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Uli
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Insgesamt 561 Bewertungen
Bewertung vom 24.06.2023
Correa, Armando Lucas

Die verlorene Tochter der Sternbergs


ausgezeichnet

Ein Buch, das dem Leser sehr zu Herzen geht, voller Tragödien ist und sich unsere Generation wirklich mehr als glücklich schätzen muß, fast 80 Jahre im Frieden zu leben. Teilweise mußte ich das Buch zur Seite legen, so unmenschliche, so menschenverachtende Geschehnisse werden hier beschrieben. Die Eheleute Sternberg (BüchereibesitzerIn und Kardiologe) leben mit ihren beiden kleinen Töchtern in Berlin. Doch dann werden die Juden immer mehr verfolgt, Julius Sternberg kommt in ein Arbeitslager und stirbt dort. Da entschließt sich Amanda Sternberg ihre Töchter nach Kuba zu einem Verwandten zu schicken. Aber als sie dann am Hafen in Hamburg ist, bringt sie es nicht übers Herz, ihre kleine Tochter Lina wegzugeben. Sie vertraut die ältere Tochter Viera einem Ehepaar an. Viera hat das Glück, in Kuba von Bord gehen zu dürfen, die meisten anderen Menschen wurden wieder nach Deutschland zurückgeschickt. Amanda geht mit Lina zu einer Bekannten nach Frankreich und von dort schreibt sie sehnsuchtsvolle Briefe an ihre große Tochter. Doch auch dann werden Amanda und Lina interniert, aber der Mutter gelingt es dann, ihre Tochter aus dem Lager zu schmuggeln, wo sie ein Pater in Empfang nimmt. Doch auch hier verliert sie immer wieder ihre Bezugspersonen und soll schließlich nach Amerika geschickt werden. Der Autor schildert hier sehr genau und detailliert die damalige Zeit. Sein Buch liest sich wie ein Zeitzeugenbericht. Das Grauen, der Hunger, der Schmutz und doch immer wieder haben die Menschen den Mut, nicht aufzugeben. Sehr eindrucksvoll wird hier auf das Seelenleben des Kindes Bezug genommen, ihre Ängste, ihre Albträume, fast ein Jahr mußte sie sich in einem dunklen Dachboden versteckt halten. Und immer wieder verliert sie durch den Krieg gute Freunde, zu denen sie Vertrauen gefaßt hat. Dieses Buch könnte ohne weiteres als Lektüre im Geschichtsunterricht verwendet werden. Leider endet das Buch kurz vor der Reise nach Amerika und wir lesen dann erst wieder von Lina, die während des Krieges in Elise umgenannt wurde, als sehr alte Frau kurz vor ihrem Tod. Mir wird diese Familiengeschichte noch lang zum Denken geben.

Bewertung vom 23.06.2023
Jardin, Izabelle

Helden der Stille


ausgezeichnet

Die Fortsetzung der Achenthalsaga hat mich wieder gefangengenommen. Elise verzichtet nun auf ihre große Liebe Konrad und heiratet Flechter Cunningham, dessen Eltern in London eine große Fabrik besitzen und finanziell sehr gut dastehen. Sie tut das nur deswegen, um die Weberei und die Sozialunterkünfte für die Weber finanzieren zu können. Die Hochzeitsreise von Fletcher und Elise geht in den Süden von Amerika. Fletcher verwöhnt seine Frau mit Schmuck und wunderbarer Kleidung. Hier kommt Elise zum ersten Mal mit Sklaven in Berührung und ist mehr als entrüstet, über deren Behandlung. Aber für Fletcher scheint dies normal zu sein. Da Elise zwischenzeitlich schwanger ist uind Fletcher seine Frau deswegen schonen will, kauft er sich eine junge, wunderschöne Sklavin für seine Gelüste und nimmt sie mit nach England. Elise sitzt nun fest in einem goldenen Käfig und sie muß feststellen, dass ihr Mann ein seelen- und herzloser Mensch ist. Als Elise nur ein Mädchen auf die Welt bringt, schickt er sie aufs Land, wo die Familie Cunningham ein Feriendomizil besitzt. Fernab und einsam von allem Leben ausgeschlossen, sehnt sich Elise nach Konrad und sie schreibt an ihren Großvater einen sehnsuchtsvollen Brief. Aber dann wird ihr klar vor Augen geführt, wie rücksichtslos Fletcher auch mit seiner Geliebten umgeht und sie beschließt, mit ihrem Kind nach Schlesien zurückzugehen. Die Autorin hat hier wieder einen wirklich gut gelungenen historischen Roman verfaßt. Sie läßt uns erahnen, wie das Leben in der Zeit um 1840 ausgesehen hat, wie ärmlich und mühsam das Leben der einfachen Bevölkerung war und ihre Familie schon eine Ausnahme war, die sich um das Wohl ihrer Arbeiter kümmerte. Der Schreibstil der Autorin liest sich flüssig, die einzelnen Kapitel sind nicht zu lange und zu versteht es, in ihren Büchern immer den gewissen Pfiff zu bringen und man liebt und leidet unheimlich den Protagonisten. Izabelle Jardin hat schon einige historische Romane geschrieben und ich war bisher noch von keinem enttäuscht. Sie versteht es, das tägliche Leben darzustellen und in allem noch eine rührige Liebesgeschichte einzuflechten. Das Cover zeigt eine junge Frau mit ihrem Hund, gekleidet in der damaligen Mode, die sinnend auf die Boote im Wasser schaut.

Bewertung vom 17.06.2023
Leonard, Susanna

Die Radfahrerin


ausgezeichnet

Von Annie Londenderry habe ich bis dato nichts gehört, aber sie ist wirklich eine imposante Persönlichkeit, war sie doch die erste Frau, die mit einem Fahrrad die Welt umrundet hat. Boston 1894. In einem Herrenclub schließen zwei Herren eine Wette von nicht beträchtlicher Höhe ab, denn man ist der Meinung, dass eine Frau dazu nicht in der Lage ist, mit einem Fahrrad rund um den Globus zu kommen. Annie Kopchovsky ist eine 22jährige Jüdin und hat schon drei Kinder. Mi ihrem Mann, den Kindern, ihrem Bruder, der Schwägerin und deren Kinder bewohnt sie zwei kleine Zimmer im Judengetto, eine Pappschachtel wie sie es nennt. Da ihr Mann als Hausierer viel zu wenig verdient, nimm sie nebenzu noch Anzeigen für verschiedene Zeitungen auf. Und als sie dann diese Anzeige mit der Weltumrundung sieht und bekommt, faßt sie den Entschluß, selbst die Fahrt zu unternehmen, Und mit dem Preisgeld könnte sie und ihre Familie eine bessere Wohnung und ein viel besseres Leben haben. Annie kann aber leider nicht Fahrradfahren. Sie übt wie eine Besessene, ihr Mann, der Rabbi, die Verwandtschaft, alle sind gegen ihr Vorhaben, die Kinder weinen. Aber Annie läßt sich nicht abbringen und nimmt für Werbezwecken den Namen Londenderry an. Die Fahrt beginnt mit vielen Hindernissen, das kalte Wetter, schlechte Straßen, Straßenräuber, sie landet im Gefängnis, kommt in Kriegswirren und noch vieles mehr hindert sie an ein zügigen Vorwärtskommen. In der Presse wird über sie berichtet, man bezeichnet sie als Mannweib und sie gib Interviews, wo sie aber nicht immer bei der Wahrheit bleibt und sie ihre Erlebnisse viel zu sehr ausschmückt und noch mehr dazu dichtet. Und am Ende schafft sie es doch. Gerne hätte ich weitergelesen, wie ihr es dann zuhause ergangen ist. Aber das Buch endet damit und wir erfahren dann nur noch aus der Zeittafel kurze Infos. Die Autorin hat derart gut, spannend und interessant geschrieben, man meint, man liest einen Krimi oder ein richtiges Abenteuerbuch. Schon allein, als sie mit Rock und Jacke losfuhr, was ja sehr hinderlich war. Aber sie entschloß sich dann, sich wie ein Mann zu kleiden und so kam sie auch mit dem Radfahren besser zurecht. Annie war eine der ersten Frauenrechtlerinnen, eine Emanze, hier als Suffragetten beschrieben. Sie wollte nicht nur zuhause versauern, sondern wollte selbst was leisten und sie schreckte vor keiner Herausforderung zurück. Wie die Autorin ja in ihrem Schlußwort selbst sagt, liegen nicht viel Unterlagen über diese Frau vor, so dass sie Tatsachenberichte mit Fiktion mischte, woraus aber ein wunderbarer Roman entstanden ist. Am Anfang des Buches findet sich ein Namensverzeichnis, was sehr sinnvoll ist und am Ende Glossar. Das Cover zeigt Annie auf dem Fahrrad mit Hose bekleidet.

Bewertung vom 14.06.2023
Casparis, Dina

High Heels - Heisse Mode


ausgezeichnet

Da ich sehr modebewußt bin, Mode über alles liebe und auch Anwaltskanzleien mir nicht fremd sind und ich sehr gerne Krimis lese, war dieses Buch für mich ja perfekt. Dies ist bereits der zweite Band über die Anwältin Tara Bernhard. Ihr Traum ist es, einmal in der Modewelt tätig zu sein. Und dann bekommt sie von ihrem Lieblingsmandanten, KARL Gerold Fuchs, einem Modemogul den Auftrag, für ihn tätig zu werden und für die Firma Finny Mode Verträge aufzusetzen und rechtlich dingfest zu machen. Er lädt sie zur Green fashion summit beim Wirtschaftsforum in Davos ein, wo die Präsentation seines von seinem Mitarbeiterstab entworfene High Tec Kleid "Smarty" erstmalig stattfinden sollte. Mehr als ein okölogischer Fortschritt in der Modebranche. Doch während die Modells auf dem Laufsteg ihre Runden drehen, wird KGF entführt und mit ihm Cheru, seine Textildesignerin, die sehr großen Anteil an der Entstehung von "Smarty" hatte. Bekenner für die Entführung sind die Ökoaktivisten, die dafür eintreten, dass keine für die Umwelt und Mensch schädlichen Stoffe mehr verwendet werden dürfen und auch die Ausbeutung der Arbeitskräfte in den Drittländern und den Ostbolckstaaten verhindert und verboten werden muß. Das Buch zeigt uns auf, wie rücksichtslos die Modebranche ist. Arbeitskräfte im Ausland arbeiten 12 Stunden täglich für einen Minibetrag, billige Stoffe mit schädlicher Färbung werden verwendet. Die Modemafia hat auch hier ihre Hände im Spiel, es werden unter der Hand Beträge verschachert, russische Oligarchen haben das Sagen, junge Mädchen, die unbedingt auf den Laufsteg wollen, werden unter Drogen gesetzt und sexuell belästigt. Ein Konkurrenzkampf zwischen allen Beteiligten. Durch dieses Buch erfahren wir, dass die glamouröse Modewelt eine harte und oft unfaire Angelegenheit ist. Das Buch geht nicht all zu leicht zu lesen, da zumindest mir viele Begriffe nicht bekannt oder geläufig waren. Aber eine wirklich durchaus spannende Lektüre, die uns in fremde Welten führt. Im Prolog und Epilog wird nochmals Mode zusammengefaßt. Zu Beginn des Buches ist ein Namensverzeichnis plus Altersangaben der Protagonisten, was ich für sehr sinnvoll halte, denn so kann man das Kopfkino gut spielen lassen. Am Ende im Glossar sind die Begriffe aus der Modewelt erörtert. Das Cover ist ein Hochglanz. Es zeigt den Saum eines roten Kleides und schwarze High Heels. Dies war bestimmt nicht unser letztes Zusammenreffen mit Tara Bernhard.

Bewertung vom 13.06.2023
Korten, Astrid

Overkill: Der Sündenfall (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ich liebe diese fantasievollen und echt brutalen und spannenden Thriller von Astrid Korten. Wir sind in Berg am Starnberger See. In einem schönen Mehrfamilienhaus mit großem Garten und alten Bäumen. Hier wohnt die Familie Hagen: Vater Theo, Mutter Julia, die pubertierende Tochter Emma und das Nesthäckchen Lukas. Die Wände in diesem Haus sind sehr hellhörig. Über den Hagens wohnen die Taubers, Andrea und Marleen und deren Tochter Charis. Man hört in der darunterliegenden Wohnung jeden Schritt. Und dann beginnt das Fatale: Julia beginnt ein heimliches Verhältnis mit Andreas, der aber als Frauenheld bekannt ist. In letzter Zeit tauchen rund um das Haus immer wieder Kadaver von getöteten und mißhandelten Kaninchen auf, blutig, mit verrenkten Gliedern. Niemand hat etwas gesehen oder gehört. Dann wird Andreas in seinem Arbeitszimmer die Kehle durchgeschnitten. Niemand von den Hausbewohnern hat etwas gesehen oder gehört. Aber wie kam der Mörder ins Haus? Die Türe ist durch ein Sicherungssystem abgesichert, jeder Hausbewohner hat dazu seinen eigenen Code. Mo Celta, die Kommissarin, die den Fall bearbeitet, geht davon aus, dass der Mörder einer vom Haus war oder eben diesen ins Haus hineingelassen hat. Und nun beginnt ein Spießrutenlaufen, denn jeder verdächtigt jeden. Wie üblich, kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen, der Spannungsbogen erhöht sich von Seite zu Seite. Und dann alle paar Seiten komm der Mörder zu Wort. Man liest über seine Zweifel, seine Gebrochensein, seine stille und kalte Wut. Und dann plötzlich deutet alles darauf hin wer nun der Böse war. Aber schon kommt ein anderer Mensch in Betracht, der der Täter sein kann. So geht es ein paar Mal hin und her, was den Leser ganz nervös macht, denn man weiß wirklich nicht mehr, wer was ist und macht. Und wenn man dann wirklich den Täter entlarvt hat wird uns auf den letzten Seiten nochmals eine ganz andere Version vorgestellt. Wirklich ein Lesevergnügen, dass das Herz schneller schlagen läßt und den Blutdruck steigen läßt. Die Ausdrucksweise ist sehr gut, kurz und prägnant, ohne viel Schnörcksel wird uns der Sachverhalt dargestellt. Was mir persönlich sehr zusagt sind die kurzen Kapitel mit der Datumsangabe. Dies ist Band 1 von Overkill und weitere sollen noch folgen, was ich mit Spannung erwarte. Auch das Cover ist irgendwie schaurig. Es zeigt einen Menschen mit Hasenmaske in einem Kellerraum.

Bewertung vom 12.06.2023
Lunger, Tamara

Der Ruf des K2


ausgezeichnet

Ich als Flachlandtirolerin bin immer noch zutiefst beeindruckt von diesem Buch. Ich bewundere Frau Lunger, wieviel Kraft, Energie in ihr steckt, wie sie die physischen und psychischen Gegebenheiten gut verarbeitet und ihre gesunde Einstellung zu Natur und Mitmenschen hat. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, eine Winterbesteigung des zweitgrößten Berges, dem K; zu machen, den sie bereits im Sommer 2014 bezwungen hat. Nachdem ihr die Pandemie sehr ins Gemüt ging und sie fast in einer Gletscherspalte versunken wäre. macht sie sich auf zur Expedition. Sie beschreibt die Schönheit dieses einzigartigen Berges, die Faszination, dem Zusammenhalt der Bergsteiger und Sherpas. Ihre Lager sind derart primitiv, die Zelte einfach und das Essen spartanisch. Und dennoch steckt in diesen Menschen die ungeheuere Faszination, die Königin zu bezwingen. Tagebuchartig erzählt uns die Autorin den Ablauf der Expedition, ihre Gesundheit streikt, dann stürzt ein guter Freund ab und ein paar Tage später verlieren drei weitere Bergsteiger ihr Leben. Daraufhin wird die Besteigung abgebrochen. Das Buch zeigt uns wunderbare Bilder dieser kalten Eislandschaft, aber auch Fotos der Bergsteiger dick eingemummt mit frohem Lachen. Am Anfang ist die Tour genau beschrieben vom Basislager aus gesehen bis zum K 2 auf 8811 m. Und trotz dieser schrecklichen Erlebnisse ist Tamara Luger froh über die Erfahrungen, die sie hier gesammelt hat.

Bewertung vom 10.06.2023
Martin, Lily

Sommertage im Quartier Latin / Paris und die Liebe Bd.1


ausgezeichnet

Anne Stern hat dieses wunderbare Buch unter einem Pseudonym geschrieben. Sie entführt uns in das sommerliche Paris, ins Quartier Latin. Lola hat schon lange Paris verlassen und arbeitet als Kellnerin in Bordeaux, als sie von ihrem Vater einen Anruf bekommt, dass ihre Großmutter plötzlich verschwunden ist. Ungern macht sich Lola auf den Weg nach Paris. Hier begegnet ihr an allen Ecken ihre Vergangenheit wieder. Und sie beginnt sie Suche nach ihrer Großmutter in deren kleinen Dachgeschoßwohnung. Sie fühlt sich sofort wieder heimelig und findet drei nicht abgeschickte Briefe ihrer Großmutter. Welches Geheimnis hat diese Frau, die immer so streng und kontrolliert war? Die Autorin beschreibt die Straßen, die Bistors, den Blumenladen, das Delikatessengeschäft mit ihren inzwischen alternden Inhabern sehr liebevoll. Und da trinkt die ihrer Jugend nachtrauerdne Opernsängerin im Cafe ihr Gläschen Wein, Pierre verkauft mehr recht als schlecht seine Lebkuchenherzen mit den selbstverfaßten Gedichten und dann gibt es da noch Lolas Jugendliebe Fabien, mit dem sie als Schülerin romantische Küsse ausgetauscht hat. In seiner Nähe beginnt ihr Herz plötzlich schneller zu schlagen. Die Autorin hat hier ein ganz anderes Genre aufgetan. Ein herrlich luftiger leichter Sommerroman. Man sehnt sich nach Milchkaffee, Croissants und Macarons. Sie bringt uns die Pariser Stimmung sehr nahe und man sieht den Mond und die Sterne in der Seine glitzern. Wie üblich hat Anne Stern sehr umfangreich recherchiert und weder die Straßen noch die Plätze sind dem Zufall überlassen, sondern sind akribisch wie in einer Straßenkarte. Da die Ausdrucksweise sehr leicht zu lesen ist, fliegen die Seiten nur so dahin und mit liebt und leidet mit den Protagonisten und sitzen wir da nicht selbst bei einem Aperol vor dem Cafe ArtIsans? Dies ist der Auftakt zu einer Reihe weiterer Sommerromane.

Bewertung vom 09.06.2023
Schulte, Andreas J.

Hildegard von Bingen und das Siegel des Königs


ausgezeichnet

Schon allein das Cover dieses historischen Romans ist etwas Besonderes. Auf königsblauem Grund ranken sich goldene Blätter, wie es eben im Mittelalter üblich war. Man schreibt des Jahr 1151. Elisabeth tritt in ein Nonnenkloster ein, nachdem sie ihr Bruder mit einem widerlichen Ritter verheiraten will. Matter Hildegard erkennt sofort, dass Elisabeth eine sehr intelligente junge Frau ist, denn Elisabeth hatte den seltenen Vorteil, mit ihren Brüdern Lesen und Schreiben zu lernen. Elisabteh fügt sich rasch in das Klosterleben ein. Als dann Hildegard von Bingen beauftragt wird, bei den Verhandlungen über die Thronfolge des neuen Königs auf Kloster Disibodenberg dabei zu sein, entschließt sich sich, dass Elisabeth sie dabei begleiten soll. Eine Eskorte beschützt die Nonnen auf ihrem Weg. Dabei ist auch ein junger Ritter, dem Elisabeth außerordentlich gut gefällt. Doch noch bevor noch die Verhandlungen stattfinden, geschieht der erste Mord, weitere Morde geschehen und Hildegard von Bingen von des Mordes bezichtigt und auch Elisabeth steht unter Verdacht. Ein sehr geschickt und interessant geschriebener Krimi, der uns mitten in das Leben des Mittelalters führt. Da ich eigentlich Hildegard nur als Kräuterkundige und Heilerin kenne, hat mich natürlich dieses Buch durchaus interessiert. Der Autor verbindet geschickt das Klosterleben mit Intrigen, Neid, Hass und Mord. Seine Schreib-und Ausdruckweise ist sehr gut zu verstehen und geht flott zum Lesen, nicht nur deswegen, sondern auch weil ein bestimmter Spannungsbogen vorhanden ist und Elisabeth sich immer wieder durch ihre Neugier in gefährliche Situationen bringt. Wird der Verdacht gegen die beiden Frauen aufgehoben und dann der richtige Mörder gefunden? Das Buch zu lesen ist ein Genuß. Noch zu erwähnen ist, dass die Größe der Buchstaben und der Zeilenabstand sehr angenehm fürs Auge ist.

Bewertung vom 05.06.2023
Lemper, Ute

Die Zeitreisende


ausgezeichnet

Als ich von dem Buch hörte, stand es sofort auf meiner Wunschliste. Die Lemper ist eine außergewöhnliche Frau, selbst mit 60 Jahren noch immer eine Schönheit, noch immer ein umjubelter Star. Schon früh zog sie von zuhause aus, tingelte in einer Band. Sie nahm Gesangs- und Tanzunterricht bis zur Erschöpfung, wohnte in billigen Absteigen und hatte manchmal für eine ganze Woche nur eine Packung Nudeln. Langsam aber stetig ging es mit ihr aufwärts, insbesondere die Brecht- und Weillsongs hatten sie inspiriert. Sie spielte in Filmen mit, war der Blaue Engel oder in Musicals wie z.B. Cats. Die ganze Welt war und ist ihre Bühne. Sie tanzte bis zur Ekstase, kein Schmerz und keine Krankheit konnte ihren Auftritt verhindern. Sie setzte sich für die Wiedergutmachung der Juden ein und mit dem Holocaust auseinander. Sie war zweimal mit jüdischen Männern verheiratet, beide Ehen gingen irgendwie schief, denn für einen Mann muß es sehr schwer sein, sich mit so einer bekannten und ehrgeizigen Frau auseinanderzusetzen. Sie bekam vier Kinder und beschreibt ihre Schwangerschaften mi viel Liebe für das entstehende Wesen. Ihr Leben ist ein einziger Exzess, es ist unheimlich schwer, mit ihr mitzuhalten. Sie brennt an beiden Enden. Ute Lemper versteht es auch, sich als Autorin zu behaupten. Ihre Sprache und Ausdruckweise ist sehr exquisit und wunderbar elitär. Das Buch liest man mit Bedacht, lernt das Leben der Künstlerin kennen, die ihre Wohnsitze im Osten Berlins, in Paris, in London und in New York hatte. In diesem Buch werden viele politische Ereignisse aufgegriffen, eben die Konzentartionslager, die Maueröffnung, der Angriff auf das World Trade Center. Ute Lemper führt uns durch ihr Leben und die Ereignisse der letzten 60 Jahre. Mittig im Buch sind wunderbare Fotos eingebracht, sie zeigen die Lemper in jeder Lebenslage von Kindheit an und viele ihrer Auftritte. Was bei dem Buch besonders tiefgründig ist, dass als Epilog die Tochter Stella Stellung nimmt und die Mutter aus ihrer Sicht beschreibt. Ein Lesevergnügen, das wirklich nicht ganz einfach zu lesen ist