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Leseigel
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Villingen

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Insgesamt 1084 Bewertungen
Bewertung vom 08.10.2022
Bendixen, Britta

List und Lüge


ausgezeichnet

Spannende und unterhaltsame Tätersuche
Die Autorin nimmt mich mit auf Mördersuche im beschaulichen Lübeck.

Tom Jakobs, arbeitslos und dem weiblichen Geschlecht nicht abgeneigt, wird tot auf der A7 aufgefunden. Nachdem ein Suizid ausgeschlossen wird, machen sich Kommissar Andresen und sein Team auf die Suche nach dem Täter. Viele Verdächtige und Motive sind denkbar und nicht jeder der Beteiligten spielt mit offenen Karten. Durch akribische Polizeiarbeit gilt es den wahren Schuldigen zu finden.

Der Krimi ist von der ersten Seite an sehr unterhaltsam. Zwei Dinge sind mir gleich zu Beginn angenehm aufgefallen. Die Ermittler sind Menschen wie du und ich mit alltäglichen Sorgen und Macken. Und die Handlung erzeugt ohne blutige Details oder übertriebener Theatralik eine hohe Spannung.

Die Autorin schickt die Beamten angesichts angesagter Serien wie CSI auf fast schon altmodisch anmutende Ermittlungstour. Andresen und seine Kollegen befragen Verdächtige und überprüfen Alibis. Mir hat das sehr gut gefallen, weil ich dabei wunderbar mit raten und eigene Überlegungen zu den Verdächtigen anstellen konnte. Zudem nutzt die Autorin die Gelegenheit , um ganz nebenbei einige aktuelle oder soziale Themen aufzugreifen, ohne von der eigentlichen Mördersuche abzulenken. Für mich erhielt die Handlung dadurch einen zusätzlichen Reiz.

Die Figuren waren in meinen Augen realistisch dargestellt. Wie bei einem Puzzle wurden immer mehr Details aus deren Leben bekannt und ergaben nach und nach eine klare Vorstellung von ihrer Persönlichkeit.

Obwohl ich eine Vermutung hinsichtlich des Täters hatte, war ich dann doch über den wahren Hergang überrascht.

Das Ende lässt keine wichtigen Fragen offen und hat mir sehr gut gefallen.

Wer eher klassische Krimis liebt, die durch eine fesselnde Handlung und Personen mit Substanz überzeugen und nicht durch billige Effekthascherei, macht mit diesem Buch nichts falsch.

Bewertung vom 03.10.2022
Sand, Marie

Ein Kind namens Hoffnung


ausgezeichnet

Eine berührende Geschichte von Treue und Verzicht
Die Pfarrerstochter Elly ist Köchin im Berliner Haushalt der jüdischen Familie Sternberg. Als deren Sohn Leon geboren wird, schließt Elly ihn in ihr Herz.

1938 wird das Ehepaar verhaftet und Elly kann mit dem kleinen Leon fliehen. Sie schwört, den kleinen Jungen eines Tages der Mutter unversehrt zurückzugeben. Diesem Ziel ordnet sie alles unter.

Ständig in der Furcht, dass Leon ihr genommen wird, findet sie Zuflucht auf einem Bauernhof. Immer wieder versichert sie Leon, dass seine Mutter lebt und sie beide nach ihr suchen werden, wenn der Krieg vorüber ist.

Nach Kriegsende kehrt sie mit Leon nach Berlin zurück. Leons Mutter bleibt verschwunden, aber Elly wartet weiter.

Das Buch schildert eine Geschichte, die ans Herz rührt und wütend macht ob der Grausamkeit, die die jüdische Bevölkerung erleiden musste. Elly steht für die vielen heimlichen Heldinnen, die Familienmitglieder ihrer jüdischen Dienstherren gerettet haben.

Mich hat Ellys unbedingter Wille, Leon zu retten sehr beindruckt. Sie ordnet dem Wohl des Jungen alles unter - ihr eigenes Glück und das ihrer Tochter. Diese wächst im Schatten Leons auf und steht bei Elly stets an 2. Stelle. Das hat mich aufrichtig gestört. Ich hatte den Eindruck, durch den Beschützerwillen für Leon bleibt für nichts anderes mehr Raum. Das ändert sich auch nicht, als der Krieg zu Ende ist.

Ich bewundere Elly für ihren Mut, ihr Pflichtbewusstsein und ihre Treue zu Leon und seiner Familie. Aber ich kann sie nicht dafür lieben. Ich habe verstanden, dass die politischen Umstände sie zu taktieren und lügen zwingen. Ich habe nicht verstanden, warum sie Menschen, die ihr wohl gesonnen sind und ihrer eigenen Tochter keine Zuneigung zeigen kann. Es ist, als ob Leon ihre ganze Liebe absorbiert.

Ein wenig hat auch der Schreibstil der Autorin zu meiner distanzierten Haltung beigetragen. Die erzählt die Geschichte in weiten Teilen eher emotionslos. Nur gelegentlich lässt sie mich in Ellys Gefühlswelt blicken. .

Ich fand das Buch lesenswert, weil es weniger offensichtliche Aspekte der nationalsozialistischen Terrorherrschaft ins Bewusstsein bringt und auf berührende Weise zeigt, welche Ängste und Entbehrungen Menschen auf sich genommen haben, um ein Leben zu retten.

Bewertung vom 27.09.2022
Scharmacher, Monique

Tödliches Allerlei


sehr gut

Ein Serientäter in Leipzig
Innerhalb von drei Tagen bekommt es Kriminalhauptkommissarin Susanne Mayer mit drei Toten zu tun. Der Mörder hinterlässt keine Spuren. Die Opfer kommen aus unterschiedlichen Bereichen. Und wäre das nicht genug, muss sich Mayer auch noch mit dem miesepetrigen Gerichtsmediziner und einen undurchsichtigen neuen Kollegen auseinandersetzen.

Für mich hat der Krimi Stärken und Schwächen. Sehr gut gefallen hat mir die Erzählweise. In weiten Teilen begleite ich das Ermittlungsteam bei seiner Arbeit. Das gibt mir die Gelegenheit , eigene Überlegungen zum Täter und zum Motiv anzustellen.

Dann gibt es Kapitel, die die Gedanken des Täters wiedergeben. Das gibt mir zwar keine Hinweise auf die konkrete Person des Täters , aber zumindest legt es den Verdacht nahe, dass der Mörder psychisch krank ist. Weitere Kapitel beleuchten die Lebensumstände der Beamten. Das hat mir ausgesprochen gut gefallen, weil es mein Verständnis für ihr Verhalten stärkt.

Richtig sympathisch war mir keiner der Beteiligten. Geradezu unverständlich ist mir die Rolle des neuen Kollegen geblieben.

So unsinnig die Morde erscheinen, kann ich doch Mitleid für den Täter empfinden.

Gefallen hat mir auch, dass am Ende alle Puzzleteile des Falles zusammengefügt wurden.

Ich fand den Krimi spannend und von der Idee her mal was anderes. Was die Ermittler selbst betrifft, ist mir einiges - noch - ein Rätsel geblieben, was wohl der Tatsache geschuldet ist, dass es weitere Fälle für das Team geben soll.

Bewertung vom 25.09.2022
Adams, Marie

Susannes Sehnsucht / Das Haus der Hebammen Bd.1


ausgezeichnet

Träume, Hoffnungen, Enttäuschungen
Die Hebammen Susanne, Carola und Ella sind genervt von ihrem Arbeitsalltag im Krankenhaus , der ihrer Ansicht nach den werdenden Müttern nicht gerecht wird. Da ist es ein Wink des Schicksals, als Susanne ein leerstehendes Haus entdeckt, in das sie sich sofort verliebt.

Die drei Frauen stürzen sich in das Abenteuer Selbstständigkeit und gründen das erste Geburtshaus Kölns - gegen den Widerstand einiger Ärzte und mit der Begeisterung der schwangeren Frauen. Nicht nur der Alltag im Beruf ist turbulent, auch im Privatleben ist immer was los.

Ich habe das Buch mit Begeisterung gelesen und konnte dabei meinen Alltag vergessen.

Jede der drei Hebammen hat eine eigene Persönlichkeit und ihre ganz eigene Geschichte. Zusammen sind sie ein wunderbares Team.

Carola war mir die liebste. Vermutlich weil sie in einer ähnlichen Lebenssituation ist wie ich. Beruf und Familienalltag wollen bewältigt und unter einen Hut gebracht werden. Ich konnte Carolas Gefühle, nie den Anforderungen gerecht zu werden, gut nachempfinden.

Ella ist die jüngste und ihr stehen noch alle Wege offen. Beruf oder Ehefrau und Mutter.

Die Geschichte fokussiert sich in diesem Band auf Susanne. Ich fand es bewundernswert, wie sie die Selbstständigkeit mutig angeht. Nach einer fast schon traumatischen Erfahrung findet sie auch die Liebe und lässt sich nach anfänglichen Zögern darauf ein. Was mich aber zunehmend gestört hat, war ihr Hadern mit der Vergangenheit. Ich konnte manches nachvollziehen und sie hatte auch mein Mitgefühl, aber sie war geradezu besessen davon.

Aufgelockert wird der Roman mit den Geschehnissen im Geburtshaus, wo manchmal große Trauer, aber überwiegend große Freude zuhause sind.

Für mich war die Geschichte rundum gelungen, weil ich mich gut in die Situation der Hebammen und auch der werdenden Mütter einfühlen konnte. Und es war spannend, die drei Frauen ein Stück auf ihrem Lebensweg zu begleiten.

9 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.09.2022
Leonard, Susanna

Dian Fossey - Die Forscherin / Mutige Frauen, die Geschichte schrieben Bd.1


ausgezeichnet

Ein Leben für die Gorillas, aber ein Leben ohne Liebe
Hört man die Worte Gorilla und Ruanda , fällt vielen von uns sofort die Tierforscherin Dian Fossey und der Film "Gorillas im Nebel" ein. Die Erforschung und der Schutz der Gorillas waren sicher Fosseys Lebenswerk . Aber was für ein Mensch steckt dahinter ? Das vorliegende Buch versucht einige Antworten darauf zu geben.

Fossey wird 1936 geboren. Der Vater war Alkoholiker. Es kommt zur Scheidung, als Dian 4 Jahre alt ist. Den Stiefvater, der ein strenges, liebloses Regiment führt, verabscheut sie von Herzen. Glücklich ist sie bereits als Kind, wenn sie Tiere um sich hat. Ihr großer Traum ist eine Reise nach Afrika, die sie endlich 1963 verwirklichen kann. Hier sieht sie zum ersten Mal Gorillas in ihrer natürlichen Umgebung und verliebt sich sofort in sie. Wieder zuhause saugt sie alle verfügbaren Informationen über Afrika und die Gorillas wie eine Besessene in sich auf. Und ihre Ausdauer wird belohnt. 1967 ist sie die Leiterin der Forschungsstation im Kongo. Hier ist sie glücklich und findet einen ganz besonderen Bezug zu den Tieren. Nichts, was das Leben der Gorillas bedroht, lässt sie gelten und schafft sich dadurch viele Feinde. Was in späteren Jahren dazu führt, dass sie die Forschungsstation - mittlerweile in Ruanda - gegen ihren Willen verlassen muss. Doch sie kehrt zurück, ist wieder an ihrem Sehnsuchtsort, kann sich wieder um ihre geliebten Gorillas kümmern.

1985 wird sie ermordet.

Es gab auch Männer in ihrem Leben, aber wer hätte gegen ihre wahre Liebe, die Gorillas bestehen können ? Im Naturfotografen Bob Campbell glaubt sie endlich ihren Seelenverwandten gefunden zu haben. Drei glückliche Jahre verbringen die beiden auf der Forschungsstation und Dian glaubt, es ist für immer. Aber genauso wie ihr Vater verlässt er sie und stürzt sie in eine tiefe Depression. Zu viel Alkohol, zu viele Zigaretten und weitere gesundheitliche Probleme machen aus Fossey ein körperliches Wrack.

Nach der Lektüre des Buches kann ich sagen, ich mag Dian Fossey nicht. Ihr Leben ist von klein auf geprägt von Verlusten und Kränkungen. das hat mich durchaus berührt. Ich habe auch verstanden, dass sie deshalb von diesen sanften Riesen geradezu besessen ist, da die Gorillas sie nie enttäuscht haben. Aber ich empfinde sie als wenig empathisch gegenüber Menschen. Sie bemüht sich nicht, die Situation und Gefühle anderer zu verstehen. Man achtet sie. Man fürchtet sie, aber man liebt sie nicht. Für mich hat sie dadurch ihre Einsamkeit - und einsam war sie - zu großen Teilen selbst verschuldet.

Was ich auf jeden Fall empfinde , ist Achtung und Bewunderung für ihre Liebe und aufopferungsvolle Hingabe zu den Gorillas. Ohne sie wären diese vermutlich bereits ausgestorben .

Der Roman ist auf jeden Fall lesenswert. Ich finde es wichtig, eine Frau, die meine Hochachtung für ihr Lebenswerk verdient, nicht romantisch zu verklären, sondern sie auch mit ihren Schwächen zu zeigen. Das schmälert nicht ihre Verdienste

Bewertung vom 17.09.2022
Paradigi, Jana

Kitty Carter - Dämonenkuss


sehr gut

Mord im historischen London und eine Dämonin in göttlicher Mission
Kitty Carter, 49, aus Überzeugung ledig, ist mit ihrem Leben zufrieden. Sie arbeitet als Schreibkraft bei der Polizei und ist heimlich in ihren Chef verliebt.
Da reißt sie ein tödlicher Unfall aus ihrem unscheinbaren Dasein und katapultiert sie ins Jenseits, das so ganz anders ist, als es ihren christlichen Vorstellung entspricht. Kitty ist nicht gewillt, ihren Tod hinzunehmen und handelt einen Deal mit Gott aus. Sie soll einen mordenden Dämon im Diesseits aufspüren und gefangen nehmen. Dafür darf sie zurück in ihr altes Leben.
Die Sache gestaltet sich schwieriger als gedacht. Zum einen sind mit dem neuen Dämonendasein unerwartete Schwierigkeiten verbunden, zum anderen gibt es zwar weitere Leichen, aber keine Spur zum Mörder. Um so mehr Kitty über ihr neues Leben erfährt, um so undurchsichtiger wird das Ganze. Wer lügt ? Wem kann sie trauen.
Ich fand die Idee, einer Dämonin auf Mörderjagd zu folgen, spannend und habe deshalb das Buch gelesen.
Mir ging es wie Kitty - auch für mich war einiges nicht so wie erwartet.
Kitty als Person fand ich überzeugend und sympathisch. Auch ihre Lebensumstände im Diesseits waren realistisch und anschaulich geschildert. Ihr Schattendasein als ledige Schreibkraft und dazu mit fast 50 nicht mehr jugendlich und trotzdem noch abhängig vom Wohlwollen des Vaters machen sie für mich zur Heldin, die auf wohltuende Weise ausgetretene Pfade verlässt.
Als sie nach ihrem Ableben feststellt, dass das Jenseits nicht der Bibel entspricht, emanzipiert sie sich in meinen Augen. Befreit von willkürlich auferlegten Zwängen wird sie mutiger, selbstbewusster - auch in sexueller Hinsicht . Das hat mir gut gefallen und führt auch zu einigen komischen Szenen. Die Jagd nach dem Mörder war packend. Kitty trifft dabei auf zwei weitere Dämoninnen - Rose und Eliza. Beide sind in meinen Augen undurchsichtig.
Die Auflösung des Falles war für mich völlig überraschend und war nicht das, was ich erwartet hatte. Dennoch ar es folgerichtig und entspricht dem von der Autorin entwickelten Jenseits. Die Autorin wirft jede christliche Vorstellung über Bord. Es gibt keinen Himmel, keine Hölle. Zum Teil empfand ich ihre Ausführungen sehr philosophisch und hätte gerne darüber diskutiert. Dem einen oder anderen Leser mögen diese Gedankenspiele zu weit gehen.
Trotzdem fand ich den Roman lesenswert und unterhaltsam. Ich kann mir gut vorstellen, zusammen mit Kitty erneut auf göttliche Mission zu gehen.

Bewertung vom 17.09.2022
Storm, Andreas

Das neunte Gemälde / Lennard Lomberg Bd.1


ausgezeichnet

Raffiniert komponierter Krimi
Der Autor erzählt eine vielschichtige Geschichte rund um ein Gemälde, das möglicherweise von Picasso 1914 gemalt wurde.

Die Handlung beginnt mit einem Anruf beim Kunstexperten Lomberg. Der Anrufer ist kurz darauf tot und Lomberg gerät unter Verdacht. Aufgrund der bruchstückhaften Informationen vermutet Lomberg einen Zusammenhang mit nationalsozialistischer Beutekunst und seinem verstorbenen Vater.

Von da an nimmt mich der Autor mit auf eine fesselnde und mit Überraschungen versehene Zeitreise, die der Spur des Gemäldes folgt.

1943 planen die Nazis in Paris die Verbrennung von entarteter Kunst. In diesem Zusammenhang soll das fragliche Bild verschwunden sein und bildet nun den Ausgangspunkt für eine Geschichte von Verrat, Gier, Rache und Mord. Hauptakteure sind darin Lombergs Vater, ein hoher SS-Offizier und die Familie eines der damaligen Wachsoldaten.

1966 kommt es erneut zu einem eher zufälligen Zusammentreffen der Beteiligten, das tödlich endet. Das Verbrecher von damals scheint eine gerechte Sühne zu erfahren und alles ist gut.

Bis zu dem Anruf bei Lomberg- denn noch sind nicht alle Schulden beglichen.

Ich bin von dem Krimi absolut begeistert, obwohl ich mich mit den ersten Kapiteln etwas schwer getan habe. Es waren sehr viele Informationen und Namen und ich konnte den roten Faden noch nicht fassen. Das ändert sich rasch, als der Autor die Geschehnisse von 1943 aufgreift. Trotz vieler Orts- und Zeitwechsel habe ich nie die Orientierung verloren, da die Kapitelüberschriften klar darlegen, wo und wann man sich befindet. Dennoch sollte man sich für den Krimi Zeit nehmen. Die Handlung ist komplex und durch die Anzahl der Beteiligten verliert man sonst den Überblick. Am Ende werden für mich alle Fragen zufriedenstellend beantwortet und der Autor schließt die Geschichte mit einem Augenzwinkern.

Weiterhin konnte mich der Autor mit dem eleganten Sprachstil und gelegentlicher Ironie überzeugen. Die Handlung bietet neben einem packenden Krimi auch Einblicke in den internationalen Kunstbetrieb und eine Reise durch die neuere Geschichte der Bundesrepublik.

Bewertung vom 12.09.2022
Bellmonte, Carmen

Zeiten der Sehnsucht / Mallorca Saga Bd.2


ausgezeichnet

Drei starke Frauen in schweren Zeiten
Die Zeit steht nicht still , weder auf Mallorca noch auf Kuba.

Antonia auf Kuba, Carla und Alba auf Mallorca müssen sich nicht nur mit familiären Veränderungen auseinandersetzen, sondern auch mit gesellschaftlichen Umbrüchen.

Antonias Mann Federico steht 1927 vor der Entscheidung, die Zigarrenfabrik an den alles beherrschenden amerikanischen Trust zu verkaufen. Trotz großer Risiken kann Antonia ihn davon abhalten. Kurz darauf bricht die Weltwirtschaftskrise über Kuba herein. Nun zeigt sich, dass es richtig war, die Eigenständigkeit zu bewahren. Antonia kann sich als erfolgreiche Weingutbesitzerin beweisen. Die Kinder wachsen heran und treffen Entscheidungen, die auf das Leben der ganzen Familie erheblichen Einfluss haben.

Auf Mallorca wird Leo aus dem Gefängnis entlassen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten scheinen sich die Eheleute Alba und Leo wieder einander anzunähern. Während Leo weiterhin die Zukunft im Weinbau sieht, erkennt Alba die Erfolg versprechenden Möglichkeiten im aufstrebenden Tourismus und eröffnet ein Hotel. Was nicht vorhersehbar war, ist Francos Putsch, der Bürgerkrieg und die wachsende Anzahl von deutschem Militär auf der Insel, was Alba zu unliebsamen Kompromissen zwingt.

Carla und Francisco führen ein von schwerer Arbeit geprägtes ruhiges Leben. Da beschert ein unvermutetes Unglück Carla die Erfüllung ihres Lebenstraums von einem Kind. Auch bei der neue kleine Familie hält der Bürgerkrieg den Alltag fest im Griff.

Da ich bereits den 1. Band mit Freude gelesen habe, fand ich mich in der Handlung schnell zurecht.

Neben dem Auf und Ab im Familienleben sind die historischen Gegebenheiten ein bestimmendes Element im Roman.

Mir war bis zu diesem Buch nicht bewusst, welche Auswirkungen die Weltwirtschaftskrise auf Kuba hatte, während der 2. Weltkrieg kaum spürbar ist. Was ich besorgniserregend fand, war dagegen der immer stärker werdende Einfluss der Mafia, gefördert durch einen korrupten kubanischen Präsidenten.

Alba ist die Figur, mit der ich mich am wenigsten anfreunden konnte. Während ich Antonia für ihren Einsatz für die Firma und dem Zusammenhalt mit Federico schätze, bewundere ich Alba für ihre gewonnene Selbstständigkeit und ihr Unternehmertum, aber ans Herz gewachsen ist sie mir nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich sie gegenüber Leo als unaufrichtig empfinde.

Leo selbst ist weiterhin besessen von seinem Traum des eigenen Weinguts. Zumindest lässt er Alba, was das Hotel anbetrifft, gewähren.

Mein Herzensmensch ist wie bereits im 1. Band weiterhin die bescheidene Carla. Mir imponiert, wie sie trotz gesundheitlicher Einschränkungen den Alltag meistert und alles tut, damit es der Familie gut geht was angesichts von Lebensmittelknappheit und schwindender Einkünfte eine Herkulesaufgabe ist..

Das Buch hat mein Herz erobert durch liebeswerte Figuren, spannende Familiengeschichten und für mich völlig neue und überraschende Einblicke in das damalige Weltgeschehen.

Bewertung vom 11.09.2022
Engel, Nora

Gretas Geheimnis / Die Winzerin Bd.2


ausgezeichnet

Greta - ein Leben zwischen Pflicht und Sehnsucht

Dieser Band schildert Gretas Leben zwischen 1975 und 2000.

Greta erfüllt die Forderung im Testament ihres Vaters und heiratet den Kellermeister Bruno. Sie wird dadurch die Herrin eines der größten Weingüter der Pfalz, aber der Mann an ihrer Seite ist ein Fremder . Das Verhältnis zu ihren Zieheltern, den Hellerts, ist endgültig auf einem Tiefpunkt angekommen. Nur Elfriede, die Mutter, bemüht sich, Anteil an Gretas Leben zu nehmen.

Zuerst scheint Gretas Ehe unter einem guten Stern zu stehen. Kaum ein Jahr später ist Nachwuchs da. Doch Greta findet keinen wirklichen Zugang zu Bruno. Auch bei dem Umsetzung ihrer Ziele das Weingut betreffend, kommt es immer wieder zu Streit. Die Familie wächst weiter, aber mit jedem Jahr das vergeht, spürt Greta, dass etwas wesentliches fehlt in ihrem Leben - die Liebe.

Schon nach den ersten Seiten war ich wieder ein Mitglied von Gretas Familie und hatte Anteil an ihren großen und kleinen Kümmernissen und Freuden.

So wie Greta fand auch ich keinen Zugang zu Bruno. Er bleibt verschlossen, vergräbt sich in seinen Weinkeller. lehnt neues im privaten wie beruflichen Bereich ab und stößt Greta immer wieder - in meinen Augen - grundlos zurück. Dann wieder hatte ich den Eindruck, er würde Greta aufrichtig lieben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Greta für ihr Festhalten an dieser Ehe bewundern soll. Es grenzt für mich an Selbstaufgabe. Der Preis, den sie dafür zahlt, erscheint mir zu hoch. Sie hat zwar ihre Kinder, die sie aufrichtig liebt , aber sie selbst verzichtet auf persönliche Erfüllung und Liebe.

Gut gefallen hat mir erneut, dass die Autorinnen den Zeitgeist in die Handlung einfließen lassen. Das geschieht, indem populäre Fernsehsendungen wie "Einer wird gewinnen " oder Hits wie "Sonderzug nach Pankow" erwähnt werden.

Die Umbrüche, die die Landwirtschaft in dieser Zeit erfahren hat, erlebe ich hautnah durch Gretas Entscheidungen für ihr Weingut. Sie stellt auf ökologischen Anbau um und muss ausländische Erntehelfer einstellen. Weitere bewegende Themen wie Aids oder der Weinpanschskandal finden ganz selbstverständlich Eingang in die Handlung.

So bietet der Roman sowohl eine berührende und fesselnde Lebensgeschichte einer sympathischen Frauenfigur als auch eine unterhaltsame Reise durch das letzte Viertel des vergangenen Jahrhunderts. Beides zusammen ergibt höchsten Lesegenuss und schürt die Vorfreude auf die Fortsetzung.

Bewertung vom 10.09.2022
Holmgren, Hanna

Pinienduft im Hotel Toscana Mare (Verliebt in Italien)


sehr gut

Neustart in der Toskana
Emilia trennt sich nach einem schweren Vertrauensbruch von ihrem Freund. Um sich, der Welt und vor allem ihrem Vater zu beweisen, dass sie mehr kann, als was man ihr zutraut, nimmt sie spontan den Auftrag ihres Arbeitgebers an, ein Boutique-Hotel in der Toskana aufzubauen.

Statt dolce Vita erwartet Emilia ein heruntergekommenes Gebäude, eine verwilderte Anlage und ein feindseliger Nachbar, der ihre Hotelpläne vereiteln will.

Nach und nach gewinnt Emilia das Vertrauen und die Unterstützung der Dorfbewohner. Und dann ist da noch der Musiker Aurelio, der Emilias Herz höher schlagen lässt.

Als dann, gerade als es so scheint, dass Emilia mit ihrem Auftrag Erfolg hat, ihr Ex-Freund in der Hotelanlage auftaucht, muss sich Emilia entscheiden, was sie wirklich von ihrem Leben erwartet und was ihr wichtig ist.

Ich mochte Emilia auf Anhieb, auch wenn sie in meinen Augen recht naiv an ihren Auftrag herangeht. Ich konnte ihren Wunsch, sich zu beweisen , sehr gut nachvollziehen. Was sie dann vorfindet, ist gelinde gesagt, ein Albtraum. Ich bin nicht sicher, ob ich nicht das Handtuch geworfen hätte. Aber Emilia beißt sich durch und erwirbt sich die Anerkennung der Dorfbewohner.

Aurelio dagegen war mir erstmal suspekt. Ich fand ihn arrogant und etwas zu sehr von sich überzeugt. Ich habe nicht verstanden, was Emilia an ihm fand. Aurelio ist ein gutes Beispiel, dass der erste Eindruck täuschen kann.

Meine Lieblingsfigur war ganz klar der grantelnde und widerspenstige Nachbar Giampaolo. Ich mochte seinen Humor und Respektlosigkeit.

Gerade als sich alles zu fügen scheint, taucht der Ex-Freund auf und bringt alles durcheinander. Er ist für mich der typische Manager, der alle Probleme mit Geld löst und nur auf den Vorteil bedacht ist, ohne Rücksicht auf die Menschen und ihre Gefühle. Emilia ist eindeutig der Gegenentwurf. Sie will auch erfolgreich sein, aber nicht um jeden Preis.

Die Geschichte lebt auch durch die Urlaubsregion Toskana. Wunderschöne Landschaftsbeschreibungen und tolle Gerichte, deren Rezepte dankenswerterweise im Anhang stehen, wecken Urlaubsgefühle und Erinnerungen.

Das Buch bietet sehr unterhaltsame Lesestunden und greift ganz nebenbei einige wichtige Fragen des Lebens auf. Dabei hält die Autorin die Balance zwischen Banalität und erhobenen Zeigefinger, so dass die Leichtigkeit des Romans erhalten bleibt.