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Elchi130
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Insgesamt 456 Bewertungen
Bewertung vom 09.05.2020
Winter, Emma

Crazy in Love / Weston High Bd.1


ausgezeichnet

Hatte das Potential, mein neues Lieblingsbuch zu werden

Sasha geht für ein Jahr von Kalifornien nach Boston, um bei der Familie ihres Vaters zu leben. Hier will sie an einer Eliteschule ihren Abschluss machen, um danach, so hofft sie, in Yale Medizin studieren zu können…

Von Anfang an war ich völlig hin und weg von Sasha und habe mich ihr sofort verbunden gefühlt. Die Umstellung von einer lockeren Hippieumgebung auf eine konservative, verstockte und elitäre Umgebung, hat die Autorin Emma Winter mir als Leserin sehr gut vermittelt. Dazu kommt, dass Sasha unglaublich sympathisch wirkt. Sie ist süß, stark, verunsichert, zielstrebig und lässt sich nicht unterkriegen.
In der ersten Auflage habe ich die vielen Rechtschreib- aber auch den einen oder anderen Sinnfehler als sehr störend empfunden. Das nimmt mir den Lesefluss und es ist mir nur deshalb gelungen, in der Geschichte zu bleiben und nicht ins Korrekturlesen zu verfallen, weil ich das Buch „Crazy in Love“ so geliebt habe.

Ein wenig bedenklich an dem Roman finde ich den Umgang mit Alkohol. Die männlichen Teenager trinken zu allen Tageszeiten und vielen Gelegenheiten, besonders gerne in Krisensituationen, harte Drinks. Das erinnerte mich ein wenig an die Serie „Dallas“ aus den 80er Jahren. Ich hoffe doch, dass dieses Verhalten heute nicht mehr üblich und zeitgemäß ist. Denn in meiner Vorstellung ist dies der beste Einstieg, um in 20 oder 30 Jahren als Alkoholiker zu enden.

Die Verliebtheit von Sasha und Ben hat Emma Winter sehr gut eingefangen. Gerade Sashas Höhen und Tiefen in der Liebe habe ich mit ihr durchlebt. Dabei litt ich mit ihr und spürte das Glück mit ihr. Gerade, um die Probleme nachvollziehen zu können, war es sehr gut, dass die Geschichte sowohl aus Sashas als auch aus Bens Sicht geschildert wurde. Dadurch ist auch Bens Verhalten für mich verständlich bzw. nachvollziehbar geworden. Ohne Kenntnisse seines Lebens und seiner Gefühlswelt, hätte ich seine Reaktionen bestimmt oft verteufelt und ihn verdammt. Die meiste Zeit erleben wir das Geschehen aus Sashas Sicht. Oft habe ich mir gewünscht, dass Ben häufiger zu Wort kommt und ich endlich erfahre, was er zu der Situation denkt, wie er alles erlebt, was er fühlt.

Das Ende hat mich leider etwas enttäuscht. Nach Dreiviertel des Buches habe ich mich schon gefragt, wie die Geschichte so zu Ende erzählt werden kann, dass ich mit dem Ende zufrieden und glücklich bin. Es gab noch so viele lose Fäden, dass ich mir das nicht habe vorstellen können. Auf den Gedanken, dass die Story um Sasha und Ben in einem zweiten Buch weitergeht, bin ich gar nicht gekommen. Vielmehr hatte ich mir schon Gedanken darüber gemacht, von wem das zweite und dann das dritte Buch handelt. Generell finde ich es sogar schön, dass es weiterhin um Sasha und Ben gehen wird.

Ich frage mich jedoch, wie viel Drama verträgt diese Beziehung noch, damit ich sie weiterhin als schön und romantisch empfinde und sie nicht völlig desillusionierend auf mich wirkt. Auf der einen Seite freue ich mich schon sehr auf Teil 2, auf der anderen habe ich ein wenig Sorge, dass mir die Liebesbeziehung der beiden zu anstrengend wird.

Bewertung vom 01.05.2020
Dimaline, Cherie

Die Traumdiebe


gut

Der Funke springt nicht über

Nachdem die Welt, wie wir sie kennen, aufgrund von Umweltkatastrophen und Kriegen untergegangen ist, werden die Ureinwohner Kanadas von den neuen Herrschern gejagt. Unter ihnen ist der Jugendliche Frenchie. Nachdem er seine gesamte Familie verloren hat, trifft er auf eine Gruppe Ureinwohner, die sich genauso wie er, auf den Weg nach Norden gemacht hat. Im Norden soll das Leben sicherer und weniger beschwerlich sein. Ständig auf der Flucht, dem kalten Klima ausgesetzt, auf der Suche nach Nahrung sowie vielerlei Gefahren ausgesetzt, wird der bunt zusammengewürfelte Haufen immer mehr eine neue Familie für Frenchie…

Die Autorin Cherie Dimaline gehört zur Gruppe der indigenen Völker Kanadas. Sie lebt als Metis in der Gemeinschaft der Gregorian Bay Metis in Ontario. Ich vermute, dass sie in dem Buch „Die Traumdiebe“ die Geschichte und Mythen der Metis verarbeitet hat. Dies hat sie mit dem Szenario einer von Umweltkatastrophen und Kriegen zerstörten Welt kombiniert. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf, finde ich es nachvollziehbar, dass der Roman in Kanada Preise gewonnen hat. Er wird bestimmt als wichtiger Beitrag zum Thema kanadische Ureinwohner und Zerstörung der Umwelt gesehen.

Aufgrund des Covers und des Klappentextes habe ich einen Fantasyroman aus dem Bereich der Dystopien erwartet. Es hat etwas Zeit erfordert, mich von dieser Erwartungshaltung zu lösen. Ich würde das Buch eher als eine Mischung aus Abenteuer- und Endzeitroman bezeichnen. Wir lernen zudem einiges über die Glaubenswelt der indigenen Völker Kanadas.

In Teilen hat mich das Buch gut unterhalten. Die Geschichte von Frenchie und seiner Wahlfamilie hatte interessante Aspekte. Jedoch haben mich die Figuren nicht wirklich berührt und ihr Schicksal ist mir meistens gleichgültig geblieben. Zudem ist bei der Schilderung des Alltags der Flüchtigen oft kaum Spannung aufgekommen. Mir fehlte das zündende Moment, welches mich an die Geschichte fesselt und meine Neugier auf den weiteren Verlauf weckt.

So war es für mich kein schlechtes, aber auch kein wirklich gutes Buch. Wie geschrieben, kann ich verstehen, dass dieser Roman für die kanadische Literatur wichtig ist. Aber das alleine reicht nicht aus, damit es für mich ein gutes Buch ist.

Bewertung vom 28.04.2020
Almstädt, Eva

Ostseegruft / Pia Korittki Bd.15


ausgezeichnet

Eine Schulfreundin von Pia Korittki ist überraschend gestorben. Auf der Beisetzung stellt sich plötzlich ein unbekannter Mann ans Grab und behauptet, dass der Tod von Kirsten Welling kein Unfall war, wie bisher angenommen. Sofort ist Pias Neugierde geweckt und sie überredet ihren Chef, dass sie dem Verdacht nachgehen darf…

Eva Almstädt startet den Krimi „Ostseegruft“ eher gemächlich. Pia Korittki hat zwei Tage Zeit von ihrem Chef bekommen, um zu beweisen, dass der Tod ihrer alten Schulfreundin Kirsten Welling kein Unfalltod, sondern ein Mord war. Dafür taucht Pia tief ins Lebensumfeld von Kirsten ein und befragt die Familie und Personen aus dem Dorf, in dem die Tote zuletzt gelebt hat, ausführlich. Dabei werden die einzelnen Personen des Buches detailliert eingeführt und in Stellung zueinander gebracht. Dem Leser werden die Lebensumstände von Kirsten nahegebracht, sodass ich mich als Leserin in das Setting des Buches einfühlen kann. Schnell konnte ich die ersten Verdächtigen ausmachen.

Und natürlich kommt auch das Privatleben von Pia nicht zu kurz. Viele Pia-Fans interessiert wahrscheinlich brennend, wann ein neuer Mann in ihr Leben tritt und wer das sein wird. Genau hiermit spielt die Autorin gekonnt. Ihr Sohn sorgt zudem immer wieder für stressige aber auch für schöne Momente im Leben der alleinerziehenden Mutter.

Eine Stärke der Autorin ist in meinen Augen, wie sie die Handlung vorantreibt. Nachdem die Personen eingeführt sind, fängt das Ermittlerteam mit Befragungen an. Dabei kommen immer neue Erkenntnisse ans Licht und der Kreis der Verdächtigen steigt stetig. Die Leserin wird immer tiefer in die Geschichte hineingesogen. Das habe ich als sehr kurzweilig und spannend empfunden. Außerdem taucht man als Leser/in immer tiefer in die Handlung ein, ohne es wirklich wahrzunehmen.

Dazu kommt, dass das Geschehen immer wieder durch humorvolle Sätze und Episoden aufgelockert wird. Das führt manches Mal zum Schmunzeln oder auch mal zum lauten Auflachen.

Der Tod von Kirsten wird zudem spannend mit einem älteren Fall verknüpft. Das macht die Geschichte vielschichtiger und auch interessanter. Irgendwann im Laufe des Romans bin ich an den Punkt gelangt, an dem ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte, weil ich einfach wissen wollte, was genau passiert ist und wie alles miteinander zusammenhängt.

Schön ist auch, dass die Ermittlungen nicht nach Schema F verlaufen, sondern immer wieder andere Methoden zur Anwendung kommen. Dadurch bleibt das Buch bis zum Ende spannend.

Fazit: Nach der sehr ausführlichen Einführung der Figuren und des Settings am Anfang, nimmt das Buch immer mehr an Fahrt auf und bleibt bis zum Schluss spannend. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall und auch auf die weiteren Geschehnisse in Pias Privatleben.

Bewertung vom 26.04.2020
Parks, Amy Noelle

Can you help me find you?


ausgezeichnet

Süße Teenieromanze

Evie Beckham, Tochter eines Mathematikers und einer Psychologin, ist selber ein Mathegenie und besucht die Newton Academy für Mathematik und Naturwissenschaften. Egal, was Evie in ihrem Leben macht, immer mit dabei ist ihr Vorschulfreund Caleb. Er ist schon ewig in seine beste Freundin Evie verliebt. Doch die interessiert sich nicht für Jungs – bis eines Tages Leo auftaucht. Nun muss Caleb sich etwas einfallen lassen, um doch noch Evies Herz zu gewinnen...

Das Buch „Can you help me find you?“ ist zuckersüß und als Leserin muss man sich einfach in Evie, Caleb, Leo und Evies beste Freundin Bex verlieben. Evie weist die typischen Anzeichen einer Person mit einer Autismusspektrumsstörung auf. Sie ist oft einfach sehr analytisch und spricht immer wieder Gedanken aus, die uns durch gesellschaftliche Konventionen abtrainiert werden, sodass es sehr großen Spaß bereitet, sie auf ihrem Weg durch die ersten Liebeserfahrungen zu begleiten.

Die Liebesgeschichte ist nichts, was ich nicht schon so ähnlich gelesen habe. Aber sie ist erfrischend unbeschwert und macht gute Laune. Das ist meiner Ansicht nach ein guter Grund, das Buch zu lesen. Der Humor kommt in diesem Buch ebenfalls nicht zu kurz. Die kleinen Längen, die das Buch an ein oder zwei Stellen aufweist, verzeihe ich der Autorin Amy Noelle Parks daher gerne.

Die vier Jugendlichen haben alle mit Problemen in ihrem Leben zu kämpfen. Überbehütende Eltern, Angststörungen, Minderwertigkeitsgefühle, psychisch kranke Eltern das ist nur ein Teil der Themen, die angesprochen werden. Auch dies geschieht auf eine unterhaltsame Art und Weise. Es wird deutlich, dass es sich um ernste Probleme handelt, aber sie sind so geschickt eingebaut, dass sie dem Lesespaß keinen Abbruch tun.

Es wird auch immer wieder angesprochen, dass Evie als weibliches Mathegenie gegen viele Vorurteile anzukämpfen hat und oft zu Beginn gar nicht ernst genommen wird. Doch auch hier zeigt die Autorin, dass mit der nötigen Portion Beharrlichkeit und Selbstbewusstsein, eine Änderung möglich ist.

Bewertung vom 25.04.2020
Ventura, Luca

Mitten im August / Capri-Krimi Bd.1


ausgezeichnet

An einem Morgen im August wird ein Toter, Jack, ein Student aus gutem Haus, erstochen in einem Boot aufgefunden. Dies ist der erste Mord in Capri, seitdem Enrico Rizzi auf Capri Inselpolizist ist. Er macht sich sofort daran, den Fall aufzuklären…

Der Krimi „Mitten im August“ startet gemächlich. Der Autor Luca Ventura legt sehr viel Wert darauf, uns ein Gefühl für die Insel und das Lebensgefühl der Menschen zu vermitteln. Wir lernen den Polizisten Rizzi kennen, erfahren einiges über sein Privatleben und wie er „la dolce vita“ lebt. Rizzi ist ein selbstbewusster, in sich ruhender, familiärer und ehrgeiziger Mann, der tief in der Insel Capri verwurzelt ist. Sein Kollegin Antonia Cirillo ist dagegen erst vor einigen Wochen hierhin strafversetzt worden und muss ihren Platz sowohl im Team als auch auf der Insel noch finden.

Neben den zu Beginn langsam startenden Ermittlungen, führt der Autor noch Sofia, die Lebensgefährtin des Ermordeten, ein. Sie bringt uns die Geschehnisse aus ihrer Sicht bis zu Jacks Tod näher.

Etwa ab der Hälfte des Buches zieht der Autor die Spannungsschrauben mächtig an. Haben wir bis dahin das leichte, sonnige Leben auf der Insel genossen, ziehen nun Wolken auf, die sich zu einem Sturm verdichten. Das geschieht sowohl bei den Ereignissen, die in der Vergangenheit spielen, als auch bei der aktuellen Ermittlung. Nach und nach tauchen Verdächtige und Motive auf, die Handlung verdichtet sich – alles läuft auf die Katastrophe zu. Die Geschichte nimmt Schwung und Spannung auf.

Mir hat die Erzählweise unglaublich gut gefallen. Ich werde als Leserin eingelullt, wiege mich in dieser herrlich entspannenden Inselatmosphäre in Sicherheit. Doch plötzlich schlägt das Geschehen um. Es kommen Geschehnisse zu tage, die dramatisch sind. Die jeweiligen Kapitel enden zumeist mit einem Cliffhanger. Wir können nur ahnen, was passiert ist. Natürlich muss ich unbedingt weiterlesen, um zu erfahren, was nun tatsächlich geschehen ist und welche Auswirkungen dies für die weitere Geschichte hat.

Die Auflösung fand ich schließlich gut und plausibel. Der Täter gehörte zu meinem Kreis der Verdächtigen, und zwar genau wegen dieses Motives. Aber das fand ich nicht schlimm. Viel eher denke ich, dass man als Leserin, die viele Krimis liest, oft über den Erfahrungsschatz verfügt, richtig zu tippen.

Der Erzählstil ist sehr bildhaft, sodass mir gerade die Erzählungen ab der Mitte des Buches wie ein Film vor Augen standen. Sehr gerne würde ich den Film zum Buch sehen.

Nun hoffe ich, dass ich nicht allzu lange auf Teil 2 der Capri-Krimis warten muss. Denn die Reihe hat das Potential zu einer meiner Lieblingsreihen aufzusteigen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.04.2020
Oetker, Alexander

Zara und Zoë - Tödliche Zwillinge / Die Profilerin und die Patin Bd.2


sehr gut

Wer den ersten Teil mochte, findet den zweiten wahrscheinlich auch gut

Zara hat einen Traum. Ein Terrorist, der Frauen hasst, fährt mit einem LKW in eine Kundgebung und viele Frauen sterben bei dem Anschlag. Also gilt es, diesen Anschlag zu verhindern. Da sie dafür ungesetzliche Dinge tun muss, bittet sie ihre Schwester Zoe, noch einmal mit ihr die Rollen zu tauschen. Doch auch Zoe hat Probleme. Die Araber versuchen immer noch, den Paten von Korsika aus dem Geschäft zu drängen. Dafür müssen sowohl der Mafioso als auch seine rechte Hand, Zoe, aus dem Weg geräumt werden…

Das Buch macht da weiter, wo der erste Teil aufgehört hat. Islamistische Terroristen kämpfen gegen das europäische Wertesystem. Der Krieg um Marseille tobt nach wie vor.

Mir hat zu Beginn ein Personenregister gefehlt, in dem die Personen aus dem ersten Teil, die hier wieder eine Rolle spielen, aufgeführt sind. Ohne hat es ein wenig gedauert wieder in die Geschichte einzufinden. Ich brauchte länger, bis ich wieder wusste, wer noch einmal wer ist.

Des Weiteren hat es mich zu Beginn gestört, dass immer noch die bösen Islamisten bekämpft werden müssen. Dieses klare Feindbild in Schwarz und Weiß ohne Zwischentöne kam mir ein wenig schlicht vor. Als ich weitergelesen habe, habe ich festgestellt, dass die Geschichte aus Band 1 weitererzählt wird. Daher ist es auch stimmig, dass wieder die gleichen Gruppen bekämpft werden.

Zara und Zoe tauschen auch hier wieder die Rollen. Besonders gut hat mir dabei gefallen, wie Zara, also die gute Schwester, plötzlich als rechte Hand des Paten von Korsika agiert. Ich war gespannt, wie sie die Konflikte im Bandenkrieg löst, ohne zur Mörderin zu werden. Ihre Schwester hat wieder leicht und unproblematisch die Rolle der Europol Ermittlerin übernommen und Schwierigkeiten auf ihre bewährte Art und Weise aus dem Weg geräumt.

Leider habe ich den Mittelteil zum Teil recht unspannend gefunden. Die Erzählungen von Zoe, die sich als Zara ausgibt, fand ich ein wenig langweilig. Ich habe mich immer gefreut, wenn der Handlungsstrang wieder zu Zara wechselte.

Zudem erfahren wir auch wieder etwas über die Familiengeschichte der ungleichen Zwillingsschwestern. Diese Rückblicke ins Jahr 2005 haben mir ebenfalls gut gefallen, weil sie die Dynamik der zerrissenen Familie gut erklären.

Alles in allem fand ich den Krimi wieder spannend und unterhaltsam. Zum absoluten Highlight reicht es jedoch nicht.

Bewertung vom 14.04.2020
Williams, Tad

Das Reich der Grasländer 1 / Der letzte König von Osten Ard Bd.3


ausgezeichnet

König Simon muss alleine am Hochthron regieren und alle Hiobsbotschaften in Empfang nehmen, da sich seine Gattin Miriamel in Nabban befindet. Dort versucht sie die politischen Probleme der Gegend zu lösen. Ihr Enkel, Prinz Morgan, und seine Leibgarde wurden überfallen. Der Prinz konnte sich in die angrenzenden Wälder retten und versucht hier zu überleben und einen Weg nach Hause zu finden. Sein Begleiter, Graf Eolair, wurde von Banditen gefangen genommen und will einfach nur überleben.

Dies ist nur ein Teil der Figuren, die wir in dem Buch „Das Reich der Grasländer 1“ von Tad Williams begleiten. Und das ist für mich auch das Tolle an dem Buch. Es ist eine episch angelegte, sehr komplexe Geschichte, die sich nur langsam aufbaut und von vielen Szenenwechseln lebt. Der Erzählstil hat mich an G.R.R. Martins „Das Lied von Eis und Feuer“ erinnert.

Für mich war der Einstieg ein wenig holprig, denn hier ist mir genau das passiert, was bei Fantasybüchern meistens gar nicht geht. Ich habe mich davon blenden lassen, dass der Titel „Das Reich der Grasländer 1“ heißt. Den Zusatz „Der letzte König von Osten Ard 2“ habe ich dabei geflissentlich übersehen. Dadurch waren mir weder das Reich noch die Personen vertraut. Zu Beginn hatte ich deshalb die Befürchtung, dass ich gar nichts mit dem Buch anfangen kann. Zum Glück war dies jedoch nicht der Fall. Es hat lediglich ein wenig gedauert, bis ich in die Handlung eingestiegen war.

Doch beim Lesen ist mir immer wieder aufgefallen, dass mir die Vorgeschichte der Figuren fehlt, um manches gut einordnen zu können. Genauso wie mir das Worldbuilding und die Entwicklungen des Reiches nicht bekannt waren, sodass mir immer wieder Lücken in meinem Wissen aufgefallen sind.

Allerdings habe ich mir mittlerweile Teil 1 „Der Drachenbeinthron“ besorgt, da mir sowohl der Schreibstil als auch die Figuren sehr gut gefallen haben und ich mir noch viele spannende Lesestunden von dieser Serie verspreche. Komplexe Sagen, die episch erzählt werden, finde ich sehr schön zu lesen, da ich als Leserin tief in die gestaltete Welt eintauchen kann. Nach ein paar Büchern ist es dann so, als wären die Figuren Teil meines Lebens und ich freue mich jedes Mal erneut auf ein Wiedersehen.

Bewertung vom 11.04.2020
Pinnow, Judith

Rendezvous in zehn Jahren


ausgezeichnet

Süße Liebesgeschichte

Etwa 2 Stunden lang dauert die Begegnung der Deutschen Valerie und des Niederländers Ted in einem Café in Amsterdam. Am Ende beschließen sie, sich in genau 10 Jahren wieder in demselben Café zu treffen. Doch schnell wird beiden klar, dass sie nicht so lange warten wollen und sie fangen an, sich zu suchen. Er in München und sie in Amsterdam…

Die Begegnung der beiden Hauptfiguren fand ich schön und auch authentisch geschildert. Doch dann war ich mir nicht sicher, ob das Buch „Rendezvous in zehn Jahren“ von Judith Pinnow wirklich etwas für mich ist. Die Vorstellung, dass die beiden nun wie die Königskinder, die nicht zusammenkommen können, umeinanderkreisen und sich immer wieder verpassen, fand ich eher frustrierend und darüber zu lesen würde mich bestimmt schnell nerven, befürchtete ich. Doch dann ist alles ganz anders gekommen.

Es ist mir gelungen, mich einfach auf die Geschichte einzulassen. Zugegeben, der positive Schreibstil der Autorin hat es mir sehr leicht gemacht. Zu erfahren, wie beide mit ihrem Leben weitermachen und sich doch nie wirklich vergessen können, hat mir sehr gut gefallen. Besonders die Entwicklung von Valeries Leben, das ich einfach toll fand, zu begleiten, hat mir sehr großen Spaß bereitet. Bei Ted hatte ich oft den Eindruck, dass er nur auf Impulse von außen reagiert, ohne wirklich hinter ihnen zu stehen. Okay, er hat auch nicht so tolle Freunde wie Valerie. Bei Valerie und ihren Freundinnen habe ich besonders viel Lebensfreude wahrgenommen. Diese ist bei Ted nicht so zu spüren. Doch auch seine Geschichte ist wichtig für den Verlauf der Handlung.

Das Buch hat mir ein paar schöne Lesestunden beschert. Die Figuren waren so angelegt, dass sie mir fast alle sofort ans Herz gewachsen sind. Die Kulisse mit München, Amsterdam und Norderney hat noch ein Übriges zur guten Stimmung des Buches beigetragen. Für mich ein rundum gelungener Liebesroman, der einen glücklich und zufrieden zurücklässt.

Bewertung vom 10.04.2020
Petry, Ann

The Street


ausgezeichnet

Ein Hörbuch-Highlight

Lutie Johnson will für sich und ihren Sohn ein besseres Leben schaffen. Ihr Leben in den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Harlem ist ein ständiger Kampf gegen die Armut, Rassismus und Sexismus. Doch ihr Ziel ist es, herauszukommen aus dem erdrückenden Leben in einer kleinen Wohnung, einem schlechtbezahlten Job und Männern, die sie als ihren Besitz ansehen.

Zu Beginn des Hörbuchs war ich vollkommen geflasht. Noch nie habe ich eine Sprecherin als so perfekt besetzt empfunden, wie Bettina Hoppe für „The Street – Die Straße“ von Ann Petry. Sie passt mit ihrer erwachsen klingenden Stimme super zu dem Hörbuch, in dem eine Mutter und Schwarze gegen die Lebensumstände ankämpft. Die Figuren entstehen so ausdrücklich vor einem, dass man sie und die Umgebung und Umstände, in denen sie leben, plastisch vor sich sieht.

Dafür verantwortlich ist selbstverständlich ebenso die Autorin Ann Petry. Sie ist sehr privilegiert als Tochter einer Familie, die bereits seit Generationen dem Beruf des Apothekers nachgeht, in einem kleinen Ort aufgewachsen, in dem sie wohlbehütet groß geworden ist, ohne mit Armut, Sexismus oder ausgeprägtem Rassismus in Berührung zu kommen. Erst als sie im Alter von 30 Jahren nach New York gegangen ist, wurde sie mit dem Leben konfrontiert, das die meisten Schwarzen in Großstädten oder den Südstaaten führten.

Sie schildert die Lebensumstände der schwarzen Menschen in Harlem sehr eindrücklich. Als Hörerin konnte ich mir die Straßen, Gebäude und Menschen lebhaft vorstellen. Dabei verleiht sie den einzelnen Figuren eine eigene Persönlichkeit, in dem sie uns an deren Gedankengängen und Motivationen teilhaben lässt.

Zu Beginn habe ich die Leichtigkeit bewundert, mit der uns Ann Petry das harte Leben besonders der schwarzen Frauen schildert, ohne dass ich die Lektüre als deprimierend, niederdrückend oder frustrierend empfunden habe. Wir lernen Lutie als mutige und starke Frau kennen, die das Leben immer wieder bei den Hörnern packt und versucht, sich und ihrem Sohn ein gutes Leben zu ermöglichen. Doch wir lernen unter anderem auch die schwarze Partnerin des Hausmeisters und ihre Sorgen kennen. Wir begleiten die weiße Lehrerin, die in Harlem angstvoll schwarze Kinder betreut. Und so lernen wir nach und nach viele Menschen kennen und verstehen. Selten habe ich ein Buch gelesen, das ein Lebensgefühl, die Menschen und ihre Beweggründe so gut transportieren kann.

Ganz außergewöhnlich finde ich zudem, dass dieser Roman bereits im Jahr 1946 erschienen ist. Das merkt man dem Buch in keiner Weise an. Der Erzählstil ist modern, die Lebensumstände sind nachvollziehbar. Natürlich gibt es Inhalte, die heute nicht mehr unserer Realität entsprechen, zumindest hoffe ich das. So denkt hier z. B. jeder Mann, dass Lutie Johnson ihm gehört, im wahrsten Sinne des Wortes. Egal, ob es sich dabei um den schwarzen älteren Hausmeister handelt, der völlig auf die junge Frau fixiert ist oder der schwarze Musiker, der ein Gigolo und Lebemann ist. Genauso wie der weiße, hutzelige Pate des Stadtteils, der seinen Anspruch auf sie geltend macht.

Ich bin davon ausgegangen, dass dieses Buch ein Aufruf zu Mut, Selbstständigkeit und Stärke ist, sich nicht in sein Schicksal als Schwarze/r zu fügen. Vielleicht bin ich genau deshalb frustriert und deprimiert über den Verlauf, den die Geschichte nimmt. Aber wahrscheinlich war es der Schriftstellerin gar nicht möglich, etwas anderes zu schreiben, mit Blick auf ihre Biografie und ihrer Wahrnehmung der Lebensumstände von Schwarzen in New York.

Ein tolles Buch, das mich leider resigniert zurückgelassen hat.