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TochterAlice
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Köln

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Insgesamt 1464 Bewertungen
Bewertung vom 28.07.2022
Klüpfel, Volker;Kobr, Michael

Affenhitze / Kommissar Kluftinger Bd.12


gut

In Kluftingers mittlerweile zwölftem Fall richtet sich sein Blick auf zwei zunächst überhaupt nicht miteinander in Zusammenhang zu bringende Themen: die archäologische Ausgrabung eines Urzeitwesens, deren Leiter eines Tages ermordet in der Grabungsstätte aufgefunden wird. Und zweitens eine Sekte: ja, auch so etwas gibt es im trauten Allgäu. Und zwar eine besonders obskure, die von einer älteren Frau geleitet wird, die sich Frau Ruth nennt, im wahren Leben jedoch ganz anders heißt.

Diese gerät in Tatverdacht - unter anderem, muss man sagen - die Auswahl an diesen ist zumindest zu Beginn groß.

Ansonsten hat Klufti einen neuen temporären Mitarbeiter, dem man mit der Bezeichnung "Assistent" sicher nicht gerecht wird - er kann einfach alles, um was man ihn bittet, was vor allem von Kluftingers Mitarbeiter Richie Maier schamlos ausgenutzt wird. Seine Enkelin Maxima hat eine neue Nanny, die man durchaus auch als obskur bezeichnen könnte!

Sonst ist leider nicht alles beim Alten - der Humor ist ganz schön eingebrochen. Klufti muss als totale Lachnummer für jeden - Kollegen, Vorgesetzte, Familie inklusive seiner eigenen Eltern - herhalten und stellt sich trotteliger an als je zuvor und auch sein Lieblingsfeind Dr. Langhammer geriert sich nerviger als je zuvor. Zu nervig, muss man ganz klar sagen. Irgendwie ist das alles nur noch angestrengter Klamauk, teilweise ist vor allem das Klufti-Mobbing kaum zu ertragen.

Zudem wird so am Rande, allerdings seltsam losgelöst, die ein oder andere Corona-Aktion erwähnt- man sieht, die Autoren gehen mit der Zeit.

Nein, dies ist nicht der beste aller Kluftingers, auch nicht der Zweit- oder Drittbeste. Es könnte sogar sein, dass es der Zwölftbeste ist. Leider. Irgendwie scheint die Luft rauszusein, aber ich will ihn noch nicht ganz aufgeben und hoffe auf die schwarze Dreizehn, die hoffentlich wieder etwas ganz Besonderes bringt!

Bewertung vom 27.07.2022
Shocklee, Michelle

Ich gebe dir eine Stimme


ausgezeichnet

Michelle Shocklee hat ein Buch geschrieben, das meiner Ansicht nach in jede Sprache der Welt übersetzt werden sollte, es ist ebenso wichtig wie eindringlich. Diesen Roman zu lesen, ist keine Qual, sondern ein riesiger Genuss, auch wenn es ein paar - ehrlich gesagt, sind es durchaus ein paar mehr - Stellen gibt, an denen man ordentlich schlucken muss.

Doch das Thema: die Erfahrungen, die Geschichte der Sklaverei, die während der Regierungszeit von Rosevelt als Oral History erfasst wurde - ein Projekt, das von höchster Stelle, also vom Präsidenten selbst, in Auftrag gegeben wurde, lässt gar nichts anderes zu.

Rena: eine Tochter aus ehemals gutem Hause, deren Familie im Zuge des Bankencrashs 1929 alles verlor, hat sich als Reporterin ein eigenes Standbein geschaffen, doch diese Stelle in Zeiten der grassierenden Arbeitslosigkeit nach wenigen Jahren verloren. Sie erhält das Angebot, sich als Interviewerin von Zeitzeugen, an diesem Projekt zu beteiligen - in den Südstaaten eine große Sache, obwohl ihre Familie strikt dagegen ist.

Obwohl - es gibt eine Person, die sie nach Kräften unterstützt und das ist ihre Großmutter. Sie gibt ihr die Kraft, das ungemein erhebende, doch für Rena als Vertreterin der "Gegenseite" ebenso schockierende Erlebnis, nämlich die Befragung der 101 Jahre alten Sklavin Frankie, durchzuziehen. Frankie und Rena kommen sich sehr nahe und Rena erfährt, obwohl sie ja gewappnet ist, auch Unerwartetes.

Dieses Buch hat gerade jetzt, in Zeiten des Krieges, noch mehr an Relevanz gewonnen (wenn das überhaupt möglich ist) und ich wünsche ihm zahllose Leserinnen und Leser!

Bewertung vom 25.07.2022
Karnick, Julia

Am liebsten sitzen alle in der Küche


gut

Die Frauen kennen sich noch nicht lange, sind schnell sehr vertraut miteinander und treffen sich wöchentlich einmal zum Essen. Almut, die gerade aus der Rolle einer Vollzeit-Ehefrau und -Mutter katapultiert wurde, bekocht sie sowie zwei Kinder. Wenn die Kinder dann weg sind, werden die Gespräche sehr offen und nach und nach wird klar, dass sie ein gemeinsames Problem haben. Wie nicht anders zu erwarten, einen Mann, ach was, man sollte ihn eigentlich gar nicht als solchen bezeichnen, das hat er nicht verdient. Ein A.... ist er, ein richtig fieser Möpp (wie wir Kölner sagen). Da muss man doch was machen können! Und so langsam kristallisiert sich ein Plan heraus - und was für einer!

Zugegeben, es reihen sich schon so einige Klischees aneinander, vor allem im ersten Teil: lässige Mutter mit Nerd-Sohn, Powerfrau, die sich von ihrem Migrationshintergrund befreien konnte und nun fleißig mit Sprache (der deutschen natürlich) jongliert und als Krone die teilweise kaum zu ertragende, von ihrem Ehemann abgelegte Voll-Hausfrau, die alle um ihren Tisch schart, sich nach einem Mann sehnt und sich peu à peu selbst verwirklicht.

Doch als es um die Wurst bzw. den fiesen Möpp geht, wird es deutlich erfrischender und amüsanter

Die Autorin Julia Karnick ist mir noch aus meinen Brigitte-Zeiten ( die ich als Abonnentin bezog), die bereits etliche Jahre zurückliegen, bekannt. Eine Zeitlang hatte sie eine Kolumne, die ich nie ganz las und bald komplett ignorierte. Nicht, weil sie nicht schreiben kann (das kann sie durchaus, wie man auch an diesem Buch sieht), sondern weil ihre Wertvorstellungen aus meiner Sicht locker ein paar Jahrzehnte (oder auch mehr) Jahrzehnte alt sein könnten.

Bewertung vom 23.07.2022
Gorcheva-Newberry, Kristina

Das Leben vor uns


ausgezeichnet

Anja, eine Frau, nicht viel jünger als ich, die zur Zeit der Perestrojka eine Jugendliche war. Deren Zuhause die Sowjetunion war, auch wenn sie sich in vielerlei Hinsicht dort nicht daheim fühlte. Mit einer intensiven, nahezu zerstörerischen (einander und jeweils sich selbst), aber mehr noch erfüllenden Freundschaft zu Milka, die sich immer bei ihr aufhielt. Im Sommer sogar wochen-, ja monatelang in der Datscha von Anjas Familie wohnte.

Ein Beziehung, die sich, wie auch andere, die zu den Eltern beispielsweise, nicht durch das Miteinanderreden definiert, sondern durch gemeinsame Unternehmungen, Erlebnisse, Wagnisse. Der Grund dafür wird erst später deutlich.

Der Leser begleitet Anja in ihren Erinnerungen an ihre Jugend in den letzten Jahren der Sowjetunion. Ich fühle mich ihr unendlich nah, auch wenn ich nicht in der Sowjetunion aufwuchs.

Doch der Blick meiner Familie war ständig dorthin gerichtet, meine Vorfahren waren von dort geflüchtet - aus einem Teil der UdSSR, wenn auch nicht in Russland liegend, blieb dieser ein Sehnsuchtsort für sie. Den ich kannte wie meine Westentasche - jahrelang nur aus Erzählungen, doch ab Mitte der 1980er Jahre, genau der Zeit, in der Anjas Geschichte einsetzt, auch von Besuchen.

Nur zu oft sah ich die Dinge anders als Anja, als ihre Freunde, doch ist mir ihre Perspektive vertraut wie meine eigene. Und so erkenne ich, dass die Autorin Kristina Gorcheva-Newberry ehrlich ist - offen im Begreifen wie auch im Unverständnis ihrer literarischen Charaktere. Und in Teil 2 des Romans, nach ihrem Umzug in die Vereinigten Staaten, ändert sich ihre Sichtweise, nähert sich viel mehr der meinigen.

Nach einigen Jahren erfolgt der besagte Bruch - Anja zieht fort, kehrt jahrzehntelang nicht zurück in ihre Heimatstadt Moskau - und ist doch noch eine der Ihrigen, wie sich zeigt, als sie nach zig Jahren zurückkehrt. Dieses Buch hat sich mir geöffnet, es hat geschmerzt, vor allem aber hat es die Zeit der Perestrojka wieder zurückgebracht, das Gefühl, die Empfindungen, ja die Werte, die mich damals antrieben. Alles eins zu eins, wenn nicht von mir, dann von engen Freunden oder Verwandten erlebt.

Es gibt wenige Bücher, von denen ich das Gefühl habe, dass sie exakt für mich geschrieben wurden, aber dies ist eines davon: Es hat mich schlicht und einfach umgehauen.

Bewertung vom 23.07.2022
Capus, Alex

Susanna


sehr gut

Es beginnt mit einem wilden Mann, der laut Tradition in Basel aus dem Rhein ans Ufer steigt, um ein Tänzchen zu wagen und dem von einem kleinen Mädchen - Susanna, der Titelheldin des Buches - mit dem bloßen Finger ein Auge ausgestochen wird. Vor Schreck und aus Versehen, versteht sich.

Susanna nimmt von diesem Kindheitserlebnis etwas mit - mit auf ihre Lebensreise, die in der Tat eine weite Reise beinhaltet, nämlich nach New York. Dorthin bricht ihre Mutter auf, zu einem anderen Mann, nachdem sie den Vater und die Söhne verlassen hat. Sie ist auf dem Weg zu einem anderen Mann. Dieser ganze Neuanfang spielt sich im Gegensatz zum Beginn des Buches recht friedlich ab.

Ich habe mich sehr schwer getan mit dem Start in den Roman, empfand ihn als umständlich, einige Ausführungen erschienen mir ausgesprochen weit hergeholt. Doch ich habe durchgehalten - Gott sei Dank, muss ich im Nachhinein sagen, denn sonst hätte ich ein paar ebenso unkonventionelle Wendungen verpasst.

Wobei Alex Capus in mancherlei Hinsicht durchaus ein unkoventioneller Autor ist - beispielsweise in der, wie sehr er die Frau und ihre Belange - gerne auch wie hier in deutlich früheren Zeiten in den Mittelpunkt stellt. Nicht immer, aber es kommt bei ihm nicht gerade selten vor.

Andererseits ist die umständliche und manchmal tüddelige Erzählweise, derer er sich desöfteren bedient, alles andere als unkonventionell, bzw. ist sie nicht mit derartigen Begriffen zu beschreiben. So schreiben Menschen, die schreiben müssen, nicht wie solche, denen es quasi wie von Geisterhand aus der Feder fließt.

Erfreulicherweise ändert sich diese Ausrichtung, als Susanna und ihre Mutter Maria in den Staaten eintreffen: früh entdeckt Susanna ihre Begabung als Malerin und die damit verbundene Verdienstmöglichkeit.

Sie wird Mutter eines Sohnes mit einem ähnlich starken Charakter wie dem ihrigen: als sie nach einer großen Erbschaft beschließt, auf große Fahrt zu gehen, setzt sich der Sohn mit seinem Reisewunsch durch und die beiden landen vor der Behausung von Sitting Bull, dem zweiten wilden Mann in der Geschichte, wo sie wochenlang bleiben.

Was dann passiert, sollten sie aber selber lesen - nach einem etwas steinigen Start erwartet Sie durchaus ein Lesevergnügen.

Bewertung vom 22.07.2022
Noormann, Gesa;Hein, Katja

Yes we camp! Der kulinarische Campingführer


ausgezeichnet

Campen und Schlemmen an einem Ort
Wer hat nicht schon davon geträumt, lecker essen - und natürlich auch trinken - zu gehen und sich danach gleich an Ort und Stelle lang auszustrecken und das wohlverdiente Verdauungsnickerchen zu machen!

Dieser völlig neuartige Campingführer macht es möglich: durch ihn erlangt man die Möglichkeit, kostenlos an einem Gasthof zu nächtigen. Die Häuser, die dies möglich machen, sind alle in diesem Band aufgelistet. Eine Nacht darf man bei jedem von ihnen im eigenen Wohnmobil stehen bleiben, um dann gleich zum nächsten weiterzuziehen.

Registrieren kann und muss man sich natürlich auch, was eine im Buch enthaltene und entnehmbare Gästevignette ermöglicht. Diese ist auf die Jahre 2022/2023 beschränkt.

Auch so ist das Buch hilfreich, stellt es doch viele schöne Gasthäuser über Deutschland wie auch Österreich (naja, ein paar jedenfalls) vor, die man möglicherweise noch nicht kennt. Sogar ein paar Ausflugstipps sind enthalten.

Bewertung vom 22.07.2022
Vallejo, Irene

Papyrus


gut

Wussten Sie es? Wie sich das alles so entwickelte? Also, das mit dem Lesen, Schreiben - den Aktivitäten, die das Denken festhalten sollten? Und was dann mit den Dokumenten, auf denen nun selbiges verzeichnet war, machte?

Wie man mit ihnen umging, wie man sie wertschätzte, hortete, erwarb, weitergab? Ja, nicht zuletzt natürlich: wie man sie verteilte, über sie informierte, sie auf diverse Art verbreitete.

Und wie man lernte, Nutzen aus ihnen zu ziehen? Das ergab sich erst so nach und nach, wie man sich denken kann. Denn nur wenige Menschen waren des Lesens mächtig und noch weniger von ihnen lebten in einem solchen Umfeld, in dem sie über neue Dokumente, die man dann später mal als Bücher bezeichnete, informiert wurde. In denen man die Gelegenheit erhielt, ihnen zu begegnen, sie anzuschauen, zu lesen, zu bewundern. Mit ihnen zu leben also. Das war jahrtausendelang kaum jemandem möglich - und so ist die Entwicklung dieser Rollen, später Bücher und noch mehr ihre Verbreitung ein ausgesprochen schleichender Vorgang.

Einer, dem sich Irene Vallejo, die Autorin von "Papyrus", in aller Ausführlichkeit, mit viel Geduld, Wissen, zahllosen Recherchen und nicht zuletzt mit Humor nähert.

Aber: auch wenn ich Bücher liebe, auch wenn ich Geschichte so sehr liebe (aber nicht die ganz alte), dass ich sie sogar studiert habe: so ganz ist das nicht mein Buch. Dazu fehlt mir dann doch die Offenheit und die Geduld. Auch wenn ich wieder und wieder gerne hineinschaue und diesem Nachkommen des Papyrus unzählige Leser wünsche!

Bewertung vom 17.07.2022
Zenker, Johannes

... und plötzlich Pilger


gut

Seit langem liebäugele ich damit, mir einen Teil des spanischen Jakobsweges zu erwandern. Aufgrund meiner körperlichen Konstitution ein recht gewagtes Unterfangen, aber man darf ja träumen...

Um den Träumen Nahrung zu geben, lese ich zu gerne die Erlebnisse anderer auf diesem Weg. Wenn sie gut geschrieben sind und Tiefe haben. Was mir bei Johannes Zenker beides fehlte. Eigentlich erstaunlich, weil er als Journalist ja durchaus wissen sollte.

Was es mir ein wenig schmackhafter machte, waren die Schilderungen des Autors zu Begegnungen mit anderen Pilgern, nicht selten von ihm als eigenartig beschrieben. Hier wurde vieles erläutert, was manch einer - ich eingeschlossen - nicht als erwähnenswert betrachtet hätte. Andererseits hatte ich desöfteren den Eindruck, dass der Autor von nicht gerade wenigen Pilgern wie auch Herbergseltern am Rand des Weges selbst gewissermaßen als Original betrachtet wurde, ohne dass ihm dies bewusst war.

Nun, eine Bereicherung war diese Lektüre allemal - sie gab mir viel zu denken und mehr noch zu staunen - darüber, was unsere Mitmenschen so machen und tun. Und nicht zuletzt, was ihnen so durch den Kopf geht.

Bewertung vom 16.07.2022
Hye-jin, Kim

Die Tochter


sehr gut

Eine Frau in Südkorea - Anfang sechzig verwitwet, Mutter einer erwachsenen Tochter. Sozial befindet sie sich - so schätze ich es ein - wohl so in der Mitte der Gesellschaft, doch in ihrer Heimat ist es wohl für keinen einfach, finanziell klarzukommen und so arbeitet sie als Pflegerin in einem privaten Altenheim. Sie ist zuständig für eine einzige Patientin, eine sehr interessante Frau, die ein Leben im Ausland, verbunden mit dem Einstehen für zahlreiche Menschen hinter sich hat. Sie kann nicht verstehen, dass diese, jetzt, auf den letzten Stufen ihres Lebens und obwohl sie für ihre Unterkunft selbst zahlt und zwar eine ordentliche Summe, von der Leitung des Heimes mehr und mehr mit Geringschätzung behandelt wird und versucht ihrerseits, soweit möglich, es ihr noch so bequem wie möglich zu machen.

Ihre Tochter trifft sie nur einmal wöchentlich und wenn diese sich außer der Reihe meldet, geht es immer nur um Geld. Um sie unterstützen zu können, erwartet die Tochter sogar, dass die Mutter ihr eigenes Leben umstellt, selbst auf den wenigen Komfort, den sie hat, verzichtet.

Doch irgendwann ergibt sich die Notwendigkeit, dass die Tochter - selbst schon über Dreißig - zu ihrer Mutter zurückzieht, aus rein wirtschaftlichen Gründen. Sie kommt nicht allein, sondern mit ihrer Lebensgefährtin.

Die Homosexualität ihrer Tochter kann die Mutter nicht akzeptieren, obwohl die Partnerin ihrer Tochter eine überaus angenehme junge Frau ist, die sich zudem durchaus um sie bemüht. Erst durch die Eskalation der Situation der queeren Community wie auch der Situation im Pflegeheim kann sie sich öffnen.

Ein ungewöhnlicher Roman, der sowohl einfühlsam als auch kraftvoll daher kommt. Gerade dadurch, dass der Schilderung eine gewisse Sachlichkeit zugrunde liegt, gewinnt die Handlung an Eindringlichkeit.

Bewertung vom 15.07.2022
Allende, Isabel

Violeta


sehr gut

Eine ausgesprochen faszinierende Frau ist Violeta, die das Ende einer langen Reihe von Geschwistern markiert: mit ihr schließt sich als einziger, ersehnter Tochter die Familieplanung der del Valles nach einem Reigen von fünf Söhnen.

Sie blickt zurück auf ihr Leben und berichtet aus verschiedenen Epochen selbst an einen jungen Verwandten: ihr Leben wird markiert von zwei dramatischen Eckpunkten, nämlich zwei Pandemien: der Spanischen Grippe, die 1920 in Südamerika wütete und Corona, das den Kontinent - wie auch viele andere Gebiete der Erde Hundert Jahre später ereilt.

Ein Roman, der nicht ganz so farbig ist wie ihre großen Würfe aus der Vergangenheit, sei es "Das Geisterhaus", oder meine persönlichen Lieblinge "Fortunas Tochter" oder "Ein unvergänglicher Sommer", auch dies ein Spätwerk. Doch die Lektüre lohnt sich allemal, denn die Autorin steht in Stil und Sprache der von ihr geschaffenen Figur in nichts und in Bezug auf die Alterweisheit (da fehlen einfach noch 20 Jahre) ihrer Figur nur in wenig nach.

Zudem hat die große Autorin in ihren letzten Werken einen überaus entspannten Humor entwickelt, den ich durchaus zu goutieren weiß!