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holdesschaf

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Insgesamt 594 Bewertungen
Bewertung vom 03.04.2022
Hadler, Colin

Ancora


sehr gut

Übernatürlich, gruselig, anders
Romy ist anders. Schon seit ihrer Kindheit erlebt sie Momente, in denen die Zeit für alle außer sie selbst still steht. Doch erzählen möchte sie davon niemandem aus Angst, dass man sie für verrückt hält. Stattdessen schreibt sie Gedichte. Den Sommer nach ihrem Schulabschluss will sie als Freiwillige mit ihrem besten Freund Jannis in einer Art autarken Kommune, die den Namen Ancora trägt und die der breiten Öffentlichkeit unbekannt ist, verbringen, um sich selbst zu finden. Aber auch ihr fester Freund Aurel ist eher unfreiwillig mit von der Partie. Auf diese Weise möchten die beiden verhindern, dass ihre Beziehung in die Brüche geht. Zunächst fühlen sie sich in Ancora willkommen, doch dann häufen sich seltsame und bizarre Vorkommnisse. Viele davon erkennt Romy in einem Gedicht ihrer Mutter wieder. Ein Gedicht, dass mit Romys Tod endet. Mutig versucht Romy, den Gefahren und Geheimnissen von Ancora zu stellen.

Man merkt schon an der Inhaltsbeschreibung, dass dieses Buch anders ist, als viele andere fantastische Geschichten für Jugendliche. Im Prinzip kann ich nicht mal klar sagen, dass es sich hier um Fantasy handelt, auch wenn hier einige unerklärliche und übernatürliche Element eine Rolle spielen.

Zunächst war es für mich etwas schwierig, mit den drei Jugendlichen Jannis, Romy und Aurel warm zu werden. Ihre Motive nach Ancora zu gehen, waren etwas dünn. Zudem war mir Romy recht unsympathisch, weil sie ihren Freund, der sich eigentlich dauernd tolle Unternehmungen für sie überlegt, dazu nötigt, mitzukommen, um die Beziehung zu retten und ihn eigentlich ganz anders haben möchte, als er ist. Jannis erschien mir ziemlich weltfremd.

Schon vor der Ankunft kommt es allerdings zu seltsamen, scheinbar unerklärlichen Vorfällen, die eine bedrohliche Kulisse von Ancora aufbauen, der ich mich kaum entziehen konnte. Auch wenn es durch Romys doch recht komplexe Gedanken manchmal Längen gab, wollte ich doch wissen, was es denn nun mit den seltsamen Dorfbewohnern, dem magischen Dorfbrunnen, den Schatten und Erscheinungen auf sich hat.

Vor allem die Dorfbewohner waren alles andere als vertrauenerweckend, so dass man die ganze Zeit nach Hinweisen sucht, wer hier an den Geschehnissen beteiligt sein könnte. Der Autor versteht es gut, die ein oder andere falsche Spur zu legen. Überhaupt schreibt Hadler recht spannend, manchmal kryptisch und stellenweise so gruselig, dass man Gänsehaut bekommt. Er schmückt die Handlung sehr gut aus, übertreibt es hin und wieder auch ein bisschen mit der Bildhaftigkeit. Eigentlich möchte man lieber schnell vorwärts kommen, um endlich zu erfahren, was in Gegenwart und Vergangenheit gespielt wird. Die typisch schmalzige Liebesgeschichte, wie es sie in vielen Jugendfantasybüchern gibt, hat er dankenswerterweise weggelassen, obgleich sich auch hier Zuneigung entwickelt.

Ein bisschen war ich dann vom Ende genervt. Es gibt für vieles eine logische Erklärung, für vieles allerdings auch nicht. Die Übernatürlichen Elemente sind natürlich unerklärlich, trotzdem hätte ich mir da noch mehr gewünscht, um die Geschichte besser zu verstehen. Ich bin mir unschlüssig, ob hier noch eine Fortsetzung folgen könnte. Einige kleine Fehler im Plot, kann ich hingegen verschmerzen (z.B. dass Aurel, obwohl sie keine Handys mitnehmen dürfen, trotzdem an einem Abend von seinem Musik abspielt).

Fazit: Dieser Jugendroman ist anders als andere, Übernatürliches und Reales verschmelzen zu einer spannenden bis gruseligen Mischung mit einigen Längen, aber insgesamt doch überraschendem Ende. 4 Sterne

Bewertung vom 03.04.2022
Uderzo, Albert;Goscinny, René;Choquet, Matthieu

Römer müssen draußen bleiben / Idefix und die Unbeugsamen Bd.1


sehr gut

Drei Kurzcomics der Unbeugsamen mit Biss
In Lutetia haben sich Alpha-Hund Idefix und seine tierischen Freunde zusammengetan, um gegen die Romanisierung Lutetias zu kämpfen, welches unter der Herrschaft von General Labienus steht. In drei Kurzcomics werden kleine und größere Einsätze der bissigen Truppe erzählt. Ob es nun um die Verteidigung eines historisch wertvollen Spielballes, um eine Schluckauf-Epidemie oder um einen singenden Widerständler geht, Idefix und seine Freunde stehen immer bei Fuß, um für Gerechtigkeit zu sorgen.

Der Comic-Band in Form einer Klappenbroschur hat ein kleineres Format, als die originalen Asterix-Comics. Dafür ist er mit 72 Seiten aber auch etwas dicker. Nach einer kurzen Vorstellung Lutetias und des geschichtlichen Hintergrunds werden die Charaktere der Unbeugsamen vorgestellt. Hier musste ich schon kichern, weil die Namen mal wieder einmalig und treffend gewählt sind. Jedes Mitglied der Hundetruppe hat Stärken und Schwächen, die turbulente Geschichten versprechen.

Der Comic, der dann folgt ist dreireihig, oben und unten bleibt ein breiter weißer Rand. Die Schrift ist nicht besonders groß, aber gut lesbar. Die Illustrationen sind actionreich, wie wir es von Asterix kennen. Auch die Geschichten und Kommentare sind voller Situationskomik. Natürlich gibt es auch eine römische Hundetruppe, die als direkter Gegner für Spannung sorgt. Alles in allem wirklich ein gut gemachtes Comic-Vergnügen.

Was mir fehlt, ist eine Verbindung zur Asterix-Reihe. Zwar kommen kurz mal Charaktere der Serie vor, jedoch ist nicht ersichtlich, warum Idefix nun mit anderen Hunden in Lutetia lebt, anstatt an der Seite seines Herrchens im Dorf der Gallier. Da hätte ich mir doch eine bessere Erklärung oder Einbettung gewünscht. Besonders für Kinder ist der Comic aber ein toller Spaß.

Bewertung vom 03.04.2022
Ryan, Tom

Radio Silent - Melde dich, wenn du das hörst


ausgezeichnet

Wirklich fesselnd!
Vor 10 Jahren wurde Dees Freundin Sibby vor ihrer Nase im Wald entführt und blieb verschwunden. Die damals 7-jährige Dee kommt bis heute nicht darüber hinweg. Um besser damit umgehen zu können, startete sie anonym Radio Silent, einen Podcast, der beim Aufklären von Vermisstenfällen hilft. Mittlerweile ist dieser sehr erfolgreich. Doch die Welt der zurückhaltenden Dee droht erneut einzustürzen als in derselben Gegend wieder ein Mädchen verschwindet. Hängen die beiden Fälle zusammen? Zunächst distanziert sich Dee aus Angst vor zu viel Öffentlichkeit von dem Fall. Doch dann geht bei Radio Silent ein Hinweis ein, dem sie nachgehen muss. Zum Glück ist da noch Sarah, ihre neue Nachbarin, die ihr Halt gibt.

Das Cover hat mich neugierig gemacht. Es spiegelt gut das Düstere der Geschichte wieder. Auch der Klappentext verspricht nicht zu viel.

Seit der Entführung der Freundin ist Dee sehr zurückhaltend und hat nicht wirklich viele Freunde. Sie möchte keinen so richtig an sich heranlassen, da jeder weiß, wer sie ist und was ihr damals passierte. Zudem kann sie einfach nicht aufhören, an Sibby zu denken. Dass sie einen Podcast für die Suche nach vermissten einrichtet folgt als logische Konsequenz und macht die Geschichte und seine Protagonistin sehr authentisch. Man hat Mitgefühl mit dem Mädchen, aber auch Bewunderung für ihre Haltung.

Die Schreibweise des Geschichte ist sehr flüssig und sehr anschaulich, stellenweise erzeugt der Autor bei mir eine Gänsehaut, vor allem bei den kurzen Rückblicken die Dee uns gewährt. Aber auch sonst lässt mich das Wesen der Kleinstadt irgendwie hinter jeder Ecke Gefahr wittern, sei es nun bei den neuen Nachbarn oder bei Leuten, die Dee aufsucht, denn weil wieder ein Mädchen verschwindet ist die Bedrohung von damals wieder zurück. Auch die Ausschnitte aus den Podcasts fand ich sehr interessant und realistisch.

Sehr gefühlvoll ist die Bindung, die Dee zu dem neuen Mädchen im Haus gegenüber eingeht. Es ist sehr erfrischen, dass es keinen "Loverboy" gibt, denn der hätte in diese Geschichte überhaupt nicht gepasst. Spätestens als Dee einen neuen Hinweis erhält, wird das Buch zum absoluten Pageturner. Ich musste es am Stück fertiglesen und das Ende hat mich in mehr als einer Hinsicht überrascht. Einen Showdown gibt es natürlich auch. Ich fand das Buch megaspannend, da macht es auch nichts, dass der Zufall manchmal mitermittelt. So mancher Thriller für Erwachsene könnte sich hier eine Scheibe abschneiden. 5 atemlose Sterne

Bewertung vom 03.04.2022
Lambrecht, Michaela

Kleine Klanggeschichten für die Krippe


ausgezeichnet

Abwechslungsreiche Klanggeschichten
In der Krippe wird gern gesungen, getanzt und vorgelesen. Die Sprach- und musikalische Früherziehung sind wichtige Bereiche der pädagogischen Arbeit. In diesem Buch werden Klanggeschichten vorgestellt, also Geschichten, die vorgelesen und von den Kindern vorwiegend mit Orff-Instrumenten begleitet und vertont werden. Das Buch ist wunderbar logisch aufgebaut und vermittelt der durchführenden Person zunächst grundlegendes zur Durchführung von Klanggeschichten mit Krippenkindern. Es gibt Tipps für ein gutes Gelingen, zeigt auf, welche Lernerfahrungen Kinder dadurch machen und wie das Buch zum Einsatz kommen kann. Zudem werden benötigte Materialien und die Instrumente vorgestellt. Ein Grundstock an Orff-Instrumenten sollte in jeder Kindertagesstätte zur Verfügung stehen, eventuell muss man hier und da etwas ergänzen.

Der Praxisteil startet mit einfachen, sehr übersichtlich gestalteten Klangeschichten, bei denen jedes Kind dasselbe Instrument spielt, um es kennenzulernen. Es folgen Klanggeschichten aus verschiedenen Bereichen der Lebenswelt von Kleinkindern wie Tiere, Familie, Wetter, Fahrzeuge u.a., die meist für Kleingruppen von 4-6 Kindern gedacht sind. Eine entsprechende Altersangabe und die Gruppengröße sind angegeben. Es folgt jeweils der Text mit den Anweisungen zu jeder Textzeile. Es ist natürlich schon notwendig, sich als durchführende Person vorher mit den Anweisungen vertraut zu machen.

Die Geschichten finde ich wirklich sehr schön kindgerecht geschrieben, teilweise auch lustig und immer sehr lebendig. Da Kinder von Natur aus neugierig sind, werden sie begeistert mitmachen und viel Spaß haben. Mit meiner Tochter 15 Monate habe ich vor allem die Geschichten zur Einführung der Instrumente ausprobiert und es klappte wirklich prima. Man kann sich nur wünschen, dass das Buch in vielen Krippengruppen eingesetzt wird, damit die musische Erziehung den Raum einnimmt, den sie verdient. Wer seinen Krippenkindern etwas Abwechslung bieten und sie mit Trommeln, Klatschen, Rasseln und Patschen begeistern möchte, der ist mit diesem Buch sehr gut bedient. 5 Sterne

Bewertung vom 03.04.2022

Selber backen statt kaufen


ausgezeichnet

Lecker backen kann so einfach sein
Die Reihe „Selber machen statt kaufen“ von smarticular ist mir wirklich ans Herz gewachsen. Wer nachhaltiger und gesünder leben möchte, aber noch nicht genau weiß, wie er das anstellen soll, der sollte sich dringend einige dieser Bücher besorgen.

Dieses Mal heißt es „Selber backen statt kaufen“. Wenn sie jetzt Bedenken haben, weil sie nicht backen können oder keine Zeit dafür haben, seien sie beruhigt. Mit diesen 77 einfachen Rezepten schaffen sie das. Einfach heißt in diesem Fall, sie sind leicht und ohne große Vorkenntnisse nachzuvollziehen. Der Duft und der Geschmack ist wohl das überzeugendste Argument, sich einfach zu trauen. Ich habe einige Rezepte getestet und bin wirklich begeistert, wie schnell man selbst leckere Brötchen und Brot zaubern kann. Die Grundzutaten sind günstiger, als wenn ich die Sachen für viel Geld fertig beim Bäcker oder gar an der Backtheke im Supermarkt kaufe. Zudem enthalten sie keine Zusatzstoffe. Im Gegenteil, Menschen, die unter Unverträglichkeiten leiden haben hier die Möglichkeit, Zutaten nach ihren Bedürfnissen zu variieren. Ein weiterer Vorteil des Selberbackens ist das Einsparen von Müll gegenüber abgepackten Fertigprodukten. Was mir aber besonders gefällt ist, dass ich mir keinen Stress mehr machen muss. Sind die Grundzutaten vorhanden, kann ich ruckzuck etwas zaubern.

Der Aufbau des Buches ist wieder sehr nutzerfreundlich. Zu Beginn finden wir wichtige Abkürzungen und eine kurze Einleitung. Es folgen Infos zum Abwiegen der Zutaten, zu Backpapier und seinen umweltfreundlicheren Alternativen, zur Verwendung von Hefe, zum Ei-Ersatz, zu glutenfreiem Backen, Zuckeralternativen und zu den verschiedenen Mehlsorten, die Verwendung finden. Klingt viel, insgesamt sind es jedoch nur ein paar Seiten, bevor man gut informiert starten kann.

Der Rezeptteil nimmt den meisten Raum im Buch ein und beinhaltet Brot, Brötchen (süß und herzhaft), Kuchen, Gebäck, Kekse, Knabbereien, Herzhaftes und Backen ohne Backen. Vor jedem Kapitel sind die darin enthaltenen Rezepte einmal aufgelistet.

Die Rezepte selbst sind sehr übersichtlich gegliedert und die Zubereitungstexte gut verständlich geschrieben. Links sind jeweils die Zutaten mit Alternativen für vegane und glutenfreie Zubereitung aufgelistet, rechts findet sich die Zubereitung, die auch Backtemperaturen- und Zeiten enthält. Darunter finden sich Tipps, Variationen oder ggf. Hinweise. Ein großer Pluspunkt ist es für mich immer, wenn es zu jedem Rezept ein Bild gibt, sodass man weiß, worauf man zuarbeitet. Ein Inhaltsverzeichnis ist am Ende abgedruckt.

Die Rezepte sind sehr vielfältig. Vom einfachen Brot bis zum Sauerteigbrot (die Herstellung und Pflege von Sauerteig wird sehr gut und kurz erklärt), von Grundteigen bis zu raffinierten Gebäckstücken und Kuchen ist alles dabei. Viele Rezepte lassen noch Raum, sie nach eigenem Geschmack abzuwandeln. Besonders begeistert sind wir von den Roggenbrötchen und den Laugenbrezeln. Aber auch die Kekse sind köstlich. Es ist ein tolles Gefühl, wenn der Duft von Selbstgebackenem in der Luft liegt. Auch die Pausenbrote sind jetzt viel leckerer.

Ich möchte dieses Buch, wie so viele von smarticular einfach jedem empfehlen, weil es in keinem Haushalt fehlen sollte. Besonders Anfänger werden lange Freude daran haben. 5 Sterne

Bewertung vom 03.04.2022
Derndorfer, Eva;Fischer, Elisabeth

Alkoholfreie Drinks


ausgezeichnet

Katerlos genießen mit raffinierten Drinks ohne Alkohol
Null Promille und trotzdem Genuss, wie soll das denn gehen, werden Sie sich vielleicht fragen. „Alkoholfreie Drinks“ gibt die Antwort. Das Buch verspricht echten Drink-Genuss nicht nur ohne Alkohol, sondern auch ohne künstliche Aromen oder fertig gepanschte Industriealternativen. Stattdessen sind Kräuter, Gewürze und Tees die Geheimzutaten für den ein oder anderen feuchtfröhlichen Abend ohne böse Nachwehen.

Wie bei Brandstädter nicht anders gewohnt, ist schon die Optik und die Haptik des Buches außergewöhnlich. Der mit wenigen Strichen angedeutete Drink, die geriffelte Oberfläche und die Wertigkeit des Materials gefallen mir außerordentlich gut. Im Inneren folgt eine kurze Einführung der beiden Autorinnen deren Motto „Sober is sexy“ einem New Yorker Trend entstammt.

Nach einer kurzen Glaskunde folgt ein Abschnitt über die Sensorik, also darüber wie wir die Drinks mit allen Sinnen genießen können und schon geht es los!

Das Buch ist in fünf verschiedene Themenbereiche gegliedert: die Sommerbar, die Fruchtbar, die Weinbar, die Cocktailbar und die Winterbar. In der Sommerbar finden wir kühle, spritzige Drinks, die im Sommer für Abkühlung und für Prickeln sorgen. Viele enthalten Sprudelwasser oder auch alkoholfreie Biere. Zudem gibt es eine kleine Einführung zu grünen Gewürzen wie Basilikum. In der Fruchtbar arbeitet man mit Säften, Tee, Kräutern und auch frischen Früchten und erhält Informationen über die Kokosnuss. Die Weinbar enthält Rezepte für Sekt- und Weinalternativen. In der Cocktailbar versammeln sich Cocktail-Klassiker wie Mojito oder Caipi in ihrer harmlosen Version. Eine Doppelseite ist der Quitte gewidmet. Mein Favorit in der noch kalten Jahreszeit waren die Winterdrinks. Hier wärmt man sich mit Punsch, Tee und besonderen Kaffeezubereitungen. Die typischen Wintergewürze Vanille, Kardamom und Zimt dürfen hier natürlich nicht fehlen.

Ein kurzer Abschnitt am Ende widmet sich der Herstellung verschiedener Sirupe, die man für die Drinks braucht. Dabei fällt positiv auf, dass man die Sirupe auf Vorrat herstellen und meist mehrere Wochen im Kühlschrank aufbewahren kann. Ein Inhaltverzeichnis rundet das Buch ab.

Die einzelnen Rezepte sind wirklich sehr übersichtlich und ansprechend gestaltet. Neben den Zutaten gibt es gut verständliche Zubereitungsanleitungen, hin und wieder kurze Infotexte und – wovon ich wirklich begeistert bin – Empfehlungen, zu welchen Speisen oder Snacks die Drinks am besten serviert werden. Ebenso wird durch ein kleines Glas gekennzeichnet, worin man den Drink servieren sollte. Vegane Drinks sind ebenfalls als solche gekennzeichnet. Zu den meisten Rezepten gibt es ein Bild, hier hätte man das ein oder andere noch etwas aufpeppen können, sie wirken etwas unspektakulär, dafür aber sehr authentisch.

Alle von mir getesteten Drinks sind einwandfrei gelungen und waren geschmacklich sehr fein, die sommerlichen, fruchtigen Sorten dazu wirklich sehr erfrischend. Es ist erstaunlich, welche Geschmacksintensität die beiden Autorinnen den Getränken durch Gewürze und Kräuter entlocken. Zwar schmeckt man schon einen Unterschied zu Caipi und Co., die Alternativen sind aber so lecker, dass man gut auch auf die alkoholischen Originale verzichten kann. Weil es nicht zu jedem Rezept ein Bild gibt, würde ich 4,5 Sterne geben, aber runde diese auf.

Bewertung vom 03.04.2022
Colombani, Laëtitia

Das Mädchen mit dem Drachen


sehr gut

Öffnet die Augen für das Schicksal indischer Mädchen
Die französiche Lehrerin Léna hat einen Schicksalsschlag erlitten. Um über die Trauer hinwegzukommen und den Kopf zu beschäftigen, fliegt sie nach Indien, wo es ihr aber zunächst nicht gelingt, das Geschehene zu verarbeiten. Als sie beim Schwimmen fast aufs Meer hinausgetrieben wird, holt ein junges Mädchen, dass täglich kurz am Strand mit seinem Drachen spielt Hilfe und rettet Léna so das Leben. Sie merkt, dass in dem recht armen Dorf Mächen kaum auf eine gute Zukunft hoffen können und beginnt, sich für diese einzusetzen. Doch wird sie dadurch auch ihren eigenen Schmerz lindern können?

Das Buch von Laetitia Colombani erinnert äußerlich an die beiden Vorgänger "Der Zopf" und "Das Haus der Frauen". Auch inhaltlich widmet sie sich wieder den Frauen, ihren Ängsten, ihren Rechten und ihren Hoffnungen. Zwar ist das Buch nicht besonders umfangreich, doch schon auf den ersten Seiten, schwappt eine Welle Indien über den Leser. Mit wenigen Worten, so viel auszudrücken, ist eine Kunst, die die Autorin perfekt beherrscht. Lange, verschachtelte Sätze sucht man hier vergebens. Das Buch ist auch vom Satz her eher auf Leichtigkeit getrimmt: kurze Kapitel, wenige Zeilen pro Absatz, viel Raum. Diese Leichtigkeit steht jedoch im krassen Gegensatz zu dem eher bedrückenden Thema. Mehrfach muss man sehr schwer schlucken, wenn man die beispielhaften, gut recherchierten und authentisch geschilderten Schicksale von Mädchen und Frauen in Indien liest, vor allem wenn es um solche geht, die noch richtige Kinder sind. Gewalt gegen Frauen, Kinderarbeit, Hunger und Zwangsehe sind nur einige Schlagworte, die hier zu nennen sind.

Der Anfang des Buches konnte mich also wirklich begeistern. Man fragt sich, was Léna wohl selbst Schlimmes erlebt haben könnte. Im Mittelteil hatte die Geschichte leider dann eher den Charakter eines Planes, der abgearbeitet wird. Natürlich geht es da auch, um die Umsetzung einer Idee, die Léna hat, doch mir fehlte da etwas die Emotion. Zudem wird andauernd und nicht besonders geschickt imm wieder auf den Schicksalsschlag Lénas hingewiesen, was etwas nervig ist, wenn man eh so gespannt ist zu erfahren, was denn nun geschehen war. Auch die Auflösung dieser Frage war für mich etwas konstruiert und nicht ganz realistisch.

Umso mehr packte mich aber wieder das Ende des Buches, in dem sich plötzlich die Ereignisse überschlagen und sogar richtig Spannung aufkommt. Der Schluss wirkt auf mich versöhnend, aber nicht zu sehr, denn er lässt noch einiges offen. Das finde ich gut, denn anders hätte das Ganze für mich nicht gepasst. Auf jeden Fall ein Buch, dass mich dankbar für das, was ich habe und sein darf, zurücklässt. Werde ich nicht so schnell aus dem Kopf bekommen. 4 Sterne

Bewertung vom 01.03.2022
Givney, Rachel

Das verschlossene Zimmer


sehr gut

Weniger historisch als unterhaltend
Im Frühjahr 1939 droht Krieg in Polen. Ein Einmarschieren der deutschen Streitkräfte ist wohl nur noch eine Frage der Zeit. Die 17-jährige Marie, die mit ihrem Vater, einem erfolgreichen Arzt, in Krakau wohlbehütet lebt, möchte endlich wissen, warum ihre Mutter sie verlassen hat, als sie noch klein war. Ihr Vater schweigt dazu eisern. Daher bricht sie seine immer verschlossene Zimmertür auf und findet unter einer Bodendiele etwas, das ihre Welt ins Wanken bringt. Sie beschließt, dem Geheimnis um ihre Mutter auf den Grund zu gehen. Nahezu gleichzeitig trifft sie auf jemanden aus der Vergangenheit, zu dem sie sich schon immer hingezogen gefühlt hat. Nur dass die Liebe zu ihm, einem Juden, jetzt große Gefahren birgt.

Ich habe mich aufgrund der Leseprobe für das Buch interessiert. Familiengeheimnisse mag ich gern. Auch das Setting und die Nebenhandlung im medizinischen Bereich fand ich sehr reizvoll. Die Autorin, die lange als Drehbuchautorin gearbeitet hat, weiß, wie man die Neugier weckt und die Handlung in Szene setzt. Dabei geht ihr jedoch manchmal die Puste aus, so dass sie einige Handlungsstränge beginnt, die später kaum eine Rolle spielen.

Auch die Emotionen sind manchmal nicht tiefgehend genug, was meiner Meinung nach daran liegt, dass diese bei ihr sonst die Schauspieler hervorbringen und ausdrücken müssen. Trotzdem ist ihre Idee gar nicht verkehrt und der Plot hält durchaus Überraschungen bereit, die man so nicht erwartet hätte. Zudem schreibt die Autorin flüssig, gut verständlich und, wie ich finde, auch mit einem guten Maß an Spannung.

Wer hier allerdings einen realitätsnahen, minutiös recherchierten historischen Roman erwartet, wird am Ende total enttäuscht sein. Es handelt sich tatsächlich um einen reinen Unterhaltungsroman, bei dem sich die Autorin viel Freiheit genommen hat, die Realität der Idee entsprechend anzupassen, was manchmal nicht ganz überzeugend ist. Dennoch kann ich nicht sagen, dass der Roman seinen Zweck mich zu unterhalten nicht erfüllt hätte. Ich wollte natürlich am Ende das Geheimnis um Maries Mutter aufdecken. Davon konnten mich auch die diversen Ungereimtheiten nicht abhalten.

Fazit: Kein realistischer, historischer, sondern ein Unterhaltungsroman, der sich gut lesen lässt, wenn man über einige Mängel hinwegsehen kann. Für Liebhaber historisch korrekter Romane ist er nicht empfehlenswert.

3,5 Sterne, die ich im Sinne der Unterhaltung wo 3,5 Sterne nicht möglich sind auf 4 Sterne aufrunden werde.

Bewertung vom 01.03.2022
Arenz, Ewald

Meine kleine Welt


sehr gut

Keine Durchschnittsfamilie
In diesem Geschichtenband erzählt Ewald Arenz 66 kurze Geschichten aus dem Alltag seines Alter ego Heinrich und seiner nicht alltäglichen Familie zu der neben seiner charmanten Frau Juliane, auch die drei Kinder Theo, Philly, der kleine Otto und eine Katze gehören. Jede Geschichte erzählt eine skurrile Begebenheit oder vom ganz normalen Wahnsinn, den Ehe, Familie, Verwandtschaft, Freunde und Beruf so mit sich bringen. Meist erzählt Arenz mit einem zwinkernden Auge und voll tiefgründigem Humor.

Besonders gefallen hat mir, dass der Autor in seinen Geschichten so oft seine mittelfränkische/bayerische Heimat und ihre Eigenheiten erwähnt. Sei es nun in der geographischen oder in der politischen Landschaft. Auch erkannte ich im Ansatz bei den Konflikten mit Ehefrau Juliane typische Standardsituationen einer Partnerschaft und des Elternseins wieder. Manchmal konnte ich mich tatsächlich ziemlich gut hineinversetzen. Bei anderen Geschichten allerdings blieb mir der Zugang verwehrt oder ich habe auch den Witz nicht kapiert. Zudem ist die Familie von Heinrich, der Kolumnist, Schriftsteller und Teilzeit-Geschichtslehrer ist, auch überdurchschnittlich gebildet. Da wird dann auch schon mal über Emanzipation diskutiert, Sohn Theo eifert Bismarck nach und der dreijährige Otto fährt mit der Reeperbahn. Hingegen mutiert der Vater in anderen Situationen zum Rabenvater oder vertickt sogar Koks. So richtig zusammengepasst haben daher die Charakterzüge der Personen manchmal nicht. Trotzdem war es sehr kurzweilig, in die familiäre Welt von Heinrich einzutauchen. Und als Leidensgenosse gefielen mir auch die Anekdoten aus der Schule, wobei so ein Gymnasium noch relativ harmlose Stituationen hervorbringt. Wichtig ist glaube ich, es so zu halten wie der Autor. Er nimmt sich selbst nicht zu ernst und versteht sich sehr gut auf eine gewisse Selbstironie. 3,5 Sterne, die ich wo nötig auf 4 aufrunde.