwelt seiner Religion als Wirklichkeit verkaufen.

Die Frage nach Gott ist im Sinne von Heinz von Foerster („Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners“) eine unentscheidbare Frage. Eine Entscheidung begründet eine Metaphysik. Es hätte zum Buchtitel gepasst, wenn Lütz die subjektiven Welten der (verschiedenen) Religionen als solche dargestellt hätte. Seine absolute Sicht hinsichtlich seiner Religion führt zum Bruch mit dem Konstruktivismus. Diese Entwicklung ist dem Klappentext zum Buch nicht zu entnehmen.

Der Bluff hat also mehrere Dimensionen. Auch die Leser werden getäuscht. Hat der Autor damit das Thema verfehlt oder nicht? Mich hat er jedenfalls nicht überzeugt. Ich vermisse eine klare Struktur und die Konsequenz in den Ausführungen. Wer sich für Konstruktivismus interessiert, kann besser gleich Bücher von Paul Watzlawick lesen, z.B. „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“ oder „Die erfundene Wirklichkeit“ und zu Religionen gibt es massenhaft Literatur.

Bewertung vom 14.08.2016
Savant, Marilyn vos

Brainpower Training


weniger gut

Geistige Fitness

Die Zielsetzung des Buches besteht darin, Wissen zu vermitteln und die geistigen Fähigkeiten zu verbessern. Es handelt sich um ein Arbeitsbuch mit Trainingseinheiten. Die Autorin Marilyn vos Savant, Kolumnistin mit hohem IQ, gibt zahlreiche Tipps, wie man die Übungen im Buch optimal angehen kann.

Der Fokus liegt auf den Themen Literatur, Kunstgeschichte, Philosophie, Wirtschaft, Psychologie, Weltgeschichte, Religion, Politik, Naturwissenschaften, Film und Musik. Zu Beginn eines jeden Kapitels erfolgt ein Minitest, um die eigenen Fähigkeiten einschätzen zu können. Es folgen Übungen und Erläuterungen zur optimalen Herangehensweise.

Das Buch stammt aus dem Jahr 1999 und ist inhaltlich, also hinsichtlich des konkreten Wissens, welches vermittelt wird, zeitlos. Didaktisch ist es aber veraltet. Die Hirnforschung vertritt die Ansicht: „Ein vergnügtes Gehirn lernt besser als ein angestrengtes.“ [1] In diesem Sinne ist das Buch trocken und kopflastig und müsste überarbeitet werden.

[1] „Braintertainment“ von Manfred Spitzer und Wulf Bertram