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Insgesamt 464 Bewertungen
Bewertung vom 31.10.2017
Bomann, Corina

Winterengel


ausgezeichnet

Winterengel, Weihnachtsroman von Corina Bomann, 352 Seiten, erschienen im List Verlag. Ein neuer bezaubernder Weihnachtsroman von Corina Bomann.
Es beginnt wie im Märchen. 1895, die Halbwaise Anna Härtel muss nach dem Tod ihres geliebten Vaters für ihre kleine Schwester Elisabeth und ihre kranke Mutter sorgen. Da nach dem Tod des Vaters, der sich zu Lebzeiten verspekuliert hatte, nur Schulden übrig waren, musste die familieneigene Glasbläserei verkauft werden. Anna hat vom Vater die Glasbearbeitung gelernt, bei einem Glasmacher im Nachbarort kann sie für das tägliche Brot arbeiten. Nebenbei stellt sie kleine Weihnachtsengel als Christbaumschmuck her, die sich zusätzlich verkaufen lassen. Eines Tages kurz vor Weihnachten als die Not am größten ist erreicht die Härtels ein Brief von Ihrer Majestät Queen Victoria, der Königin von England. Anna soll nach England reisen und Ihrer Majestät ihre Engel vorstellen. Victorias Gemahl , Prinz Albert hat tatsächlich am englischen Hof, den deutschen Brauch des Christbaums eingeführt, den Victoria mit Annas Engel schmücken will. Auf der Reise an den englischen Hof werden Anna die Engel gestohlen. Was Anna erlebt und ob sich am Ende, wie im Märchen, alles zum Guten wendet und ob das arme Mädchen am Ende ihren „Prinzen“ bekommt, es war einmal….
Die Geschichte ist im personalen Stil, aus der Sicht Annas geschrieben, durch 37 Kapitel, die Kapitelanfänge mit Sternen verziert, leitet die Autorin in einem bildhaften deutlichen Sprache und märchenhaftem Erzählstil , flüssig durch die Geschichte. Ein Winter bzw. Weihnachtsroman sehr passend in die Vorweihnachtszeit. Bomann schaffte es spielend mich in die viktorianische Zeit zu versetzen.
Den Duft von Punsch und Gewürzen, sowie die schneidende Kälte der verschneiten Landschaft konnte ich geradezu riechen bzw. fühlen. Ich versank tatsächlich in der Geschichte, fühlte und litt mit der Protagonistin. Corina Bomann hat mich mit ihrem Roman regelrecht verzaubert. Die Charaktere waren alle sympathisch und glaubwürdig. Lebendige Dialoge, ein emotionsgeladener aufwühlender Plot, dazu eine Liebesgeschichte, malerische Landschaftsbeschreibungen ziehen den Leser hinein in die Erzählung. Nebenbei erfährt man noch Einiges über britische Weihnachtsbräuche. Spannend berührend, interessant. Wieder ein Buch im gewohnt hervorragenden Stil der Autorin und sicher nicht mein letztes. Dazu von mir 5 Sterne.

Bewertung vom 18.10.2017
Koppelstätter, Lenz

Nachts am Brenner / Commissario Grauner Bd.3


ausgezeichnet

Nachts am Brenner, Kriminalroman von Lenz Koppelstätter, 336 Seiten, erschienen im Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Der Südtiroler Commissario Grauner ermittelt in seinem persönlichsten Fall.
Alpenidylle zwischen Österreich und Italien, der sagenumwobene Brennerpass. Hier wurde ein alter Mann grausam ermordet. Er lebte sehr zurückgezogen, sein einziger Kontakt, seine Kartelrunde. Als die in die Jahre gekommenen Freunde befragt werden sollen, verschwindet einer von Ihnen spurlos. Grauner und sein neapolitanischer Kollege Saltapepe beginnen mit den Ermittlungen. Ein alter Lederkoffer bringt den Ermittler auf eine Spur, die mit dem ungeklärten Mord an seinen Eltern in Zusammenhang steht. Da der Commissario befürchtet, dass ihm wegen Befangenheit der Fall entzogen werden könnte, beginnt er im Geheimen zu ermitteln. Auch Saltapepe begibt sich auf den Spuren des Mörders in Lebensgefahr. Ein ungesühntes Verbrechen und geheime, illegale „Machenschaften“ tun sich auf. Kann das Ermittlerduo diesen komplizierten Fall lösen?
Die im auktorialen Erzählstil geschriebene Geschichte erstreckt sich über einen Zeitraum von 3 Tagen. Die einzelnen Kapitel sind mit einer Zeitangabe versehen und in Abschnitte unterteilt, was mir sehr dabei geholfen hat, den Überblick zu behalten, dabei hilfreich waren auch die Landkarten die auf die inneren Umschlagseiten gedruckt sind. Ein wortgewaltiger Krimi in einer düsteren Sprache, Briefe, Eigennamen und besondere Textstellen erscheinen kursiv gedruckt. Viele Dialoge – auch in italienischer Sprache machen die Erzählung äußerst lebendig. Koppelstätter konnte mich wieder einmal mit seinem bildhaften Erzählstil und der eindrucksvollen Sprache restlos begeistern. Sätze wie: „ Es ist nicht die Nacht, die das Unheil bringt, sondern ihr verschwinden“ oder „ Weil sie daherkommt diese Höllenstund‘, in der das dunkle Schwarz und das helle Blau um den Himmel ringen“, erzeugen Gänsehaut bzw. ein wohlig schauriges Gefühl. Der Spannungsbogen beginnt im Prolog und bleibt gleichbleibend hoch bis zum Ende. Trotz verschiedener Erzählstränge und der atmosphärisch dichten Handlung, war es ein Leichtes dem Plot zu jeder Zeit zu folgen. Im Epilog ergab sich noch eine überraschende Wendung, die auf eine Fortsetzung hoffen lässt. Gut gefallen hat mir die Zusammenarbeit von Grauner und Saltapepe, eine Vertrautheit die sich im Verlauf der insgesamt 3 Bände langsam entwickelt hat. Der Ispettore aus Neapel scheint in Norditalien angekommen zu sein. Grauner, der seine Heimat und die Natur liebende Kommissar ist mir trotz seiner Ängste und seiner kauzigen Art sehr ans Herz gewachsen. Die Szene mit seinem neuen Fiat brachte mich zum Schmunzeln. Alles in allem habe ich die Lektüre sehr genossen. In Südtirol fühle ich mich wohl, das Buch gab mir ein herrliches „Urlaubsgefühl“, denn die verschiedenen Orte des Settings sind mir vertraut. Ein Krimi der sich von selber liest. Es bleibt die Hoffnung auf ein „Wiedersehen“ mit den Ermittlern in einer weiteren Folge. Von mir dafür 5 begeisterte Lesesterne und eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 11.10.2017
Slimani, Leïla

Dann schlaf auch du


gut

Dann schlaf auch du, Roman von Leïla Slimani, 224 Seiten, erschienen im Luchterhand Literaturverlag.
Beklemmendes Drama um den Tod zweier Kinder.
Myriam und Paul, ein junges Paar, er Musikproduzent und sie Anwältin, haben zwei Kinder Mila und Adam, Myriam, die nach dem Studium sofort Mutter wurde und dann auch noch Adam bekam, fühlt sich als Hausfrau und Mutter überfordert und dabei doch nicht ausgelastet, eines Tages begegnet ihr ein Studienkollege und bietet ihr an, in seiner Kanzlei einzutreten. Die Eltern machen sich die Suche nach einem Kindermädchen nicht leicht, schließlich wird Louise eingestellt, die perfekte Nanny, sie ist eine Perle, die Kinder lieben sie, für Myriam und Paul wird sie unentbehrlich und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Das Buch ist im auktorialen Stil verfasst. Obwohl der Prolog mit dem Satz „Das Baby ist tot“ beginnt handelt es sich bei vorliegender Geschichte um keinen Kriminalroman. Slimani beschreibt in klaren Worten und in einem nüchternen geradezu abgeklärten Schreibstil, rückblickend, das Leben der Familie, bis es zu dieser schrecklichen Tat kommt. In der Erzählung sind immer wieder Kapitel dazwischen gestreut, in denen der Leser Näheres über Louises Privatleben erfährt, über ihre Tochter, die sich schon sehr bald von zu Hause abgesetzt hat, über ihren Mann der ein Stänkerer und Faulenzer war und ihre Armut, ihr Dahinvegetieren in einer klammen, schimmeligen Wohnung und die Probleme die die Schulden ihres Mannes verursachen.
Nachdem ich die Leseprobe gelesen hatte, wollte ich dieses Buch auf jeden Fall haben, der Einstieg haut den Leser geradezu um und er will unbedingt wissen wie diese schreckliche Tat geschehen konnte. Leider lässt die Spannung im Lauf der Geschichte nach. An jeder Stelle des Buches dachte ich, wann kommt der Riss, ab wann zeichnet sich dieses schreckliche Ende ab, was ist der Auslöser, ja der Grund warum Louise derart ausrastet? Leider habe ich auf meine Fragen keine richtige Erklärung gefunden. Ich konnte mit keiner der Charaktere im Buch so richtig warm werden, Myriam, der ihre Karriere wichtiger war als ihre Kinder? Paul, den die Erziehung der Kleinen oder das Gefühlsleben seiner Frau kaum interessiert? Letztendlich Louise, die Täterin, die durchgeknallte Nanny, so perfekt wie sie den Haushalt der Familie führt, wie sie sofort Bezug zu den Kindern aufbaut, wie sie sich in der Familie als moderne Mary Poppins erweist, eigentlich kann ich nicht nachvollziehen wieso sie ihr Privatleben nicht auf die Reihe kriegt. Nach dem Tod ihres Mannes, ignoriert sie sämtliche Briefe und Mahnungen die bei ihr eintreffen. Ihre Einzimmerwohnung ist ein mieses Loch. Da frage ich mich, was Louise mit dem Geld für ihren Job getan hat? Ihre Schulden und ihre Wohnung hat sie damit wohl nicht bezahlt. Essen konnte sie mit den Kindern, sogar in den Sommerurlaub durfte sie mit. Und dennoch hat sie mit ihrem „letzten Geld“, Mila ein Eis gekauft. Die Hilfe die ihr Paul angeboten hat, hat sie auch abgelehnt. Da ist der Roman für mich ein wenig undurchsichtig, dort habe ich keinen Zugang gefunden, nichtsdestotrotz habe ich das Buch an einem Nachmittag durchgelesen. Am Ende hätte ich gerne noch gewusst, wie das Leben der Figuren weitergeht, wie Louise bestraft wird. Insgesamt von mir gutgemeinte 3 Sterne.

Bewertung vom 06.10.2017
Sigurdardóttir, Yrsa

SOG / Kommissar Huldar Bd.2


ausgezeichnet

SOG, Island –Thriller von Yrsa Sigurdardottir, 448 Seiten, erschienen im btb-Verlag.
Eiskalter, knallharter Thriller aus Island, der 2. Fall für den Kommissar Huldar und die Kinderpsychologin Freyja.
Vakas erster Tag in der neuen Schule, ihre Eltern sind umgezogen und sie kennt niemanden. Dazu kommt, dass ihr Vater vermutlich vergessen hat, sie abzuholen. Kurzentschlossen begleitet sie ein Mädchen aus ihrer Klasse nach Hause und hofft, von dort aus bei ihren Eltern anrufen zu können. Doch das Schreckliche passiert. Vaka wird missbraucht und getötet. Zwölf Jahre später wird eine Zeitkapsel gehoben und unter den Schulaufsätzen befindet sich eine Auflistung, die die Initialen von zukünftigen Mordopfern beinhaltet. Kurz darauf werden zwei abgesägte Hände in einem Hot Tub gefunden. Mehrere Morde geschehen und es kann eine Verbindung zur Prophezeiung aus der Zeitkapsel hergestellt werden. Huldar, der wegen eines vorangegangenen Falls in Ungnade gefallen ist, wird von seiner Vorgesetzten hinzugezogen und er beginnt zusammen mit der Kinderpsychologin Freyja an dem Fall zu arbeiten. Kann die Mordserie gestoppt und der Täter gefunden werden?
Beim vorliegenden Buch handelt es sich um einen Thriller vom Feinsten. Spannung beginnend beim Prolog bis zum letzten Satz im Nachwort. Ich war in der Tat verblüfft, wie sich die Geschichte am Schluss auflöst. Yrsa Sigurdardottir schafft es wieder einmal auf unglaublich fesselnde Weise, dem Leser das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. In eindringlicher, bildhafter Sprache, die zahlreichen Charaktere hervorragend beschrieben, treibt es den Leser durch die Geschichte, man schafft es kaum das Buch aus der Hand zu legen. Spannende Verwicklungen, Fäden die ins Leere führen, die falsche Spuren legen, trotzdem ist es zu jederzeit möglich der Erzählung zu folgen, das Geschehen nachzuvollziehen. Dabei muss man ganz deutlich sagen, dass der vorliegende Plot nicht für zartbesaitete Gemüter geeignet ist. Die brutalsten grauenhaftesten Details werden schon genau beschrieben. Stellenweise musste ich sozusagen „die Luft anhalten“. Die Grausamkeiten und der Missbrauch an den Kindern und wie das über Jahre vertuscht wurde, hat mich betroffen, ja geradezu wütend gemacht. Leider habe ich das Vorgänger-Buch DNA nicht gelesen, werde dies aber ganz sicher nachholen, für das Verständnis des vorliegenden Thrillers ist dies keinesfalls notwendig, mich hat die Autorin aber durch die Anspielungen auf das Verhältnis zwischen Huldar und Freyja neugierig gemacht. Jetzt will ich unbedingt wissen was zwischen den Beiden „lief“. Auch eine Fortsetzung dieser Reihe wäre mir sehr willkommen. Die Kinderpsychologin Freyja war mein Lieblingscharakter, eine frische taffe Frau, die ihr Leben trotz widriger Umstände im Griff hat. Der Protagonist Huldar schafft das nicht immer so gut, sobald er etwas über den Durst getrunken hat, hat er seine Libido nicht immer ganz im Griff. Die Beziehungs-Verwicklungen belebten die Erzählung, aber meiner Meinung nach, positiv. Über die Familie, besonders die Tochter des „Vergewaltigers“ Jon Jonsson hätte ich gerne mehr erfahren.
Für diesen Island-Thriller kann ich nur eine umfassende Empfehlung aussprechen. Natürlich sollte der Leser einiges an Brutalität vertragen können. Genau so sollte Krimi-Lesen sich anfühlen. Dafür wohlverdiente 5 Sterne.

Bewertung vom 23.09.2017
Borge, Øistein

Kreuzschnitt / Bogart Bull Bd.1


ausgezeichnet

Kreuzschnitt, Norwegen-Krimi von Øistein Borge, 336 Seiten erschienen im Droemer Knaur Verlag.
Debütroman von Øistein Borge um den schicksalsgebeutelten, norwegischen Ermittler Bogart Bull.
Ein provozierter Verkehrsunfall der für eine Frau und ihre Tochter tödlich endet. Die beiden waren die Familie von Bogart Bull, sie fielen den Rachegelüsten eines von Bull überführten Täters zum Opfer. Der Ermittler wird mit dem Verlust nicht fertig, und versumpft in Selbstmitleid und Alkohol. Nach einem Aufenthalt in einer Entzugsklinik ist er "wieder da". Seine Chefin versetzt ihn zu Europol. Dadurch wird Bull in die Ermittlungen um die Ermordung des Wirtschaftsmagnaten und Kunstsammler Axel Krogh hineingezogen. Bogart Bull begibt sich auf eine Reise nach Südfrankreich. Als es noch weitere Todesopfer im Zusammenhang mit dem Tod von Krogh gibt, zeichnet sich eine Mordserie ab. Bulls Ermittlungen führen ihn zu einem grausamen und ungesühnten Verbrechen während des 2. Weltkriegs.
34 spannende Kapitel, die mit Zeit und Ortsangaben versehen sind, helfen dem Leser, sich in der Geschichte, die durch verschiedene Zeitebenen und mehrere Erzählstränge führt, zurechtzufinden. Der Krimi erscheint im auktorialen Erzählstil. Borge schafft es aufs Trefflichste, mit vielen Dialogen und klaren Worten, die Story lebendig zu erzählen und auch die verschiedenen Handlungsstränge glaubhaft zusammen zu führen. Anderssprachliche Phrasen und Eigennamen sind kursiv gedruckt und werden dadurch hervorgehoben. Schon durch den spannungsgeladenen Prolog fühlte ich mich in die Geschichte katapultiert, der Spannungsbogen war unvergleichlich hoch und ließ mich bis zur letzten Seite nicht mehr los. Im letzten Drittel klären sich die Zusammenhänge, jedoch die endgültige Auflösung war trotzdem eine Überraschung. Bis zum Schluss war ich sozusagen „auf der falschen Fährte“. Am meisten betroffen gemacht, haben mich die Kapitel, die die Geschehnisse im März 1943 beschreiben. Aufs Äußerste gespannt und fassungslos verfolgte ich die grausame, ja beinahe unerträgliche Schilderung. Atmosphärisch dicht erzählt, dennoch jederzeit nachvollziehbar ist dem Autor ein Debüt gelungen, das mich zu jeder Zeit gefesselt, fasziniert und super unterhalten hat. Gut gefallen hat mir, die Verknüpfung mit Bulls persönlichem Schicksal, ohne die Geschichte über zu strapazieren. Die Zusammenarbeit mit dem französischen Commissaire Moulin hat den Roman noch zusätzlich belebt, dazu greift Borge immer wieder auf das Privatleben der Charaktere zurück und versucht so, die Figuren dem Leser näher zu bringen. Nebenbei erfährt man Interessantes über den Fauvismus und einige seiner Vertreter. Der Epilog, „Herbst“ betitelt, könnte die Andeutung für eine Fortsetzung des Krimis sein, die ich auf keinen Fall verpassen möchte. Ein einziger kleiner Kritikpunkt. Auf Seite 111, heißt es im kursiven Text: „ Als der Apostel Paulus im Jahr 64 von Kaiser Nero zum Tod am Kreuz verurteilt wurde…..“, hier handelt es sich nicht um Paulus (Paulus wurde enthauptet) hier muss es Petrus heißen.
Eine Empfehlung für die Liebhaber tiefgängiger anspruchsvoller Norwegen-Krimis und für Leser die sich spannend und niveauvoll unterhalten wollen. Ein rundherum gelungenes Debüt. Øistein Borge, den Autor sollte man sich merken. Von mir dazu 5 verdiente Sterne.

Bewertung vom 16.09.2017
Henderson, J. Paul

Der Vater, der vom Himmel fiel


ausgezeichnet

Der Vater der vom Himmel fiel, Familienroman von J. Paul Henderson, 340 Seiten, erschienen im Diogenes Verlag.
Eine wunderschöne Geschichte über skurrile Typen, Familiengeheimnisse übersinnliche Geschehnisse, erzählt in feinstem britisch-schwarzem Humor.
Lyle Bowmans Tod war eigentlich ein Versehen. Der alte Mann vertauschte das Glas in dem er sein Antibiotikum aufgelöst hat, mit dem Glas Terpentin, in das er seinen Pinsel stellen wollte. Vom falschen Getränk etwas benommen, überquerte er etwas später unvorsichtig die Straße, wurde von einem Bus überfahren und starb. Sieben Jahre haben die beiden Söhne des Verstorbenen, Billy und der zur Trauerfeier aus den USA angereiste Greg, nicht mehr miteinander gesprochen. Greg der sich um das Haus kümmern soll, wird vom „Geist“ seines Vaters heimgesucht. Er soll das in Ordnung bringen, was Lyle zu Lebzeiten nicht mehr geschafft hat. Die Familie wieder zusammenbringen, das Geheimnis seines älteren Bruders aufdecken und herausfinden, was der verschrobene Onkel Frank so alles plant. Kann es Greg gelingen, vor seiner Abreise, das Vermächtnis seines Vaters zu erfüllen?
Die Geschichte ist im auktorialen Erzählstil verfasst. Die witzigen Dialoge beleben die Erzählung enorm, deshalb fiel es mir schwer, das Buch überhaupt aus der Hand zu legen. Immer wieder musste ich schmunzeln, selbst Lyle’s Trauerfeier ist überaus vergnüglich geschildert. 10 Kapitel, die in Abschnitte aufgeteilt und mit zum Inhalt passenden Überschriften versehen sind,dadurch ist der Roman sehr übersichtlich. Ein dazu flüssiger Erzählstil und herrlich charaktertiefe Personen machen die Lektüre zu einem besonderen Lesevergnügen. Ein tolles Buch, Hardcover mit rotem Leineneinband. Darüber der Schutzumschlag, mit dem leider im Diogenes-Verlag üblichen, nichtssagenden Titelbild. Nichts desto trotz hat mir das Lesen dieses Romans ein ganz besonderes Lesevergnügen beschert, so gut habe ich mich selten unterhalten gefühlt.
Die Charaktere waren durchgehend interessant und glaubwürdig dargestellt. Eine Familie in der jeder ein Geheimnis oder zumindest „ein Rad ab hat“. Meine allerliebste Figur war natürlich Onkel Frank, schrullig, eigensinnig und stocktaub. Die Sprüche die Frank draufhatte, in unglaublicher Situationskomik, wer hätte nicht auch gerne so einen Onkel in der Familie. Billy, der ältere Bruder machte im Laufe der Geschichte die größte Entwicklung durch, er schafft es sein „Problem“ zu lösen ihm geht es am Ende der Geschichte sehr viel besser. Am wenigsten charakterlich verändert hat sich Greg, seine Bindungsängste haben sich ein Jahr später scheinbar auch nicht verbessert. Kathy, die sich immer gerne in den Mittelpunkt stellt, Mrs. Turton die neugierige Nachbarin, mit ihrem Hang in jedem Menschen einen Kriminellen zu vermuten oder auch Jean’s Mutter Betty die sich so köstlich komische Wortgefechte mit Onkel Frank liefert. Sie alle wollte ich eigentlich nicht gehen lassen - ein Buch bei dem man nicht will, dass es endet. Die Story ist so witzig wie es die Leseprobe verspricht. J.P. Henderson hat es geschafft mich zu überraschen. Nicht nur humorvolle Szenen sondern auch tiefgründige Weisheiten werden hier geboten, z.B. „die mit der lautesten Meinung sind für gewöhnlich die, die am Wenigsten wissen“. Vorliegender Familienroman war ein absolutes Lesehighlight, dafür von mir begeisterte 5 Sterne und eine uneingeschränkte Leseempfehlung

Bewertung vom 07.09.2017
Jensen, Jens Henrik

Das erste Opfer / Oxen Bd.1


gut

Oxen das erste Opfer, Thriller von Jens Henrik Jensen, 459 Seiten, erschienen im dtv premium –Verlag. Auftaktband einer Trilogie um den traumatisierten Ex-Elitesoldaten Niels Oxen.
Niels Oxen ein mehrfach ausgezeichneter dänischer Elitesoldat leidet an einer Posttraumatischen Belastungsstörung, er hat mehrere lebensgefährliche Kriegseinsätze an verschiedenen Kriegsschauplätzen in aller Welt hinter sich. Der größte Kriegsheld den die dänische Nation zu bieten hat, er hat Schwierigkeiten zu kommunizieren überhaupt Probleme mit anderen Menschen umzugehen, im Kampf gegen seine Dämonen sucht er Zuflucht in der Natur. Ein Aussteiger, begleitet von seinem treuen Samojedenspitz Mr. White. Als die beiden sich die nähere Umgebung ihres Lagerplatzes ansehen, entdecken Herr und Hund in der Nähe des Schlosses Norlund Slot, seltsame Aktivitäten. Überwachungskameras, Wachpersonal und einen erhängten toten Hund. Schnell ziehen sich beide zurück. Als sich herausstellt, dass der Exbotschafter Gründer eines Thinktank und Bewohner des Schlosses, Hans-Otto Corfitzen ermordet wurde, gerät Oxen ziemlich schnell unter Verdacht. Zusammen mit der ebenfalls „gehandicapten“ Margarethe Franck, einer Geheimdienstmitarbeiterin versucht Oxen Licht in den mysteriösen Fall zu bringen, mit ihren zum Teil unorthodoxen Methoden, geraten die beiden selbst in Lebensgefahr.
Die auktoriale Erzählung ist eingeteilt in 66 übersichtliche Kapitel. In klaren deutlichen Sätzen wird die Geschichte erzählt. Dazwischen Dialoge in wörtlicher Rede die die Story auflockern bzw. beleben. Und in kursiver Schrift immer wieder die Alpträume des Protagonisten, seine Dämonen die ihn nachts wachhalten, die er nur mit Massen von Alkohol und Joints bekämpfen kann. Niels Oxen der Protagonist ist mein Lieblingscharakter. Trotz seiner Neurose ist er immer „Herr der Lage“ und schafft es öfters, sich und „Franckie“ raffiniert aus der Gefahrenzone zu bringen. Immer hatte ich im Hinterkopf, da ist eine große Macht dahinter, da braucht man einen Schuldigen, einen psychisch kranken Einzelgänger mit Vergangenheit. Leider musste ich mich trotzdem durch die Geschichte quälen. Am Anfang tut man sich unheimlich schwer, wegen der vielen dänischen Eigennamen und auch Orte. Dauernd hoffte ich, jetzt geht die Geschichte los, sie verlor sich aber immer wieder in Nebensächlichkeiten. Bei Corfitzen ist immer wieder von einem „Thinktank“-Gründer die Rede, ob bei dieser Bezeichnung der legendäre Danehof gemeint ist, man kann es nur ahnen. Die vorhandenen Ungereimtheiten genau zu begründen ist hier, ohne zu spoilern, gar nicht möglich. Insgesamt finde ich, dass der Thriller zu keinem Zeitpunkt so richtig in Fahrt kommt. Im letzten Drittel zeichnet sich langsam ab, was den Morden als Motiv zugrunde liegen könnte, da kommt etwas Spannung auf, da zieht die Story an.
Zu guter Letzt handelt es sich hier um einen etwas verwirrenden, mäßig spannenden Thriller, der mir keine Lust auf die folgenden Teile der Trilogie macht. Weil Niels Oxen eigentlich ein toller Typ ist, gutgemeinte 3 Sterne von mir.

Bewertung vom 07.09.2017
Bronsky, Alina

Und du kommst auch drin vor


gut

Und du kommst auch drin vor, Teenager-Roman von Alina Bronsky, empfohlene Altersgruppe 10-13 Jahre, 192 Seiten, erschienen im dtv-Verlag.
Nettes Buch über Freundschaft und erste Liebe.
Die 15 jährige Kim und ihre Freundin Petrowna sind Freundinnen, seit sie sich in der 1. Klasse geprügelt haben. Obwohl Petrowna Hausverbot bei Kim zuhause hat, sind die beiden unzertrennlich. Eines Tages nehmen sie mit ihrer Klasse an einer Autorenlesung in der Bibliothek teil. Zuerst langweilen sie sich, doch plötzlich entdeckt Kim, dass die gelesene Geschichte von ihr handelt, umgehend besorgt sie sich das Buch und entdeckt immer mehr Parallelen zu ihrem Leben, dringend versucht sie, unterstützt von Petrowna an die Autorin ranzukommen, doch die ist furchtbar unsympathisch und blockt total ab. Bei der weiteren Lektüre zeigt sich, dass ein Schulkamerad, Jasper, in naher Zukunft sterben könnte. Mit aller Macht versuchen die beiden Mädchen, den Lauf der Geschichte zu verändern, doch dann kommt alles anders als gedacht.
Vorliegender Jugendroman wird für die Zielgruppe der 10 - 13jährigen empfohlen. Er ist aus der Sicht der Protagonistin Kim in der Ich-Perspektive geschrieben. 15 Kapitel, in der für das empfohlene Lesealter genau richtigen Länge. Gut gefallen haben mir die wie mit einem Pinsel geschriebenen Zahlen der Kapitel. Der Umfang ist m.E. für die Zielgruppe passend und kann durch den flüssigen Schreibstil schnell gelesen werden. Ein besonderer Eyecatcher ist das Cover. Verspiegelter Hintergrund mit kleinen pastellfarbigen Quadraten, die einen verpixelten Eindruck erwecken.
Mir hätte das Buch, wenn ich im empfohlenen Lesealter wäre vermutlich außerordentlich gut gefallen. Als „erfahrener“ Leser hinterfragt man eher einige Dinge, die nicht ganz schlüssig scheinen, für die es auch keine Erklärung am Ende gibt. Wieso z.B. wusste die Autorin so viele Einzelheiten aus Kims Leben, obwohl sie das Mädchen gar nicht persönlich kennt? Besonders bemerkenswert fand ich das Verhältnis zwischen den Freundinnen. Petrowna, die aus einer „schwierigen“ Familie stammt, ist eine „Macherin“ sie behält jederzeit den Überblick, die nötige Coolness, sozusagen eine richtig taffe Göre. Sie war auch durch ihre Art meine absoluter Lieblingscharakter. Kim dagegen, ein verwöhntes Scheidungskind nimmt sich selbst zu sehr wichtig und muss lernen, in der Familie und auch bei ihren Freunden nicht nur die „erste Geige“ zu spielen. Sehr unsympathisch fand ich die Autorin des zugrunde liegenden Buches, Leah Eriksson. Schon bei der Lesung nuschelt sie ihren Text runter, versucht die anschließenden Fragen möglichst schnell hinter sich zu bringen dazu sieht sie auch noch sehr ungepflegt aus. Als Kim mit ihr Kontakt aufnehmen will, blockt sie das Mädchen kaltschnäuzig ab, dann lässt sie sich von der Jugendlichen auch noch zu einem Kaffee einladen! Insgesamt ist für mich der ganze Plot nicht ganz stimmig, dazu das schwache Ende. Ich bin mir aber sicher, dass das Buch in der empfohlenen Zielgruppe, die vermutlich nicht so viel hinterfragt, sehr gut ankommt. Dafür von mir 3 Sterne.