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Koriander
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Penzberg

Bewertungen

Insgesamt 492 Bewertungen
Bewertung vom 25.12.2018
Sten, Viveca

Flucht in die Schären / Thomas Andreasson Bd.9


ausgezeichnet

Viveca Sten ist mit „Flucht in die Schären“ ein furchtbar realer Thriller gelungen. Mina, blonde Schwedin, ist mit ihrem kleinen Jungen Lukas in einer Gewaltspirale gelandet. Ihr Mann Andreis schlägt zu. Und zeigt Reue. Aber diese hält nur kurz: immer öfter gerät er außer Fassung und wird gewalttätig. Mina kann ihre Verletzungen nicht mehr verbergen und ergreift voller Angst schließlich die Flucht – was Andreis zum wilden Tier werden lässt…
Mit Gänsehaut liest man, welche Angst Mina durchleidet, bis sie sich endlich entscheidet, Andreis u verlassen. Eine unbeschreibliche Verfolgungsjagd ist die Folge, und Andreis, voller Hass und zu jeglicher roher Gewalt fähig, zieht, völlig entfesselt, die Menschen, die Mina beistehen, mit in den Abgrund. Parallel erzählt Viveca Sten von Andreis Kindheit mit Bruder Emir in Bosnien, der Flucht seiner Eltern vor dem Krieg. Ein Buch, das den Leser zum Schaudern bringt, atemlos und betroffen macht, und schonungslos real ist. Vor Minas Schicksal bleiben die Ermittlungsarbeiten eher im Hintergrund, und man liest schneller, um von der bedrückenden Situation befreit zu werden… Ein ausgesprochen fesselnder Thriller, erschreckend real, spannend bis zur letzten Seite, absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 04.12.2018
Winterberg, Linda

Die verlorene Schwester


ausgezeichnet

Autorin Linda Winterberg erzählt die Geschichte zweier Schwestern, deren Schicksal schlimmer nicht sein könnte: nach dem Tod ihres Vaters werden sie gnadenlos ihrer kranken Mutter entrissen und in fremde Haushalte als „Verdingkinder“ gegeben. Dort bestimmen Arbeit und Verachtung ihr Leben. Marie, die ältere Schwester, hat es mit ihrer Pflegefamilie etwas besser getroffen, trotz Arbeit ist sogar die Schule erlaubt. Aber Lena wird vom Sohn des Hauses missbraucht und von seiner Mutter geschlagen. Ihre einzige Freude ist die kleine Rainette, Tochter ihrer Pflegemutter, die etwas zurückgeblieben ist und mit ihr ein Leben voller Angst und Gewalt teilt. Ohne jeglichen Kontakt klammern sich beide Schwestern an die Hoffnung, als Erwachsene ein freies Leben führen zu können und sich endlich wiederzusehen. Aber das Schicksal hat noch andere Pläne für sie…
Linda Winterberg schreibt sehr sanft und berührend; furchtbare Szenen, die man sich gar nicht ausmalen mag, werden sehr feinfühlig und schnörkellos real erzählt. Sehr oft kann man die Hoffnungslosigkeit spüren, die Wehmut bei den Erinnerungen an die Kindheit, die Trauer um die Trennung von der Schwester und die Verzweiflung, die letztendlich beide trifft.
Zum Glück gibt es Anna, die in einem zweiten Erzählstrang ein sehr erfolgreiches Leben als Bankerin führt. Hier findet man als Leser wieder in die Gegenwart. Bis beide Geschichten aber zusammenführen, dauert es für Marie und Lena Jahrzehnte...
Ein wunderschöner, berührender und feinfühliger Roman, der einen aufgrund der dahinter steckenden Realität betroffen macht. Man kann sich gar nicht vorstellen, dass in der reichen, angesehenen Schweiz mit Frauen und Kindern so grausam und menschenverachtend verfahren wurde. Ein traumatisierendes Thema, von der Autorin perfekt aufgearbeitet. Ein muss für alle Leser von „Lebensgeschichten“!

Bewertung vom 08.11.2018
Theurillat, Michael

Lenz / Kommissar Eschenbach Bd.6


sehr gut

Kommissar Eschenbach muss sich nach drei Monaten in den USA erst wieder in seinem Kommissariat einleben - und seine Stellung behaupten. Seine Stellvertreterin Köhler ist dominant und zeigt sich nicht gerade kollegial. Als Eschenbach mit seinem Kollegen Jagmetti die Wohnung eines Toten inspiziert, drängt sich ihm der Verdacht auf, dass es sich hier nicht um einen Suizid handeln kann…
Michael Theurillat erzählt eine spannende Geschichte, die mit drei Freunden beginnt und im Chaos endet. Jeder ist hochintelligent, wissenschaftlich interessiert, aber sie verlieren sich über weite Zeiträume aus den Augen. Jeder nutzt sein Können auf eine andere Weise. Politisch engagiert, verstricken sich ihre Wege am Ende wieder.
Hochbrisant und sehr aktuell ist dieser Krimi, der einen eher zum Nachdenken und Reflektieren bringt. Keine blutrünstigen Morde, keine akribische Ermittlung, aber stets fesselnd ist die Handlung. Der Autor versteht es, unaufgeregt, schnörkellos und leicht verständlich zu schreiben. Ein Krimi mit politischem Tiefgang, ein bisschen philosophisch, aber absolut spannend!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.10.2018
Carter, Chris

Blutrausch - Er muss töten / Detective Robert Hunter Bd.9


ausgezeichnet

Nachdem “Blutrausch” von Chris Carter sofort in der Bestseller-Liste erschien, war ich absolut gespannt auf das Buch. Es war mein erstes von Chris Carter, ließ sich aber problemlos ohne Vorkenntnisse lesen.
In einem gekühlten Schlafzimmer stoßen Robert Hunter, Profiler beim LAPD, und sein Kollege Garcia auf eine entsetzlich verstümmelte Leiche: gehäutet, Hände und Füße sind amputiert, eine Botschaft ist auf dem Rücken eingeritzt. Diese Botschaft und die mit Blut beschmierten Wände lassen auf einen Psychopathen mit Künstlerseele schließen. Und die Jagd auf ihn beginnt, nach einigen Wortgefechten mit Unterstützung des FBI…
Chris Carter kann den Leser unglaublich fesseln, er schreibt klar, erklärt die Szenen deutlich und zeichnet die Details so genau, das man am liebsten ab und zu einen Satz überspringen möchte, weil es gar so gruselig ist. Das ist schon wirklich ein Hardcore-Krimi! Unglaublich, was ihm da alles an Abscheulichkeiten eingefallen ist. Und durchweg bleibt rätselhaft, wie es weitergeht - man kann das Buch einfach nicht aus der Hand legen. Super spannend geschrieben, und das unerwartete Ende lässt auf einen neuen Band von Chris Carter hoffen! Für Fans von wirklich harten Krimis absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 18.10.2018
Black, Benjamin

Alchimie einer Mordnacht


sehr gut

"Alchimie einer Mordnacht" - ein verheissungsvoller Titel! Und ein grausiger Mord an einem jungen Mädchen in einer dunklen, verschneiten Gasse im alten Prag, ein vielversprechender Anfang für einen Kriminalroman! Christian Stern, ein kluger junger Mann, der gerade seine Studien in Bayern erfolgreich beendet hat, will im Ausland Erfahrung sammeln. Er ist es, der in der ersten Nacht die Tote findet und gerät prompt selbst unter Mordverdacht. Nur durch Zufall und Glück gerät er in die Aura des Kaisers Rudolf, der ihn mit Wohlgefallen in seine Kreise aufnimmt. Und ihn mit der Suche nach dem Mörder beauftragt.
John Blanville alias Benjamin Black erzählt unglaublich detailreich, anschaulich und sehr beeindruckend, wie der junge Gelehrte seinen Weg durch das finstere Prag findet. Dieser Christian Stern glänzt mit Überheblichkeit und einem starken Ego, wird dann aber wieder von Zweifeln befallen. Er wird zum Geliebten der kaiserlichen Mätresse, gerät in die Intrigen am Hof und wird zum Beauftragten des Kammerherren. Ein sehr farbiger Roman, vielfältig und malerisch! Allerdings finde ich, das es eher ein wunderbarer historischer Roman als ein Kriminalroman ist. Die Ermittlungen geraten angesicht des üppigen Sittengemäldes leider völlig in den Hintergrund, man ist selbst durch das Geschehen abgelenkt, und ich hatte fast erwartet, das es zu keiner Auflösung kommt. Aber diese kommt dann doch und ist eine Überraschung. Ein sehr beeindruckender Roman vor geschichtlichem Hintergrund.

Bewertung vom 07.10.2018
Stoletzky, Judith;Geißler, Lutz

Ca. 750 g Glück - Das kleine Buch über die große Lust sein eigenes Sauerteigbrot zu backen


ausgezeichnet

Ein unspektakuläres Cover - unter dem sich eine liebevolle Anleitung zum Glücklichsein verbirgt. Minimalismus! Das ist es, was die Menschen wieder suchen, etwas, das man selbst (er)schaffen kann! Und hier ist es das Grundnahrungsmittel schlechthin: Sauerteigbrot. Wer erinnert sich nicht an die Kindheit und ein köstliches Schnittlauch- oder Tomatenbrot?
“ca. 750 g Glück” ist kein Backbuch im üblichen Sinn. Das Rezept nimmt nur einen geringen Anteil der 100 Seiten ein. Und das Inhaltsverzeichnis ist der Wegweiser zum Glück, zur Liebe und Achtsamkeit, den Tugenden, die das Leben ausmachen, und die im Alltag meistens untergehen. Die Kapitel sind sehr humor- und liebevoll geschrieben; die Beispiele sind selbstverständlich an der Freude am Backen ausgerichtet, gehen aber tiefer und erinnern den Leser daran, was im Leben wirklich wichtig ist und wie man selbst wieder einen Bezug herstellen kann. Psychologisch tiefsinnig, ein bisschen philosophisch, sehr unterhaltsam, humorvoll und auf unaufdringliche Art lehrreich. Man kommt auf jeden Fall zu dem Schluss, es selbst zu probieren - und da ist es dann auch: das Rezept! Und all die vielfältigen Möglichkeiten, wunderschön ins Bild gebracht von Hubertus Schüler. Lutz Geißlers “Gedanken beim Mischen des Sauerteigs” sind zwar - ohne Punkt und Komma - etwas gewöhnungsbedürftig zu lesen, aber ja, man gerät dann doch in einen gewissen Flow…
Ein in jeder Hinsicht empfehlenswertes Buch, das schon beim Lesen ein Lächeln auf die Lippen zaubert!

Bewertung vom 01.10.2018
Raab, Thomas

Walter muss weg / Frau Huber ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Thomas Raab ist allseits für seine (bereits verfilmten) “Metzger-Krimis” bekannt - umso neugieriger war ich auf seinen neuen Fall!
Frau Huber, um die siebzig Jahre alt und davon 53 Jahre mit ihrem Walter verheiratet, muss nun von ihm Abschied nehmen. Zwar ist er auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen, aber Hanni ist eher erleichtert, als in Trauer versunken. Dennoch gibt es ihr ordentlich zu Denken, als da an Walters Grab eine weitere, ehrlich trauernde Witwe weint…
Hanni ist eine gute Beobachterin und eine kluge dazu. Gekonnt gelingt es ihr, einem makaberen Betrug auf die Schliche zu kommen - und erlebt am Ende auch noch eine Überraschung!
Thomas Raab überrascht mit einer resoluten, alten Dame, die erst langsam ihre Gefühle wieder ausgräbt und Nähe zulässt. Knorrig, knarzig, ein bisserl bärbeissig, aber irgendwie auch total liebenswert ist sie, und der Leser begleitet sie durch Höhen und Tiefen, voller Humor und Situationskomik, aber auch Sentiment, Tiefgang und Lebensweisheit. Man taucht sofort ein in die romantische Umgebung Glaubenthals, die so im krassen Gegensatz zu den Geschehnissen steht.
Thomas Raab ist echt ein Meister des Humors und Wortwitzes, er versteht es, skurrile Geschichten mit viel Spannung, aber auch Gefühl und leisen Tönen zu erzählen. Ich habe diesen Krimi voller viel Spaß und Spannung gelesen und kann ihn nur empfehlen!

Bewertung vom 24.09.2018
Ani, Friedrich

Der Narr und seine Maschine / Tabor Süden Bd.21


sehr gut

Ein düsteres Cover - und ein beklemmender Kriminalroman, in dem Friedrich Ani seinen Privatdetektiv Tabor Süden auf die Suche nach einem Schriftsteller schickt. Eigentlich hat Süden bereits alle Brücken hinter sich abgebrochen, steht unentschlossen auf dem Bahnsteig im Hauptbahnhof und wird von seiner (ehemaligen) Chefin gerade noch abgefangen. Er lässt sich überreden, den vermisst gemeldeten Linus Hallig aufzuspüren. Eine Suche, die ihn in die Tiefen seines eigenen Lebens blicken lässt…
Friedrich Ani beschreibt ganz raffiniert das Leben beider Männer, durch Zeugen und Beobachter erfährt man über die traurige und wirklich beklemmende Existenz des ehemals unglaublich erfolgreichen Hallig, der - erst recht nach dem Tod seiner Mutter - dem Alkohol verfällt und vergeblich versucht, wieder Fuß zu fassen. Und darf gleichzeitig lesen, wie es Tabor Süden ergeht, der zwar erfolgreich seiner Arbeit nachgeht und doch grundlegende Probleme mit sich und seiner Zukunft hat. Einsam und verlassen, das trifft auf beide zu, obwohl Hallig im Hotel, in dem er lebt, doch irgendwie Freunde hat.
Ein Roman mit psychologischem Tiefgang, gut zu lesen, aber demonstrativ negativ, düster, beklemmend. Man liest ihn relativ schnell - auch in der Hoffnung, an ein gutes Ende zu gelangen… Kein Krimi, der zufrieden macht, aber absolut spannend zu lesen ist!

Bewertung vom 18.09.2018
Blondel, Jean-Philippe

Ein Winter in Paris


ausgezeichnet

“Ein Winter in Paris” - ein verträumter Titel und ein ansprechendes Cover, und dann ist die Geschichte, die Jean-Philippe Blondel erzählt, so gar nicht romantisch.
Victor, Student im zweiten Jahr an einer renommierten Uni, kommt aus einfachen Verhältnissen. Er ist knapp neunzehn, jung, unscheinbar und einsam. Mathieu, ein Jahrgang unter ihm, geht es ebenso und bei einer gelegentlichen gemeinsamen Zigarette bahnt sich ein erster Kontakt an. Dieser zerbricht, als Mathieu völlig unvorhergesehen im Treppenhaus in den Tod springt. Victor ist einer der ersten am Unfallort. Aus Beklemmung, Trauer und Neugier scharen sich die Kommilitonen bald um Victor, der die neu gewonnene Beachtung genießt und in Folge sogar sein Studium vernachlässigt.
Jean-Philippe Blondel ist ein Meister der feinen Töne. Er beschreibt sehr eindringlich und berührend die Gefühlswelt seines zart besaiteten Protagonisten. Victor ist ein kluger Kopf, befindet sich aber genau in dem wankelmütigen Zustand eines Teenagers, der auf dem Weg ins Erwachsenenleben ist. Er hat jede Menge Pläne, die er mit niemandem teilen kann, Erwartungen an die Zukunft, aber auch Befürchtungen und Ängste. Mathieus Tod lässt ihn sein Leben neu überdenken, er trifft Menschen, die ihn beeindrucken, ihm Einblick in ihr Leben geben, und in mit neuen Zweifeln hinterlassen. Auch wenn ihn Mathieus Selbstmord nie loslässt, findet er doch den Weg in ein erfülltes, zufriedenes Leben.
“Ein Winter in Paris” ist ein sehr gefühlvolles, fast poetisches Buch, das sehr beeindruckt und berührt, das man fast nicht aus der Hand legen kann. Sehr empfehlenswert!