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Raumzeitreisender
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Buchwurm, der sich durch den multidimensionalen Wissenschafts- und Literaturkosmos frisst

Bewertungen

Insgesamt 759 Bewertungen
Bewertung vom 14.08.2016
Haase; Mauksch

Spaß mit Mathe


sehr gut

Denksportaufgaben

Das Buch enthält 137 mathematische Denksportaufgaben, verteilt auf 7 Kapitel, darunter ein Kapitel mit historischen Rätseln von Newton, Euler, Gauß, Goldbach und anderen großen Denkern der Menschheitsgeschichte. Die Lösungen einschließlich Lösungswege sind angegeben. Die Kenntnis der höheren Mathematik ist für das Lösen der Rätsel nicht erforderlich.

Es handelt sich um ein reines Aufgabenbuch ohne Vorwort, Einleitung, Nachwort und Stichwortregister. Als belebendes Element sind einige Weisheiten großer Geister eingestreut, z.B. von Kronecker "Wir Mathematiker sind die wahren Dichter, nur müssen wir das, was unsere Phantasie schafft, noch beweisen."

Da Denksportaufgaben zeitlos sind und das Buch für wenig Geld zu haben ist, kann ich es Rätselfreunden trotz des Alters empfehlen.

Bewertung vom 14.08.2016
Lütz, Manfred

BLUFF!


schlecht

Subjektive Welten – Objektive Welt

Leben wir, wie Truman Burbank in „Die Truman Show“, in einer Scheinwelt? Wird uns eine Welt vorgegaukelt, die nicht der Realität entspricht? Manfred Lütz beschreibt Täuschungen in der Naturwissenschaft, in der Psychotherapie, in sozialen Netzwerken, in Medien, Werbung, Finanz- und Gesundheitswelt. Auch esoterische Ersatzreligionen werden untersucht.

Autor Lütz bezieht sich u.a. auf den Psychotherapeuten und Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick. Ihm dürfte dessen These bekannt sein, dass es keine absolute Wirklichkeit gibt, sondern nur subjektive, zum Teil völlig widersprüchliche Auffassungen über die Wirklichkeit, von denen naiv angenommen wird, dass sie der „wirklichen“ Welt entsprechen. Es geht nicht um Wahrheit, sondern um Nützlichkeit.

Für den Bereich der Psychotherapie beschreibt Lütz diese relative Sicht auch anschaulich. Er nimmt sich und die Welt nicht allzu ernst und plaudert in einem lockeren Stil. Dieser positive Eindruck schwindet im Laufe des Buches. Seine Kritik an den Thesen von Richard Dawkins lässt allmählich erahnen, was die eigentliche Zielsetzung dieses Buches ist. Der Schein hört auf, wenn es um Religion geht. Er will den Lesern die Scheinwelt seiner Religion als Wirklichkeit verkaufen.

Die Frage nach Gott ist im Sinne von Heinz von Foerster („Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners“) eine unentscheidbare Frage. Eine Entscheidung begründet eine Metaphysik. Es hätte zum Buchtitel gepasst, wenn Lütz die subjektiven Welten der (verschiedenen) Religionen als solche dargestellt hätte. Seine absolute Sicht hinsichtlich seiner Religion führt zum Bruch mit dem Konstruktivismus. Diese Entwicklung ist dem Klappentext zum Buch nicht zu entnehmen.

Der Bluff hat also mehrere Dimensionen. Auch die Leser werden getäuscht. Hat der Autor damit das Thema verfehlt oder nicht? Mich hat er jedenfalls nicht überzeugt. Ich vermisse eine klare Struktur und die Konsequenz in den Ausführungen. Wer sich für Konstruktivismus interessiert, kann besser gleich Bücher von Paul Watzlawick lesen, z.B. „Wie wirklich ist die Wirklichkeit“ oder „Die erfundene Wirklichkeit“ und zu Religionen gibt es massenhaft Literatur.

Bewertung vom 14.08.2016
Savant, Marilyn vos

Brainpower Training


weniger gut

Geistige Fitness

Die Zielsetzung des Buches besteht darin, Wissen zu vermitteln und die geistigen Fähigkeiten zu verbessern. Es handelt sich um ein Arbeitsbuch mit Trainingseinheiten. Die Autorin Marilyn vos Savant, Kolumnistin mit hohem IQ, gibt zahlreiche Tipps, wie man die Übungen im Buch optimal angehen kann.

Der Fokus liegt auf den Themen Literatur, Kunstgeschichte, Philosophie, Wirtschaft, Psychologie, Weltgeschichte, Religion, Politik, Naturwissenschaften, Film und Musik. Zu Beginn eines jeden Kapitels erfolgt ein Minitest, um die eigenen Fähigkeiten einschätzen zu können. Es folgen Übungen und Erläuterungen zur optimalen Herangehensweise.

Das Buch stammt aus dem Jahr 1999 und ist inhaltlich, also hinsichtlich des konkreten Wissens, welches vermittelt wird, zeitlos. Didaktisch ist es aber veraltet. Die Hirnforschung vertritt die Ansicht: „Ein vergnügtes Gehirn lernt besser als ein angestrengtes.“ [1] In diesem Sinne ist das Buch trocken und kopflastig und müsste überarbeitet werden.

[1] „Braintertainment“ von Manfred Spitzer und Wulf Bertram

Bewertung vom 14.08.2016
Jensen, Marcus

Oberland


sehr gut

Trilogie über eine schwierige Jugendzeit

In „Oberland“ beschreibt Marcus Jensen Szenen einer deutschen Kindheit und Jugend. Beleuchtet werden drei Lebensabschnitte aus dem Leben des 1967 geborenen Jens Behse. Aus den Fragmenten entsteht das Bild des nachdenklichen Außenseiters Behse, der Grenzerfahrungen sucht und stark suizidgefährdet ist. Im Alter von 22 Jahren begeht er tatsächlich Selbstmord. Die Erzählungen erfolgen aus jenseitiger Perspektive.

Eine Urlaubsreise steht im ersten Teil des Romans im Fokus. Familie Behse fährt in den Herbstferien 1973 nach Helgoland. Jens, 6 Jahre alt, gerät auf der stürmischen Überfahrt in Lebensgefahr. Er begibt sich aufs Deck und wird fast über Bord gespült. Bereits hier sind, seltsam für einen Jungen seines Alters, erste Spuren einer Todessehnsucht erkennbar. Auch die Beschäftigung mit existenziellen Fragen fällt auf.

Der zweite Teil beschreibt die Jugendzeit des Protagonisten Anfang der 1980er Jahre. Schulzeit, Clique und erste Kontakte mit Mädchen sind die zentralen Themen. Die Atmosphäre der 1980er Jahre wird lebendig. Jens Behses Todessehnsucht wird deutlich, als er sich in der Silvesternacht ohne Zeugen von dem Balkon eines Hochhauses hängt. In dieser Zeit lernt er ein Mädchen kennen, welches sich im Schnittpunkt der Trilogie bewegt.

Der dritte Abschnitt beginnt und endet im Jahre 1989. Nach den bisherigen Ausführungen wundert es nicht, dass Jens seinen Zivildienst in der Abteilung für Todkranke in einem Hamburger Krankenhaus verbringt. Er ist unangepasst, schwer zugänglich und befindet sich in Opposition zu den Menschen seiner Umgebung.

„Oberland“ ist keine leichte Lektüre. Die Abläufe und Zusammenhänge wirken teilweise grotesk und sind, vielleicht verursacht durch die jenseitige Perspektive, schwer nachvollziehbar. Ich halte „Oberland“ nicht für einen Schelmenroman, sondern für eine düstere, mit einer guten Portion Zynismus angereicherte Geschichte, in der der Zeitgeist der 1980er Jahre lebendig wird.

In einem Interview sprach Marcus Jensen davon, dass es in dem Buch nur um Jens Behse geht. „... das ist das Grundprinzip, er beschäftigt sich rein narzisstisch nur mit sich selbst, findet auch nach seinem Tod nur sich selbst, wie er sich kennt.“ Unter diesem Blickwinkel wird der destruktive Pfad, auf dem sich der Protagonist bewegt und den er niemals verlässt, verständlich.

Es handelt sich um einen anspruchsvollen Roman, in dem das Thema Todessehnsucht reflektiert wird. Die Tiefe des Werkes lässt vielfältige Interpretationen zu.

Bewertung vom 13.08.2016

Frag mich was. Ein Quizbuch.


sehr gut

Ein zeitloses Quizbuch

„Frag mich was!“ ist ein Quizbuch, welches ca. 1500 Fragen und Antworten enthält. Die Fragen sind eher kurz („Wer war der Vater Hannibals?“), entsprechendes gilt für die Antworten („Hamilkar Barkas“). Es handelt sich überwiegend um reine Wissensfragen, für die keine langen Erläuterungen oder Begründungen erforderlich sind.

Im Zeitalter von „Wer wird Millionär?“ dürften Bücher dieser Art aktuell sein. Die Themen sind vielfältig (Geografie, Astronomie, Literatur, Geschichte, …) und der Schwierigkeitsgrad unterschiedlich („Wer war Saladin?“, „Was sind Protuberanzen?“, „Wo lag das Königreich Saba?“, „Was ist Sabotage?“).

Das Buch ist in die Jahre gekommen. Das ist aber kein Problem, da die Fragen nicht vom Zeitgeist geprägt sind. Das Buch kann ich als Quizbuch empfehlen, zumal es gebraucht für 0,01 Euro zu haben ist.

Bewertung vom 13.08.2016
Holtkötter, Stefan

Düstermühle / Hauptkommissar Hambrock Bd.5


gut

Krimi, Charakter- und Milieustudie aus dem Münsterland

Brandanschläge auf Bauernhöfen, mehrere Tote, im Münsterland ist die Hölle los. Kommissar Hambrock steht vor einem kniffligen Fall, dessen Wurzeln weit in die Vergangenheit bis in die NS-Zeit zurückreichen. Unklar ist, wer welches Fass in Düstermühle aufgemacht hat, nach Jahrzehnten relativer Ruhe. Die Dorfgemeinschaft ist gespalten und verschlossen, die Gerüchteküche brodelt.

Autor Stefan Holtkötter ist auf einem Bauernhof im Münsterland aufgewachsen und kennt Land und Leute. Seine Beschreibungen klingen plausibel, er schafft Atmosphäre, aber für einen Krimi mit den o.g. Rahmendaten nicht genügend Spannung. Handlungsort Düstermühle ist ein fiktives Dorf; der aussagekräftige Name passt zur Geschichte.

Es handelt sich um einen Krimi mit zahlreichen Verstrickungen und gleichzeitig um eine Milieu- und Charakterstudie. Nicht nur das Leben der Dorfbewohner, sondern auch das Privatleben der Kripobeamten steht im Fokus. Insofern erzählt Holtkötter gleich mehrere Geschichten. Ich habe es ein wenig bedauert, dass (wie im richtigen Leben) nicht alle Rätsel gelöst werden konnten und das Privatleben der Kripobeamten Hambrock und Keller war mir zu dominant.

Bewertung vom 13.08.2016
Krüger, Uwe

Meinungsmacht


ausgezeichnet

Gratwanderung zwischen Koinzidenz und Kausalität

Bei diesem Fachbuch zur Medienwissenschaft handelt es sich um die für eine breitere Leserschaft aufgearbeitete Dissertation von Uwe Krüger zum Thema Meinungsmacht aus dem Jahr 2011. Krüger analysiert den Einfluss von Eliten aus Politik und Wirtschaft auf Leitmedien und führende deutsche Journalisten. Die Ergebnisse kratzen am Selbstverständnis freier unabhängiger Medien und sind insbesondere für die Nutzer der Medien bedeutend.

Wie ausgeprägt sind die Verflechtungen zwischen Politik, Wirtschaft und Medien? Haben sich Journalisten in politische Elitezirkel einbinden lassen? Werden politisch erwünschte Denkweisen medial durchgesetzt? Ist der notwendige Sicherheitsabstand zwischen Journalisten und Eliten unterschritten?

Autor Krüger benennt im Vorwort Beispiele für Verbindungen zwischen Politik und Medien und nimmt das zum Anlass, das Thema mit wissenschaftlichen Methoden aufzuarbeiten. Er wendet die Methode „Soziale Netzwerkanalyse“ an, um das Beziehungsgeflecht der Akteure zu untersuchen. Bei fast jedem dritten leitenden Journalisten stellt er bedenkliche Verflechtungen zu Eliten fest.

Für seine weiteren Untersuchungen pickt sich Krüger vier Journalisten heraus, die sich beruflich mit Fragen von Sicherheit, Verteidigung und Auslandseinsätzen der Bundeswehr beschäftigen. Er resümiert, dass die Argumentationen dieser (mit Eliten vernetzten) Journalisten unkritisch sind bzw. dem offiziellen Diskurs der Regierung entsprechen. (220) Aber es gilt, dass ein kausaler Zusammenhang nicht nachgewiesen werden kann.

Bei seinen weiteren Recherchen stellt Krüger fest, dass unsere Leitmedien, also unsere großen Zeitungen, über alternative Veranstaltungen (z.B. Friedenskonferenz als Alternative zur Münchener Sicherheitskonferenz) wenig bis gar nicht berichten. Insbesondere werden die Inhalte alternativer Konzepte unterschlagen. Eine kritische Reflexion der offiziellen Linie der Regierung findet in den Leitmedien nicht statt.

Wo liegen die Grenzen der Analysemöglichkeiten? Eine Koinzidenz zwischen Journalistenmeinung und Umgebungsmeinung kann unterschiedliche Gründe haben (ähnliche Interessen, ähnliche Biographie etc.); eine Kausalität kann nicht festgestellt werden. (145) Es dürfte auch schwierig sein, diese nachzuweisen. Dennoch liegen eklatante Verstöße gegen den ehernen Grundsatz vor: „Immer dabei sein – nie dazugehören“. (147)

Das Buch ist wohl strukturiert, gründlich recherchiert und sehr anspruchsvoll. Die beschriebenen Zusammenhänge bestätigen Ahnungen, die bei vielen Menschen seit längerer Zeit vorhanden sind und liefern die Grundlage für den Einheitsbrei unserer großen Medien. Eine wirksame Kontrolle der Politik durch die Leitmedien findet nicht statt. Das Buch ist sachlich aufbereitet und recht informativ. Es liefert wichtige Erkenntnisse über unserer Medienwelt und sollte von vielen Menschen gelesen werden.

Bewertung vom 12.08.2016
Prost Röckl

Die Rolling Stones Die härteste Rockgruppe der Welt


sehr gut

Sympathy For The Devil

Das Buch stammt aus dem Jahr 1978 und genau das macht es wertvoll. Es ist keine Hochglanz-Kollektion über die Stones, sondern ursprünglich wie der Blues in den Anfangsjahren.

Alexis Korner, zu dessen Band damals Brian Jones gehörte, beschreibt auf 11 Seiten seine ersten (musikalischen) Begegnungen mit Mick Jagger. Es fallen Begriffe wie „unglaubliche Energie“, „Ruhelosigkeit“, „Art von latenter Gewalttätigkeit“. Der erste Zeitungsbericht über Mick Jagger, noch vor der Zeit bei den Stones, wird erwähnt. Später hätte Korner nach eigener Aussage gern ein paar Jahre mit den Stones gespielt.

Es folgen ausführliche Biographien über die Mitglieder der Stones, wobei die Ausführungen zu Mick Taylor, Bill Wyman, Charlie Watts und Ron Wood deutlich kürzer ausfallen, als die zu Mick Jagger, Keith Richard(s) und Brian Jones. Im Mittelteil des Buches wird die Geschichte der Stones erzählt. Hierzu gehören Ian Stewart, der Crawdaddy Club, unzählige Konzerte und eben Sex, Drugs and Rock'n' Roll.

Das Buch enthält zahlreiche Fotos, die Chronologie der Musik von 1963-1977, Tourneen, Filme, wichtige Stationen, Diskographie und Songregister. Aufschlussreich war für mich das Personenregister „Who's Who in der Welt der Stones“. Der Name des großartigen russischen Schriftstellers Michael Bulgakow stach mir ins Auge. Mick Jagger entlieh aus Bulgakows Buch „Der Meister und Margarita“ das Thema für den Song „Sympathy For The Devil“. Bulgakow beschreibt in seinem vielschichtigen Klassiker u.a. das Walten, Wirken und Wüten des Bösen in Moskau zu Stalins Zeit.

Auf die Frage, gestellt in den 1970er Jahren, ob ein Rocksänger über 30 nicht paradox ist, antwortete Mick Jagger: „Überhaupt nicht. … Trotzdem will ich natürlich nicht mein Leben lang Rock'n' Roll singen.“