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smartie11
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Bewertungen

Insgesamt 919 Bewertungen
Bewertung vom 22.11.2019
Gablé, Rebecca

Das Floriansprinzip


sehr gut

Ein solider Thriller mit einem erschreckenden und topaktuellen Grundthema

Meine Meinung:
Rebecca Gablé dürfte den meisten wohl eher als Autorin von tiefgründigen historischen Romanen bekannt sein, aber sie kann durchaus auch solide Thriller schreiben. „Das Floriansprinzip“ erschien erstmals 1999 und wurde nun neu aufgelegt. Auch wenn das Buch schon 20 Jahre alt ist, bleibt die Grundstory doch auch heute noch immer (leider!) topaktuell. Was als etwas bieder erscheinender Versicherungsbetrug beginnt, entpuppt sich bald als die Spitze eines Eisbergs in Sachen illegaler Giftmüllentsorgung.

Durch einen gelungenen Kniff im Plot wird dieser Fall schnell spannend und für den Protagonisten Mark Malecki sehr persönlich. Hier wären wir auch schon bei einem – für mich – zentralen Thema dieses Thrillers: Mark Malecki! Ich habe einfach keinen rechten Zugang zu dieser Figur gefunden. Mir persönlich war er viel zu impulsiv, wenig erwachsen und auch selbst viel zu kriminell. Über all dies hätte ich gepflegt hinwegsehen können, wenn er mir denn wenigstens sympathisch gewesen wäre… war er aber nicht. Erst gegen Ende des Buches bin ich ein klitzekleines Bisschen warm mit ihm geworden, was ich als sehr schade empfunden habe.

Die Story an sich ist ein solider Thriller, der keine wirklichen Schwächen aufweist, aber auch nicht aus der breiten Genre-Masse heraussticht. Die Geschichte hat mich durchweg gut unterhalten, stellenweise auch immer wieder regelrecht gefesselt. Dabei unterlagen Tempo und Spannung allerdings deutlichen Schwankungen – mal war es etwas langatmig (wenn es um Marks „Familienquerelen“ ging), während die Story an anderen Stellen regelrecht sprunghaft voranhetzte (was aber auch der gekürzten Version des Hörbuchs geschuldet sein könnte). Insbesondere zum Finale hin ging es dann Schlag auf Schlag – mit einer Auflösung, die so nicht vorhersehbar gewesen ist aber doch alles aufgeklärt hat.

Die Hörbuchproduktion hat mir in Summe sehr gut gefallen, sicherlich auch, weil Simon Jäger zu meinen Lieblingssprechern gehört. Es macht einfach Spaß, ihm zuzuhören. Etwas gestört hat mich lediglich die etwas quäkige Art, die er Marks Sohn verliehen hat.

FAZIT:
Dieses gekürzte Hörbuch bietet rund 6 Stunden solide Unterhaltung mit Stärken und Schwächen.

Bewertung vom 22.11.2019
Oetker, Alexander

Winteraustern / Luc Verlain Bd.3 (1 MP3-CD)


ausgezeichnet

Spannend, atmosphärisch und interessante Charaktere – ein empfehlenswertes Hörbuch

Meine Meinung:
„Winteraustern“ ist der dritte Fall für Alexander Oetkers französischen Commissaire Luc Verlain. Obgleich ich die beiden Vorgängerbände noch nicht kenne, hatte ich keine Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden. Lediglich die französischen Namen haben es mir anfangs etwas schwer gemacht, was sich im weiteren Verlauf der Geschichte aber gelegt hat.

Der Fall führt Luc Verlain diesmal in seine alte Heimat nach dArcachon an die französische Atlantikküste, wo sein Vater über Jahrzehnte eine kleine Austernzucht betrieben hat. Ein letztes Mal möchte Luc mit seinem schwer erkrankten Vater auf das Bassin hinausfahren – doch auf dieser Fahrt geht ein Notruf ein. Ein Mann sitzt nach einem Überfall bei steigender Flut auf einer Sandbank fest – und dann finden sie auch die Leichen zweier junger Männer…

Nach diesem Paukenschlag zu Beginn kehrt die Geschichte erst einmal in ruhigere Fahrwasser zurück. Die Vorstellung der einzelnen Charaktere, das Portraitieren der übersichtlichen, aber eingeschworenen Austernzüchtergemeinschaft und die französische Lebensart in dieser winterrauen Küstenlandschaft nehmen zunächst breiten Raum ein. Wie es zu einem guten „who dun it“-Krimi gehört, werden diverse Figuren eingeführt und allerlei zwischenmenschliche Beziehungen aufgezeigt. Wenngleich auch die Spannung hierdurch deutlich zurückgenommen ist, haben mir die winterliche Atmosphäre und das Stimmungsspiel der Charaktere sehr gut gefallen. Nach ca. 40% des Buches baut sich der Spannungsbogen sukzessive wieder auf und die Story wird zunehmend komplexer, wenn gegenseitige Beschuldigungen und Verdächtigungen immer mehr zunehmen. Für Abwechslung sorgt überdies ein „Ausflug“ nach Paris und ihre Brennpunkt-Trabantenstädte. Beharrlich und intelligent nähern sich Luc und seine Partnerin Anouk, die mir persönlich sehr gut gefallen hat, der überraschenden Lösung dieses Falls.

Die Hörbuchproduktion hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Mit rund 7,5 Stunden bietet dieser Fall sehr gute Hör-Unterhaltung, was sicherlich auch ein Verdienst von Sprecher Frank Arnold ist. Seine Stimme ist sehr angenehm, sein Sprechtempo passend und die Stimmmodulation sorgt für Abwechslung und Lebendigkeit.

FAZIT:
Ein durch und durch überzeugender und sehr atmosphärischer Regionalkrimi in einer gelungenen Hörbuchproduktion.

Bewertung vom 21.11.2019
McManus, Karen M.

Two can keep a secret


ausgezeichnet

Das Geheimnis von Echo Ridge - Spannung vom Feinsten!

“Je tiefer ihr vordringt, desto schrecklicher das Grauen, das euch erwartet” (S. 156)

Meine Meinung:
Nach dem Sensations-Debut „ONE OF US IS LYING” hat US-Bestsellerautorin Karen M. McManus nun ihr zweites Werk auf Deutsch veröffentlicht. Da ich ihr Debut noch nicht gelesen habe (was ich mit Sicherheit noch nachholen werde!), bin ich vollkommen unvoreingenommen an die Lektüre herangegangen.

Die Geschichte um die beiden Zwillinge Ellery und Ezra Corcoran, die kurzfristig zu ihrer ihnen bis dato kaum bekannten Großmutter nach Echo Ridge ziehen müssen, nimmt sehr schnell an Fahrt auf, denn bereits auf Seite 20 taucht die erste Leiche auf: Der beliebte Highschool-Lehrer Jason Bowman ist Opfer eines Verkehrsunfalls mit Fahrerflucht geworden. Ein ganz schlechtes Omen für die Rückkehr der beiden Zwillinge in die Geburtsstadt ihrer Mutter, wo vor 20 Jahren ihre Zwillingsschwester Sarah spurlos verschwunden ist und vor 5 Jahren die Homecoming-Queen Lacey grausam ermordet wurde. Ist der Echo-Ridge-Killer zurück?

Dieses Buch hat mich von Beginn an tief in seinen Bann gezogen. Durch die beiden rätselhaften Cold Cases um Sarah Corcoran und Lacey Kilduff umgibt Echo Ridge von Anfang an eine latent bedrohliche und geheimnisvolle Atmosphäre, geprägt von tiefem Misstrauen hinter biederen Kleinstadtfassaden. Sehr geschickt führt die Autorin diverse Charaktere ein, die allesamt auf irgendeine Art und Weise verdächtig erscheinen. Das Protagonisten-Duo Ellery und Malcolm, zwei wunderbar sympathische Underdogs, hat mir von Anfang an sehr gut gefallen, allen voran Ellery mit ihrem Faible für True-Crime und ihrem Hang, wilde Theorien aufzustellen. Es war unglaublich spannend, die beiden bei ihren Ermittlungen zu „begleiten“. Selbstverständlich ergaben sich dabei mehrfach unvorhergesehene Wendungen – und es wurde richtig spannend und auch gefährlich für die beiden. So sind die Seiten beim Lesen regelrecht dahingeflogen, während ich fleißig mitraten konnte. Am Ende präsentierte McManus eine Auflösung, die mich genauso überrascht hat wie Ellery und Malcolm, die aber rückwirkend betrachtet absolut einleuchtend gewesen ist. Ein wirklich überzeugender Thriller-Plot mit „coming of age“- und Jugendbuch Elementen. Super!

FAZIT:
Ein waschechter Pageturner, den man nicht mehr aus der Hand legen mag

Bewertung vom 13.11.2019
Russo, Andrea

Green Witch


sehr gut

Ein fantasiereiches Hexenabenteuer für junge Leserinnen und Leser

„Diese fortgeschrittene Hexenkunst ist mit Vorsicht anzuwenden, da der Verzauberte sich nach drei Tagen fast vollständig zersetzt und in schwarzen Schleim verwandelt.“ (S. 209)

Meine Meinung:
Endlich ist Elisabeth „Lizzy“ Aurora Vermeers großer Tag gekommen – an ihrem zwölften Geburtstag entscheiden ihre Tanten, bei welcher Hexe sie in die Ausbildung geht. Nur leider entscheiden diese sich nicht für die coole Meerhexe Ava, sondern für die Kräuterhexe Camilla. Doch bei dieser wird es spannender, als Lizzy sich das in ihren kühnsten Träumen hätte vorstellen können…

Die Geschichte startet direkt am wichtigsten Tag in Lizzys Leben, und so ist man als Leser sofort mitten drin und direkt dabei, insbesondere durch die Erzählung aus Lizzys Perspektive. Es entspinnt sich eine Geschichte, die unterhaltsam zu lesen ist und zunächst doch recht unaufgeregt verläuft. Genau wie Lizzy selbst, wird man erstmal mit dem ganzen „Hexen-Drumherum“ vertraut gemacht, besonders gut gefallen hat mir dabei Lizzys kleine Vogelspinne Rasty. Nach und nach taucht man immer weiter in die fantasievolle Hexengeschichte ein und es ereignen sich so manche merkwürden Dinge: Rätselhafte Verzauberungen und im Dunkeln herumschleichende Gestalten. Dies alles sorgt für Spannung, Unterhaltung und auch für die ein oder andere Überraschung – und am Ende für ein Finale, bei dem ich mir sehr gut Folgebände vorstellen könnte.

Gut gefallen hat mir auch die Verankerung der Geschichte in unserer realen Welt, in der es auch ganz normale Alltagsprobleme gibt („Hätte meine Mutter beim Elternsprechtag nicht ihre positive Lichthexenenergie spielen lassen, würde jetzt ganz sicher eine fette Fünf auf meinem Zeugnis stehen.“ - S. 27). Weniger gut fand ich die Häufigkeit des Wortes „Schei*“, das in allerlei Variationen daherkommt. Gut, es passt durchaus zu einer 12jährigen, muss für meinen Geschmack aber in einem Kinder- & Jugendbuch nicht derart häufig vorkommen. Das aber nur am Rande…

Insgesamt eine wirklich unterhaltsame und fantasievolle Geschichte, die aus meiner Sicht eher junge Leserinnen als Leser ansprechen dürfte (es gibt auch einen Liebeszauber…), obgleich es mit dem Gestaltwandler Tim auch eine Identifikationsfigur für die Jungs gibt.

FAZIT:
Fantasievoll, unterhaltsam und durchaus überraschend – empfehlenswerte Unterhaltung für junge Leserinnen.

Bewertung vom 12.11.2019
Mayer, Katharina

Von Oma mit Liebe


ausgezeichnet

96 kulinarische Familiengeheimnisse zum Nachbacken – super!

Meine Meinung:
„Kuchentratsch“ ist ein soziales Münchener Start-up, bei dem Seniorinnen und Senioren leckeren „Omakuchen“ nach ihren eigenen Rezepten backen – eine moderne und zugleich traditionelle Kuchen-Manufaktur! Begonnen hat es vor ein paar Jahren mit vier Omas und Opas, heute sind über 40 rüstige Backfreudige dabei, die pro Woche ca. 450 Oma-Kuchen backen. Diese kann man in mehr als 20 Cafés in München genießen oder bequem nach Hause bestellen (ein Karottenkuchen von Oma Irmgard wurde sogar bis Dubai geliefert!).

In diesem wunderbar gestalteten Backbuch von GU verraten nun die erfahrenen Bäckerinnen und Bäcker ihre besten Kuchen- und Tortenrezepte, so dass man die beliebtesten Backwerke nun auch zu Hause nachbacken kann. Aufgeteilt sind die knapp 100 Rezepte in die vier Kategorien „Kleine Leckerbissen“, „Lieblingskuchen für jeden Tag“, „Torten für jeden Anlass“ und „Trendig & aus aller Welt“. Zu jedem Rezept gibt es neben einer ganzseitigen Fotografie die passende Zutatenliste, Angaben über die Zubereitungs- & Backzeit sowie ggf. die zu erwartende Stückzahl und natürlich eine Schritt-für-Schritt Anleitung. Teilweise gibt es zu den Rezepten auch gleich passende Tipps und Variationen (z.B. wie man Läuterzucker / Zuckersirup herstellt). Zu einzelnen Rezepten gibt es sogar mehrseitige, bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitungen, wie etwa bei „Großmutters Pariser Schokoladentorte“ (S. 132).

Die Rezeptauswahl gefällt mir persönlich sehr gut und ist wirklich sehr vielfältig, hier ist mit Sicherheit für jeden Geschmack und jeden Anlass etwas dabei. Von Klassikern, wie etwa Spritzgebäck von Oma Anni oder Marmorkuchen von Oma Irmgard (der durch Zitrone und einen Schuss Rum eine ganz eigene Note bekommt), über internationale Rezepte wie z.B. „Irischen Applepie“ von Oma Kate oder auch Himbeermacarons von Oma Milena bis hin zu exklusiven und beeindruckenden Backkunstwerken für die Festtafel, wie etwa die „Torte Himbeerli mit Lemon Curd“ von Oma Anni oder auch die „Erdbeer-Minze-Torte“ von Oma Irmgard. Selbst mehrere glutenfreie Rezepte finden sich hier (z.B. die „Glutenfreie Heidelbeer-Quarktorte“ von Oma Mona), und mit ihrem „Veganen Rote-Bete-Schokokuchen“ beweist Oma Paula echtes Trendgespür. Und wenn es mal etwas ganz Besonderes zum Verschenken sein soll, findet man hier mit Rezepten wie „Rosen-Florentiner mit Cranberries“ von Oma Heidi oder den „Chai-Latte-Pralinen“ von Oma Margit passende Inspirationen.

Entsprechend des Gleichstellungsgedankens möchte ich explizit noch darauf hinweisen, dass es hier bei den „Omakuchen“ auch ein paar wirklich schöne Rezepte von Opa Günther gibt, der hier die Ehre der „Backopas“ mit „Torta al Cioccolato“ und einem „Glutenfreien Mandelkuchen“ hoch hält!

Bislang habe ich zwei Rezepte selbst ausprobiert (den „Zwetschgenkuchen mit Sauerrahm“ von Oma Anni und das „Bananenbrot“ von Oma Barabara – schnell zusammengemixt und auch toll fürs Sonntagsfrühstück!) und war von den Ergebnissen begeistert!

FAZIT:
Wunderbare Backvielfalt mit pfiffigen Rezepten – ein fantastisches Backbuch!

Bewertung vom 12.11.2019
Tell, Anna

Nächte des Zorns / Amanda Lund Bd.2 (MP3-Download)


ausgezeichnet

Ein überzeugender Thriller mit überraschenden Wendungen und interessanten Charakteren

Meine Meinung:
„Nächte des Zorns“ ist nach „Vier Tage in Kabul“ bereits der zweite Thriller der schwedischen Politologin, Kriminalkommissarin und Autorin Anna Tell. Obgleich ich den ersten Band noch nicht kenne, hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, in die Geschichte hineinzufinden.
Die Protagonistin, die Polizistin und Unterhändlerin Amanda Lund, ist nach der Geburt ihrer Zwillinge erst seit Kurzem wieder im Dienst, doch schon wird sie für einen nicht ungefährlichen Auftrag in den Kosovo entsendet, wo ein schwedischer Polizist spurlos verschwunden ist. Schnell wird klar, dass Amanda eine absolut toughe Frau ist, die anscheinend keinerlei Risiken scheut und ihre Ermittlungen durchaus auch im Alleingang vorantreibt. Hier sind brenzlige Situationen natürlich vorprogrammiert!
An der Art und Weise, wie die Autorin die Arbeitsweise der Ermittlungsbehörden und die Verhältnisse vor Ort im Kosovo schildert, merkt man sehr schnell, dass Anna Tell genau weiß, worüber sie schreibt. Diese gefühlte Authentizität gefällt mir außerordentlich gut und verleiht der Geschichte eine ganz besondere, realitätsnahe Atmosphäre. Überdies weiß die Geschichte mehr als einmal mit unvorhersehbaren Wendungen zu überraschen und ich selbst hatte lange Zeit nicht die geringste Ahnung, wie die Vorkommnisse zusammenhängen und was die wirklichen Hintergründe des Tathergangs anbelangt. Für meinen Geschmack ein sehr gut ausgetüftelter und fesselnder Thriller, der mich bis zum Schluss bestens unterhalten hat und am Ende mit einer in Nachhinein nachvollziehbaren Auflösung punktet, die einen tief in die Abgründe der menschlichen Seele blicken lässt.
Erstaunlich fand ich, dass mir im Kreis der vielschichtigen Charaktere nicht die Protagonistin am besten gefallen hat, sondern eine andere Figur, der ich diese Entwicklung Anfangs überhaupt nicht zugetraut hätte. Auch hiermit hat mich die Autorin ein weiteres Mal sehr positiv überrascht!
Die Hörbuchproduktion des Audiobuch Verlags hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Obgleich die Lesung gekürzt ist, hatte ich doch an keiner Stelle das Gefühl, dass mir etwas entgehen könnte oder dass mir Teile der Geschichte fehlen. Die Hörbuchsprecherin, Schauspielerin Svenja Pages, ist für meinen Geschmack die perfekte Besetzung. Ihre Stimme passt wunderbar zu der Vorstellung, die ich von Amanda Lund hatte, und sowohl ihr Lesetempo als auch ihre Betonung machen es sehr angenehm, ihr zuzuhören.

FAZIT:
Spannende Unterhaltung mit internationalem Flair und einer überraschenden Auflösung.

Bewertung vom 08.11.2019
Kalpenstein, Friedrich

Inselhippies


ausgezeichnet

Humorvolle Hochzeitsirrungen und –wirrungen unter mediterraner Sonne

„Scheinbar planten alle um mich herum meine Hochzeit, ohne mich auch nur ansatzweise mit einzubeziehen. Dabei war ich der einzige Teil des Brautpaares, der zum ersten Mal heiratete. War es da zu viel verlangt, auch nur einmal zu fragen, was ich wollte?“ (Herbert, S. 162)

Meine Meinung:
Mit „Inselhippies“ geht Friedrich Kalpensteins wunderbare „Herbert“-Reihe nun bereits in die siebte Runde. Nachdem wir Herbert ja schon durch viele Lebensabschnitte mit Höhen und Tiefen begleiten durften, steht nun die Hochzeit im Hause Neumann / von Schönborn an. Alles schön und gut, wenn der bekennende Bayer Herbert nicht gänzlich andere Vorstellungen vom „schönsten Tag seines Lebens“ hätte als seine geliebte Anja. Und dann mischen da ja auch noch die schnöseligen Schwiegereltern mit Erstwohnsitz auf Ibiza kräftig mit…

Wer schon die vorangegangenen Herbert-Bände kennt, weiß ganz genau, was er / sie hier bekommt: Eine wunderbar humorvolle Geschichte mitten aus dem Leben mit extrem viel zum Schmunzeln und Lachen. So gilt es für Herbert natürlich auch in Sachen Hochzeitsvorbereitungen so einige Herausforderungen zu meistern und Klippen zu umschiffen. Und Herbert wäre nicht „der Herbie“, wenn er sich dabei nicht ganz zielsicher von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen manövrieren würde. Autor Friedrich Kalpenstein stellt hier erneut sein Gespür für skurrile Situationen und humorvolle Zwischenfälle unter Beweis. Seien es der Retro-Miet-Käfer mit Häkelapplikationen (auch auf dem Cover verewigt) oder auch zwei waschechte Bayern im Schaufenster des ibizenkischen Fisch-Spa.

Die Herbert-Reihe lebt insbesondere auch von ihren wunderbaren, trefflich überzeichneten Charakteren. Neben dem Titelgebenden Herbert darf natürlich auch sein bester Spezl (und mein persönlicher Liebling) Hans hier nicht fehlen, der immer für einen locker-flockigen Spruch und unkonventionelle Ideen gut ist – und sich eigentlich ständig im Brunft-Modus befindet. Neben der „Stamm-Besetzung“ der Reihe präsentiert Friedrich Kalpenstein erneut einen bunten Strauß an Charakteren, vom Mopedhelm-klauenden Freizeit-Hippie und Vollzeit-Augenarzt Tobi aus Castrop-Rauxel, über die drei feschen Medizinstudentinnen Annika, Michelle und Jessica von nebenan (Vorsicht, Herbert!) bis hin zum echten „Highlight“: dem abgehalfterten Volker alias „Papblo el Artista“, der sich als „Hausschwamm“ (Zitat Herbert) bei Schwiegermutter Kuckucksgleich ins gemachte Finca-Nest gesetzt hat und für seine selbstgetöpferten Aschenbecher – Verzeihung: Tapa-Schalen – bekannt (berüchtigt!) ist.

Man merkt also schnell: hier ist wirklich beste Unterhaltung garantiert! Vom Schmunzler, über Grinser bis hin zu spontanen Lachausbrüchen hat mir dieses Buch einmal mehr ein unterhaltsames Workout für meine Lachmuskeln beschert!

FAZIT:
Sommer, Sonne, Hochzeitsstress – Lesespaß ist hier garantiert!

Bewertung vom 01.11.2019
Vries, Antje de

Abenteuer Geschmack!


sehr gut

Auf den Spuren des Geschmacks – Kochbuch, künstlerischer Bildband und Spurensuche

„Geschmack ist sensibel, wird immer wieder neu und anders wahrgenommen und bleibt bis zu einem gewissen Grad rätselhaft.“ (S. 24)

Meine Meinung:
„Abenteuer Geschmack!“ von Antje de Vries ist kein klassisches Kochbuch, keine „reine Rezeptsammlung“. Mit gerade mal rund 60 Rezepten und einem Verkaufspreis von 30 Euro möchte dieses Buch auch keine Rezeptsammlung sein, denn es ist in erster Linie eine wissenschaftlich flankierte und liebevoll dokumentierte Spurensuche nach dem Phänomen „Geschmack“. Durch die vielen ganzseitigen und künstlerisch anspruchsvollen Fotografien von Vivi D`Angelo ist dieses hochwertig produzierte Buch zugleich auch ein künstlerischer Bildband, in dem z.B. Großaufnahmen von den Zungenpapillen (S. 15) zu abstrakten Kunstwerken werden. Dies passt hervorragend in das Gesamtkonzept des Buches, denn „Rund 80 Prozent der Informationen über seine Außenwelt bezieht der Mensch übers Auge und beschäftigt damit gut ein Viertel seines Gehirns. Keine Frage also, dass gilt: Das Auge isst mit.“ (S. 10).
Es geht hier in diesem Buch um den Geschmack - kulinarisch gesehen um die fünf verschiedenen Grundgeschmäcker süß, salzig, sauer, bitter und das Anfang des 20. Jahrhunderts vom japanischen Chemiker Kikunae Ikeda entdeckte „umami“. Antje de Vries geht dabei der Frage nach, was es mit dem Geschmackssinn eigentlich auf sich hat und präsentiert dabei auch Ergebnisse wissenschaftlicher Studien und interessante Fakten, wie z.B. dass Säuglinge noch doppelt so viele Geschmacksknospen (rund 10.000) haben wie Erwachsene oder dass sich die Vorlieben der Mutter durchs Fruchtwasser bereits auf den Fötus übertragen. Es geht aber auch um das Riechen, um Textur & Mundgefühl, um die erstaunlichen Ergebnisse des „Food Pairings“ oder auch das Limbische System unseres Gehirns.
Nach diesem ausführlichen und interessanten Ausflug in die geschmacklichen Grundlagen stellt die Autorin fest, dass „Gemüse geschmacklich ein eigener Kontinent“ ist. (S. 30). Im Folgenden werden 15 verschiedene Gemüsesorten vorgestellt (mit „Geschmackportrait“ und „Geschmacksinsight“) und anhand von jeweils 3 – 5 konkreten Rezepten aufgezeigt, wie unterschiedlich sich der Geschmack des jeweiligen Gemüses entfalten kann. Bei Fenchel sind dies z.B. „zitrusfrisch“, „volle Knolle“, „leicht und rahmig“ oder „orientalisch“. Folgende Gemüsesorten werden in diesem Buch portraitiert und gewürdigt:
1. Möhren / 4 Rezepte, z.B. das fruchtige „Indian Carrot Halwa“ (S. 50)
2. Erbsen / 4 Rezepte, z.B. ausgefallenes „Erbsenpesto“ fürs Brot (S. 62)
3. Kürbis / 4 Rezepte, z.B. Orangen-Butter-Kürbis (S. 78) – auch eine tolle Beilage!
4. Fenchel / 4 Rezepte, wie etwa „Rahmfenchel mit Lachsfilet und Röstzitronen-Reis“ (S. 98)
5. Tomaten / 4 Rezepte, inkl. Einem tollen, sehr einfachen „Sonnigen Tomatenmark“ (S. 108)
6. Kartoffeln / 5 Rezepte, inklusive „Das perfekte Kartofffelpüree“ (S. 124)
7. Bohnen / 5 Rezepte, mit veganem „Bean Burger“ (S. 152)
8. Auberginen / 4 Rezepte, u.a. einem leckeren „Thai Eggplant Curry“ (S. 166)
9. Paprika / 3 Rezepte, z.B. „Ajvar mit Hüftsteak und Joghurt” (S. 182)
10. Spargel / 4 Rezepte, mit „Spargel en Papillote“ (S. 194) - ein super Grundrezept für Spargel in seiner pursten Form
11. Artischocke / 4 Rezepte, z.B. „Gekochte Artischocke mit Dips und Vinaigrette“ (S. 206)
12. Spinat / 4 Rezepte, wie dem gesunden „Spinatsalat mit Granatapfel und Skyr“ (S. 218)
13. Rote Beete / 4 Rezepte, z.B. „Rote-Beete-Suppe mit Dill, Garnelen und Buttermilch“ (S. 244)
14. Pilze / 5 Rezepte, wie etwa „Champignonreis“ (S. 252) – eine tolle Beilage für vielerlei Gerichte!
15. Kohl / 4 Rezepte, mit einem asiatischen „Dim Sum mit Spitzkohl und Garnelen“ (S. 276)


FAZIT:
Bildgewaltig, informativ und abwechslungsreich - viel mehr als nur ein Kochbuch!

Bewertung vom 01.11.2019
Horst, Jørn Lier

Wisting und der Tag der Vermissten / William Wisting - Cold Cases Bd.1


sehr gut

Der Katharina-Code – ein spannender Cold Case und überzeugender Reihen-Start!

„Die Krogh-Entführung ist außergewöhnlich. In der norwegischen Kriminalgeschichte hat es nichts Vergleichbares gegeben. Eine eiternde Wunde für die Polizei, die Angehörigen und die Lokalbevölkerung.“ (s. 223)

Meine Meinung:
„Cold Cases“ haben ja ihre ganz eigene Faszination: rätselhafte Fälle aus der Vergangenheit, die bislang nie gelöst werden konnten. In William Wistings „erstem“ Fall geht es um die junge Katharina Haugen, die vor exakt 24 Jahren spurlos verschwunden ist. Jahr für Jahr sieht sich Wisting um den Jahrestag herum die alten Akten erneut durch, ohne dass er bislang eine neue Spur entdeckt hätte. Über die Jahre hinweg ist dabei eine verschrobene Art von Männerfreundschaft zu Katharinas Ehemann Martin entstanden.
Schon zu Beginn wirft Autor Jörn Lier Horst seinen Lesern selbst ein paar rätselhafte Details hin, auf denen es sich hervorragend herumdenken lässt. Was bedeutet der rätselhafte handschriftliche Code, den Katharina am Tage ihres Verschwindens auf dem Küchentisch hinterlassen hat. Und warum lag auf ihrem Bett ein aufgeklappter, gepackter Koffer? Ich mag einfach solche Anfänge, die mich schon zum Beginn spekulieren lassen.
Als dann noch der Kommissar Adrian Stiller auftaucht, Ermittler einer neuen Einheit für Cold Cases, und einen neue Verbindung Martin Haugens zu einem weiteren Vermisstenfall präsentiert – nimmt der Fall seinen Lauf. Die Spannung baut sich hier eher langsam, aber dafür kontinuierlich auf. Der Fall lebt davon, wie sich zwei Männer, die aus einem Schicksalsschlag heraus eine Art Freundschaft entwickelt haben, lauernd umkreisen. Dabei erzeugt der Autor ein sich stetig verdichtendes Gefühl der Anspannung, des Misstrauens und eine Art diffuses, ungutes Bauchgefühl. Man merkt beim Lesen, dass hier irgendetwas nicht stimmt – doch was es genau ist, lässt sich über weite Strecken des Buches nicht wirklich bestimmen. Ein spannendes Spiel mit Gefühlen, Vermutungen und Indizien – auch ohne große Action oder Literweise Blut.
Insgesamt hat mich dieser Krimi über seine gesamte Länge hinweg wirklich gut unterhalten und nach und nach in seinen Bann gezogen. Gerade zum Schluss hin steigert der Autor Tempo und Spannung durch einen stetigen Wechsel der Handlungsstränge, was mir sehr gut gefallen hat. Die Auflösung des so lange rätselhaften Falls war in Summe überraschend, wenn auch – für meinen Geschmack – nicht in allen Teilen ganz nachvollziehbar (daher ein kleiner Abzug in der B-Note).

Sehr gut gefallen haben mir hingegen die Protagonisten, allen voran der zielstrebige und ausdauernde Wisting mit seiner kleinen, aber liebenswerten Familie. Aber auch Adrian Stiller bietet für meinen Geschmack noch Einiges an Potenzial für kommende Bände.

FAZIT:
Ein solider Reihenauftakt – fesselnd und sehr atmosphärisch.

Bewertung vom 01.11.2019
Terry, Teri

Exit Now!


gut

Eine erschreckende Zukunftsvision – die leider nicht an die “Gelöscht”-Reihe herankommt

„Ein roter Himmel über einem blutigen London, das nie mehr so sein wird wie zuvor.“ (S. 144)

Meine Meinung:
„Exit Now!“ ist das Prequel zur fesselnden „Gelöscht“-Reihe von Teri Terry, die mir persönlich sehr gut gefallen hat. Entsprechend hoch waren meine Erwartungen an dieses Buch, die – so viel vorweg – leider nicht erfüllt werden konnten.
London im Jahr 2024: Großbritannien befindet sich nach dem Austritt aus der EU im Umbruch, schottet sich immer mehr ab und kränkelt an einer schwächelnden Wirtschaft und schwelenden Gesellschaftskonflikten. Als die Stipendiatin und Vorzeigeschülerin Ava, die aus bescheidenen Verhältnissen kommt, für Sam, die Tochter eines wohlhabenden und einflussreichen Politikers, als Nachhilfe eingestellt wird, prallen zunächst zwei sehr unterschiedliche Welten aufeinander. Doch schnell (für meinen Geschmack schon fast zu schnell) entwickelt sich eine innige Freundschaft zwischen den beiden Mädchen, während die Stimmung im Land immer schneller kippt. Sam ist nicht bereit, den politischen Kurs, für den auch ihr Vater steht, zu akzeptieren und beginnt, sich dagegen zu wehren…
Es ist ein sehr gut zur „Gelöscht“-Trilogie passender und zugleich vielversprechender Start in die Geschichte, obgleich „Exit now!“ nicht die gleiche „Kaltstart“-Atmosphäre versprüht wie „Gelöscht“. Zunächst mutet dieses Buch eher wie ein typischer „coming of age“- / College-Teenie-Roman an. Im ca. ersten Viertel nimmt die Freundschaft der beiden Mädchen breiten Raum ein, während die politischen Verhältnisse im Land eher nur schlaglichtartig mal hier, mal dort aufblitzen. Die Geschichte ist dennoch interessant und flüssig zu lesen, die beiden Protagonistinnen sind mir schnell sympathisch geworden. Nach rund 120 Seiten wird es dann durchaus auch dramatisch, mit einer ordentlichen Portion Action – doch im Folgenden flaut dies auch schnell wieder ab. Erst ab dem ca. letzten Drittel gelingt es Teri Terry, das Tempo und die Spannung auf das Level der Gelöscht-Reihe anzuheben. Atemlos jagt die Story an dann auf ein dramatisches und schockierendes Finale zu.
Obgleich mich das Buch – wie erwähnt - gut unterhalten hat, kann es mit der „Gelöscht“-Reihe doch nicht mithalten. Mit Sam und Ava führt die Autorin zwei vielversprechende und interessante Protagonistinnen ein, doch insbesondere Ava ist für mich im Verlauf der Geschichte immer mehr verblasst und in den Hintergrund getreten. Auch ihre Familiengeschichte konnte mich nicht wirklich packen und wirkte irgendwie zu konstruiert. Aus Ava hatte Terry m.E. deutlich mehr machen können.
Darüber hinaus sind mir die rahmengebenden politischen Entwicklungen viel zu kurz gekommen. Hier hätte ein weiterer Erzählstrang, z.B. aus der Sicht von Sams Vater, der Story mehr Tiefgang und Plastizität verliehen.
Last but not least hatte ich erwartet, dass „Exit now!“ so ungefähr dort aufhört, wo „Gelöscht“ beginnt. Aber weit gefehlt! Es scheint mir eher, als wolle die Autorin noch ein weiteres Prequel dazwischenschieben. Warten wir´s ab…

FAZIT:
Unterhaltsam, erschreckend und überraschend, aber nicht wirklich überzeugend. Ich habe mir hiervon mehr erwartet.