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de.Susi

Bewertungen

Insgesamt 441 Bewertungen
Bewertung vom 06.02.2020
Cameron, Christian

Sohn des Achill / Der lange Krieg Bd.1


gut

Auftakt zu einem geschichtsträchtigen Epos

Der greise Arimnestos erzählt rückblickend einer (offensichtlich zunehmenden) Menge an Zuhörern sein Leben. Als Sohn eines Bronzeschmiedes, wurde er nach den Kriegswirren um Theben in die Sklaverei nach Ephesos verschleppt. Durch besonnenes Handeln erlangt er Ansehen und die Freiheit um sich dann einen Namen als Menschenschlächter zu machen.
Christian Cameron hat Hintergründe und geschichtliche Fakten gut recherchiert, jedoch fehlt diesem Wissenskompendium leider die Spannung. Die Kampfhandlungen ziehen sich sehr und sind meines Erachtens zu ausführlich, so dass ich oft gedanklich abgeschweift bin. Die vielen fremdländischen Namen und unbekannten Begriffen und Orte erschweren es zusätzlich, dem Geschehen folgen zu können (eine kurze Übersicht im Booklet bei der bereits enthaltenen Übersichtskarte wäre wünschenswert).
Erich Wittenberg als Sprecher gelingt es wieder hervorragend, die einzelnen Charaktere und Stimmungen wiederzugeben.
Im Großen und Ganzen eine solide Leistung, jedoch hat mich das Hörbuch leider nicht überzeugt (als Buch hätte ich es bestimmt schon längst aus der Hand gelegt).

Bewertung vom 05.02.2020
Golling, Alexander Lorenz

Und es wurde finster


ausgezeichnet

Ein abgelegener Bauernhof, bewohnt von einer eigenbrötlerischen Familie – und dann werden alle brutal ermordet aufgefunden. Das klingt bekannt und legt die Messlatte dementsprechend hoch. Alexander Lorenz Golling ist es jedoch wunderbar gelungen, das Grundthema neu zu interpretieren. In „Und es wurde finster“ gibt es eine Überlebende des grausamen Verbrechens. Der an Trisomie 21 erkrankten Tochter Amelie gelingt die Flucht auf den Nachbarhof. Jedoch kann sie nicht sprechen und auch nur schwer mittels Zeichnungen verständig machen. Paul, der Helfer auf dem Hof, ist nirgends zu finden – das macht ihn natürlich sehr verdächtig.
Kriminalhauptkommissar Brauner und sein Team beginnen die Ermittlungen und rasch wird die Verbindung zu einem weiteren ungeklärten Fall auf dem Hof hergestellt: auch der Hausherr ist seit geraumer Zeit verschwunden.
Die Geschichte liest sich sehr flüssig und Spannungsbögen erschweren es sehr, das Buch aus der Hand zu legen. So manche meiner (sehr plausiblen) Tätervermutung löst sich zum Ende in Luft auf – und der wahre Täter und das Motiv waren für mich eine Überraschung.
Sehr gern empfehle ich deshalb dieses Buch weiter!

Bewertung vom 31.01.2020
Neuhaus, Nele

Tiefe Wunden / Oliver von Bodenstein Bd.3


ausgezeichnet

Bei der Obduktion des ohne ersichtlichen Grundes hingerichteten 92-jährigen Holocaust-Überlebenden Goldberg kommt Schreckliches zu Tage: der angesehene Bürger trug die eintätowierte Blutgruppennummer, die ihn als Angehörigen der Waffen-SS kennzeichnet. Mysteriös ist die mit Blut hinterlassene Zahlenfolge 16145.
Weitere Morde nach gleichem Muster geschehen - und alle Personen hatten Verbindung zu der gleichen Person: Vera Kaltenberg.
Ein Serientäter scheint am Werk zu sein, aber was will er mit dieser Botschaft mitteilen? Bei der Recherche und Ermittlung der Polizei kommt immer mehr aus der Vergangenheit hoch, das manche(r) gern für immer unter Verschluß halten möchte. Ist dies der Grund für die Morde?
Nele Neuhaus gelingt es hervorragend, das Geschehen so stimmig zu verknüpfen, dass letztendlich keine Fragen offenbleiben. Dabei taucht sie sowohl in die Geschichte zu Zeiten des zweiten Weltkrieges als auch Familiendynastie der Kaltenbergs ein und verbindet gelungen historische Fakten mit fiktiven Figuren. Ich habe das Buch kaum aus der Hand legen können und empfehle es sehr gern weiter!

Bewertung vom 30.01.2020
Horn, Franz Paul

Über die Grenzen


ausgezeichnet

Abenteuer versus Überlebenskampf

Drei junge Burschen starten in Österreich zu ihrem Abenteuer: mit dem Rad in den Iran. Auf fast der gleichen Strecke kämpfen ein junger Syrer und Afghane ums Überleben, mit der Flucht nach Österreich.
Das Buch ist in dem Alter des Autors entsprechender Sprache geschrieben und gerade das macht es in meinen Augen so authentisch. Kein Feilschen um den literarisch anspruchsvollsten Satz, sondern die direkte Wiedergabe von Eindrücken und Erlebnissen, welche sehr beeindruckend sind. Das gefällt mir ganz gut. In genau dem selben Schreibstil sind auch die Schilderungen der Flüchtenden verpackt, was dem Buch ein stimmiges Gesamtkonzept gibt.
Die gut gefassten Kapitel werden mit zahlreichen stimmungsvollen Fotos aufgelockert. Ebenso gelungen ist eine Übersichtskarte mit Markierungen zu den einzelnen Kapiteln am Ende des Buches, an der man den jeweiligen Reisefortschritt nachvollziehen kann.
Das Buch liest sich zügig und regt zum Nachdenken an: junge Menschen desselben Alters, mit den gleichen Träumen und Wünschen. Während die einen die Reise als Abenteuer frei wählen, bleibt den anderen gar keine Wahl.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen und gern empfehle ich es weiter!

Bewertung vom 17.01.2020
Krieger, Günter

Nach dem Feuer


ausgezeichnet

Auf humorvolle Art erzählt der Autor aus Sicht des jungen Lukas sein Erleben in der aufstrebenden Badestadt Aachen.
Nach dem Tod seines Vaters sieht er die Chance, sein ungeliebtes Studium abzubrechen und mit einer Wanderschaft die Welt zu erkunden. Er hat dabei aber das ungestüme Talent der Jugend, erst zu handeln und dann zu denken, womit er sich allerlei Ärger einhandelt und seine Reisekasse minimiert, was ihn zwingt in Aachen zu bleiben. Mit Arbeit und einer wunderschönen jungen Frau, Eva-Maria, an der Seite scheint das Leben perfekt. Doch nach einem Streit verschwindet Eva-Maria, und er kann sie nur durch den Diebstahl geheimer Dokumente befreien…
Der Einstieg in das Buch fällt leicht und mir fällt besonders die der Zeit angepasste Ausdrucksweise auf (auf jeden Fall sind die Formulierungen mit der Handlung sehr stimmig).
Auch der Schreibstil überzeugt mit Augenzwinkern und allerlei Wortwitz. Da es Lukas ist, der erzählt, nimmt er sich teilweise selbst auf die Schippe.
Ein unterhaltsames Buch vor historischem Hintergrund (sehr gelungen ist die Einarbeitung des Bade- und Kurarztes, François Blondel!) das ich gern weiterempfehle!

Bewertung vom 17.01.2020
Ernst, Sabine

Der Krieger


ausgezeichnet

Die beiden eigenbrötlerischen alten Bewohner eines vernachlässigten Hofes in der Senne werden brutal ermordet aufgefunden. Unbeliebt waren sie allemal, doch wer hat sie so gehasst, sie umzubringen?
Wenige Tage später wird noch ein verletzter alter Mann aufgefunden, der in dieses Schema passen könnte.
Das Team um Hauptkommissarin Johanna (Hanna) Brandt arbeitet an der Lösung, die sich jedoch als schwierig und vielschichtig herausstellt.
Ein anderer Erzählstrang berichtet in Ich-Perspektive von der aufopfernden Pflege eines kranken Partners. Man spürt schon, dass irgendein Ereignis dazu führte, was den Erzähler auch stark belastet.
Gut durchdacht und psychologisch einfühlsam arbeitet sich Sabine Ernst allmählich zum dem Zusammenhang beider Erzählstränge sowie der (Auf)Lösung hin. Sehr gelungen arbeitet sie dabei mit der Phantasie der Leser – die zu mindestens mich - auf den Irrweg führt.
Leider kommt auch diese Geschichte nicht ohne die nun fast schon obligatorischen, persönlichen Probleme der Ermittler aus, jedoch überlagert dies zum Glück nicht die eigentliche Handlung.
Die Handlung ist stimmig und gut ausgearbeitet, so das am Ende keine Fragen offenblieben! Gern empfehle ich dieses Buch weiter.

Bewertung vom 14.01.2020
Kern, Björn

Im Freien - Abenteuer vor der Tür


weniger gut

Nachdenklich grüble ich nun schon einige Zeit über einer Rezension, denn irgendwie habe ich mir von diesem Buch mehr versprochen.
Eins ist Fakt: Björn Kern macht sich in diesem Buch quasi nackt, lässt den Leser an all seinen Gedanken und Überlegungen teilhaben, so lächerlich oder „verspinnert“ sie einem auch vorkommen mögen. Damit ist dieses Buch grundehrlich, aber trotzdem für mich nicht ganz authentisch. Der einfache Spaziergang draußen, dass Zelten, das Genießen der Nacht oder simple Beobachten scheinen nicht zu reichen. Es kommt mir vor, dass es extremer und spektakulärer sein muss: das Campen mit Junior bei Gewittersturm, das Schwimmen in der Oder trotz Warnungen, der Sprung ins winterliche Eiswasser, der Lauf auf den Bahngleisen… Zum Teil scheinen die Handlungen unüberlegt – Spontanität ist gut – aber viele der grusligen und schrecklichen Erlebnisse sind für mich als Naturmensch logisch und erklärbar. Sehr deutlich werden hier die Unterschiede zwischen dem wirklichen Naturkenner-, Liebhaber und Nutzer (der wahrscheinlich genießt und schweigt) und einem künstlichen Hype der Spaßgesellschaft, in der wir leben.
Wenn ich mir vorstelle das Menschen so kopflos in die Natur stolpern und sie hier und jetzt fast erzwungen erleben wollen, wie ein Besuch im Kino oder Schwimmbad, dann wird mir schon anders. Das Ganze hat etwas von dem Versuch den Konsum mit der Rückkehr zur und in die Natur zu boykottieren (um sich besser zu fühlen??), aber nicht wirklich sie zu sehen. Ansatzweise sind die Beschreibungen von Landschaft, Flora und Fauna wirklich sehr gelungen, aber die zum Teil konfusen Gedanken des Autors überlagen dies. Ich hatte das Gefühl, das er letztendlich nicht weiß, was er eigentlich will. Zumal seine Draußen-Aktionen zum Ende des Buches hin immer abstruser werden.
Vielleicht sehe ich das auch etwas zu kritisch, weil ich es berufsbedingt durch das ständigen Draußen jeden Tag erlebe. Wer einmal einen ganzen Tag bei Dauerregen oder Nassschnee draußen verbracht hat, legt wenig Wert darauf, das zu wiederholen. Dazu kommen so „freien“ Dingen wie dem Zelten im Wald, die rechtlich nicht ganz ohne sind.
Dieses Buch hat mich leider nicht überzeugt!