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Azyria Sun

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Insgesamt 664 Bewertungen
Bewertung vom 07.07.2022
Joshi, Alka

Die Hennakünstlerin / Jaipur Bd.1


ausgezeichnet

Faszinierend und farbenprächtig

Worum geht’s?
Lakshmi flieht aus einer gewalttätigen Ehe – etwas, das im Indien der 1950er Jahre einfach undenkbar ist. Sie schlägt sich nach Jaipur durch und mit viel Glück gelingt es ihr, sich dort als Hennakünstlerin einen Namen zu machen und die Damen der höheren Gesellschaft zu bemalen. Als jedoch eines Tages ihr Ehemann vor der Tür steht, kommt die Vergangenheit zurück und sie ist kurz davor, alles zu verlieren.

Meine Meinung:
„Die Hennakünstlerin“ (Verlagsgruppe HarperCollins, Juni 2022) ist ein einfach bezaubernder Roman und zugleich das Debüt von Alka Joshi. Ihre Hauptfigur wurde von ihrer Mutter inspiriert, eine Frau, die wie Lakshmi früh in eine arrangierte Ehe gegeben wurde. Als die Autorin sich überlegte, wie das Leben ihrer Mutter hätte aussehen können, entstand die Idee für ihren farbenprächtigen und eindrucksvollen Roman.

In diesem dürfen wir Lakshmi begleiten. Sie kommt aus dem Nichts, wird mit 15 verheiratet. Ihr einziger Lichtblick in diesen Jahren ist ihre Saas, ihre Schwiegermutter, die sie in der Kräuterheilkunde unterrichtet. Das und die Hennamalerei sind dann auch die Fertigkeiten, die ihr helfen, sich nach der Flucht aus der gewalttätigen Ehe ein Leben in Jaipur aufzubauen. Mit ein bisschen Glück und den richtigen Kontakten gelingt es der jungen, durchsetzungsstarken Frau so, in die höheren Kreise der Gesellschaft zu kommen und diesen Frauen zu „dienen“. Anhand Lakshmis Geschichte erleben wir das Kastenwesen in Indien, den Stand, den Frauen haben, die ohne Mann dastehen und auch, was mit einer Frau passiert, die sich nicht an die Regeln hält. Und wir erleben die Traditionen mit, die immer noch gelebt werden. Obwohl die 1950-70er Jahre noch nicht so lange zurückliegen, muten die gesellschaftlichen Regeln in Indien teils doch sehr mittelalterlich an.

Die Geschichte liest sich wie von selbst. Der Einblick, den wir in die einzelnen Kasten und auch in den Palast bekommen, ist einfach wundervoll! Ich liebe es, Lakshmi zu begleiten. Zusammen mit Malik, den sie als Straßenjunge aufgenommen hat und Radha, ihrer Schwester sowie Kanta, die eine Freundin wird, erleben wir, wie Lakshmi in den Palast eingeführt wird. Wie sie Hari, ihrem Ehemann, wieder begegnet. Wie sie kurz davor steht, alles zu verlieren und sich doch immer wieder hochkämpfen kann. Der Schreibstil der Autorin hat mich total gefesselt. Die Düfte, die Öle, das Hennapulver, das Leben in den Straßen – ich habe alles bildhaft vor mir gesehen und fast riechen können. Und ich habe unheimlich Lust bekommen, mich in die Welt der indischen Kräuter und Öle einzulesen und diese selbst auszuprobieren. In einem Interview am Ende des Buches verrät die Autorin, dass sie basierend auf einem der Protagonisten aus diesem Buch schon an einem weiteren Roman arbeitet und ich freue mich sehr, dass wir eine Fortsetzung bekommen werden, so beeindruckt hat mich das bunte und abenteuerliche Leben von Lakshmi, ihrer Familie und ihren Freunden!

Fazit:
Mit „Die Hennakünstlerin“ schreibt Alka Joshi einen wirklich eindrucksvollen Debütroman. Basierend auf dem Leben ihrer Mutter bzw. deren Leben, wie es hätte sein können, baut die Autorin um Lakshmi eine Geschichte auf, die bezaubert und begeistert. Ihr Schreibstil ist absolut farbenprächtig. Die Geschichte ihrer Protagonistin anrührend. Ich hatte sie fast sofort ins Herz geschlossen. Und auch ihre Schwester Radha und Malik, den frechen Straßenjungen, habe ich gemocht! Die Autorin hat uns auf ungeheuer mitreißende Art das Kastensystem im Indien der 1950-70er Jahre vorgestellt und die Traditionen nähergebracht. Wir haben erlebt, was mit Frauen passiert, die ohne Mann dastehen oder die plötzlich zu Waisen werden. Wie abhängig sie doch sind und wie wenig selbstbestimmt sie leben können. Es war einfach schön, Lakshmi auf ihrem Weg begleiten zu dürfen und ich habe total Lust bekommen, mich mit indischen Kräutern und Ölen zu beschäftigen und diese auch für mich zu verwenden! Besonders g

Bewertung vom 04.07.2022
Sagiv, Yonatan

Der letzte Schrei


gut

Schräg und etwas verwirrend

Worum geht’s?
Der queere Oded Chefer arbeitet mehr oder weniger erfolglos als Privatermittler, als sich ihm eine einmalige Chance eröffnet. Binyamin Direktor, ein angesagter Manager der High Society, beauftragt ihn, im Falle eines seiner Schäfchen für ihn tätig zu werden. Schnell muss Oded feststellen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt und nicht jeder die Wahrheit sagt.

Meine Meinung:
„Der letzte Schrei“ ist ein Kriminalroman von Yonatan Sagiv. Er spielt in Tel Aviv und der Autor führt seine LeserInnen hinein in die Welt der sog. queeren Bevölkerung. Anfangs war für mich der Schreibstil des Autors etwas ungewohnt und so hat es gedauert, bis ich so richtig in dem Buch angekommen war. Dennoch fand ich den Ausflug in die Welt des Sein und Schein, der Unterschied zwischen den Vierteln der High Society und der ärmeren Bevölkerung sowie ins Rotlichtmilieu sehr interessant.

Mit Oded Chefer, dem Hauptprotagonisten, konnte ich allerdings bis zum Ende nicht recht warm werden. Anfangs hat mich verwirrt, dass der Autor von Männern sowohl als sie als auch als er gesprochen hat. Eventuell war das, um die Diversität seiner Charaktere hervorzuheben? Mich hat es jedenfalls bis zum Ende hin verwirrt. Und Oded ist einerseits ein interessanter Charakter, andererseits ein Mensch, der sich selbst gegenüber nicht ehrlich ist und nicht ehrlich sein kann. Von daher passt er gut in die Scheinwelt der Prominenten, die der Autor malt, allen voran Alon und Binyamin, zwei Charaktere aus der High Society. Gut gefallen haben mir die Charaktere von Mona und ihren Mädels aus der Trans-Community. Von ihnen haben wir leider nur kurz am Ende lesen dürfen, aber diese Gruppe war wirklich schillernd und genial.

Der Fall selbst hat mich etwas verwirrt. Es gab durchaus spannende Momente, allerdings kamen die immer unerwartet und plötzlich und anfangs hat die Geschichte auf mich etwas zusammenhanglos gewirkt. Wir haben nicht viel von den Ermittlungen mitbekommen, sondern alles hat etwas zufällig angemutet. Nur im Mittelteil, als Oded an der Schule von Carine war, wurde es etwas spannender. Der Roman hatte also durchaus amüsante Momente und aufregende Stellen und auch die Einblicke in die unterschiedlichen Communities haben mir gefallen. Am Ende hat mir dann aber leider doch etwas mehr Tiefe gefehlt und auch Spannung kam nicht wirklich auf. Dadurch hatte das Buch für mich leider doch einige Längen. Eine gute Basisstory und spannende Charaktere, aus denen der Autor m.E. mehr hätte herausholen können.

Fazit:
Mit „Der letzte Schrei“ schreibt Yonatan Sagiv einen Kriminalroman, in dessen Mittelpunkt Tel Aviv und der queere Privatermittler Oded Chefer stehen. Der Ausflug in die unterschiedlichen Communities hat mir gut gefallen. Sei es in das Leben der Reichen und Schönen, als auch in das Rotlichtmilieu und in die Trans-Community. Hier hat der Autor uns wirklich bildhaft in die einzelnen Persönlichkeiten hineingeführt, besonders Mona und ihre „Mädels“ gefielen mir sehr. Dennoch kam während des Lesens keine richtige Spannung bei mir auf und auch die Bezeichnung von Oded und Co. mal als er und mal als sie hat mich eher verwirrt. Vielleicht wollte der Autor damit die Diversität seiner Protagonisten herausstellen? Obwohl es spannende und amüsante Momente gab, hatte das Buch für mich doch auch einige Längen aufzuweisen, das Ende wirkte etwas zu konstruiert und mit Oded, dem Hauptprotagonisten, konnte ich bis zum Ende nicht richtig warm werden.

Dennoch gute 3 Sterne für den spannenden Einblick in die diversen Communities in Tel Aviv.

Bewertung vom 02.07.2022
Lacrosse, Marie

Aufbruch in ein neues Leben / Das Weingut Bd.2


ausgezeichnet

Eindrucksvoll und mitreißend

Worum geht’s?
Nachdem Irene erfahren hat, dass Franz ihr Halbbruder ist, hat sie alles hinter sich gelassen und versucht nun, sich ein neues Leben in Lambrecht aufzubauen. Dabei lernt sie Josef kennen, den Anführer einer Arbeitervereinigung, und beginnt, sich dort für die Rechte der Frauen einzusetzen.

Meine Meinung:
Im zweiten Teil ihrer Familiensaga „Das Weingut – Aufbruch in ein neues Leben“ erzählt Marie Lacrosse die Geschichte um Irene Weber und die Familie Gerban weiter. Auch hier malt sie wieder auf ihre einzigartige Weise Bilder und Geschichten und verwebt gekonnt Fakten und Fiktion und es ist einfach nur schön und eindrucksvoll zu lesen.

Für den zweiten Teil nutzt die Autorin drei Handlungsstränge. Einmal erzählt sie aus der Irrenanstalt in Klingenmünster von Franz Mutter, die dort zu Unrecht festgehalten und sediert wird. Ich mag Pauline einfach und ihre innere Stärke, wie sie im Laufe des Buches ihr Leben wieder in die Hand nimmt und am Ende alle nach ihrer Pfeife tanzen. In diesem Teil erfahren wir auch, wie früher in solchen Anstalten die Behandlung der Patienten gehandhabt wurde und es ist erschreckend, wie man diese Menschen einfach ruhiggestellt hat oder stundenlang in sog. Dauerbäder gelegt hat.

Dann dürfen wir natürlich Irene begleiten. Sie gefällt mir immer noch gut. Und anhand ihres Weges in diesem Buch bringt uns die Autorin zugleich die Arbeitervereinigung näher und wie die Arbeiter begonnen haben, sich gegen die unwürdigen Arbeitsumstände in den Fabriken aufzulehnen. Es geht weiter um Kinderarbeit und um die Unfälle, die zugunsten des Profits billigend in Kauf genommen wurden. Mir gefällt, wie die empathische Irene sich auch in diesem Teil entwickelt. Stärker wird aber dennoch immer das Wohl der anderen mit im Blick hat.

Und wir erleben auf dem Gut der Gerbans, wie die ehemaligen Elsässer eingedeutscht werden sollen. Wie die französische Bevölkerung nach dem deutsch-französischen Krieg von den Deutschen geächtet wurde. Und wie Franz hier mit einem bayerischen Pass zurück auf das Gut kommt und dort alles in die Hand nimmt. Wie er als Leiter des Weinguts Verantwortung übernimmt, sein Temperament zügeln lernt und wie er sich auf die Suche nach Irene macht, die Wahrheit herausfindet und meine Hoffnungen aus dem ersten Teil doch noch erfüllt werden.

Ein wirklich schönes Buch, das uns in die aufregende Welt im Elsass der 1870er Jahre führt, eine spannende Zeit, in der alles im Wandel ist. Eine klare Leseempfehlung an alle, die historische Romane, basierend auf geschichtlichen Fakten, mögen!

Fazit:
Im zweiten Teil ihrer Familiensaga „Das Weingut – Aufbruch in ein neues Leben“ führt Marie Lacrosse die Geschichte von Irene und Franz weiter. Wo im ersten Band der deutsch-französischen Krieg im Mittelpunkt war, da geht es jetzt um die Zustände in den Irrenanstalten, um Kinderarbeit und um die Gründung und die Aktionen der ersten Arbeitnehmervereinigungen sowie die ersten Arbeitsstreiks. Hier hat Irene, die den Anführer der Arbeitnehmervereinigung Josef kennengelernt hat, der sich ihr und ihrem Sohn annimmt, eine besondere Rolle. Sie kämpft sich hart durch das schwierige Leben in einer Tuchfabrik nach oben, setzt sich für die Arbeiterinnen ein und entwickelt ein ganz neues Selbstbewusstsein. Es ist wieder unglaublich mitreißend, wie die Autorin Fakten und Fiktion verwebt und ein plastisches Abbild der damaligen Zeit schafft, das mitreißt, entsetzt, zu Herzen geht und von dem man nicht genug bekommt. Und auch Pauline, die von ihrem Mann in einer Irrenanstalt eingewiesen wird, kämpft sich durch. Dies ist eine Geschichte über starke Frauen mit einem wunderschönen Happy End – wenn auch nicht für alle.

5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung von mir!

Bewertung vom 30.06.2022
Paulin, Claire

Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen / Ikonen ihrer Zeit Bd.7


ausgezeichnet

Ein leuchtendes Gemälde aus Worten

Worum geht’s?
Blanches Vater ist ein glühender Verehrer und Unterstützer Monets. Doch als ihm das Geld ausgeht, zieht er sich zurück und lässt seine Familie in der Obhut des Malers zurück. Das Leben meint es auch mit ihnen nicht gut und die Familien müssen mehrmals umziehen, bis sie endlich eins werden und ihr Stück Heimat finden.

Meine Meinung:
„Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen“ (Ullstein Buchverlage, Juni 2022) von Claire Paulin ist der 6. Teil der Ikonen ihrer Zeit Serie und beleuchtet das Leben von Blanche Monet, Stieftochter des berühmten Malers. Was Monet mit Farben schafft, das gelingt der Autorin allein anhand ihrer Worte. Sie zeichnet wundervolle Bilder und Szenerien und lässt das Frankreich der 1870er bis 1920er Jahre wiederaufleben. Dabei hält sie sich Großteils an die belegten Fakten, bringt aber auch Fiktion hinein, um das Ganze noch bildhafter und lebendiger zu machen. Was Fakt ist und was Fiktion, darüber klärt sie und im Nachwort auf.

Obwohl es um Blanche geht, ist es doch eigentlich die Geschichte von Monet und seinen Frauen, seiner Familie und seinem Wirken, das jedoch eng mit der jungen Frau verknüpft ist. Sie hatte im Leben von Monet immer eine besondere Stelle und einen wichtigen Platz in seinem Herzen. Überhaupt ist es beeindruckend, wie der Maler die Familie Hoschedé aufgenommen und versorgt hat, obwohl er selbst anfangs mit dem Überleben zu kämpfen hatte. Auch die anderen Personen der Familien Monet und Hoschedé sind bewundernswert. Trotz aller Höhen und Tiefen eine Familie, die immer füreinander da ist, sich unterstütz und bestärkt. Dieses Buch erzählt nicht nur von Monet und Blanche, sondern auch davon, was Familie und Liebe bedeuten.

Die Geschichte hat mich gefesselt. Die Entstehung des Impressionismus anhand eines Gemäldes von Monet. Wie er sein Haus und seinen Garten in Giverny aufbaut. Wie Blanche zu malen beginnt und sie und Monet gemeinsam verschiedene Motive malen. Dann all die anderen Charaktere, die darin vorkommen und die jeder kennt. Emilé Zola und wie sie alle heißen. Jede einzelne Szene hat eines der Bilder von Monet im inneren Auge heraufbeschworen. Die Brücke, die Seerosen und und und. Über Blanche wusste ich zuvor überhaupt nichts, dabei ist sie wirklich bewundernswert. Obwohl nicht seine Frau, sondern eine Art Wunschtochter, war sie doch die starke Frau hinter Monet, die ihn immer wieder aus seinen Depressionen holen konnte und wegen der er mit dem Malen nie aufgehört hat. Die Verluste, die sie immer wieder erleiden musste, hat die Autorin absolut emotional beschrieben und ich konnte ihr Leid mitfühlen. Aber auch die Freude, wenn sie ihrer Leidenschaft, dem Malen, nachgehen konnte. Blanche hat ihren Platz in der Reihe der Ikonen ihrer Zeit mehr als verdient! Eine absolute Leseempfehlung von mir für alle, die sich für die starken und interessanten Frauen der Historie interessieren: An Blanche dürft ihr nicht vorbeigehen!

Fazit:
Mit „Blanche Monet und das Leuchten der Seerosen“ skizziert Claire Paulin ein wunderbar farbenprächtiges, emotionales und eindrucksvolles Gemälde aus Worten über eine Frau, die viel Leid ertragen musste aber auch viel erschaffen hat. Eine Frau, welche als Monets Wunschtochter zugleich die starke Frau hinter ihm war. Die selbst gemalt hat. Immer für alle da war und deren Geschichte mich wirklich tief beeindruckt hat. Was zum einen an der beeindruckenden Art der Autorin zu Schreiben liegt, aber zum anderen auch daran, dass ich mit Blanche Monet eine Frau kennenlernen durfte, die mir zuvor gänzlich unbekannt war, die mich aber mit ihrer Stärke und ihrer Empathie tief beeindruckt hat.

5 Sterne von mir für diese wundervolle Darstellung von Blanche, einer wahren Ikone ihrer Zeit!

Bewertung vom 29.06.2022
Abel, Susanne

Was ich nie gesagt habe / Gretchen Bd.2


ausgezeichnet

Mitreißend und emotional

Worum geht’s?
Konrad wächst in der Nachkriegszeit auf. Es ist steiniger Weg für ihn, in diesen Zeiten groß zu werden. Aber er kämpft sich durch, absolviert erfolgreich ein Medizinstudium und eröffnet mit seinem aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrten Onkel eine Frauenarztpraxis. Als Greta ihn dann zum Mann nimmt, scheint sein Glück vollkommen.

Meine Meinung:
Mit „Was ich nie gesagt habe – Gretchens Schicksalsfamilie“ (dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Juni 2022) setzt Susanne Abel ihre Romanreihe um Tom und Greta fort. Nachdem der erste Teil, in dem es hauptsächlich um Gretas Vergangenheit und ihre Gegenwart mit ihrem Sohn Tom geht, mich schon total begeistert hatte, war ich sehr auf die Fortsetzung gespannt. Und ja, die Autorin hat mich nicht enttäuscht, auch dieser Roman hat mich mitgerissen und gefesselt!

Nachdem Tom im ersten Teil in einer DNA-Datenbank eine Probe hinterlegt und seine Halbschwester Marie gefunden hat, lernt er in diesem Teil einen weiteren Halbbruder, den Holländer Henk kennen, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Jenny, mit der Tom inzwischen glücklich ist, beginnt daraufhin mit Henk gemeinsam weitere Recherchen, teils hinter Toms Rücken, was die Beziehung zu ihm gefährlich ins Wanken bringt, nachdem schon Henks Auftauchen Toms Welt erschüttert hatte. Und die Dinge, die im Rahmen der Recherchen aufkommen, sind einfach unglaublich!

In der Vergangenheit dürfen wir diesmal Konrad begleiten. Erst war ich etwas enttäuscht, weil wir nicht wieder mit Greta zurückgereist sind, aber die Geschichte von Konrad genannt Conny, ist mindestens genauso spannend. Besonders das Schicksal seiner Schwester Lizzy hat mich tief berührt. Und bald schon – wie auch im ersten Teil – kreuzen sich die Wege der beiden und es geht teils gemeinsam weiter. Auch das hat mir sehr gut gefallen, wie die Autorin hier den ersten Teil in den zweiten hat einfließen lassen. Es war bekannt, ohne wiederholt zu werden und wir konnten so Dinge erfahren, die mich zumindest im ersten Teil noch neugierig zurückgelassen hatten. Dann erfahren wir von den Lebensborn-Kliniken, von den Versuchen mit den Gefangenen im KZ und von dem sog. unwerten Leben. Von all dem hatte ich schon gehört bzw. vor kurzer Zeit gelesen, aber das alles nochmals zu lesen, war sehr ergreifend und bedrückend zugleich. Dann die ersten Samenbanken und welche Schindluder die Ärzte betrieben. All diese historischen Details hat die Autorin wieder perfekt in die Geschichte um ihre Protagonisten herumgeschrieben und am Ende kurz aufgezeigt, welcher Teil davon Fakten und was Fiktion war. Besonders gefallen hat mir auch, dass wir teilweise aus Sicht der dementen Greta lesen durften, was sehr spannend war. Und auch aus Sicht vom kleinen Tom. Und ich hoffe, dass wir noch mindestens einen weiteren Teil lesen dürfen, mir ist die ganze Familie sehr ans Herz gewachsen! Das Ende, der Geburtstag von Tom auf dem Schiff, war dann nochmal ein kleines Highlight.

Fazit:
Mit „Was ich nie gesagt habe“ setzt Susanne Abel ihren Roman um Greta Monderath und deren Sohn Tom fort. Auch hier reisen wir wieder in die Vergangenheit, diesmal gemeinsam mit Toms Vater Konrad. Erleben mit ihm seine Zeit im Krieg, wie er danach versucht hat, sich ein Leben aufzubauen und Greta kennengelernt hat. Hierbei führ die Autorin perfekt das Wissen, das wir bereits aus dem ersten Teil haben, mit den Geschehnissen in diesem Teil zusammen. Und wir erleben, wie Tom aufwächst. Und in der Gegenwart, wie er seinen Halbbruder Henk findet und sie gemeinsam mit Jenny weiter recherchieren. Dabei baut die Autorin Fakten mit ein, in denen es um die Lebensborn-Kliniken geht, um die Behandlung von sog. unwertem Leben und wir erleben das grausame Schicksal von Lizzy mit. Das Buch war wieder mitreißend, informativ und emotional. Ich habe die Seiten verschlungen und es hat mich wieder tief berührt. Jenny, Tom, Helga und Greta sind mir total ans Herz gewachsen!

5 Sterne für die

Bewertung vom 26.06.2022
Getz, Kristine

Poppy. Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu. / Emer Murphy Bd.1


ausgezeichnet

Ein aktuelles Thema, eine Warnung und spannende Verwicklungen

Worum geht’s?
Kurz nachdem die berühmte Bloggerin Lotte Wiig ein Bild ihrer 2jährigen Tochter postet, verschwindet diese spurlos. Auf dieselbe Weise ist kurz zuvor bereits ein anderes Mädchen verschwunden. Hängen die Fälle zusammen? Wer steckt dahinter? Kommissarin Emer Murphy ist eigentlich krankgeschrieben, als sie aus den Medien hiervon erfährt, doch eine innere Stimme lässt ihr keine Ruhe, bis sie sich auf die Suche nach dem Mädchen der Bloggerin macht.

Meine Meinung:
Mit „Poppy – Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu.“ startet Kerstin Getz die Thrillerserie um ihre Ermittlerin Emer Murphy. Für ihren ersten Teil sucht sie sich ein aktuelles Thema aus, das alle angeht, die Eltern sind: Fotos von Kindern auf den Seiten von Bloggern und Influencern und die Sucht nach Likes, Followern und Kommentaren sowie den Fanatismus einiger Follower. Sie schreibt aus den unterschiedlichen Perspektiven der Protagonisten und baut die Spannung langsam aber stetig auf und ich konnte das Buch einfach nicht aus der Hand legen.

Emer Murphy ist ein interessanter Charakter. Nach dem Verlust ihrer Tochter hatte sie einen Zusammenbruch und wird psychisch behandelt. Setzt eigenmächtig die Medikamente ab. Wobei der wahre Grund für ihren Zusammenbruch nicht so wirklich aus der Story herauskam – angeblich hat sie wie Ihre Oma, die als Medium im Fernsehen arbeitet, die Gabe, Dinge zu sehen. Zum Glück ist das Buch aber nicht zu mystisch angehaucht, sondern das macht das Ganze sogar interessant. Ihre Oma ist ein lustiger Charakter und auch Mons, ihr Partner, ist ein interessanter Mensch, von dem wir hoffentlich noch mehr erfahren. Alles Charaktere, die definitiv meine Neugierde geweckt haben.

Und auch die Story selbst war spannend. Und eine Warnung an alle Eltern, die Bilder von ihren Kindern im Internet veröffentlichen. Aber es ging auch um das eigenmächtige Absetzen von Psychopharmaka. Um den Fanatismus von Fans. Um Abhängigkeiten. Hier hat mir die Geschichte von Lotte besonders gefallen, die sich extrem hat fremdbestimmen lassen. Wie eine Puppe. Das Ende in Bezug auf sie habe ich mir fast ein bisschen so gewünscht, wie es gekommen ist! Ansonsten hat mich die Autorin gekonnt mehrmals auf eine falsche Fährte geführt. Ich hatte bereits am Anfang eine Ahnung, die sich ein Stück weit am Ende bewahrheitet hat, aber die Zusammenhänge waren weit komplexer und gingen viel tiefer, als ich mir das jemals hätte denken können. Die Hintergründe, Fetische, Verwicklungen und Verbindungen waren einfach nur genial und die Autorin hat eine Geschichte erzählt, die von der Vergangenheit bis in die Zukunft fortwirkt und einfach nur mitreißend und atemberaubend war! Ich freue mich schon sehr, Emer und Mons weiter kennenlernen zu dürfen und bin schon sehr gespannt auf Emers nächsten Fall!

Fazit:
Mit „Poppy – Dein Kind verschwindet. Und die ganze Welt sieht zu.“ gelingt Kristine Getz der perfekte Einstieg in ihre Thrillerserie um ihre die Kommissarin Emer Murphy. Emer allein ist schon ein spannender Charakter. Eigenwillig, etwas mystisch und einfach interessant. Die Autorin knüpft um Themen wie Instagram, Posts von Kindern, Sucht nach Followern und Likes, aber auch um Abhängigkeiten, Medikamentenmissbrauch und das Dark Net eine spannende Geschichte, die so verwirrend für die LeserInnen wie durchdacht von der Autorin ist. Obwohl ich von Anfang an eine Ahnung hatte, wäre ich doch nie auf diese Tiefe der Verwicklungen gekommen, die Kristine Getz hier gelungen ist. Das Buch ist bis zum Schluss spannend zu lesen, mitreißend geschrieben und ein absoluter Pageturner, der definitiv Lust macht, die Protagonisten auf weiteren Ermittlungen zu begleiten.

Eine absolute Leseempfehlung und 5 Sterne von mir für dieses Buch, das Eltern eine Warnung sein sollte!

Bewertung vom 23.06.2022
Sten, Camilla

Das Haus der stummen Toten (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein düsteres Verwirrspiel

Worum geht’s?
Als Eleanor ihre Großmutter besucht, sieht sie aus deren Wohnung eine Person kommen. In der Wohnung findet sie ihre Großmutter im Sterben. Doch Eleanor ist Gesichtsblind und kann sich nicht an den Täter erinnern. Jeder könnte es gewesen sein. Sie macht eine Therapie, um das Trauma zu überwinden, doch auf dem Hof Solhöga, den ihre Großmutter ihr vermacht hat, holt sie der Alptraum wieder ein.

Meine Meinung:
„Das Haus der stummen Toten“ (Verlagsgruppe HarperCollins, März 2022) von Camilla Sten ist ein Thriller, der so undurchsichtig wie düster ist. Die Autorin bring die für schwedische Autoren typische dustere Szenerie rüber, die bei nordischen Thrillern einfach einzigartig ist. Mit ihren Worten schafft sie dunkle und undurchsichtige Bilder und Szenen, die unter die Haut gehen.

Camilla Sten hat mit diesem Thriller wirklich Kindheitsängste in mir geweckt. Ein einsames Haus, vier Personen und immer wieder passiert etwas, stirbt jemand, tauchen Schatten und Geräusche auf und sind es wirklich nur vier Personen? Besonders Eleanor mit ihrer Gesichtsblindheit ist ein interessanter Charakter. In einer Stresssituation sich auf Merkmale konzentrieren zu müssen, um ein Gesicht einer Person zuordnen zu können – wie schlimm ist das! Zu denken, der Mörder steht vor einem und dann erleichtert festzustellen, nein, es ist doch der eigene Freund. Und das in einem einsamen Haus mit plötzlich offenen Türen und abgeschnitten von der Außenwelt. Kein Strom, kein Telefon, kein Netz. Dann noch der Schneesturm, der immer heftiger wird. Damit hält die Autorin die Spannung von Anfang an hoch! Ich habe tatsächlich beim Lesen mehrmals kurz über die Schulter geschaut, ob ich wirklich alleine bin, so greifbar Spannung! Dann der Wechsel zwischen der Vergangenheit aus Sicht von Anuschka und der Gegenwart in dem Haus. Wie die Autorin die Erzählstränge hat zueinander laufen lassen, einfach genial. Die Personen untereinander, das damalige Verbrechen, das sich bis in die Gegenwart fortsetzt. Überhaupt die Geschehnisse der Vergangenheit, eine wirklich außergewöhnliche Idee! Camilla Sten hat hier alle Mittel eingesetzt, um einen spannenden Thriller entstehen zu lassen, der unter die Haut geht, bis zum Ende verworren ist aber doch einen logischen Schluss hat. Und einen Täter, für den man ein Stück weit Verständnis aufbringen kann.

Eine absolute Leseempfehlung für diese atmosphärische Spannung von mir, Camilla Sten ist eine Autorin, die ich mir merken muss!

Fazit:
Mit „Das Haus der stummen Toten“ schafft Camilla Sten einen Thriller, der vor atmosphärischer Spannung nur so strotzt! Ein einsames Haus, abgeschnitten von der Außenwelt. Vier Personen, denen nacheinander etwas passiert. Ein erhängter Toter. Und eine weitere Person, die um das Haus schleicht? Man wartet die ganze Zeit darauf, was als Nächstes passiert. Sieht in jedem Schatten eine Bedrohung. Und dann als Hauptprotagonistin die gesichtsblinde Eleanor, die den Mörder ihrer Großmutter gesehen hat, sich aber nicht mehr an das Gesicht erinnern kann und allein dadurch schon traumatisiert ist und in jedem den Täter sieht. Ein geniales Setup, eine perfekte Szenerie und hervorragend umgesetzt!

5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung von mir für diesen Thriller, bei dem ich immer wieder über die Schulter hinter mich geschaut habe!

Bewertung vom 20.06.2022
Abel, Susanne

Stay away from Gretchen / Gretchen Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Für mich das Buch des Jahres!

Worum geht’s?
Bei der 84-jährigen Greta wird Alzheimer-Demenz diagnostiziert. Ihr Sohn Tom kümmert sich um sie und erfährt immer mehr Details aus ihrem Leben, die auch sein Leben komplett auf den Kopf stellen und alles verändern.

Meine Meinung:
In „Stay away from Gretchen – Eine unmögliche Liebe“ erzählt Susanne Abel eine wunderschöne Geschichte, basierend auf historischen Fakten, fiktionalen Persönlichkeiten und der Krankheit ihrer eigenen Mutter. Dabei wechselt sie zwischen Gretas Kindheit/Jugendzeit und der Gegenwart im Jahr 2015 hin und her und wechselt auch immer wieder die Perspektive der Protagonisten. Dadurch wird das Buch noch lebendiger und eindrucksvoller.

Ich war sofort gefesselt von Greta und ihrem Leben. Es ging mir absolut zu Herzen, wie Greta als 84-jährige immer mehr von ihrer Demenz dahingerafft wird, auch wen es zwischendurch zu lustigen Szenen kommt. Hier merkt man die Erfahrung der Autorin. Tom, Gretas Sohn, der sich um sie kümmert, hat mir von Herzen leidgetan. Er hat am Anfang so unnahbar gewirkt, wurde aber im Laufe des Buches immer empathischer und liebevoller. Der Verlauf der Krankheit hat mich tief berührt und ich wünsche niemandem, so etwas erleben zu müssen! Auch die Geschichte von Jenny und ihrem Kind geht zu Herzen, auch wenn sie eher am Rande vorkam. Und Helga, die herzliche Nachbarin und quasi Toms zweite Mutter, eine Person, die man einfach nur in den Arm nehmen möchte. Und es ist einfach nur schön und spannend, Tom auf der Suche nach der Vergangenheit seiner Mutter begleiten zu dürfen und auch Bob und Marie zu begegnen.

Dann der in der Vergangenheit spielende Teil: Die Autorin versetzt uns direkt hinein ins Deutschland der 1945-1955er Jahre. Angefangen mit Gretas Begeisterung für den damaligen Führer und ihrer Flucht nach Heidelberg. Das Schicksal der „Brown Babies“ – dieses war mir nicht bekannt. Die Rassentrennung, die in den USA galt. Die anderen Gesetze, denen Farbige unterworfen waren. Aber auch das Leid der Kriegsveteranen. Der Kampf der Frauen in der Nachkriegszeit ums Überleben. Die Autorin hat hier wirklich harten Tobak genommen und in einen Roman gebracht, der seinesgleichen sucht. Es war spannend. Es war emotional. Ich habe dieses Buch regelrecht verschlungen und kann ehrlich sagen: Das ist bislang für mich das Buch des Jahres 2022! Die Autorin hat die historischen Fakten so perfekt in eine zu Herzen gehende Geschichte umgesetzt und Charaktere erschaffen, die am Ende des Buches fast schon Familie sind und die man gerne noch weiter begleiten möchte und über die man noch mehr erfahren möchte.

Ich kann nur sagen: Lest dieses Buch, es ist einfach nur perfekt!

Fazit:
Mit „Stay away from Gretchen – Eine unmögliche Liebe“ hat Susanne Abel den perfekten Roman geschrieben. Basierend auf historischen Fakten und auch basierend auf der Krankheit ihrer Mutter, schreibt sie in der Gegenwart und der Zukunft und lässt uns Greta und Tom begleiten. Durch das Nachkriegsdeutschland mit den Brown Babies, den Rassegesetzen aber auch dem Fanatismus, der im Dritten Reich herrschte. Wir erleben Gretas Erwachsenwerden. Dann die Gegenwart, ihre Demenzerkrankung und ihr Sohn Tom, der für sie da ist und versucht, ihre Vergangenheit zurückzubringen. Dieses Buch ist ein Pageturner, der alles hat von Fakten, Emotionen, eine Geschichte, die mehr ist als nur eine Geschichte und Charaktere, die man zu gerne in seinem Leben haben würde.

5 Sterne für dieses Buch, das für mich DAS Buch des Jahres ist!

Bewertung vom 18.06.2022
Mcdermid, Val

1979 - Jägerin und Gejagte


sehr gut

Spannender Investigativ-Journalismus im Zeichen der 1979er Jahre

Worum geht’s?
Allie Burns ist eine von wenigen Reporterinnen beim Clarion, da Journalismus noch immer eine Männerdomäne ist. Als sie durch Zufall in einem Zug mit ihrem Kollegen Danny Sullivan an der Geburt eines Kindes teilhat, freunden sich die beiden an und er nimmt sie mit in die Recherchen zu einem spannenden Fall, der ein Sprungbrett für ihre Karriere darstellt, jedoch auch tödliche Gefahren birgt.

Meine Meinung:
Mit „1979 – Jägerin und Gejagte“ (Droemer Knaur GmbH & Co. KG, Juni 2022) startet Val McDermid ihre Thrillerserie um die Investigativ-Journalistin Alison Burns, genannt Allie. Der Schreibstil der Autorin entführt einen direkt in das Jahr 1979. Die Worte, die Bilder, die Geschehnisse – alles der Zeit entnommen, was das Buch umso authentischer macht. Die Spannungskurve fängt sachte an, steigt aber im hinteren Teil des Buches umso steiler an und die Geschichte nimmt am Ende nochmal richtig an Fahrt auf. Besonders gelungen das Nachwort in Form von Zeitungsartikeln, die (fast) alle offenen Fragen klären.

Die Protagonisten, allen voran Allie und Danny, gefallen mir wirklich gut. Allie, die – obwohl schon einige Jahre bei der Zeitung – dennoch nicht wirklich Anschluss gefunden hat, findet in Danny nicht nur einen guten und ehrlichen Kollegen in diesem Berufsbereich, in dem ansonsten Ellbogenmentalität, Neid und Eifersucht herrschen, sondern auch einen Freund, der sie fordert und fördert. Mit den beiden zeigt uns die Autorin, wie Investigativ-Journalismus in den 1970er Jahren ging, als es noch keine Handys, Computer etc. gab und Journalismus und Polizeiarbeit noch echte Handarbeit waren. Als mit Papier recherchiert wurde. Man nur mit dem Telefon Kontakt aufnehmen konnte und nicht immer und überall eine Kamera oder ein Aufnahmegerät griffbereit hatte. Dann haben wir noch Rona, die für den Frauenteil der Zeitschrift arbeitet und sich Allie annimmt. Von ihr hoffe ich in den weiteren Bänden noch mehr erfahren zu dürfen, da sie eine wirklich interessante und schillernde Persönlichkeit ist! Und nicht zuletzt die Kollegen, allen voran Allies Boss Carlyle – hart aber fair.

Die Geschichte selbst hat einfach alles. Verrauchte Büros, das Hämmern von Schreibmaschinen, gehetzte Reporter auf der Suche nach der nächsten Story, spannende Verfolgungsjagden. Und auch die Themen: Danny und Rona sind homosexuell, was damals in Schottland strafbar war. Die Autorin führt uns nicht nur in die spannende Welt des investigativen Journalismus ein, sondern wir erleben, wie homosexuelle Menschen sich versteckten. Wie Allie in einer Männerwelt um Gleichberechtigung kämpfen musste. Wir lesen über die IRA, über geplante Attentate und Versicherungsbetrug. Einen Punkt Abzug muss ich allerdings geben, da die Spannung anfangs doch nur langsam kommt. Dann aber nimmt es richtig an Fahrt auf. Undercoveragenten, Verfolgungsjagden und ein Mord – und das mit den Ermittlungsmöglichkeiten der 1979er Jahre: Wirklich spannend und das Buch hat mir definitiv Lust gemacht, mehr lesen zu wollen. Eine absolute Leseempfehlung von mir an alle, die es nostalgisch mögen.

Fazit:
Val McDermid schickt ihre Investigativ-Journalistin Allie Burns in „1979 – Jägerin und Gejagte“ auf ihren ersten Fall. In dem Thriller, der etwas langsam anfängt aber am Ende richtig an Fahrt aufnimmt, versetzt uns die Autorin zurück ins Jahr 1979. In verrauchte Büros, hämmernde Schreibmaschinen, in eine Zeit ohne Computer und Handys. Wir haben es mit der IRA zu tun, dem Kampf von Allie um Gleichberechtigung im Beruf. Eine Zeit, in der es in Schottland strafbar war, homosexuell zu sein. Und vor all diesen Hintergründen spinnt die Autorin eine geniale Geschichte aus Intrigen, geplanten Attentaten, Verfolgungsjagden und einem Mord. Was langsam anfängt, hört spannend und vielversprechend auf.

4 Sterne von mir für diesen gelungenen Einstieg in die neue Thriller-Serie um Investigativ-Journalistin Allie Burns!

Bewertung vom 11.06.2022
Winkelmann, Andreas

Das Letzte, was du hörst


ausgezeichnet

Außergewöhnliche Charaktere, geniale Orte und mega Spannung

Worum geht’s?
Als mehrere grausam ermordete Opfer aufgefunden werden, führen alle Spuren schnell hin zu dem Podcast „Hörgefühlt“ und Marc Maria Hagen, dem Mann hinter der Stimme. Und dieser Mann hinter der Stimme ist anders, als man glauben möchte. Doch als Carola die Ermittlungen aufnimmt findet sie mehr, als auf den ersten Blick zu vermuten ist.

Meine Meinung:
„Das letzte, was du hörst“ von Andreas Winkelmann ist wieder ein genialer und mitreißender Thriller, in dem der Autor die Spannungskurve nicht nur durch die Taten und Ermittlungen an sich immer höher treibt, sondern auch durch das fast sektenartig anmutende Reden von seinem Protagonisten Marc Maria Hagen. Und wir wechseln zwischen zwei, eher drei Erzählperspektiven, hin und her.

Einmal befinden wir uns in der Gegenwart, in der die Kommissarin Carola in dem Fall der getöteten Paare ermittelt. Sie ist ein Charakter, der mir auf Anhieb gefallen hat. Entscheidet aus dem Bauchgefühl, ob sie jemanden mag oder nicht und das gleich in der ersten Sekunde. Entführt den Hamster Eckhardt von einem Tatort und lügt, um ihn behalten zu können, eine Szene, die mir besonders gut gefallen hat. Entspricht nicht der gängigen Ermittlerin, wie wir sie meist kennen, sondern ist schon etwas älter und hat nicht mit den sonst oft üblichen persönlichen Tragödien zu kämpfen. Dann haben wir noch Roya, die Journalistin, die tiefer in der Sache drinsteckt, als man zu Beginn je hätte vermuten können. Und Marc Maria Hagen, den fast gottgleichen Podcaster, der äußerlich überhaupt nicht zu seiner Stimme passt. Und natürlich Paul, der eigentlich Rechtsmediziner ist, aber am Ende des Buches mit Ermittler- und Schauspielhöchstleistungen über sich hinauswächst. Daneben erzählt der Autor aus der Sicht des Täters, der immer irgendwie eine Schattengestalt bleibt, was es aber umso spannender macht und was mich bis zu den letzten ca. 50 Seiten immer wieder verwirrt und in die Irre geführt hat. Und zuletzt die Rückblicke, die sog. Vorab-Kapitel, in denen wir einen Hinweis auf das Warum bekommen.

Und aus diesen drei Perspektiven zaubert Andreas Winkelmann einen Thriller, der uns LeserInnen in den Verfolgunsszenen hochpusht, bei den Worten des Podcasters aber wieder seltsam beruhigt. Der auf falsche Fährten führt und verwirrt. Der unvorhersehbar ist und immer wieder mit Überraschungen aufwartet. Einen Thriller, der ab und an das Gefühl vermittelt, vollkommen auf der falschen Fährte zu sein und selbst an den Guten zweifeln lässt. Und einen Thriller, der – was fast nicht möglich erscheint - die früheren Bücher des Autors um ein kleines bisschen übertrifft, weil er noch gewiefter und verworrener ist, als diese.

Fazit:
Mit „Das letzte was du Hörst“ hat mich Andreas Winkelmann wieder absolut begeistert und sich selbst mit diesem Thriller fast noch übertroffen. Was anfangs so klar auf ein Ziel hinzuführen scheint, wird im Verlauf der Geschichte immer verworrener. Es ist spannend, die Kämpfe, die Verfolgungsjagden, das Finale. Es geht unter die Haut und mit dem Podcaster, dessen Stimme einen auf seltsame Weise beruhigt, obwohl wir sie nicht hören, sondern nur lesen, eine fast gottgleiche Person und sektenartige Szenen. Doch ob diese Fährte in die richtige Richtung führt? Dies dürfen wir mit der Kommissarin Carola herausfinden, die einfach nur toll ist. Entführt einen Hamster, entspricht nicht dem üblichen Protagonistenschema und ist dadurch anders aber umso liebenswerter. Und mit Roya, der Journalistin, für die der Fall noch richtig persönlich wird. Bis zum Ende hin werden die Spannungspeaks immer höher und ich konnte komplett in die Welt des Buches eintauchen.

5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung von mir!