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TochterAlice
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Köln

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Insgesamt 1465 Bewertungen
Bewertung vom 04.05.2022
Harkness, Joe

Bird Therapy


ausgezeichnet

Soviel glaube ich im Vorfeld sagen zu können, ohne dass diese Behauptung gänzlich aus der Luft gegriffen ist. damit Dadurch würde die Botschaft nämlich gänzlich überbewertet und das Buch in eine Psycho-Schublade gesteckt, in die es meiner Ansicht nach ganz und gar nicht hineingehört. Aber offenbar passt gerade das für den Autor selbst geradezu perfekt.

Es geht um Joe Harkness - eben den Autor - und die Erfüllung, die er darin findet, dass er in die Natur geht und Vögel beobachtet - mit und ohne Gleichgesinnte. Und wie das sein Leben verändert hat. Was aus meiner Sicht nichts allzu Nennenswertes bedeutet, sondern eben so viel, dass ein Hobby, für das man lebt und das eben ziemlich viel Platz im eigenen Leben einzunehmen beginnt, ganz klar Veränderungen mit sich bringt. Für sich selbst und sein Umfeld. Und zwar nicht gerade kleine.

Ich fand es gar nicht uninteressant zu lesen, da ich auch gern in die Natur ziehe und es schön finde, mich dort fundiert umschauen zu können - nicht nur, aber auch in Bezug auf die Vogelwelt. Das habe ich schon gemacht, als ich drei Jahre alt war und allem um mich herum arg viel Aufmerksamkeit gewidmet, mehr als heute. Und ich habe mich nicht im Geringsten darum geschert, wie sich das auf mich auswirkt und wie andere dasselbe sehen. Aus naheliegenden Gründen natürlich - weil Kleinkinder so nicht denken.

Kurzum, was ich sagen will: der Autor macht viel heiße Luft. Klar ist es toll, zu erfahren, was es alles für organisierte Möglichkeiten zur Beobachtung von Vögeln gibt und was er dabei empfindet. Aber es ist streckenweise auch sehr, sehr langatmig, um nicht zu sagen: langweilig. Und zwar sorgfältig aufgemacht, aber nicht so richtig catchy. Also, nicht so, dass mir das Buch irgendwas geben würde. Und so gebe ich es einfach weiter - an den nächsten Vogelfreund oder einen, der es werden möchte.

Bewertung vom 04.05.2022
Louis, Lia

Jedes Jahr im Juni


ausgezeichnet

Lucas ist Emmies absoluter Traummann - und ihre ganz persönliche Luftballonliebe: hat sie ihn doch durch das "Verschicken" eines Luftballons kennengelernt, der auf der anderen Seite des Ärmelkanals landete und ausgerechnet von einem frisch nach Frankreich gezogenen Halbengländer, Lucas, nämlich gefunden wurde.

Seither - seit Jahren, ja Jahrzehnten, sie waren schließlich noch Schüler - ist Lucas ihr bester Freund, was wie die Faust auf Auge passt. Er ist nämlich am selben Tag im selben Jahr geboren und den feiern sie seitdem immer zusammen und zwar in Frankreich.

Auch zum Rest der Familie hat Emmie ein enges Verhältnis. Naja, zumindest zur englischen Mutter und zum französischen Vater. Früher war sie auch mal mit Lucas`Halbbruder Eliot eng, aber das ist lange her und hat seine Gründe.

Aber eigentlich hätte sie gern eine ganz andere Beziehung zu Lucas: als Paar nämlich, nicht nur als beste Freunde. Sie liebt ihn nämlich schon seit Ewigkeiten. Und er? Bisher war sie sicher, dass das nicht der Fall ist, doch es deutet alles darauf hin, dass er ihr jetzt, an ihrer beider 30stem Geburtstag die Frage aller Fragen stellen will. Aber...

Lesen Sie lieber selbst, zumindest wenn Sie weiblichen Geschlechts sind. Es ist ein warmherziger, manchmal ein wenig oberflächlicher Roman, der aber auf jeden Fall gute Laune macht und auf eine ganze Reihe wichtiger sozialpolitischer Themen eingeht. Unter anderem natürlich. Denn eigentlich ist es ja ein Liebesroman. Wenn auch anders als gedacht!

Bewertung vom 04.05.2022
Sniadanko, Natalka

Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde


weniger gut

Wilde Mischung
Nämlich eine aus einem Heldenepos, einer Familiengeschichte und einer sehr unkonventionellen Aufarbeitung der schmerzhalten Zeitgeschichte der Ukraine.

Es wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Die eine betrifft Wilhelm, das ist der titelgebende Erzherzog, dem man noch viel mehr zuschreiben kann, als im Titel angegeben ist. Wir folgen ihm von Anfang bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, wo sich seine Spur verliert. Oder auch nicht. Es kommt darauf an, wem bzw. welcher Version man am Ende Glauben schenken will. Er entstammt quasi einer Nebenlinie der Habsburger, die schon zu Zeiten der KuK- Monarchie auf heute ukrainischem Territorium residierte.

Sein Status erlaubt ihm zunächst so einige Freiheiten, allerdings nimmt er sich diese auch noch, als sie schon längst nicht mehr erlaubt sind. Aber erlaubt ist aus Wilhelms Sicht alles, was nicht ausdrücklich verboten ist und er lebt definitiv nach dieser Maxime, die ihm so manches Mal zum Verhängnis wird.

Der andere Strang beschäftigt sich mit Wilhelms Enkelin Halyna, einem Kind der Sowjetunion beziehungsweise dessen Nachfolgeregime in der Ukraine. Von KuK-Glanz ist hier keine Spur, diese Verbindung wird nicht einmal erwähnt. Nein, hier erleben wir eine Frau, die mit dem schnöden Alltag in der postsowjetischen Ukraine fertig werden muss, wobei weder ihr Mann Hryz noch der Sohn Oles zu kurz kommen sollen. Um sie ranken sich weniger ihre Eltern als vor allem die Großmütter beider Seiten. Zumindest in ihrer Jugend.

Ein Roman, für den ich trotz - behaupte ich jetzt einfach mal - überdurchschnittlichen Kenntnissen zu Osteuropa längst nicht ausreichend vorbereitet war. Autorin Natalka Sniadanko galoppiert durch die Zeitgeschichte, wobei sie gerne auch mal auf ungeschehene Pfade abbiegt - man könnte auch sagen, sie spinnt Seemannsgarn. Um das zu können, muss man erstmal sehr gut Bescheid wissen und dazu ausgesprochen eloquent sein. Die Autorin ist beides und hat mich damit hoffnungslos überfordert! Dadurch konnte ich den Roman, der zugegebenermaßen teilweise sehr große Längen aufweist, nur teilweise genießen.

Bewertung vom 04.05.2022
Meierhenrich, Nova

Endlich Laubengirl - Mein Abenteuer Schrebergarten


sehr gut

Auch wenn ich das "Laubengirl" im Titel ungemein affig finde - das Buch ist alles andere als das! Denn hier schildert Nova Meierheinrich den Weg, den sie und ihre Freundin (mit Sohn) seit dem Erwerb eines Schrebergartens gegangen sind.

Und zwar, um dabei ohne Scham Mißglücktes anzusprechen - was ich wiederum ausgesprochen mutig finde! Sie beschreibt alle Schritte vom Traum bis zur realen Sachwerdung und begleitet dann jeden Schritt. Wenn etwas Schwieriges wider Erwarten sofort glatt ging, fand sie sogar andere Beispiele, um "Holpriges" nachzuweisen, um anderen Mut zu machen.

Dazu haufenweise Tipps und köstliche Rezepte für Selbstgezogenes, das alles garniert mit vielen schönen Fotos. Ein passendes Geschenk für befreundete oder verwandte Schrebergärtner, das sicher viel Freude bereitet und zum jahrelangen Begleiter wird!

Bewertung vom 03.05.2022
Billingham, Mark

Was dich nicht umbringt


sehr gut

1996: Ein Kind verschwindet. Einfach so, von einem Moment auf den anderen, in den Wald.

Kann das sein? Und wer oder was könnte dahinter stecken? Eine schier unlösbare Aufgabe für Detektiv Tom Thorne und sein Team.

Und eine, die für die Leser des Krimis ebenso spannungsreich zu verfolgen ist, denn das, was passiert, liegt eigentlich nicht im Bereich des Möglichen. Jedenfalls nicht für mich, so wie die Gegebenheiten sich gestalten. Ein ebenso "unbrutaler" wie vielschichtiger und überraschender Krimi, bei dem ich dennoch die ein oder andere Klippe zu umschiffen hatte.

Dennoch durchaus empfehlenswert!

Bewertung vom 01.05.2022
Neeme, Imbi

Die Wahrheit und andere Erinnerungen


ausgezeichnet

Dieses Buch handelt von den Schwestern Nicole und Samantha, die in jungen Jahren mit ihrer Mutter in einen Autounfall verwickelt waren, der zwar glimpflich ausging, aber dem Leben aller Beteiligten eine neue Richtung gab. Denn danach trennten sich die Eltern Tina und Craig und die Töchter wuchsen jeweils bei einem Elternteil auf.

Ein Roman in Rückblenden, geschildert aus den Perspektiven beider Schwestern, doch auch andere Sichtweisen werden eingeblendet: die von den Partnern der Schwestern, der Eltern und der beiden anderen Frauen des Vaters.

Ich war sicher, dass dies ein trauriger Roman ist, doch das ist nicht der Fall. Stellenweise natürlich, doch ist es auch ein Buch, das neue Welten im Leben ganz normaler Menschen entdeckt, vieles aufdeckt, das man nie für möglich gehalten hätte.

Ein Buch über Wahrheiten und Lügen - und darüber, wie man sich selbst am meisten belügen kann. Die australische Autorin Imbi Neeme ist eine kraftvolle Stimme, die für Frauen aller Kontinente spricht. So sehe ich das jedenfalls!

Bewertung vom 25.04.2022
Norbury, James

Großer Panda und Kleiner Drache


ausgezeichnet

Der große Panda und der kleine Drache sind gemeinsam unterwegs. Sie sind Weggefährten, ja Freunde.

Wie in vielen solchen Zweierkonstellationen nehmen sie jeweils eine Rolle ein: der kleine Drache ist der Zweifler, der Ängstliche, der große Panda hingegen derjenige, der stets die positive Perspektive zu formulieren vermag. Er sieht das Gute in jeder Entwicklung und vermag es eindringlich und klug zu formulieren.

Durch die Zweifel und die Gedanken des kleinen Drachen erst auf den Weg gebracht, formuliert der große Panda ganz wundervolle Ideen und Gedanken.

So ermutigt er bspw. den kleinen Drachen, seinen eigenen Weg zu finden, auch wenn dieser von anderen nicht gemocht wird. In dem Fall sei es vorzuziehen, andere zu verlieren statt sich selbst. Am besten hat mir die Antwort des Großen Panda auf die Frage des kleinen Drachen, was er denn tue (S.63) gefallen. "Keine Ahnung", sagt der Große Panda, "aber es macht großen Spaß".

Genauso viel Spaß bereitet das Durchblättern, Schauen und Lesen durch dieses lebenskluge und so warmherzige Buch!

Bewertung vom 23.04.2022
Paris, Helen Frances

Das Fundbüro der verlorenen Träume


gut

Ein Fundbüro als Start für die Geschichte um Dot und ihre Familie: die demente Mutter, zu der sie zurückgezogen ist sowie die wenig liebenswerte, ziemlich besserwisserische große Schwester Philippa. Und der geliebte Vater, der schon so lange nicht mehr ist. Irgendein dunkles Geheimnis lastet über ihm.

Dot arbeitet in einem Fundbüro, was für sie eine Herzenssache ist, denn sie liebt es, Menschen Wichtiges zu retournieren, die Dinge zum Beginn zurückzuführen. Doch einige Entwicklungen unterschiedlicher Art bewirken, dass sich das nahezu von einem Moment auf den anderen ändert: Übrig bleibt ein Haufen Scherben.

Nichts anderes ist auch von Dots Leben geblieben, jetzt, wo alles so kurz vor dem Ende steht. Sie möchten wissen, was? Dann versprechen Sie mir aber bitte, nicht zu viel zu erwarten. Denn einige Erzählstränge lösen sich einfach im Nichts, andere in Belanglosigkeiten auf und übrig bleibt - nun, nicht allzu viel. Obwohl das Ganze auf einer netten, liebevoll entwickelten Idee basiert.

Aber leider, leider gibt es diese immer wiederkehrenden Längen. Aus meiner Sicht haben sie teilweise mit der nicht immer ganz geglückten Dastellung der Charaktere bzw. Figuren zu tun. Ich kann mir wenig vor Augen halten - also es gibt kaum Kopfkino und da verwischen mir irgendwie die Bilder. Jedenfalls bei dieser Art von Roman.

Bewertung vom 22.04.2022
Tyler, Anne

Eine gemeinsame Sache


ausgezeichnet

Die Verflechtungen der Familie Garrett

Wie schade ist es oft, wenn Titel nicht aus dem Original übersetzt werden, hier "The French Brade", also der französische Zopf. In dem bereits so undenkbar viele Verflechtungen enthalten sind, dass man sie kaum zählen.

So ist es auch in der Familie Garrett? Oder sind es eher kaum welche? Manchmal kommt es dem Leser so vor, doch es sind die Verflechtungen, die Windungen, auf denen wieder und immer wieder in den Familienclan zurückgefunden wird.

Mutter, Vater und drei Kinder; zwei Töchter, ein Sohn. Groß der Unterschied zwischen den älteren Mädchen und dem kleinen Bruder. Fremd auch die jeweiligen Welten, aber nicht nur zwischen alt und jung: Manchmal kommt es mir beim Lesen so vor, als würde jedes einzelne Familienmitglied auf einem eigenen Planeten in der Galaxis schweben - vielleicht verloren, vielleicht einsam. Vor allem jedoch in seinem ureigenen Modus.

Der hier jedem zu eigen ist: vor allem fährt die Mutter der Familie, eine Art Freizeit-Künstlerin, aus der dann aber mehr wird, von Beginn an ihren eigenen Stiefel: sie kocht nicht, sie kümmert sich um die Kinder, nur wenn sie nicht malt und vor allem verhilft sie sich quasi sukzessive nicht nur zu einem eigenen Atelier, sondern zu einem eigenen Heim. Oh, wie ich sie beneide.

Man sieht also: Eigenständigkeit einer Frau kann Emanzipation sein, sie muss es aber nicht. Es kann auch um Selbstentfaltung, um einen eigenen Weg gehen, ohne etwas vernachlässigen zu wollen. Was man dann zwangsläufig doch tut.

Dies nur als ein Beispiel für den Entwurf eines Charakters durch die großartige Anne Tyler. Dieser Roman enthält noch so manch anderen und ein jeder ist die Lektüre wert! Probieren Sie es aus, es lohnt sich unbedingt!

Bewertung vom 19.04.2022
Franck, Julia

Welten auseinander


ausgezeichnet

Julia Franck hatte eine heftige Kindheit, die nur noch von ihrer Jugend überboten wurde.

Die sie irgendwann nicht mehr in der Obhut ihrer Mutter, einer Frau mit vier Töchtern von ebenso vielen Männern - nein, doch nicht ganz, denn Julia hat eine Zwillingsschwester - verbringen wollte. Das Leben bei ihr war ihr in jederlei Hinsicht zu ungeregelt, ja: zu verlottert.

Dann besser eigene Wege gehen, so gut es möglich ist. Und zwar welche zwischen Ost und West. Julia Francks Leben klingt wie ein Märchen und möglicherweise - ich würde es ihr wünschen, wenn das an den richtigen Stellen so wäre - ist es das auch. Denn auf dem Umschlag steht "Roman" und in diesem literarischen Format ist bekanntlich Fiktives enthalten.

Aber so viel habe ich verstanden: eine sehr begabte Frau, die viel Schmerz mit sich herumträgt, hat diesen Roman verfasst und ich habe ihn mit Faszination gelesen. Teilweise hat sich der Schmerz, das Leid von Generation auf mich übertragen und mich sowohl niedergedrückt als auch inspiriert. Ein kraftvolles Buch, dessen Leser ebenfalls viel Kraft benötigen. Aber es lohnt sich. Unbedingt!