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Aischa

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Insgesamt 575 Bewertungen
Bewertung vom 27.08.2018
Lehner, Marie L.

Im Blick


weniger gut

Der Roman hat mich sehr enttäuscht. Mag sein, dass ich von Autorin Marie Luise Lehner als Alpha-Literaturpreisträgerin 2017 sprachlich mehr als Durchschnitt erwartet habe.
Es mag auch an dem für mich missverständlichen Klappentext liegen, der von der Wut der Protagonistinnen spricht. Einer Wut aufgrund sexueller Übergriffe, die Antrieb zum Kampf gegen Sexismus ist.
Doch genau diesen Kampf habe ich im Buch vermisst. Ich glaube nicht, dass Wut allein Veränderungen bewirken kann, dazu muss sie konstruktiv genutzt werden, und das kann ich in dieser Erzählung nicht erkennen.

Die Sprache ist in Ordnung, mit den sich abwechselnden Erzählebenen Kindheit/Jugend und aktuelle Beziehung bin ich klar gekommen, aber eine überdurchschnittliche schriftstellerische Leistung konnte ich darin nicht erkennen.
Über den Inhalt habe ich lange nachgedacht, sehr lange. Eigentlich ein gutes Zeichen, wenn mir ein Buch nicht gleich nach der letzten Seite aus dem Sinn gerät.
In diesem Fall allerdings bleiben einfach zu viele offene Fragen, allen voran: Was will mir die Autorin sagen?
Ja, es gibt zu viele sexuelle Übergriffe, und nein, Frauen und Mädchen (im Übrigen auch Jungen und Männer) sind nicht selbst daran schuld.
Aber dennoch heiße ich es nicht gut, wenn sich die Protagonistin derart mit Drogen zudröhnt - und das in der Wohnung mit einem Zufallsbekannten, dessen Namen sie noch nicht einmal weiß - dass sie nicht mehr nach Hause gehen kann und es daher zu nicht einvernehmlichem Sex, sprich: einer Vergewaltigung, kommt. Wo bleibt hier der Kampf gegen Sexismus? In der Schilderung des Vorgefallen?
Ja, auch ich denke, dass sich Frauen noch viel mehr solidarisieren müssten. Aber hier fehlen mir im Buch außer einem manifestartigen Aufruf am Schluss hilfreiche Vorschläge. Wie muss Erziehung aussehen, damit junge Mädchen selbstbewusst NEIN sagen und Grenzüberschreitungen benennen und gegebenenfalls anzeigen? Wie können wir Zivilcourage stärken?
Was ich außerdem vermisse: Wie geht es der Protagonistin damit, Zeugin und Mitwisserin von zahlreichen Übergriffen zu sein, die nicht verfolgt wurden?
Für mich ein außergewöhnliches Buch, aber (bis auf die für den Verlag gewohnt hochwertige Gestaltung) leider im negativen Sinn. Der Roman hat mich weder gut unterhalten noch habe ich aus feministischer Sicht dazu gelernt oder Anregungen für ein besseres Miteinander der Geschlechter erhalten. Von mir daher keine Leseempfehlung.

Bewertung vom 25.08.2018
Köhler, Falc-Moritz

Die Reise in die Freiheit


sehr gut

Es ist ein kleines Büchlein mit gerade einmal gut 120 Seiten, eigentlich schnell zu lesen.
Aber davon rate ich ab. Man sollte sich für "Die Reise in die Freiheit" ausreichend Zeit lassen, die einzelnen Kapitel auf jeden Fall über mehrere Tage verteilt lesen.
Falc-Moritz Köhler erzählt seine märchenhafte Geschichte voller Gleichnisse zwar in einfacher Sprache. Dies sollte aber nicht dazu verleiten, das Buch am Stück zu konsumieren. Denn Köhler hat viel mitzuteilen.
Der Autor hat über sechs Jahre lang immer wieder an diesem philosophisch-spirituellen Roman gefeilt, bevor er ihn publiziert hat.
Er hat einen hohen Anspruch an sein Werk, er möchte dem Leser Antworten geben, Antworten auf grundlegende Fragen des Lebens. Der Text handelt davon, dass die meisten von uns mit einer Maske durch den Alltag gehen, dass unsere Begierden nicht immer die besten Ratgeber sind und um den großen Einfluss der Gedanken auf unsere Gefühle.
Dabei kommt das Buch erfreulicherweise ohne erhobenen Zeigefinger aus, es gibt Denkanstöße und regt zur Selbstreflexion an, aber der Autor vermittelt keineswegs, die Weisheit gepachtet zu haben: "Es gibt keine endgültige Wahrheit. Alle Erklärungen sind immer nur eine Annäherung an die Wahrheit."
Zu Beginn jedes Kapitels steht jeweils ein thematisch passendes Gedicht, das mir Mal mehr, mal mal weniger gefallen hat. Hier zeigen sich die sprachlichen Grenzen des Autors, große Lyrik darf man nicht erwarten.
Etwas gestört haben mich einige Rechtschreibfehler, über die ich leider nicht einfach hinweg lesen kann. Hier wünsche ich künftigen Auflagen ein professionelles Korrektorat.
Fazit: Keine große Literatur, aber für jeden, der einen schonungslosen Blick in den Spiegel werfen möchte, für alle, die vor Selbstkritik nicht zurückschrecken, gibt es eine unbedingte Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 23.08.2018
Raupach, Melissa;Lill, Felix

Regrow your veggies


sehr gut

Gemüse aus Küchenresten selbst ziehen, das sprach mich sofort an. Ich esse gern gesund, liebe meine Pflanzen auf Fensterbrett und Balkon und bin immer bereit, Neues auszuprobieren. Und da ich seit einiger Zeit versuche, möglichst viel Abfall zu vermeiden, hat mich auch dieser Aspekt des "Regrowing" interessiert.
Und der Ratgeber hat mich nicht enttäuscht:

Zunächst erhält man allgemeine Tipps zur Anzucht, wie das passende Substrat, Pflanzgefäße, Licht, Wärme, Gießen etc. Dann folgen die detaillierten Regrow-Anleitungen für 21 verschiedene Pflanzen, von Ingwer über Rote Beete bis Chinakohl, die Bandbreite ist groß. Die Anzucht ist ausführlich beschrieben, und jeder Schritt wird durch ein Foto gut illustriert.
Ein weiteres Kapitel widmet sich der Pannenhilfe: Was ist zu tun, wenn es mit dem pflanzlichen Nachwuchs Probleme gibt? Kompakt und gut verständlich werden Schädlingsbefall, Vergeilung, Schimmel und andere Schwierigkeiten bei der Aufzucht erklärt und Lösungen vorgestellt.

Einen Extrapunkt gibt es von mir für das hervorragende Literaturverzeichnis. No Waste und Low-cost living sind definitiv Themen, die mich rund ums Regrowing auch interessieren.

Die optische Gestaltung des Buchs ist modern und übersichtlich.
Allerdings ist der Klappentext in zweierlei Hinsicht etwas irreführend:
Erstens werden nicht alle der vorgestellten Pflanzen beim Nachwachsen wieder Verwendung in der Küche finden können. Avocado, Mango und Ananas geben zwar hübsche Zierpflanzen ab, werden aber in unserem Klima kaum Früchte tragen.
Und zweitens gilt die Ankündigung "eine Fensterbank reicht aus" zwar für Zwiebeln und Kräuter, für den Anbau von Süßkartoffeln sollte das Pflanzgefäß dann aber doch mindestens 50 Liter fassen und auf dem Balkon stehen.

Persönlich hat mich am ansonsten perfekt formulierten Text gestört, dass unnötig oft von "Regrowen" die Rede ist. Ich bin kein Fan von Anglizismen, zumal sie hier ohne Bedeutungsverlust auch durch die deutsche Übersetzung ersetzt werden hätten können, z.B. "nachwachsende Pflanzen" statt "regrowte Pflanzen".

Beide Kritikpunkte sind jedoch marginal, so dass ich als Resümee voller Überzeugung sage: Das Buch ist ein empfehlenswerter Ratgeber für alle Hobbygärtner, die ein Faible für Nachhaltigkeit haben. Kaufen, schmökern, ausprobieren und mit viel Spaß Neues entdecken und ernten!

Bewertung vom 20.08.2018
Van der Linden, Sophie

Eine Nacht, ein Leben


sehr gut

Wir bekommen einen kurzen Einblick in die Liebesgeschichte zwischen Henri, einem jungen Kupferstecher und seiner Freundin Youna. Die beiden wurden durch seinen Militärdienst getrennt, sie zog auf eine bretonische Insel und irgendwann brach der Briefwechsel der beiden ab. Henri sucht Youna unangemeldet auf, er sucht nach Antworten, nach der verloren geglaubten Liebe.
Doch der Roman ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern zugleich ein wundervoll atmosphärisches Inselporträt:
Autorin Sophie Van der Linden webt in Ihre Story zahlreiche Binnenerzählungen ein. Wir lernen einen Restaurantbesitzer kennen, der voller Leidenschaft für seine kulinarischen Kreationen ist, einen Läufer, der die kleine Insel bei seinem Training für einen Marathon geradezu manisch umkreist, einen Bauern, dessen Ehe an der Kinderlosigkeit scheiterte und einen Küstenfischer, der für seine Familie täglich sein Leben aufs Spiel setzt.
Van der Linden schafft mit leisen Worten ungewöhnlich intensive Szenen, sie skizziert Bewohner wie Tiere auf wenigen Seiten und doch unvergesslich. Ob es der Gang des Protagonisten am Strand entlang ist oder wie er sich Schnecken über offenem Feuer brät - selten habe ich so eindrucksvolle Sprachbilder erlebt.
Das nur rund 100 Seiten starke Büchlein ist wunderschön gestaltet. Das Cover im Stil des Pointillismus passt hervorragend zur Sprache des Romans.
Fazit: Eine kurze Erzählung, die lange nachhallt, eine Geschichte, die mir einerseits Lust auf einen Urlaub in der Bretagne gemacht hat und die andererseits zeigt, wie zerbrechlich das Glück ist.

Bewertung vom 10.08.2018
Enters, Marie

Für immer sein Mond


gut

Marie Enters erzählt eine autobiografisch angelegte Liebesgeschichte die sowohl inhaltlich als auch in ihrer Form ungewöhnlich ist.
Protagonistin Marie ist bereits über 50 Jahre als sie sich in den 35jährigen syrischen Flüchtling Melih verliebt.
Melih erwidert ihre Gefühle, und nach anfänglichem Zögern lässt sich Marie auf eine Beziehung ein. Eine Beziehung, die nur in geheimen Stunden und Minuten gelebt werden kann. Denn Marie ist verheiratet und auch Melih möchte nicht, dass seine syrischen Freunde und Verwandten erfahren, dass er ein Verhältnis mit Marie hat.
Die Geschichte steckt voller Spannungsfelder: Da ist der große Altersunterschied der Liebenden, sie stammen aus anderen Kulturkreisen, haben unterschiedliche Religiositäten, es gibt finanzielle Unsicherheiten und bestehende Beziehungen.
Als Leser erleben wir alles aus Sicht der Protagonistin, dabei streut die Autorin zwischen die Kapitel jedoch wunderbare Gedichte, teils an arabische Dichter angelehnt, teils durch Songs inspiriert. Die Gedichte sind eine schöne Abwechslung und Ergänzung zu den kurzen Kapiteln. Es liest sich alles sehr flüssig, ich habe das Buch fast in einem Rutsch beendet.
Für mich deutlich zu farblos bleiben leider Jan, Maries Ehemann, und ihre Töchter. Denn ich bin mir sicher, dass alle Maries Beziehung zu Melih mitbekommen haben, und ich hätte gerne auch deren Sichtweise auf das Fremdgehen der Partnerin bzw. Mutter erfahren. Insgesamt ist mir die Erzählung etwas zu sehr auf Marie fokussiert, ich hätte mir gewünscht, ihr Geliebter wäre etwas mehr zu Wort gekommen.
Dennoch eine lesenswerte Geschichte, die zeigt, dass man in jeder Lebensphase zwischen Liebe und Vernunft hin- und hergerissen sein kann.

Bewertung vom 10.08.2018
Decker, Kerstin

Franziska zu Reventlow


weniger gut

"Denn Liebesgenuss hat noch nie genutzt, man darf zufrieden sein, wenn er nicht schadete."
Dieser Aphorismus des griechischen Philosophen Epikur kam mir bei der Lektüre der Biografie von Franziska zu Reventlow in den Sinn.
Fanny (so ihr richtiger Vorname) ist von Kindesbeinen an unangepasst und extrem freiheitsliebend. So verwundert es auch nicht wirklich, dass die Tochter eines preußischen Landrats des Mädchenpensionats verwiesen wird.
In einem Pfarrhaushalt soll sie nach Willen der Eltern wieder auf den rechten Pfad geführt werden, doch sie flieht von dort und landet in der Münchner Boheme.
Ihre Ehe mit einem Lübecker hält nicht lange. Zwar finanziert ihr Ehemann ihr Malstudien im fernen Schwabing, aber sexuelle Untreue kann er dann doch nicht tolerieren. Und so ist Fanny schnell auf sich gestellt und schlägt sich finanziell - zunächst alleine, bald auch für ihren unehelichen Sohn Rolf verantwortlich - mehr schlecht als recht durch.
Sie nimmt was sie kriegen kann, das gilt für Jobs (Übersetzerin, Witzautorin, Prostituierte) genauso wie für Männer - es sei denn, sie stoßen sie körperlich ab. Fannys Leben ist ein ständiger Kampf ums Überleben, finanziell aber auch körperlich, immer wieder muss sie sich schweren Operationen unterziehen.

Ein ständiger Kampf war für mich leider auch die Lektüre dieser Biografie. Die Schilderung Ihrer Kindheit und Jugend ist Kerstin Decker noch interessant gelungen, doch je mehr Fanny sich in ihre zahlreichen Männerbekanntschaften verzettelte, desto weniger konnte ich ihrer Geschichte abgewinnen. Ich dachte, ich dürfte das Leben einer unangepassten Feministin nachvollziehen, der die persönliche Freiheit über alles ging. Gefunden habe ich eine zwar starke Frau, die vielen Schicksalsschlägen trotzte und die sich über gesellschaftliche Regeln hinwegsetzte, dabei aber nie wirklich frei war, sondern gerade finanziell immer wieder abhängig von anderen.
Sprachlich war Deckers Stil eine echte Herausforderung für mich. Immer wieder streut sie philosophische Bezüge ein, bezieht sich auf Philosophen, die ich, da ich im Gegensatz zur Autorin kein Philosophie-Studium vorweisen kann, nur dem Namen nach kenne. Der Lebensweg der Protagonistin wird sehr lückenhaft nachgezeichnet, viele Fragen bleiben offen, etwa was genau die Ursachen für die zahlreichen Operationen waren.

Mein Fazit: Das Buch ist literarisch sehr fragwürdig, in großen Teilen schwer verständlich, wirr und abschweifend. Fanny von Reventlow war sicher eine sehr außergewöhnliche Frau, sie hat bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, aber leider überwiegend negativen. Dies gilt auch für die Biografie.

Bewertung vom 02.08.2018
Rieger, Barbara

Bis ans Ende, Marie


ausgezeichnet

Ich verbringe meinen Urlaub praktisch nie zwei Mal am selben Ort. Denn egal, wie sehr es mir gefallen hat - ich denke immer, dass es woanders vielleicht noch schöner ist.
Und so ähnlich geht es mir auch mit Büchern: Es gibt nur ganz wenige, die ich mehrfach gelesen habe, einfach aus der Angst heraus, dann vielleicht ein noch besseres zu verpassen.
Aber "Bis ans Ende, Marie" werde ich sicher noch einmal lesen. Barbara Rieger hat mit ihrem Erstlingsroman nicht nur grosartgro Literatur vorgelegt, sondern mich persönlich hat der Twist am Ende so überrascht, dass ich mich auf jeden Fall noch einmal auf die Suche nach vorab eingestreuten Hinweisen begeben möchte. Und mit dem Wissen, das ich nun nach vollendeter Lektüre habe, ändert sich wahrscheinlich auch die Beurteilung vieler Figuren im Roman.
Die Leser begleiten die namenlose Ich-Erzählerin, eine junge Psychologiestudentin, und ihre Freundin Marie durch wilde Partynächte, auf Familienfeiern und einen Urlaub mit der Clique. Dabei werden reichlich Alkohol und andere Drogen konsumiert, und nicht immer erkennt man leicht, wo die Realität aufhört und eine Traumsequenz beginnt. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich, auch das Lesen der Geschichte hatte für mich etwas Rauschhaftes.
Aber Vorsicht: Riegers Erzählung erfordert aufmerksame Leser. Die Sprache ist komplexer, als sie zunächst wirkt, und dies gilt für die Handlung noch viel mehr.
Es ist kein Buch für zwischendurch, nichts womit man einfach Mal ausspannen kann, sondern ich wurde durch diesen Roman gefordert, es gab Passagen, die schwierig zu lesen waren, manches muss man sich etwas "erkämpfen".
Und dennoch kann ich "Bis ans Ende, Marie" nur sehr empfehlen, es ist einfach großartige Literatur!

Bewertung vom 31.07.2018
Henshaw, Sarah

Mein wunderbares Bücherboot


weniger gut

"Don't judge a book by its cover" - an diese Binsenweisheit musste ich beim Lesen dieser autobiografischen Geschichte immer wieder denken.
Denn so sehr mir der liebevoll gestaltete Einband gefällt, so wenig hat mir der Inhalt des Buches zugesagt.
Doch zunächst zu den Pluspunkten: Das Cover ist gleichermaßen ungewöhnlich wie reizend. Der Stil der Zeichnung wie auch die Schriftart des Titels erinnern mich an Kinderbücher aus den1960er Jahren, das angerauhte Hardcover und das farblich auf den orangen Rock der Protagonistin abgestimmte Lesebändchen lassen mein bibliophiles Herz höher schlagen. Auch die Typografie der Kapitelüberschriften sowie eine Karte der Reiseroute des Bücherbootes sind liebevolle Details; der Verlag Eden Books hat hier hervorragende Arbeit geleistet.
Der Klappentext ließ mich die abenteuerliche Reise einer Büchernärrin erwarten, die ein Kanalboot in einen Buchladen umwandelt und sechs Monate lang auf britischen Kanälen unterwegs ist , um ihren Traum zu leben.
Abenteuer schildert die Journalistin Sarah Henshaw in zahlreichen, kurzen Kapiteln, sie hat Humor und brachte mich oft zum Schmunzeln.
Dennoch hat mich das Buch nicht gut unterhalten. Das lag zum einen an vielen sich ähnelnden Episoden. Das eine Schleusendurchfahrt alleine körperlich höchste Anstrengung erfordert hat man als Leser schnell verstanden, zwei oder drei Beispiele dafür sind in Ordnung, danach beginnt es mich zu langweilen.
Wesentlich mehr hat mich aber Buchhändlerin Sarah genervt. Sie verwirklicht ihren schwimmenden Büchertraum auf Kosten anderer: Gern genommene Finanzierung des Projektes ist das hart ersparte Geld ihrer Eltern. Vorbereitung auf Sarah Leben als Buchhändlerin auf den Kanälen: Fehlanzeige. Weder hat sie Ahnung von nötigen Geschäftskenntnissen zum Führen einer Buchhandlung, noch macht sie sich mit den grundlegenden Handgriffen vertraut, um ihr Boot sicher zu steuern. Auch Regeln der Binnenschifffahrt sieht Sarah als unnötige Hürden an, die ihr böswillig in den Weg gestellt werden, und so fälscht sie schon Mal ein nötiges Dokument oder lügt, ohne mit der Wimper zu zucken.
Weder kann ich Sarahs Wertvorstellungen teilen, noch habe ich Verständnis für ihren Egotrip.
Unterstützenswert ist ohne Frage Sarahs Anliegen, mit der Book Barge dem Online-Buchhandel und großen Buchhandelsketten etwas entgegen zu setzen. Ich würde gerne jederzeit in Sarahs schwimmendem Buchladen einkaufen. Darüber zu lesen hat mir leider nicht wirklich Freude bereitet.